Protocol of the Session on November 24, 2004

Erster Punkt. Das Schloss Erbach ist schon angesprochen worden.Bei einem Gesamtbudget von über 21 Milliarden c handelt es sich sicherlich um Beträge, die den Haushalt nur marginal berühren. Trotzdem sagen wir, dass es unverantwortlich ist, 13,5 Millionen c für das lebenslange

Wohnen der Grafenfamilie im Schloss Erbach auszugeben.

Zweiter Punkt. Richten Sie endlich eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft ein. Es gibt sie in anderen Bundesländern. Wir haben es Ihnen vorgerechnet. Wenn Fachleute auf diesem Gebiet qualifiziert und spezialisiert zusammenarbeiten können, kann man – nicht ich als Abgeordneter, sondern die Behörden der zweiten und dritten Gewalt, nämlich der Staatsanwaltschaft und letztlich der Gerichte – den Wirtschaftskriminellen erhebliche Schwierigkeiten bereiten, und darüber hinaus können 11 Millionen c in die Haushaltskasse des Landes Hessen fließen.

(Beifall bei der FDP)

Gehen Sie endlich an die Arbeit. Kleine Lösungen, wie sie Volker Bouffier und Dr. Christean Wagner im Sommer verkündet haben, werden uns nicht weiterhelfen; am besten ist eine zentrale Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich ist das auch nur ein kleiner Betrag. Wenn Sie aber schon auf Kosten unserer Enkelkinder Schulden machen, warum erhöhen Sie dann gleichzeitig auch die Kosten für Ihre Selbstdarstellung, d. h. für die Öffentlichkeitsarbeit? Wir sind uns sicher, die Kürzung in Höhe von 1,4 Millionen c, die wir bei der Öffentlichkeitsarbeit vornehmen wollten, hätte keinen Einfluss darauf gehabt, wie gut die Menschen in unserem Land über Ihre Arbeit informiert sind. Hören Sie also auf, Ihre Selbstdarstellung auf Kosten unserer Enkelkinder zu finanzieren. Das muss nicht sein.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe zu Beginn Bernd Loskant von der „Fuldaer Zeitung“ zitiert. Ich möchte ein weiteres Zitat anbringen: „Keine Zeit zu verlieren“. Das Land Hessen lebt auf Pump. Die 30-Milliarden-c-Schuldengrenze ist erreicht. Die CDU-Landesregierung steuert nicht dagegen, sondern verfährt nach dem Motto „Weiter so“.

Der Kollege Kahl hat gestern in der Debatte zum Nachtragshaushalt erklärt, die letzten vier Nachträge hätten zu insgesamt 2,7 Milliarden c neuen Schulden geführt.Wenn ich Ihnen Glauben schenken darf und diesen Betrag mit Hilfe meiner juristischen Fähigkeit durch vier teile, ergibt das ungefähr 650 Millionen c neue Schulden pro Jahr, und Sie erreichen mit diesem Haushalt wiederum knapp die 2-Milliarden-c-Grenze.

Die Daten lassen sich im Finanzministerium nicht so genau vorausplanen, wie es der Ministerpräsident an anderer Stelle eben behauptet hat. In der mittelfristigen Finanzplanung geht man immer davon aus, dass die Schuldengrenze einzuhalten ist. Dann aber kommen, wie Herr Kahl eben bestätigt hat, in vier Jahren insgesamt 2,7 Milliarden c zusätzliche Schulden hinzu.

Es gibt Alternativen: raus aus der Verschuldensfalle. Wir Liberale haben Ihnen die Alternativen aufgezeigt. Wir sind wie in den vergangenen Jahren bereit, Sie bei jedem Schritt, der in diese Richtung führt, zu unterstützen, und sei es auch ein unangenehmer Schritt, wie z. B. die Schließung einer Behörde.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ein weiterer Vorwurf, den wir Ihnen in diesem Zusammenhang nicht ersparen können, bezieht sich auf die

Glaubhaftigkeit. Pacta sunt servanda. Das war eines der Zauberworte im Zusammenhang mit den Ostverträgen. Der damalige Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß hat dieses Zauberwort geprägt und seine Partei, die Union, letztlich dazu gebracht, die Ostverträge einzuhalten. Meine Damen und Herren von der Union, warum gilt dieser relativ banale Satz für Sie nicht auch bei der Hochschulpolitik?

(Beifall bei der FDP)

Faktum ist, dass es mit jeder einzelnen Hochschule eine Vereinbarung gegeben hat:verhandelt,abgeschlossen und unterschrieben von Ruth Wagner und Roland Koch persönlich, nicht von irgendeinem Mitarbeiter. Fakt ist, dass es so genannte Nachverhandlungen gegeben hat. Herr Minister Corts, Sie merken, ich übernehme schon die Diktion Ihres Hauses. Fakt ist aber, dass diese Nachverhandlungen zum Ergebnis hatten, dass nun jede einzelne Hochschule schlechter steht als früher.

Meine Damen und Herren von der Union, dann hat es einen weiteren Bruch des Hochschulpakts gegeben. Zunächst kamen die Nachverhandlungen. Dann ging es um die Nichtumsetzung der Vereinbarungen. Das meine ich mit der mangelnden Glaubwürdigkeit. Es gibt nun einmal Parameter für das Erfolgsbudget – ich will mich hier nicht in Spiegelstrichen verlieren –: z. B. die Höhe der eingeworbenen Drittmittel, Graduiertenkollegs, die Zahl der Promotionen und Habilitationen. Diese und viele andere Parameter haben darüber entschieden, ob es mehr oder weniger Geld gibt. Es gibt nun einmal die Vereinbarung, dass neu zu verhandeln ist, wenn die Zahl der Studierenden um mehr als 5 % abweicht. Beide Arten von Parametern haben Sie nicht bedacht, als Sie den Haushalt aufgestellt haben. Sie haben beide Parameter verletzt.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte mich jetzt nicht mit dem Kollegen Walter streiten, der die Horrorzahl von 190 Millionen c – knapp 200 Millionen c – in den Raum gestellt hat. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist unseriös.Auch Herr Siebel hat das schon ein paarmal versucht. Sie müssen das mit den Leistungen gegenrechnen, die den Hochschulen z. B. in Form einer Verlängerung der Arbeitszeit zugute gekommen sind. Sie müssen z. B. auch die Studiengebühren berücksichtigen – wenn sie denn bei den Hochschulen bleiben – und sie in der richtigen, nicht in der geschätzten Höhe abziehen.

Wir haben uns darangesetzt und uns glaubhaft versichern lassen – Nicola Beer und Ruth Wagner sind Fachfrauen –, dass der Betrag von 50,9 Millionen c tatsächlich das Delta zwischen dem ist, was vertraglich vereinbart wurde und was das Land Hessen auch gegengezeichnet hat, und dem, was Sie, meine Damen und Herren von der Union, den Universitäten jetzt zur Verfügung stellen.

Herr Ministerpräsident, da hilft es uns nicht weiter, wenn Sie sagen, dass die Zahlen in den letzten Jahren gestiegen seien. Das war beabsichtigt. Das kommt so ein bisschen bedauernd herüber, dass die gestiegen sind. Das war aber beabsichtigt. Das haben wir in unserer gemeinsamen Regierungsverantwortung so angelegt.Sie sollten weiter steigen, weil wir Liberale damals und heute noch der Auffassung sind, dass Bildung ein ganz besonders zentraler Punkt ist. Ich sage das, obwohl ich von einer anderen Fakultät komme. Wie Sie wissen, bin ich von Hause aus Innen- und Rechtspolitiker. Die Bildungspolitik ist der zentrale Punkt. Deshalb hat die FDP in ihren Anträgen diesem Punkt besondere Bedeutung gewidmet.

(Beifall bei der FDP)

Ist Ihnen das Thema Bildung nicht mehr so wichtig, oder warum zahlen Sie die 50,9 Millionen c nicht, die den Hochschulen zustehen? Die werden sie nicht einklagen. Wir alle sind von dieser Welt.Wir wissen, wie das gestrickt ist. Das Gespräch mit dem einen oder anderen Hochschulpräsidenten zeigt uns, dass die eine oder andere Aktion aus der Landesregierung dort jedenfalls auf einen Boden gefallen ist. Ob das immer ein fruchtbarer Boden gewesen ist, darüber will ich mich jetzt nicht auslassen.

(Nicola Beer (FDP): Stichwort: Disziplinarverfahren!)

Warum sagen Sie nicht: „Jawohl, dort ist eine verbindliche Zusage der Regierung im Bildungsbereich nicht eingehalten worden; das müssen wir ausbessern“? Meine Damen und Herren von der CDU, das ist doch Ihr Job. Die Regierung kann das anders sehen. Aber Sie müssen sie darauf aufmerksam machen, dass sie dort einen Fehler gemacht hat. Wir haben es Hochschule für Hochschule aufgeschlüsselt. Ich glaube, 11 Millionen c in Marburg sind der höchste Betrag, 0,7 Millionen c für eine Fachhochschule der niedrigste. Man muss sich nur einmal ein paar Stunden hinsetzen und rechnen. Dann kommt man darauf, dass Bildung zu bezahlen ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können es.

(Beifall bei der FDP)

Pacta sunt servanda – Herr Ministerpräsident, ich sage es deshalb noch einmal: Es hat einer Ihrer ehemaligen Kollegen ein besonderes Wort in die Welt gesetzt. Wir Liberale erwarten von einer Landesregierung, dass auch sie die Verträge einhält,damit sie in dieser Frage glaubwürdig bleibt.

Wir freuen uns über Ihren Einsatz zum Landesstraßenbau. Ich sage das ohne irgendeine Irritation. Wir haben Sie im letzten Jahr gescholten. Ich habe es als volkswirtschaftlichen Blödsinn bezeichnet. An diesem Pult haben das einige übernommen. Auch da haben wir keine Gebühren für das Urheberrecht verlangt. Es war falsch gewesen, im Landesstraßenbau die Mittel zu reduzieren. Sie haben sie wieder angehoben. Sie sind wieder bei der Posch-Latte angekommen. Sie haben sie nicht, wie im letzten Jahr, unterlaufen. Sie haben sie nicht gerissen, sondern Sie sind sauber über sie gesprungen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist wichtig für unser Land. Das ist gut für die Mobilität in unserem Land. Das ist auch gut für die Umwelt in unserem Land.

Lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, weil Ministerpräsident Koch in dieser Hinsicht Recht hat: Man muss in dieser Generaldebatte etwas zum Ausbau des Flughafens sagen. Das haben die Roten und die Grünen nicht getan. Wir Liberale sind weiterhin der Auffassung,dass es für die wirtschaftliche Entwicklung, aber auch für viel mehr noch als die wirtschaftliche Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet und in unserem Lande wichtig ist, dass der RheinMain-Flughafen ausgebaut wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind der festen Überzeugung, dass dies auch gelingen kann.Wir sind der festen Überzeugung, dass unter Beachtung von Recht und Gesetz Ausbau möglich ist. Ich sage es hier aber noch einmal – obwohl es keinen Wiederholer gegeben hat –: Das gilt natürlich auch für den amtierenden hessischen Wirtschaftsminister. – Wir dürfen, jeder an

seinem Platz, nur das tun, was uns der Platz rechtlich zulässt. Ein Genehmigungsminister darf keine Prioritäten haben, sonst ist er nämlich befangen. Ein Ministerpräsident darf sie haben, darf aber nicht den Genehmigungsminister anweisen. Eine Partei wie die FDP darf stolz sagen, dass wir die Ersten in diesem Lande waren, die einen Ausbau des Rhein-Main-Flughafens haben wollten, und dass wir mit Dieter Posch auch eine Persönlichkeit in unserer Spitze haben, der bewiesen hat, dass er den Job handlungsmäßig richtig und handwerklich korrekt abarbeiten kann.

(Beifall bei der FDP)

Wir hoffen, dass das auch künftig so geschehen wird.

(Petra Fuhrmann (SPD): Er hört doch gar nicht zu!)

Jetzt sage ich einmal: Wenn ich störe, Herr Ministerpräsident, dann störe ich ungern.

(Vizepräsidentin Ruth Wagner übernimmt die Sit- zungsleitung.)

Herr Abgeordneter, ich störe. Das ist der Wechsel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielleicht habe ich auch mehr den Ministerpräsidenten gemeint, weil ich den Landtagspräsidenten von hier aus gar nicht ansprechen darf.

(Frank Lortz (CDU): Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, wir beglückwünschen die Fraport AG dazu, dass sie in einem sehr geschickten und überzeugenden Weg das Caltex-Gelände erworben hat. Ich muss Ihnen gestehen und sage das mit allem Bewusstsein, das ich habe: Eine klammheimliche Freude konnte ich mir nicht unterdrücken, als der Tag der Veräußerung kam und die Damen und Herren Bürgermeister mit dem Problem konfrontiert worden sind. Sie wollten dort keine Gewerbeentwicklung machen, sondern nur den Ausbau des Flughafens verhindern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt passiert auf dem Caltex-Gelände zweierlei. Zum einen wird der Flughafenausbau nicht mehr verhindert. Zum Zweiten wird dort Gewerbe angesiedelt. Das ist gut für diese Region.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Ministerpräsident, großes Lob für Ihre Äußerung zum Thema Umstellung und Demokratisierung der Landesentwicklung – ich sage ganz bewusst: großes Lob.Vorhin habe ich mit Dieter Posch darüber gesprochen, als Sie den Teil Ihrer Rede vorgetragen haben. Wir können uns sehr gut daran erinnern,dass diese Diskussion bereits zum Ende unserer Koalition aufgekommen ist.Wir können uns sehr gut daran erinnern – das gebe ich zu –, dass vielleicht die Frechheit des Abgeordneten etwas mehr erlaubt als die Rolle des Genehmigungsministers. Ich habe im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau gesagt: Machen wir doch Teile über den LEP,und zwar im Rahmen des gesetzlichen Verfahrens hier im Hessischen Landtag.

Herr Ministerpräsident, ich freue mich, weil ich noch weiß, dass wir uns z. B. im Reichstag in Berlin am 24. Mai

über diese Frage sehr intensiv unterhalten haben, dass diese Auffassung nunmehr auch Auffassung der Landesregierung ist. Es ist richtig, dieses Haus ist vom Volke dieses Landes politisch legitimiert. Deshalb muss dieses Haus auch das Recht haben, im Planungsverfahren zu sagen: Das hat für uns besondere Priorität. – Meine Damen und Herren, das ist demokratisch korrekt.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man im LEP machen. Jeder von uns ist außerstande, ein Genehmigungsverfahren durchzuführen. Im Prinzip sind Teilabwägungen nicht unsere Aufgabe. Aber wir, legitimiert vom Volk dieses Landes, können sagen, dass wir meinen, dass der Ausbau des Rhein-Main-Flughafens eine besondere Priorität hat und dass dies bei allen Planungsvorhaben zu beachten ist. Das wird die FDP in diesem Hause auf alle Fälle unterstützen, wenn es die Regierung vorlegt.

(Beifall bei der FDP)