Protocol of the Session on November 26, 2004

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie und wünsche Ihnen einen wundervollen guten Morgen. Uns allen wünsche ich gute Beratungen in der 53. Plenarsitzung.

Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 48:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Steuergerechtigkeit im Bahn- und Flugverkehr – Drucks. 16/3165 –

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 116:

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Steuerfreiheit von Biokraftstoffen nicht gefährden – Drucks. 16/3238 –

und Tagesordnungspunkt 120:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Wettbewerb im Schienen-, Straßen- und Luftverkehr – Drucks. 16/3251 –

Es ist eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion vereinbart worden. Als Erster hat der Abg. Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es kommt nicht oft vor, dass der Landtag auch an einem Freitag zusammentritt. Ich habe mir von Kollegen, die diesem Parlament schon länger angehören, sagen lassen, dass dies in den letzten neuneinhalb Jahren nicht vorgekommen sei. Dies ist also ein seltenes Ereignis.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Seien Sie sich dessen bewusst!)

Da auch wir GRÜNEN uns dieser Tatsache bewusst sind, haben wir uns heute für diesen Setzpunkt entschieden. Bevor uns die Anträge unserer Mitbewerber vorlagen, hatten wir nämlich die begründete Hoffnung, dass unser Antrag heute die Zustimmung des gesamten Hauses finden könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Michael Boddenberg (CDU): Was hat das mit dem Freitag zu tun?)

Herr Boddenberg, nachdem wir drei Tage lang hart gearbeitet haben, wollten wir harmonisch in den Freitag starten.Wir dachten, das sei auch in Ihrem Sinne, und wir sind sehr gespannt darauf, wie Sie sich verhalten, wenn über unseren Antrag abgestimmt wird.

Worum geht es in unserem Antrag? Es geht uns um mehr Steuergerechtigkeit im Bahn- und Flugverkehr, und es geht uns um den Vorsitzenden der Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Vorsitz hat im Moment Herr Umweltminister Dietzel inne. Herr Umweltminister, Sie sind gewohnt, dass wir GRÜNEN immer sehr genau darauf achten, was Sie machen. Es ist die Aufgabe einer grünen Partei, genau darauf zu schauen, was der Umweltminister macht. In den allermeisten Fällen stellen wir fest, dass Sie nichts machen

oder jedenfalls nicht das, was notwendig wäre, um einen wirksamen Umweltschutz zu gewährleisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Dr.Alois Rhiel)

Herr Rhiel findet, dass der Umweltminister es gut macht.Was soll man sagen,wenn sich zwei zusammentun? Da tun sich die Richtigen zusammen, würde ich sagen.

Aber, Herr Dietzel, wir begrüßen ausdrücklich das, was Sie am 4. und 5. November in Ihrer Funktion als Vorsitzender der Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern bei der Tagung in Niedernhausen zustande gebracht haben. Die Umweltminister haben auf ihrer Tagung in Niedernhausen erklärt, sie wollten sich für mehr Steuergerechtigkeit im Bahn- und Flugverkehr einsetzen.Sie haben das an verschiedenen Punkten dargelegt.

Unsere Frage lautet schlicht und einfach: Ist das, was der Minister Dietzel dort mit allen seinen Länderkollegen und dem Bundesumweltminister beschlossen hat, auch die Position, die der Abg. Dietzel in diesem Haus vertritt? Ist das auch die Position, die die CDU-Fraktion in diesem Haus vertritt? Diese Frage stellen wir heute Morgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was hat die Umweltministerkonferenz festgestellt, und was macht uns so zuversichtlich, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU zustimmen können? Die Umweltministerkonferenz hat erstens festgestellt, dass wir unser Steuersystem so gestalten müssen, dass dadurch keine negativen, sondern positive gesellschaftliche Entwicklungen gefördert werden. Wir glauben, das ist ein Satz, dem die Mehrheit in diesem Haus zustimmen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was bedeutet das konkret für den Verkehr? Schauen wir uns die Besteuerung des Flugverkehrs an. Wir haben im Flugverkehr keine Besteuerung auf den Energieträger, also keine Besteuerung auf Kerosin. Wir haben im europäischen Flugverkehr eine Befreiung der Tickets von der Mehrwertsteuer. Auch im europäischen Flugverkehr gibt es keine Steuer auf Kerosin.

Gleichzeitig ist die Bahn als umweltverträgliches Verkehrsmittel mit Steuern belastet. Wenn aber der Satz der Umweltministerkonferenz stimmt, wonach wir mit unserem Steuersystem gesellschaftlich positive Entwicklungen fördern sollen, kann das so nicht weitergehen. Wir setzen uns dafür ein, dass das geändert wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verkehrswende in unserem Land wird uns nicht gelingen, wenn wir weiterhin hinnehmen, dass der Flugverkehr subventioniert wird, während die Bahn keine fairen Wettbewerbsbedingungen hat. So werden wir die Verkehrswende in unserem Land nicht schaffen. Es kann doch nicht sein, dass es aufgrund falscher Weichenstellungen im Steuersystem auch auf Inlandsstrecken manchmal billiger ist, zu fliegen, als die Bahn zu nehmen. Da stimmt etwas nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Steuersystem soll also gesellschaftlich gewünschte Entwicklungen fördern, nicht aber gesellschaftlich schädliche. Das haben Herr Dietzel und seine Kollegen beschlossen. Herr Dietzel, wir begrüßen das.

Zweiter Punkt. Die Rahmenbedingungen für die Bahn sollen verbessert werden, sodass sie z. B. gegenüber dem

Flugverkehr faire Wettbewerbsbedingungen hat. Auch dieser Forderung sollten alle Fraktionen in diesem Haus zustimmen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor kurzem hat die Umweltministerkonferenz getagt. Schauen wir uns ihre Zusammensetzung an: Nicht nur die GRÜNE Bärbel Höhn, der GRÜNE Klaus Müller und der grüne Bundesumweltminister Trittin gehören ihr an, sondern auch ein paar Schwarze. Daher finden wir es schon sehr mutig und begrüßenswert, dass sich die Umweltministerkonferenz für eine Besteuerung von Kerosin, zumindest im europäischen Rahmen, ausgesprochen hat. Herr Dietzel, das ist der dritte Punkt Ihres Beschlusses. Auch das begrüßen wir ausdrücklich. Es bringt uns einen großen Schritt weiter, wenn Kerosin im europäischen Rahmen endlich besteuert wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dietzel, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch der vierte Punkt wird hoffentlich Ihre Zustimmung finden. Es geht um den Emissionshandel, also darum, wie wir es schaffen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Der Emissionshandel ist ein marktwirtschaftlicher Mechanismus, mit dem Anreize geschaffen werden, die CO2-Emissionen, die unser Klima schädigen, zu reduzieren.

Die Umweltministerkonferenz fordert, dass auch der Flugverkehr in den Emissionshandel einbezogen wird. Wir sagen, das ist ein absolut richtiger Schritt, weil der Flugverkehr zu den größten Klimakillern in unserem Land gehört. Also muss er an vorderster Stelle einbezogen sein, wenn es um die Verringerung der Klimaschäden geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir haben Verständnis dafür, dass Sie miteinander reden müssen, weil Sie sich so lange nicht gesehen haben.Aber es wäre schön, wenn Sie etwas leiser sein und dem Redner zuhören könnten.

Vielen Dank,Frau Präsidentin.Ich hoffe,dass nur deshalb so viel Unruhe unter den Mitgliedern der CDU-Fraktion herrscht, weil sie sich überlegen, ob sie dem, was ihr Umweltminister und seine Länderkollegen in Niedernhausen beschlossen haben, doch noch zustimmen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fünfter Punkt. Die Umweltministerkonferenz will sich gemeinsam mit der Bundesregierung dafür einsetzen,dass es einen Mehrwertsteuersatz im europäischen Flugverkehr gibt, dass also eine Steuer erhoben wird. Auch das begrüßen wir ausdrücklich.

Der letzte Punkt kommt etwas verschämt daher. Herr Dietzel, man kann ihn leicht überlesen. Aber das ist ein extrem wichtiger Punkt. Die Umweltminister von Bund und Ländern haben gesagt, sie wollten den Mehrwertsteuersatz für die Bahn reduzieren. Sie wollen, dass die Bahn nur noch den ermäßigten Steuersatz bezahlen muss, nämlich 7 % statt 16 %. Das, was so lapidar als reduzier

ter Mehrwertsteuersatz daherkommt, heißt nichts anderes, als dass Bahnfahren in unserem Land im Fernverkehr mit einem Schlag um 10 % günstiger werden würde. Das wäre ein wesentlicher Beitrag für die Verkehrswende. Deshalb unterstützen wir in diesem Punkt ausdrücklich das, was Herr Dietzel als Umweltminister und die Umweltminister von Bund und Ländern in Niedernhausen beschlossen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dietzel,jetzt kommt die Frage,die wir Ihnen und der CDU nicht ersparen. Wenn Sie sich an diesem einen Punkt vom Saulus zum Paulus gewandelt haben, wenn wir an diesem einen Punkt die Hoffnung haben, dass Sie sich vom Kettensägen-Wilhelm zum grünen Engel entwickeln,

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

dann fragen wir uns allerdings: Was will uns die Fraktion, der Sie angehören,mit Ihrem – ich nehme an – Alternativantrag zu unserem Antrag sagen? – Wir lesen im ersten Absatz:

Der Landtag erkennt, dass die unterschiedliche Besteuerung von fossilen Kraftstoffen den Wettbewerb beeinflusst, und hält es in diesem Zusammenhang für erforderlich,dass wettbewerbsverzerrende Elemente auch in diesem Bereich abgeschafft werden.

Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich – oder umgekehrt.Was wollen Sie uns damit eigentlich sagen? Wollen Sie damit sagen, dass Sie gegen einen ermäßigten Steuersatz für Erdgas sind? Wollen Sie damit sagen, dass Sie nicht wollen,dass wir erdgasbetriebene Autos fördern, die eine ganz deutlich bessere CO2-Bilanz als bezinbetriebene Autos haben? Wollen Sie damit sagen,dass es keinen Sinn macht, im Steuersystem Anreize für umweltbewusstes Verhalten zu geben? Wollen Sie uns das mit Ihrem Antrag sagen? – Dann verkennen Sie aber ein wenig die Entwicklung, was man mit positiven Anreizen im Steuersystem leisten kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)