Beides ist dank der völlig verfehlten Politik in Berlin dahin. Der auf Betreiben Deutschlands abgeschlossene Europäische Stabilitätspakt wird zum vierten Mal in Folge vorsätzlich verletzt. Er hat, wie die „Wirtschaftswoche“ schreibt, „für die Berliner Regierung politisch keine Bedeutung mehr“. Das ist weiß Gott schlimm genug.
Wenn ich die Äußerungen der Herren Schröder und Müntefering inklusive der absolut unsinnigen Einlassung von Herrn Müntefering lese, man müsse überlegen, ob 3 % Stabilität oder 3 % Bildung wichtiger seien, dann muss ich sagen: Die Herren haben nicht begriffen, worum es bei der ganzen Angelegenheit geht.
In ihrer Verzweiflung greifen Schröder, Eichel und dazu noch der neue Wirtschafts- und Finanzexperte Joschka Fischer sowie sein offizieller Amtskollege Clement nach den bekannten Strohhalmen. Davon gibt es drei Stück:
Erstens. Wenn der Bund schon milliardenweise mehr Schulden machen muss, als im Haushalt vorgesehen, dann soll dies wenigstens mit einer schön klingenden Begründung versehen werden. Man macht also aus der Not eine Tugend. Ich zitiere den Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten, der sagt: „Nur Sparen, Streichen und Kürzen bringt uns nicht das notwendige Wachstum.“ Wenn es darum ginge,mehr Schulden zu machen,müssten wir jetzt besser dastehen.Wir hatten nie so viele Schulden wie in diesem Jahr. Da müssten wir doch fantastisch da
Zweiter Strohhalm. Wenn wir schon zu unentschlossen und zu schwach sind, strukturelle Ausgabekürzungen durchzusetzen, dann erhöhen wir eben die Einnahmen. Das eichelsche Patentrezept lautet: Rauf mit der Mehrwertsteuer. Das ist zwar unsozial, wie an anderer Stelle immer wieder gesagt wird, beschleunigt die Inflation und tötet die Konsumnachfrage, aber bis dies alles auffällt, sind schon wieder ein paar Monate vergangen,und wir haben uns ein bisschen weiter gerettet.
Dritter Strohhalm.Wenn die finanzielle Lage schon so miserabel ist, dann soll doch wenigstens ein Hoffnungsstreifen am Firmament erscheinen. Ein Beispiel für diese Taktik ist der Vorschlag, mehr in Bildung und Wissenschaft zu investieren. Wer kann denn dagegen sein? – Niemand kann dagegen sein. Dann lässt es sich doch leicht verschmerzen, dass das dafür erforderliche Geld nur durch noch mehr Schulden oder Steuererhöhungen beschafft werden kann. Beides ist wahrlich keine erfreuliche Perspektive.
Eichel ist am Ende. Die Bundesregierung ist am Ende. Sie murkst und stolpert dem Ende der Wahlperiode entgegen. Deutschland hat eine so schlechte Politik und eine so schlechte Regierung nicht verdient. Es gibt nur eine saubere Konsequenz: Rücktritt und Neuwahlen.
Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Das Wort hat Herr Kollege Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Milde, ich habe gehört, Sie haben gestern beim Fußball wirklich eine respektable Leistung gebracht. Sie sollen eine Stütze der Mannschaft gewesen sein. Heute Morgen war das leider nicht so. Gestern beim Fußball haben sie kein Tor geschossen, und das, was Sie heute hier abgeliefert haben, fällt eher unter die Kategorie Eigentor.
Herr Kollege Milde, ich muss schon sagen, dass das mutig ist. Das ist wirklich mutig.Vor noch nicht einmal 24 Stunden haben wir einen Antrag der CDU über weitere Steuersenkungen und ihr Steuersenkungskonzept hier im Plenum diskutiert. Das würde in der ersten Stufe die öffentlichen Haushalte 10 Milliarden c kosten. In der nächsten Stufe wären es 30 Milliarden c. Nicht einmal 24 Stunden später stellen Sie sich hierhin und reden über Steuerausfälle. Das passt nun doch wirklich nicht zusammen, Herr Kollege Milde.
Herr Kollege Milde, ich kann Sie wirklich nur um Folgendes bitten: Man kann in der Politik Dinge tun, die sich widersprechen. Davon sind wir alle nicht frei. Aber ma
chen Sie das doch bitte nicht in ein und derselben Plenarwoche. Das ist wirklich ein bisschen zu unseriös.
Und ich würde Sie bitten, bei dem Thema „Seriosität der öffentlichen Haushalte“ ein bisschen zurückhaltend zu sein. Denn wer mit Karlheinz Weimar den Vater aller unseriösen Haushalte in seinen Reihen hat, der sollte wirklich keine großen Töne über seriöse Haushalte spucken.
Ihre Aktuelle Stunde war ein ziemlicher Schnellschuss. Schauen wir uns einmal den Titel an. Allein da kracht es schon: „Eichel am Ende – Schuldenpolitik der Bundesregierung ruiniert Länder und Kommunen“.
Dass der Applaus bei dem Titel Ihrer eigenen Aktuellen Stunde so schwach ist, zeigt, wie schwach der Titel ist.
Die Schuldenpolitik des Bundes hat zunächst einmal mit den Ländern und Kommunen überhaupt nichts zu tun,
sondern das muss Herr Eichel verantworten. Ich komme Ihnen durchaus entgegen. Was Sie meinen, sind die Steuerausfälle.Von diesen Steuerausfällen sind natürlich auch die Länder und Kommunen betroffen. Aber was ist denn Ihr Konzept von der CDU? Das müssen Sie sich doch einmal fragen lassen. Gestern haben Sie weitere Vorschläge gemacht, die Steuerausfälle von 10 und 30 Milliarden c verursachen würden. Das muss man einmal auf Hessen umrechnen. Das sind dann 400 Millionen c in der ersten Stufe und 1,2 Milliarden c für Hessen in der zweiten Stufe. Dann stellen Sie sich hierhin und beklagen Steuerausfälle. Das passt beides nicht zusammen.
Bei fünf Minuten nicht. – Dann reden Sie auch noch von den Kommunen. Wer wollte denn weiter reichende Schritte bei der Gemeindefinanzreform machen? – Das waren doch wir. Wir haben gesagt, wir wollen die Freiberufler einbeziehen und dadurch die Kommunen besser stellen. Das haben Sie blockiert. Selbst im Titel Ihrer Aktuellen Stunde ächzt und kracht es also. Das war ein Schnellschuss, Herr Kollege Milde. Das kann man machen, aber schön ist es wirklich nicht.
Doch, das muss man sagen. Da ist z. B. Friedrich Merz. Er ist der Einzige,der wirklich sagt,was die Union will.Da lesen wir in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 11. Mai:
„Friedrich Merz warnte davor, den Etat durch Steuererhöhungen zu sanieren.“ Darüber kann man noch reden. „Die Sozialsysteme müssten reformiert werden, vor allem Arbeitslosen- und Sozialhilfe.“ Wir haben Arbeitslosenund Sozialhilfe reformiert. Was meint eigentlich Herr Merz, wenn er von „weiteren Reformen bei der Arbeitslosen- und Sozialhilfe“ redet? Wenn es Ihr Weg ist, sozialen Kahlschlag zu betreiben und das als Strukturreform zu verkaufen, dann sage ich ausdrücklich, dass das nicht unser Weg ist, den wir gehen wollen.
Herr Merz ist noch ehrlicher. Er sagt, nirgendwo lasse es sich so bequem ohne Arbeit leben wie in Deutschland. Das sagt Friedrich Merz. Das ist nicht unsere Politik. Das ist Ihre Politik zulasten der sozial Schwachen. Diese Politik machen wir nicht mit.
Ich möchte zum Schluss, und das meine ich sehr ernst – das habe ich gestern schon einmal gesagt –, ein Angebot an die CDU und den Finanzminister machen, der jetzt gleich reden wird. Alle öffentlichen Haushalte sind in einer schwierigen Situation. Das bestreitet keiner. Es täte uns allen – Bund, Ländern und Kommunen – gut, wenn wir uns wirklich darauf verständigen würden, wie wir weitere Steuerschlupflöcher abschaffen und das Steuersystem damit einfacher machen. Es liegen von allen Parteien Vorschläge auf dem Tisch, die eine riesige Schnittmenge haben. Ich mache Ihnen noch einmal das Angebot: Lassen Sie uns hier im Hessischen Landtag einen gemeinsamen Antrag beschließen, welche Steuerschlupflöcher wir abschaffen.
(Michael Boddenberg (CDU): Wir müssen einmal über Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftspolitik reden! Das tut weh, was Sie da sagen!)
Das hat einen positiven Effekt für die öffentlichen Haushalte. Lassen Sie uns dann darüber streiten, wie wir die Gelder verwenden. Dann wären die öffentlichen Haushalte ein großes Stück weiter. Das ist unser Angebot an Sie.Herr Finanzminister,ich bitte Sie,dazu gleich etwas zu sagen, ob Sie diesen Weg mit uns gehen würden.
Wir sind jeweils diejenigen gewesen, die in den letzten zwölf Monaten Ihre Diskussionsbeiträge zur Verbesserung der steuerpolitischen Situation in Deutschland nicht
nur eingebracht, sondern auch durchgesetzt haben, während von der Bundesregierung gerade hierzu gar nichts kam und kommt. Dies ist auch deshalb so, weil es zu der Steuerpolitik keinen Plan und keine Ideen mehr gibt.
Herr Wagner, wir nehmen das gerne auf. Machen Sie Vorschläge dazu. Wir werden das sowieso weiterführen und voranbringen.
Herr Kahl, wie gesagt, es ist früh am Morgen. Da die SPD insgesamt den gebückten Gang geht, können auch Sie nichts anderes machen, als zu versuchen, hier Gegenangriffe zu starten. Aber Sie sollten wenigstens die Fakten nennen und bei der Wahrheit bleiben.