Protocol of the Session on June 16, 2004

Der Landtag stellt fest, dass wie bisher im Rahmen der nachfolgenden planerischen Entscheidungen diese unter dem Gebot gerechter Abwägung weiterhin erfüllt werden und nach diesem Gebot

alle Belange in die Abwägung einbezogen werden, welche nach Lage der Dinge für die Entscheidung Bedeutung haben können.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ist alles klar? – Wer so einen Schwachsinn schreibt

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

und überhaupt nicht erklären kann, was das bedeutet, der sollte sich doch nicht hierhin stellen und sagen, er wolle so ein Projekt ernsthaft verfolgen.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Vom Abwägungsgebot haben Sie noch nichts gehört?)

Mit diesem Dringlichen Entschließungsantrag versuchen Sie, Nebel zu werfen. Das ist der Versuch, vorab Schuldige zu finden. Denn Sie ahnen schon, dass der Bau der Nordwestbahn gescheitert ist. Das ist ein Rückzug auf Raten. Die erste Rate kann man im Dringlichen Entschließungsantrag der CDU-Fraktion, Drucks. 16/2368, lesen. So ist doch die Lage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man sollte dann noch einmal in diesen wunderbaren Entschließungsantrag hineinschauen. Anträge der CDUFraktion sind fast so gut wie eine Satiresendung.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In Punkt 4 des Dringlichen Entschließungsantrags steht:

Der Landtag stellt fest, dass die Vorwürfe aus der Beschwerde an die EU-Kommission...ins Leere gehen.

Herr Kollege Reif hat dazu etwas völlig Falsches erzählt. Erstens ist festzustellen, dass die EU-Kommission das Beschwerdeverfahren nicht zurückgezogen hat. Vielmehr ruht es zurzeit, weil eine Erklärung abgegeben wurde, dass das, was bislang fehlt, jetzt nachgeholt werden soll. Dann war aber die Rüge völlig richtig. Denn es hat etwas gefehlt. Das ist wohl unstrittig. Die Streitfrage – –

(Zurufe der Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Clemens Reif (CDU))

Herr Kollege, nein. Herr Posch, das ist genau der Punkt, den auch Sie nicht verstanden haben. Darauf komme ich noch zu sprechen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sei doch nicht so arrogant!)

Die Hessische Landesregierung und die Vertreter von Fraport argumentieren gemeinsam immer damit, die Abwägung zwischen den Varianten nach den Kriterien der Seveso-II-Richtlinie solle im Planfeststellungsverfahren erfolgen. Denn im Raumordnungsverfahren erfolgte keine Abwägung unter diesen Kriterien. Ich glaube, darüber sind wir uns einig.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): So dumm sind wir dann doch nicht!)

Gut. – Von verschiedenen Stellen, auch vom Wirtschaftsminister, haben wir aber schon gehört, dass es im Planfeststellungsverfahren überhaupt nicht zu einer Abwägung in diesem Sinne kommen wird. Vielmehr handelt

es sich bei dem Planfeststellungsverfahren um ein Verfahren aufgrund des Antrags eines Antragstellers, der etwas Bestimmtes bauen will.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Es gibt das Abwägungsgebot! Herr Kollege, setzen Sie sich wieder hin, Sie haben keine Ahnung!)

Am Ende ist der Antrag zu bescheiden.

(Zurufe)

Am Ende ist dieser Antrag zu bescheiden. Sie sagen, es werde eine Abwägung stattfinden. Dann müssten Sie aber in all den Fällen, in denen das Problem besteht, dass in dem Vergleich nicht nachgewiesen werden kann, dass die Variante, die gebaut werden soll, die optimale ist, den Antrag schlichtweg ablehnen.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Aber, Herr Kollege!)

Denn in einem Planfeststellungsverfahren ist aufgrund des Antrags eine spezifische Bahn Gegenstand der Prüfung und nicht die Fragestellung, welche denkbaren Varianten es gibt, die gegeneinander abgewogen werden müssen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): So stellt sich Lieschen Kaufmann das vor! – Dr. Franz Josef Jung (Rhein- gau) (CDU): Er ist halt kein Jurist! Das ist das Problem! – Ministerpräsident Roland Koch: Das, was er sagt, ist einfach falsch! – Weitere Zurufe)

Alle Juristen sind hier einer Meinung. Das kommt selten vor.Ich kann Ihnen nur sagen,dass das,was ich Ihnen vorgetragen habe, nicht nur meiner Meinung nach die richtige Sichtweise ist.Aber wir alle wissen, dass im Zweifelsfalle bei juristischen Fragen am Ende die dazu berufenen Richter entscheiden. Tunlicherweise entscheidet da nicht der Landtag.

Auf jeden Fall ist es so, dass Sie das Abwägungsverfahren im Planfeststellungsverfahren nicht richtig unterbringen können. Deswegen haben Sie doch jetzt auch plötzlich, nachdem lange Zeit Ruhe war, zugestanden, dass das Ganze in einem Änderungsverfahren des Landesentwicklungsplans nachgeholt werden soll. Dabei soll auch die Umweltverträglichkeitsprüfung eingebaut werden. Davon war anfangs nicht die Rede. Sie hatten den Landesentwicklungsplan schon einmal entsprechend definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat Ihnen dann die Vorgabe wieder herausgeschossen, dass der Flughafen zu erweitern sei. Das geschah mit der Begründung, man könne das dort ohne Abwägung nicht aufnehmen. Ich habe das jetzt einmal verkürzt dargestellt.

Jetzt müssen Sie das nachholen. Jetzt gibt es also den „eleganten“ Weg, die Abwägung da hineinzunehmen. Es ist unstrittig, dass dies formal machbar ist. Nur zeigt sich da doch etwas: Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens kann eine vollständige Abwägung nicht durchgeführt werden. Vielmehr ist dieses Verfahren im Prinzip an dem Antrag auszurichten, also an dem, was der Antragsteller beantragt. Daran müssen sich die einzelnen Schritte orientieren. Deswegen ist das, was ich gesagt habe, richtig. Aber Sie können ruhig auf dem falschen Weg so weitermachen. Ich habe schon vorhin gesagt: „Aloisius, wir lieben dich“, wird dann vielleicht noch lauter aus den Reihen der GRÜNEN zu hören sein. – Wenn man sich auf einem Irrweg befindet und warnende Stimmen nicht hören will, dann soll man das fortsetzen, vor allem dann, wenn es an der Wand endet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn also,wie von der CDU so gerne versprochen wurde, die Abwägung jetzt erfolgen soll,dann sagen Sie doch einfach einmal, warum das jetzt geschehen soll. Wollen Sie die Leute hinters Licht führen? Herr Reif hat noch einmal betont, die Variante der Nordwestbahn gehe über alles. Das kennen wir schon. Am Ende aber wird gleichzeitig auch noch gesagt, man müsse abwägen.

Man muss sich das dann einmal anschauen. Es gab einmal drei Varianten.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Herr Dr. Jung, auch im Rheingau versteht man das wie der Bauer die Klöße. – Es gab einmal drei Klöße in der Schüssel. Einer davon war die Variante der Südbahn. Zu diesem Kloß hat der Regierungspräsident gesagt: Den esse ich auf, diese Variante geht nicht. – Da waren es nur noch zwei.

(Heiterkeit der Abg.Evelin Schönhut-Keil und Ma- thias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Jetzt gibt es noch die Variante der Nordwestbahn. Zu der sehen wir – ich verkürze das jetzt einmal –, dass es dort eine Latte an Problemen gibt. Alle die bisher genannten Probleme sind nämlich nur ein Teil davon. Da bestehen noch das Problem des Vogelschlags und das Problem mit der Anflugrichtung aus Osten. Das habe ich noch gar nicht vertieft betrachtet. Ich sage: Die Variante der Nordwestbahn – das ist der zweite Kloß – lässt sich auch nicht realisieren. – Wir schauen jetzt einmal in die Schüssel. Da liegt noch ein Kloß drin.Auf dem steht Nordostbahn.

(Lachen des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Den trauen Sie sich nicht anzufassen. Denn die, die auf der Veranstaltung im Januar dieses Jahres waren,haben es selbst erlebt: Frau Roth fiel fast vom Stängel, als einer diese Überlegung aussprach. – Entsprechend der Logik Ihres eigenen Raumordnungsverfahrens wurden zwei Varianten für machbar erklärt. Dies sind die Nordwest- und die Nordostbahn. Wenn die Variante der Nordwestbahn nicht geht, dann müssen Sie die der Nordostbahn anpacken. Keiner tut das. Der Herr Ministerpräsident hat dazwischengerufen, die Nordwestvariante ginge ja. Das genau ist der Punkt: Die Nordwestvariante wird nicht machbar sein. – Herr Ministerpräsident, das wird selbst dann nicht realisierbar sein, wenn Sie die Firma Ticona platt machen würden. Dabei sehe ich einmal davon ab, dass ich ziemlich fest davon überzeugt bin, dass sich Ticona nicht platt machen lässt.

Meine Redezeit läuft jetzt ab.

(Lachen der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) und Reinhard Kahl (SPD))

Ich habe jetzt sehr viel über die Position der CDU geredet. Die FDP soll aber nicht ganz vergessen gehen. Sie haben dazu zwar keinen Antrag gestellt, aber in einer Presseerklärung immerhin eine umfangreiche parlamentarische Initiative angekündigt. Dafür sind wir dankbar. Darauf freuen wir uns schon.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Posch, einen Satz möchte ich daraus zitieren. Sie kommen ja als Redner noch nach mir. In dieser Presseerklärung, in der auch Sie zitiert werden, steht ein wunderschöner Satz.

(Dieter Posch (FDP): Da stehen nur wunderschöne Sätze drinnen!)

Ich zitiere:

Alle Schüsse aus dem Hinterhalt, sei es gegenüber der EU-Kommission oder sei es durch die grüne Staatssekretärin Margareta Wolf,

es ist jetzt nicht klar, wer auf die EU-Kommission geschossen hat –,

müssen endlich

meine Damen und Herren, halten Sie sich fest –