Ich glaube, dass diejenigen, die sagen, wir hätten es nur mit einem Einzelvorgang zu tun, nicht richtig liegen. Für uns ist die einzig richtige Konsequenz – diese Auffassung teilen wir mit den GRÜNEN –, aus der Atomenergie auszusteigen. Die rot-grüne Bundesregierung ist gegen den Rat und übrigens auch gegen die Versuche der Landesregierung, das zu torpedieren, den richtigen Weg gegangen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben bei Biblis A ein besonderes Problem. Es handelt sich dabei um eine ganz alte Auseinandersetzung. Wir haben es bei Biblis A mit einem Reaktor zu tun, der zur alten Generation gehört.
Das sehen Sie auch, wenn es z. B. um Fragen zur Reaktorkuppel geht. Wir müssen noch einmal darüber diskutieren, was bei einem Flugzeugabsturz passiert.Auch an diesem Punkt dauert es mir viel zu lange, bis die Ergebnisse vorliegen. Es ist schon fast zwei Jahre her, dass wir darüber diskutiert haben.
Meine Damen und Herren, deswegen gibt es nur einen Weg, den wir konsequent gehen können, und das ist der Ausstieg aus der Atomenergie.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schmitt, zu dem, was Sie zuletzt gesagt haben – Ausstieg aus der Kernenergie, die Kernenergie ist nicht beherrschbar –, da widerspreche ich Ihnen.
Die Technik der deutschen Kernenergie hat den besten Ruf in der gesamten Welt. Wenn wir dem folgen würden, was Sie sagen, dann dürften wir keine Aluminiumhütten
betreiben,keine Kohlekraftwerke,keine Raffinerien – das ist auch eine Technik, die in Bezug auf Organik und Anorganik viele komplexe Vorgänge bietet.
Was wir uns hier in der Frage des Notkühlsystems vorgenommen haben,in der Frage der Siebe,der Isolierung und der Verstopfung, von Druckdifferenz, von der möglichen Übersättigung des sauberen Wassers mit Isoliermaterial und den dann beschriebenen Schwierigkeiten – das ist ein Vorgang, den wir schon miteinander verstehen können und den wir aufarbeiten müssen.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, wir hatten eine sachliche und gute Diskussion in der Sondersitzung des Ausschusses in der letzten Woche. Das werden wir fortsetzen. Auch ich habe eine Reihe von Fragen, die ich heute hier noch einmal thematisieren möchte, die auch noch zu beantworten sind und die ich für wichtig halte – dies auch im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des Betreibers RWE Power in Biblis.
Liebe Frau Hammann, trotz der sachlichen Diskussion in der letzten Woche sind Sie es heute etwas heftiger angegangen.Wenn Sie das so haben wollen, dann werde ich Ihnen auch sagen, was ich dazu meine.
Ich halte einmal fest, worüber wir uns unterhalten. Der Betreiber von Biblis hat sich eine Anlage genehmigen lassen. Die Sicherheitsnachweise des Nachkühlsystems sprechen von 7,3 m2. Der Betonbau hat leider nur die 5,9 m2 Fläche gelassen. Das ist eine Abweichung. Diese Abweichung ist tatsächlich bekannt, und zwar nicht erst seit dem 25.April dieses Jahres.
Die Querschnitte im Ansaugbereich der Notkühlpumpen des Bibliser Blockes A sind spätestens 1998 in den Unterlagen zu einem Bericht zur Übertragbarkeit des so genannten Barsebäck-Ereignisses auf dem Bibliser Block A detailliert dargelegt.
Herr Kollege Schmitt, ich stelle fest, seit 1998 sind die 5,9 m2 sozusagen aktenkundig. Dazu muss man vermerken, dass der Betreiber selbst aufgrund von abzuziehenden Rahmenkonstruktionen und Rohrleitungen von einer Netto-Istfläche von 4,8 m2 spricht.Er sagt selbst in seiner Stellungnahme zu Ihren Fragen, dass
Der zweite Sachverhalt, den ich hier darstellen will: Seit 1992, seit dem Vorfall im schwedischen Kernkraftwerk Barsebäck, ist allen Kraftwerksbetreibern und allen Atomaufsichtsbehörden durch die zugehörige Weiterleitungsnachricht 14/1992 der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit bekannt,dass Isoliermaterial bei einem Bruch der Reaktorkühlrohre die Sumpfsiebe je nach Abmessung verstopfen kann. – Herr Kollege Schmitt, Sie haben es auch ausgeführt.
Wenn zu viel Isoliermaterial in das saubere Wasser hineinkommt, auf die Kernbrennstäbe gelangt, dort unter Umständen eine Überhitzung auslöst, dann kann eine Kernschmelze erfolgen.
Dann haben wir Freisetzung von Radioaktivität mit einer Gefährdung von nicht nur wenigen Menschen in der direkten Umgebung, sondern möglicherweise von einigen 100.000 Menschen in diesem Lande Hessen.
Deswegen werden wir diese Frage, was dort in Biblis los ist, zum Maßstab der Beurteilung des Betreibers RWE Power machen.
Für uns ist die Kernfrage – die ist noch nicht gelöst, das müssen wir uns noch beantworten lassen –, ob nach menschlichem Ermessen sichergestellt ist, dass in dem Zeitraum von 1975 – seit der ersten Inbetriebnahme der Anlage – bis heute das Notkühlsystem im Block A von Biblis durch den kleineren, von der Genehmigung abweichenden Durchlass der Sumpfsiebe in seiner Funktionsfähigkeit entweder zweifelsfrei nicht beeinträchtigt ist – wie offensichtlich der Betreiber sagt – oder ob es beeinträchtigt ist.
Durch die zwischenzeitlich angestellten detaillierten Berechnungen auf Basis der für Übertragbarkeitsberechnungen richtigen Rechenverhältnisse (4,8 m2) ist jetzt der Nachweis geführt, dass ein Sicherheitsmangel nicht vorlag.
Dabei habe ich ein mulmiges Gefühl. Im Namen der CDU-Fraktion sage ich hier eindeutig: Mit dieser Aussage der RWE geben wir uns hier nicht zufrieden.
Herr Minister, ich möchte Sie bitten – ich weiß, dass Sie das bereits veranlasst haben, aber ich bitte Sie, dazu noch einmal etwas detailliert zu sagen –, diesen von RWE genannten Nachweis von der hessischen Atomaufsicht in geeigneter Weise, durch Gutachten und Ähnliches, prüfen zu lassen und uns im Ausschuss zeitnah zu berichten. Ich halte es auch für gut, dass Sie selbst in der Sondersitzung des Ausschusses gesagt haben, dass Sie bei der Auswahl der Gutachter neue Maßstäbe setzen wollen.
Meine Damen und Herren, zweifelsfrei ist RWE Power für die technische und sachliche Sicherheit des Betriebes im Block A zuständig. Ich unterstreiche auch das, was andere Kollegen gesagt haben: Für die politische Verantwortung für eine sicherheitstechnisch einwandfreie friedliche Nutzung der Kernenergie in Hessen sind wir im Par
lament zuständig.Die Landesregierung mit Ministerpräsident Roland Koch, unser Umweltminister Wilhelm Dietzel und die CDU-Landtagsfraktion tragen die Regierungsverantwortung in Hessen. Wir sind entschlossen, diese politische Verantwortung für eine sichere Nutzung der Kernenergie hier in Hessen ohne Wenn und Aber wahrzunehmen.
Dazu werden wir mit den anderen Fraktionen im Ausschuss Gespräche führen, aber auch mit dem Betreiber RWE Power. Diese Frage, ob nun ein Sicherheitsmangel vorlag oder nicht, ist für uns eine klare Messlatte für Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit des Betreibers.
Zur zweiten Frage: 1992 war die Problematik der möglichen Verstopfung der Sumpfsiebe durch Isoliermaterial durch diesen Barsebäck-Vorfall erkannt worden. Frau Kollegin Hammann, 1992 stand Joschka Fischer in der politischen Verantwortung als hessischer Umweltminister für die hessische Atomaufsicht.
(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gott sei Dank gab es einen kritischen Umweltminister von den GRÜNEN! – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Herr Kaufmann, dieses Datum 1992 – auch wenn Sie es noch nicht erkannt haben – hat in dieser Diskussion eine besondere Bedeutung. Frau Kollegin Hammann, ich will nicht, dass Herr Fischer in die Grube steigt, aber nachdem diese Problematik klar wurde, fragen wir uns in der Fraktion, warum niemand in dieser Zeit von 1992 bis 1999 einmal dem Betreiber oder dem Gutachter gesagt hat, sie sollten doch einmal das vergleichen, was genehmigt ist, mit dem, was dort jetzt tatsächlich festgestellt worden ist – er hat es selbst getan.Das ist eine Geschichte,die ich nicht nachvollziehen und nicht begreifen kann.
Gerade wenn auch von Barsebäck die Empfehlung kam, es müssen mindestens 5,9 m2 sein, und 7,3 m2 genehmigt worden sind, hätte das auffallen müssen. 1991 hatte der CDU-Umweltminister Karlheinz Weimar eine nachträgliche Auflage nach § 17 Atomgesetz mit 55 Punkten verfügt.