Große Anfrage der Abg. Hartmann, Hofmeyer, Rudolph, Schaub, Waschke (SPD) und Fraktion betreffend Kommunalleasinggeschäfte – Drucks. 16/2190 zu Drucks. 16/327 –
Redezeit: vereinbart zehn Minuten. Das Wort erteile ich der Kollegin Hartmann für die Fraktion der SPD.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Rede ist es so ähnlich wie mit der Antwort auf die Große Anfrage – es hat etwas gedauert.
Wir haben die Große Anfrage vor über einem Jahr eingebracht. Die Antwort hat auf sich warten lassen. Das hat dazu geführt, dass die Ausführungen zu den Cross-Border-Leasing-Geschäften aufgrund des zwischenzeitlichen Handelns der US-Regierung eigentlich überholt sind. Im Juni dieses Jahres haben der Senat und das Repräsentantenhaus Cross-Border-Leasing-Geschäfte für illegal erklärt und damit dieses Steuerschlupfloch geschlossen. Für uns bedeutet diese Änderung des Gesetzeswerks der USA, dass in der Bundesrepublik künftig keine neuen Cross-Border-Leasing-Geschäfte mehr abgeschlossen werden dürfen.Als eine Kritikerin dieses Modells sehe ich
mich in meiner Position bestätigt. Einige Gemeinden haben Cross-Border-Leasing-Geschäfte als das Zauberwort für die Lösung ihrer Finanzprobleme angesehen. Ich begrüße die Entwicklung, die jetzt auf dem Boden der USA in die Wege geleitet wurde.
Ich bin Kommunalpolitikerin in einer äußerst armen Gemeinde. Trotz allem Verständnisses für die Kommunen wegen deren schwieriger finanzieller Lage – Sie müssen sich auf die Suche nach neuen Möglichkeiten der Finanzierung begeben – sehe ich doch hinsichtlich dieses Finanzierungsmodells eine Grenze überschritten. Ich möchte das nicht nur an formalrechtlichen Kriterien festmachen.
Ich bin froh darüber, dass sich die SPD-Landtagsfraktion Hessens sehr frühzeitig, klar und eindeutig positioniert hat. Sie hat sich gegen die Leasinggeschäfte ausgesprochen.
Selbstverständlich weiß auch ich, dass die Positionen zu Cross-Border-Leasing-Geschäften und auch zu Sale-andlease-back-Geschäften bundesweit nicht parteipolitisch bestimmt sind. Es gibt auch von der SPD geführte Landesregierungen und von der SPD geführte Kommunen, die sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen haben, solche Geschäfte abzuschließen. Aber sowohl die Kommentierung der Landesregierung im Rahmen der Beantwortung unserer Großen Anfrage als auch die Entscheidung der USA bestätigen unsere kritische Haltung.
Etwas verwundert bin ich über die Antwort auf die Frage, wann sich die Aufsichtsbehörde einschalten sollte. Es wundert mich schon etwas, dass die Landesregierung den Aufsichtsbehörden klar empfiehlt, sich bei nicht genehmigungsfähigen Leasingverträgen außen vor zu halten. Das sage ich vor dem Hintergrund, dass auch bei anderen Thematiken, wie beispielsweise den Gebühren für Kindergärten, in die kommunale Selbstverwaltung eingegriffen wird. Diese Haltung ist aus haftungsrechtlichen Gründen zwar nachvollziehbar, aus meiner Sicht wird die Haltung aber dem Risiko nicht gerecht.
Ich möchte noch auf etwas anderes zu sprechen kommen. Wenn man sich anschaut, was jetzt von der Landesregierung hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen geplant ist, dann verwundert es nicht, dass Kommunen weiterhin nach windigen Finanzierungsmöglichkeiten suchen. Denn sie sollen die legalen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung weiter eingeschränkt bekommen.
Ich denke, auch wenn künftig keine Cross-Border-Leasing-Geschäfte mehr getätigt werden, sind die Bedenken, die bezüglich der laufenden Verträge geltend gemacht werden, durchaus ernsthafter Natur. Es wird geltend gemacht, dass dort massive Probleme entstehen könnten. Zum Beispiel gibt es Probleme in Berlin. Dort könnten U-Bahn-Wagen nicht verkauft oder verschrottet werden, weil der Vertrag vorsieht, dass sie über die gesamt Laufzeit betriebsfähig bleiben müssen.
Ich halte das für ein gravierendes finanzielles Problem, das durchaus dazu geeignet ist, den Vorteil, der kurzfristig erzielt wird, über die Dauer der Laufzeit bei weitem aufzuzehren.
Aus hessischer Sicht ist für mich eines erfreulich: Außer Darmstadt ist mir keine Kommune bekannt, der es gelungen ist, ein solches Geschäft abzuschließen. In Frankfurt hat beispielsweise der öffentliche Protest dazu beigetragen, dass dieses windige kommunale Cross-Border-Leasing-Geschäft nicht zustande gekommen ist.
Bezüglich der Sale-and-lease-back-Geschäfte habe ich ähnliche Bedenken wie bei den Cross-Border-LeasingGeschäften. Bei den Sale-and-lease-back-Geschäften ergibt sich ein Finanzierungsvorteil aufgrund der Erbschaftund der Schenkungsteuer. In der Beantwortung der Großen Anfrage werden diese ebenso wie die Cross-BorderLeasing-Geschäfte nicht als kreditähnliche Geschäfte und deshalb als nicht genehmigungspflichtig eingestuft. Hier unterstütze ich ausdrücklich das, was in der Antwort der Landesregierung steht. Dort wird das Vorgehen des Hessischen Ministeriums der Finanzen beschrieben. Gemeinsam mit anderen Finanzministerien drängt es auf eine Schließung der Steuerschlupflöcher.
Es darf nicht vorkommen, dass vermögende Bürgerinnen und Bürger über Steuerverkürzungsmodelle ein Vielfaches von dem an Steuern sparen, was die Kommunen als barwerten Vorteil bei diesen Geschäften verdienen. Aus gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten ist der Verlust, der sich bei der Erbschaftsteuer ergibt, weitaus negativer als der kurzfristige Vorteil zu beurteilen, den die Kommunen dadurch haben.
Deshalb hoffe ich, dass in absehbarer Zeit ein bundesweit geltender Kompromiss erzielt wird, mit dem diese Steuerschlupflöcher geschlossen werden und der diese Geldbeschaffungsgeschäfte verhindert.
Was die herkömmlichen Leasinggeschäfte anbelangt,teile ich die Meinung der Landesregierung. Ich halte es für richtig, dass im kommunalen Haushaltsrecht Leasinggeschäfte wie Kreditgeschäfte behandelt werden. Damit wird der Genehmigungsbehörde auferlegt, diese Geschäfte daraufhin zu prüfen, inwieweit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinde dauerhaft beeinträchtigt werden könnte.
Meine Damen und Herren, wie Sie bereits aus dem von uns in der zurückliegenden Plenarsitzungsrunde eingebrachten Antrag zum Thema Öffentliche-Private-Partnerschaften entnehmen können, steht die SPD-Landtagsfraktion gerade unter dem Aspekt des Investitionsstaus positiv zu Leasingkonzepten, die eine echte Alternative zu Kreditfinanzierung darstellen können. Dabei geht es um Leasingkonzepte, die als Öffentlich-Private-Partnerschaft, also ÖPP, oder als Public-Private-Partnership, PPP, bekannt sind. Das sind Finanzierungsmodelle, die eine legale und interessante Investitionsstrategie darstellen. Die Erfahrungen, die man mit diesem Modell beispielsweise bei Leasingverträgen für PCs an Schulen gemacht hat, sind durchweg positiv. Das zeigt, dass das Zusammenführen von öffentlicher Hand, Privatwirtschaft und Bürgern auf legalem Wege durchaus eine Win-Win-Situation für alle schaffen kann, ohne dass an anderer Stelle massive Steuerausfälle entstehen.
Heute beraten wir über die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage und nicht über unseren dem Haushaltsausschuss zur weiteren Beratung überwiesenen Antrag zu Öffentlich-Privater-Partnerschaft. Ich möchte
Sie bitten, mit auf den Weg zu nehmen, dass es einen relativ breiten Konsens zwischen uns und der Landesregierung gibt. Ich bitte Sie, bei den Beratungen, die im Haushaltsausschuss stattfinden werden, unserem Antrag positiv gegenüberzustehen.
Ich halte es gerade vor dem Hintergrund der Ausschöpfung von Innovationspotenzialen und der Produktivität für sinnvoll, dass die Möglichkeiten dieses Kommunalleasinggeschäftes ausgeschöpft werden kann. Mit unserem Antrag fordern wir den Aufbau einer Infrastruktur, mit der die notwendigen Rahmenbedingungen in Form einer Servicestruktur geschaffen werden,bei der entsprechende Kompetenzen bestehen. Ich bin mir sicher, dass die Landesregierung ein offenes Ohr dafür haben wird. Denn um solche Geschäfte tätigen zu können, ist es zwingend erforderlich, dass diese Rahmenbedingungen gegeben sind.
Die Unterschiede, die zwischen den einzelnen Servicemodellen bestehen, möchte ich abschließend mit einem Zitat des amerikanischen Senators Grassley verdeutlichen. Er sagt:
Diejenigen, die solche Modelle vermarkten, sprechen von Public-Private-Partnership, aber in Wirklichkeit handelt es sich hier um nichts anderes als... Steuerhinterziehung.
In diesem Sinne spricht sich die SPD-Fraktion gegen Steuerhinterziehungsmodelle à la Cross-Border- oder Sale-and-lease-back-Geschäfte aus, hält aber PPP- oder ÖPP-Modelle und traditionelle Leasingmodelle für überlegenswerte Alternativen zu Kreditfinanzierung und zu Investitionsstaus.
Dass man sich am späten Abend doch noch so freuen kann, Florian. Ja, kurz vor Schluss, Herr Kollege Klein. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mancherorts schien in einer recht aufgeregten Debatte über kommunale Leasinggeschäfte zwischen den Befürwortern und den Gegnern eine klare Grenze zu verlaufen. Es hatte sogar manchmal den Anschein, als müsse es eine ideologische oder gar weltanschauliche Frage sein, ob man sich für oder gegen kommunale Leasinggeschäfte ausspricht.
Die Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zeigt nun in wohltuender Sachlichkeit auf, dass eine pauschale Entscheidung für oder gegen kommunale Leasinggeschäfte dem Thema nicht gerecht wird. Bei näherer Betrachtung gibt es zumindest vier Gruppen von Leasinggeschäften, die alle mit unterschiedlichen Risiken und Chancen für die Kommunen verbunden sind. Damit nicht genug, innerhalb jeder Gruppe gibt es Geschäfte, die für die Kommunen nützlich sind, und solche, die für die Kommunen eher schädlich sind.
Statt ideologische Grundsatzdebatten zu führen, sollten wir hier, vor allem aber auch in den kommunalen Parlamenten, die Details diskutieren. In der Antwort der Landesregierung wird zwischen vier verschiedenen Modellen unterschieden, und das ist eine sehr sinnvolle Unterscheidung: erstens dem herkömmlichen Leasingvertrag, zweitens Sale-and-lease-back-Geschäften, drittens Cross-Border-Leasing und viertens Erbschaftsteuermodellen, die dem Cross-Border-Leasing nachgebildet sind.
Wenn das Leasinggeschäft zur Finanzierung dient, kommt es einer Kreditverpflichtung gleich. Dann bedürfen diese Geschäfte nach der Hessischen Gemeindeordnung als kreditähnliche Geschäfte der Genehmigung der Kommunalaufsicht. Leasinggeschäfte, die der Finanzierung dienen, kennen wir seit Jahrzehnten von privaten Unternehmen und auch im privaten Bereich. Was für jedes Unternehmen und für jeden privaten Haushalt gelten sollte, ist auch der Maßstab für die Kommunen und für die Kommunalaufsicht: Die Genehmigung für das kreditähnliche Leasinggeschäft ist nach Auskunft der Landesregierung zu erteilen,
wenn die übernommenen Zahlungsverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune im Einklang stehen.
Neben dieser Selbstverständlichkeit gibt es noch eine zweite: Die Kommunen müssen die Leasingfinanzierung mit einer herkömmlichen Kreditfinanzierung vergleichen, und dieser Vergleich muss der Kommunalaufsicht vorgelegt werden. Natürlich darf die Leasingfinanzierung nicht unwirtschaftlicher sein als die übliche Kreditfinanzierung.
Mit anderen Worten: Erstens sollte man nur dann Zahlungsverpflichtungen übernehmen, wenn man sie auch dauerhaft tragen kann. Wenn es zweitens mehrere tragbare Finanzierungswege gibt, dann wählt man den günstigsten. – Ich glaube, das ist allein nach dem gesunden Menschenverstand so.
Etwas komplizierter wird das Ganze, weil das Leasing oft nicht nur zur Finanzierung dient, sondern auch andere Aspekte hinzutreten.Die Kommune kann sich z.B.von einem privaten Bauträger ein Gebäude schlüsselfertig errichten und aufwendig umbauen lassen, bevor sie es langfristig anmietet und schließlich erwirbt.Während der Nutzung kann das Gebäudemanagement in der Hand des privaten Unternehmers verbleiben. Solche oder ähnliche Modelle wurden und werden in vielen hessischen Kommunen genutzt, wie man der Antwort der Landesregierung entnehmen kann. Leasing ist somit eine der wichtigen Formen, in der die so genannten PPP-Modelle, also Private-Public-Partnership, abgewickelt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundesregierung hat gerade zusammen mit der Bauwirtschaft und der IG BAU erklärt, dass die PPP-Modelle fortentwickelt werden sollen, um die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in den Hochbau zu verstärken. Die Zustimmung zu PPP scheint gegenwärtig alle Parteigrenzen zu überwinden.
Lassen Sie mich hinzufügen: Natürlich führt die private Vorfinanzierung eines öffentlichen Bauwerks zunächst zu einer vordergründig geringeren Nettokreditaufnahme im öffentlichen Haushalt. Später müssen dann aber Zinsen und Tilgung, zusätzliche Lasten in Form von Leasingraten oder Entschädigungen an die Betreiber getragen werden. Es würde die Transparenz von Haushalten erhöhen, wenn alle langfristig eingegangenen Verpflichtungen im Haus
halt mitgeteilt würden, damit die Kommunalpolitiker wissen, welche Verpflichtungen langfristig eingegangen worden sind. Aber da befinden wir uns wieder bei der Änderung der Hessischen Gemeindeordnung. Da sind wir auf einem richtigen Weg.
Ich habe doch vorhin zugestimmt, Herr Kollege Milde. Da haben Sie nicht zugehört. Ich habe es gelobt. Sie können anscheinend nicht vertragen, dass man Sie einmal lobt. Ich meine, wir haben genug Anlass, Ihnen zu sagen, wie schlecht Ihre Politik in Hessen ist. Aber wenn Sie schon einmal gelobt werden, genießen Sie das doch einfach.