Protocol of the Session on July 14, 2004

Energie muss zukunftsfähig sein. Was wir alles mit dem Atomstrom erlebt haben, muss uns dazu bringen, endlich eine Abkehr davon zu erreichen. Wir sind längst davon heruntergekommen. Leider haben wir hier immer noch die Beharrlichen von CDU und FDP, die immer noch auf diese Dinosauriertechnologie setzen.

Meine Damen und Herren, international werden wir als vorbildlich angesehen. Alles, was von Rot-Grün auf den Weg gebracht wurde, dient für viele andere Nationen als Vorbild. Für mich war es schon sehr erstaunlich, mit welchem großen Nachhalt die Politik der erneuerbaren Energien von den anderen Nationen gesehen wurde. Wer die Gelegenheit hatte, bei der Konferenz über erneuerbare Energien Anfang Juni in Bonn dabei gewesen zu sein, konnte feststellen,welche Hochachtung dieser Politik von Rot-Grün entgegengebracht wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind nicht nur bei der Entwicklung von alternativen Technologien weltweit führend, sondern auch bei den Umsetzungsinstrumenten. Man muss auch deutlich erkennen, dass hier ein Zukunftsmarkt im Hinblick auf Exporte besteht. Export begünstigt auch die Arbeitsplatzsituation in Deutschland.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit wir in diesem Bereich tätig geworden sind, haben wir auf allen Ebenen massive Erfolge festzustellen. Über 130.000 Arbeitsplätze konnten alleine in Deutschland damit geschaffen werden. Dahin muss auch unsere politische Richtung gehen: sichere Arbeitsplätze, die vernünftige Produktionen zum Inhalt haben, die schließlich auch eine vernünftige Energieversorgung für Deutschland beinhalten.

Wir stellen fest, dass ein Großteil dieses Bereichs exportorientiert ist. Ich habe es eben gesagt, d. h. für Deutschland Arbeitsplatzsicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen. Auf der anderen Seite transportieren wir Wissen und Technologien, die den Ländern selbst helfen, eine zukunftsfähige Energiepolitik aufzubauen. Leider haben wir immer wieder die Beharrung vonseiten der CDU und der FDP in die falsche Richtung.Wir haben immer noch die Atomlobbyisten, die auch an der Kohleförderung festhalten.

Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg. Das müssen Sie doch selber auch erkennen. Sie wissen, dass die Ressourcen von Kohle, Öl, Gas, Uran endlich sind.

(Clemens Reif (CDU): Das ist nicht endlich!)

Wir müssen unsere Energiepolitik ändern. Dies funktioniert auch, ich habe es eingangs erwähnt. Kommen wir noch einmal auf die Arbeitsplätze zurück. Ich habe von 130.000 Arbeitsplätzen in Deutschland gesprochen.

(Clemens Reif (CDU): Die wegfallen!)

Greifen wir uns nur einen Aspekt heraus, der auch mit der Atomindustrie sehr gut zu vergleichen ist: Es geht um ein hessisches Unternehmen, die Firma SMA in Niestetal.

Dort werden Komponenten von Solaranlagen erstellt und weltweit verkauft. Nun muss man sich einmal die Arbeitsplätze der Firma SMA in Niestetal anschauen. Sie hat 700 Arbeitsplätze in der Photovoltaik.

Auf der anderen Seite haben Sie im AKW Biblis weniger als 700 Arbeitsplätze. Das zeigt deutlich, wo echte, langfristige Arbeitsplatzchancen bestehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe die Technologien angesprochen, die weltweit führend und zugleich arbeitsplatzsichernd sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir die energiepolitischen Instrumente auch sehr gut in andere Länder, die ein Interesse daran zeigen, transportieren können.

Ich bin sehr froh, an dieser Stelle sagen zu können, dass nun selbst die große Volksrepublik China – in Zusammenarbeit mit der GTZ, der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit – ein dem EEG vergleichbares Gesetz auf den Weg gebracht hat. Ich sage Ihnen: Das ist die richtige Richtung.Das ist eine zukunftsfähige Energieversorgung, die in diesem Bereich mehr und mehr Platz greifen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur der Wilhelm Dietzel versteht das nicht!)

Eine wirkungsvolle und vor allem auch den nachfolgenden Generationen verpflichtete Energiepolitik darf sich nicht auf einzelne Aspekte oder auf einzelne Technologien konzentrieren. Sie muss auf bestimmten Elementen aufbauen. Diese Elemente möchte ich noch einmal darstellen, damit das klar wird.

Erstens. Der Energieverbrauch in der Wirtschaft, in der Industrie, im Verkehr und in den Haushalten kann und muss zurückgeschraubt werden. Ich sage, er wird auch zurückgeschraubt werden, ohne dass damit zugleich ein Verlust an Lebensqualität eintritt.

Bei dem zweiten Punkt geht es um die Energieeffizienz. Die Energieeffizienz ist besonders wichtig; denn wir wissen, es ist notwendig, mit dem Primäreinsatz auch einen großen Endenergienutzen in Verbindung zu bringen. Wir wollen dies durch innovative Technologien bewirken. Der Wirkungsgrad insgesamt muss erhöht werden. Das kann man mithilfe innovativer Technologien erreichen, die in diesem Bereich Anstöße geben werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Um den CO2-Ausstoß zu verringern, muss die Energiegewinnung mithilfe umweltfreundlicher Technologien und regenerativer Energien erfolgen. Das ist ein ganz wichtiger Bestandteil. Ich sage das hier ganz ausdrücklich; denn Anfang Juni in Bonn, als es um die Renewables ging, wurde deutlich gemacht, dass die Verwendung erneuerbarer Energien einen wichtigen Schritt bedeutet und dass man im Rahmen der Klimaschutzdebatte nicht der Versuchung erliegen sollte, auf den Ausbau der Atomkraft zu setzen. Die 450 Parlamentarier, die an dieser Konferenz teilgenommen haben, haben in einer Erklärung kundgetan, bei den notwendigen Klimaschutzmaßnahmen nicht auf die Atomkraft zu setzen. Das erkennen Sie in Hessen leider überhaupt nicht an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hessen müssen wir feststellen – das kann man an dieser Stelle einmal sagen –, dass sich im Hinblick auf die erneuerbaren Energien nichts bzw. so gut wie nichts mehr

tut. Kleine Einschränkungen kann man machen. Es findet keine schlüssige, sektorübergreifende Energiepolitik mehr statt. Die Aufgaben wurden auf zwei Ministerien aufgeteilt. Wir können feststellen, dass es nur noch Fragmente einer Umwelt- und Energiepolitik gibt,die aber auf den Initiativen grüner Umweltministerinnen und -minister beruhen. Es gibt also nichts Neues in diesem Bereich. Leider ist nur ein Zurückschrauben aller Maßnahmen erkennbar.

Wenn man das Medium Internet benutzt und auf die Seite „Energieland Hessen“ geht, ist man erst einmal sehr erschüttert. Die Landesregierung rühmt sich dort ihrer Projekte, die aber bereits über zehn Jahre alt sind und von grünen Umweltministerinnen und -ministern initiiert wurden. Das sind sehr gute Projekte, aber sie sind durch CDU und FDP eingedampft worden. Auch hier findet also keine Weiterentwicklung statt.

Die Hessen-Energie – also die hessische Ideenschmiede für die Energieversorgung – wurde leider verkauft. Dessen rühmen Sie sich auch noch. Daran sieht man, dass Sie das, was im Land Hessen nötig ist, überhaupt nicht erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch nicht einmal die gesetzlichen Bedingungen werden in Hessen erfüllt.Wir haben ein Energiegesetz. In diesem Energiegesetz ist ganz genau geregelt, was zu tun ist. Dabei geht es um die Förderung von Energiekonzepten, um die Energieberatung und darum, dass im Abstand von zwei Jahren ein Bericht zu der energiewirtschaftlichen Situation erstellt werden muss. Diese Landesregierung handelt gesetzeswidrig, denn sie erfüllt keinen dieser drei Bestandteile. Es gibt kein Vorwärtskommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in Hessen leider einen den Nutzen von Holzhackschnitzeln predigenden Atomminister und mit Dr. Rhiel einen an Energiepolitik uninteressierten Wirtschaftsminister. Mit diesen beiden kann man keine zukunftsfähige Energiepolitik machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Statt die positiven Impulse der Bundesregierung aufzugreifen und für Hessen zu nutzen, ist nur immer wieder eine Rückentwicklung zu verzeichnen. Ich sage Ihnen: Im Interesse der hessischen Bürgerinnen und Bürger müssen Sie Ihre ideologischen Scheuklappen ablegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben genügend Möglichkeiten.Wir fordern Sie in unserem Antrag deshalb dezidiert auf:Wir erwarten,dass für alle landeseigenen und mit Landesmitteln errichteten Gebäude sowie für alle landeseigenen Fahrzeuge und Anlagen sämtliche Möglichkeiten zum Energieeinsparen zu nutzen sind. Es ist nicht hinnehmbar, dass in Hessen aufgrund schlechter Wärmedämmung und ineffizienter Heizungssysteme die Steuergelder in großem Stil schlicht und einfach verheizt werden. Es reicht auch nicht aus, wenn Sie sich auf die „Contracting“-Broschüre der grünen Umweltministerin berufen und sie immer wieder aktualisieren. Hier ist eigenes Handeln notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei dem nächsten Punkt geht es um die Potenziale. Hätten wir den energiewirtschaftlichen Bericht, den das Energiegesetz vorschreibt, könnten wir ganz genau erkennen, welche Potenziale wir haben. Wir haben in Hes

sen Potenziale für regenerative Energien. Diese Potenziale müssen bei landeseigenen und bei mit Landesmitteln errichteten Gebäuden auch genutzt werden.

Wenn ich zum rheinland-pfälzischen Landtag hinüberschaue, stelle ich fest, dass sich dort eine Photovoltaikanlage befindet. In Hessen können Sie nichts Vergleichbares erkennen. Nichts dergleichen wird umgesetzt.

(Florian Rentsch (FDP): Das Wetter hier ist so schlecht!)

Ich kann auch nicht verstehen, warum die sich zu einem großen Teil in Landesbesitz befindende Nassauische Heimstätte weiterhin Gebäude ohne Solarenergie baut und dass die erneuerbaren Energien bei vielen Projekten überhaupt keine Rolle spielen.

Ein weiterer Punkt. Unterstützen Sie in Hessen endlich die auf Energieeffizienz und regenerative Energien gerichteten Forschungsaktivitäten. Ihre „Operation düstere Zukunft“ war in dieser Hinsicht massiv kontraproduktiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Unternehmen, die sich mit Energieeffizienz und regenerativen Energieträgern befasst haben, wie z. B. das Institut für solare Energieversorgungstechnik in Kassel oder das Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt, haben Sie die Mittel gekürzt.Sie haben nicht in die Energien der Zukunft investiert, sondern Sie investieren in eine Atompolitik, die in Hessen unter Ihrer Regierung immer noch Bestand hat.

Ich kann nicht verstehen, dass nicht in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien investiert wird, auf der anderen Seite aber ein pseudowissenschaftliches Gremium wie die Internationale süddeutsche Reaktorsicherheitskommission jedes Jahr einen hohen Obolus aus hessischen Steuergeldern bekommt. Das sind verschwendete Gelder.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bis jetzt ist nämlich in keiner Weise erkennbar, welchen Nutzen dieses Pseudogremium für die hessische Bevölkerung hat. Somit ist das Geld, das die hessischen Steuerzahler aufgewendet haben, verschwendet.

Kommen wir zu den Pilotanwendungen. Wir erwarten, dass Sie den Marktzugang neuer Technologien über Pilotanwendungen unterstützen. Das hat die Hessen-Energie damals getan. Sie haben die Chancen. Sie brauchen diese Maßnahmen nicht nur in Ihren eigenen Gebäuden umzusetzen. Vielmehr gibt es auch die PPP-Projekte, also die Public Private Partnership. Die öffentliche Hand hat hier eine Vorbildfunktion. Insbesondere die Hochschulen wären ein gutes Anwendungsfeld für diese neuen Technologien. Sie hätten damit die Möglichkeit, die Forschung und die Lehre insgesamt zu nutzen.

Ein weiteres Trauerspiel ist das, was Sie auf Bundesebene veranstalten. Hören Sie endlich auf, die fortschrittliche Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland aus ideologischen Gründen zu blockieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)