Protocol of the Session on May 7, 2003

einsetzen, sagt da überhaupt nichts aus. Wenn man nämlich 300 Millionen c unnütz in den Wind bläst,dann bringt das im Endeffekt gar nichts. Dann ist es besser, 15 oder 20 Millionen c richtig und effizient einsetzen. Das ist doch unser Thema.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Alle die, die heute keine Ausbildung anbieten – aus welchen Gründen auch immer –, werden sich in drei bis vier Jahren, wenn sie dann überhaupt noch am Markt sind, ärgern, dass sie das nicht getan haben. Darauf setze ich am meisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Vereinbarung sieht vor, den Tagesordnungspunkt 20, Antrag der Abg. Fuhrmann, Schäfer-Gümbel, Eckhardt, Habermann, Dr. Pauly-Bender, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend dramatische Ausbildungskrise – Starten statt Warten, Drucks. 16/49, sowie den dazugehörigen Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Sozialpolitischen Ausschusses, federführend, und an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, beteiligt, zu überweisen. – Wenn dem niemand widerspricht, ist das so beschlossen.

Gleichzeitig ist der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit beschlossen, Drucks. 16/102, aufgerufen.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): An den Ausschuss!)

Herr Dr. Jung, hier steht „Dringlicher Entschließungsantrag“. Deswegen folgt eigentlich eine Abstimmung. – Wenn Sie ihn an den Ausschuss überwiesen haben möchten und dem niemand widerspricht, ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an allen relevanten Entscheidungsprozessen – Drucks. 16/35 –

Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Frau Abg. Hölldobler-Heumüller von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir Ihnen heute, gleich zu Beginn der Legislaturperiode, einen frauenpolitischen Antrag vorlegen und ihn mit Ihnen diskutieren wollen, hat drei gute Gründe.

Erstens hat die Landesregierung den Bericht zur Umsetzung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes vorgelegt – wenn auch spät, sodass er in der letzten Legislaturperiode nicht mehr besprochen werden konnte.Vielleicht hat man gehofft, er würde unter den Tisch fallen. Das tut er aber nicht, wie Sie merken.

Der zweite Grund ist, dass wir natürlich das Vorhaben der Landesregierung unterstützen, Gender Mainstreaming in die Landespolitik zu implementieren.

Drittens wollen wir gleich zu Beginn der Legislaturperiode die Frauenpolitik auf die Agenda setzen. Es gibt nämlich falsche Signale – am Montag zwar noch in der Presse dementiert, am Dienstag aber hier bestätigt, Frau Ministerin. Dass die Abteilung Frauenpolitik als eigenständige Abteilung aufgelöst wird, halten wir in diesem Zusammenhang für die falsche Tat zur falschen Zeit am falschen Ort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da Gleichstellungspolitik und Gender Mainstreaming gerne verwechselt werden, werde ich das in zwei getrennten Teilen behandeln.

Lassen Sie mich – gleichsam als Vorbemerkung – am Beispiel der Besetzung der Regierungsbank erläutern, wie Gleichstellungspolitik funktioniert. Dabei muss ich mich zur Verteidigung des Ministerpräsidenten aufschwingen. Wie schade, dass er nicht anwesend ist.

(Clemens Reif (CDU):Was fällt Ihnen denn an der Regierungsbank auf?)

Oh, Herr Koch, ich bitte um Verzeihung.

(Lachen bei der CDU)

Vielleicht erstaunt es Sie, zu hören, dass er – wenn man seiner Argumentation folgt – bei der Besetzung der Ministerposten die Grundsätze der Gleichstellung eingehalten hat. Das Gleichberechtigungsgesetz will ja, dass bei gleicher Eignung die Gremien paritätisch mit Männern und Frauen besetzt werden.

(Clemens Reif (CDU): Unsere Minister sind alle verheiratet!)

Der CDU-Vorsitzende hat erklärt – die Frauen-Union hat ihm dabei zugestimmt –, dass es in der CDU keine weiteren ministrablen Frauen gab.Damit hat Ministerpräsident Koch dem Gleichberechtigungsgesetz entsprochen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hand aufs Herz: Angesichts dessen, was mancher Minister in der letzten Legislaturperiode verbockt hat, kann ich mir, mit Verlaub, nicht vorstellen, dass es in der CDU keine fähigeren Frauen gegeben hätte. – So viel als Beispiel aus der Praxis.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum Bericht. Der Bericht belegt – das ist in der Tat weder erstaunlich noch überraschend –, dass das Gleichberechtigungsgesetz zwar Wirkung zeigt, dass wir aber von einer Gleichstellung von Männern und Frauen noch weit entfernt sind, und zwar umso weiter, je höher die Lohngruppe ist. In Lehre und Forschung z. B. sieht es finster aus. Das hat für die Forschung gravierende Auswirkungen.

Der Bericht belegt, dass aber dort, wo frauengerechte Rahmenbedingungen herrschen, auch der Frauenanteil höher ist. Das ist auch nicht erstaunlich.

Der Bericht stellt ferner fest, dass manche zahlenmäßige Verbesserung, was die Stellenbesetzung mit Frauen betrifft, nur daraus resultiert, dass die Stellen der in den Ruhestand gegangenen Männer nicht wieder besetzt werden.

Hat in dieser Runde jemand etwas anderes erwartet, bei einer Landesregierung, die schon in der letzten Legislaturperiode deutlich gemacht hat, dass ihr die Gleichstel

lungspolitik – verfassungsmäßiger Auftrag hin oder her –, gelinde gesagt, am Ärmel vorbei geht?

Die Politik der letzten Legislaturperiode bestand darin, dass man zunächst einmal geklagt hat. Das war nicht erfolgreich. Dann hat man angefangen, das Gleichberechtigungsgesetz zu verbessern. Die Rechte der Frauenbeauftragten wurden beschnitten, und es wurde eine Experimentierklausel eingesetzt, wobei man uns in diesem Bericht schamhaft verschweigt, ob überhaupt Experimente stattgefunden haben.

Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung in den immerhin siebeneinhalb Zeilen zur Frauenpolitik erklärt, man wolle das, was aufgrund der Experimentierklausel geschieht, beobachten, auswerten und die Konsequenzen daraus ziehen.

(Clemens Reif (CDU): Sehr gut!)

Da aber der nächste Bericht wohl erst 2007 oder 2008 zu erwarten ist,schlage ich Ihnen an dieser Stelle vor:Werten Sie doch den jetzigen Bericht aus, und ziehen Sie daraus Ihre Konsequenzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer den Bericht gelesen hat, wird mir bestätigen, dass eine Menge kluger Sachen drinsteht. Schon in der Einleitung steht ein bemerkenswerter Satz:

Es zeichnet sich ein Spannungsbogen zwischen der öffentlichen Verwaltung und denjenigen ab, die im Wettbewerb mit nicht öffentlichen Betrieben stehen. Diese müssen sich wesentlich stärker von Kundenorientierung und Wertschöpfung leiten lassen und deshalb ihre Personalwirtschaft aus betriebswirtschaftlichen Gründen innovativ auf die Gleichstellung der Geschlechter ausrichten.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Die Sparkassen haben das Potenzial ihrer weiblichen Beschäftigten erkannt. Diese in der Personalentwicklung zu vernachlässigen würde ihren betriebswirtschaftlichen Erfolg mindern.

Mit anderen Worten: Wäre die Landesregierung ein privater Betrieb, müsste sie aus betriebswirtschaftlichen Gründen Gleichstellungspolitik betreiben. Oder wie soll ich das an der Stelle sonst verstehen?

(Zuruf von der SPD: Dann wäre sie schon längst pleite! Dann wäre sie schon beim Konkursrichter!)

Es ist mehr als peinlich, wenn das nur Unternehmen begreifen, die in Konkurrenz zur Privatwirtschaft stehen. Aber wie soll das in dieser Landesverwaltung auch gehen? Was die Gleichstellungspolitik betrifft, liegt diese Landesregierung nämlich in einem tiefen ideologischen Koma.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der vorliegende Bericht „offenbart die Grenzen einer Frauenförderpolitik, die sich auf die Aufstellung von Plänen und die Überprüfung der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schritte beschränkt“. Für den Berichtszeitraum kann festgestellt werden, dass Frauenförderung dort wirkungsvoll umgesetzt wird,wo sie in die allgemeine Personalentwicklung integriert ist. Nun denn, Frau Ministerin, es wartet Arbeit auf Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Nutzen Sie die Erkenntnisse des Berichts.

Meine Damen und Herren, ein Beispiel: Die Notwendigkeit der Studiengänge für interkulturelles Management wird in diesem Saal keiner bestreiten. Jeder weiß, dass andere Kulturen andere Kommunikationswege, ein anderes Geschäftsgebaren, eine andere Art, Konflikte zu lösen, und ein anderes Hierarchieverständnis haben.

Bei der Art, wie Männer und Frauen an Aufgaben herangehen,ist es nicht anders.Eine Voraussetzung für gerechte Arbeitsbedingungen und eine optimale Zusammenarbeit von Männern und Frauen ist auch, dass die Inhalte in die Aus- und Weiterbildung der für Personal und Organisation Zuständigen einfließen müssen.

Damit haben Sie deutliche Hinweise darauf, was man tun könnte. Das geht über die Flexibilisierung von Arbeitszeitmodellen und eine qualifizierte Kinderbetreuung, die natürlich nach wie vor ein wichtiger Bestandteil ist, weit hinaus. Aber – das ist wichtig – das sind keine originär frauenspezifischen Dinge.