Protocol of the Session on May 7, 2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon schlimm und ein Schlag ins Gesicht aller Arbeitsuchenden in Deutschland,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Was Sie hier reden!)

wie die SPD die Diskussion führt und zu innerparteilichen Ränkespielen missbraucht. Deutschland steht dicht an einer Rezession.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist unfassbar, was hier passiert!)

Kenner gehen davon aus, dass die Arbeitslosenzahl Ende des Jahres den Rekord von 5 Millionen Arbeitsuchenden erreicht.Aber all dies ficht die Regierungspartei nicht an, Frau Ypsilanti.

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

Sie gefällt sich darin, in alte Flügelkämpfe zurückzufallen und ideologische Denkschablonen aufzulegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Gerhard Bö- kel (SPD): Das musste jetzt kommen!)

Es sind konkretes Handeln und Entscheiden gefragt, damit mit dem Einstieg in notwendige Strukturreformen begonnen werden kann. Das ist die Forderung.

(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sagen Sie das einmal Ihrem Ministerpräsidenten! – Norbert Schmitt (SPD): Ein echter Ahnungsloser!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Reform, am 14. März in Form einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers im Deutschen Bundestag vorgestellt, hat den Status eines Leitantrages der SPD auf einem Sonderparteitag, mehr aber auch nicht. Es wird endlich Zeit, dass die Vorschläge in Gesetzentwürfe gekleidet und in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Es gibt zurzeit keine Klarheit über den Kurs dieser Regierung.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wo sind denn die Vorschläge der CDU?)

Selbst die Regierungserklärung des Bundeskanzlers und der Leitantrag – das ist das Interessante dabei – widersprechen sich. Während Schröder noch in seiner Regierungserklärung zu Bekenntnissen wie zur Senkung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 13 % bereit war, bleibt der Leitantrag dahinter zurück und verliert sich in Allgemeinplätzen.

(Norbert Schmitt (SPD):Wieder ein Ahnungsloser! Sie sollten das einmal nachlesen!)

Auch ganz wichtige arbeitsmarktpolitische Fragen zu Arbeitslosenversicherung und/oder zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bleiben offen bzw. – das ist sehr einfach – werden an Arbeitsgruppen wegdelegiert. Das ist der Zustand.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Fragen Sie doch die Menschen draußen, die das beobachten, was sie davon halten, welche Unsicherheit sie verspüren. Unternehmer und Konsumenten haben schon lange keine Planungssicherheit mehr. Koalitionsverhandlungen, Steuervergünstigungsabbaugesetz, Regierungserklärung, Sonderparteitage und Mitgliederbegehren: So heißen die Bremsklötze der vergangenen Wochen und Monate. In der Bevölkerung breitet sich eine große Verunsicherung aus. Es ist nicht nur – das können wir feststellen – die ältere Generation, die angesichts einer Inflation von Ankündigungen und anschließendem Verwerfen von Einzelmaßnahmen mehr als aufgerüttelt ist. Auch das Vertrauen der jungen Menschen wird angesichts der Perspek

tivlosigkeit zahlreicher Vorschläge und der dramatischen Situation – wir haben es vorhin schon angesprochen – auf dem Lehrstellen- und Berufsmarkt erschüttert.

(Norbert Schmitt (SPD): Jetzt kommen die Vorschläge!)

Schnellstmöglich muss die durch das falsche Regierungshandeln unvermeidliche höhere Neuverschuldung korrigiert werden. Die Weichen müssen wieder auf Wachstum gestellt werden. Ein höheres Maß an Eigenverantwortung und eine niedrigere Steuerlast – Frau Ypsilanti, das gebe ich Ihnen einmal mit – können nicht getrennt voneinander,sondern müssen aus Gründen der sozialen Symmetrie in einem zeitlichen Zusammenhang gesehen werden.

Nur so kann verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen und Planungssicherheit wieder hergestellt werden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie werden kein Vertrauen gewinnen, Herr Kollege, wenn Sie so viel Unsinn erzählen!)

Herr Kaufmann, wir unterstützen das, was gut ist, und werden das bekämpfen, was schlecht ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eigene Vorschläge haben Sie keine!)

Herr Schmitt, Sie haben gesehen, mit welcher Kompromissfähigkeit wir auch im Bundesrat arbeiten können.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wo denn? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen für eine Senkung der Staatsquote, für eine Senkung der Sozialabgaben und für eine Senkung der Steuern. Die CDU hat entsprechende Vorschläge gemacht.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat man bei Kohl gesehen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, CDU und CSU haben entsprechende Vorschläge zur Arbeitslosenversicherung,

(Norbert Schmitt (SPD):Wie bei Kohl!)

zum Kündigungsschutz,

(Norbert Schmitt (SPD):Wie bei Kohl!)

zu betrieblichen Bündnissen für Arbeit und zur Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu Beginn dieser Woche vorgelegt.

(Norbert Schmitt (SPD): Wie bei Kohl! – Gegenrufe von der CDU)

Herr Schmitt, wir wissen noch, wer im Bundesrat immer wieder blockiert hat. So war die Wirklichkeit: Wir haben eine Steuerreform eingebracht, die Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, verhindert haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hatten fünf Jahre lang Zeit, dies zu ändern. Sie haben noch nicht einmal Vorschläge eingebracht.

(Beifall bei der CDU)

CDU und CSU haben in großer Einmütigkeit einen Vorschlag eingebracht – im Gegensatz zu dem, was Sie bisher in Berlin angerichtet haben. Wir haben einen Vorschlag zur Arbeitslosenversicherung eingebracht. Die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung müssen von derzeit 6,5 % so bald wie möglich nachhaltig auf unter 5 % gesenkt werden. Das ist unsere Auffassung.

Auch der Leistungskatalog der Bundesanstalt für Arbeit ist einer gründlichen Aufgabenkritik zu unterziehen mit dem Ziel, Leistungsbereiche, die überwiegend oder ganz sozialpolitischer oder gesamtgesellschaftlicher Natur sind, nicht aber dem Wesen einer Entgeltversicherung entsprechen, stufenweise – in Abhängigkeit von der Höhe der Arbeitslosigkeit in den Regionen – aus dem Leistungskatalog herauszunehmen. Das ist einer unserer Vorschläge.Wir treten auch dafür ein, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit strenger zu fassen sind.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Warum stellen Sie dann hier so komische Anträge?)

Künftig soll nach unserer Auffassung der Bezug des Arbeitslosengeldes im Regelfall bis zu zwölf Monate betragen, und mit einer höheren Zahl an Beitragsjahren soll diese Leistung höchstens 18 Monate lang gewährt werden.

Zum Kündigungsschutz haben wir Vorschläge gemacht. Wir sind der Auffassung, dass das Kündigungsschutzrecht einer grundlegenden Reform bedarf.Das geltende Kündigungsschutzrecht hat nicht verhindern können – auch das ist ein Punkt –, dass sich derzeit über 4,5 Millionen Menschen in offener Arbeitslosigkeit befinden und immer mehr Menschen vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen sind.

Wir treten auch für betriebliche Bündnisse für Arbeit ein. Die Lohnstrukturen in Deutschland sind trotz gewisser Bemühungen der Tarifparteien viel zu unflexibel, um insbesondere der wirtschaftlichen Situation der Einzelunternehmen und den regionalen Strukturen gerecht zu werden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wo sind Ihre Vorschläge, Herr Kollege? Was wollen Sie tun?)

Herr Kaufmann, deshalb müssen betriebliche Bündnisse durch Änderung des Tarifvertragsgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell verankert werden.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Tarifvertragsgesetz muss klargestellt werden, dass es den Unternehmen auch ermöglicht wird, Arbeitslose während der Probezeit unter Tarif zu beschäftigen. Das ist einer der Vorschläge.

Ein großer Vorschlag ist auch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das System des Sozialtransfers entspricht nicht mehr der heutigen Zeit. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe müssen bezüglich Leistungsweise, Mitwirkung der Empfänger, Betreuung und Trägerschaft grundsätzlich umstrukturiert werden.

Herr Kollege Brückmann,die Redezeit ist abgelaufen.Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat mit dem OFFENSIV-Gesetz bereits Vorschläge gemacht,die wir schon vier Jahre lang und seit Beginn dieser Legislaturperiode hätten anpacken können. Das haben Sie aber verhindert.