Protocol of the Session on March 25, 2004

Vielen Dank, Herr Weinmeister. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der verbundenen Debatte der Tagesordnungspunkte 36, 22, 23, 30, 51 und 52, und wir haben nunmehr über die einzelnen Anträge zu befinden.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Ab in den Ausschuss!)

Ich komme zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Begräbnis der Bildungsgerechtigkeit durch die Landesregierung.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alles in den Ausschuss! – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Jetzt war ich so schön am Lesen, und Sie haben mich unterbrochen. Vielen Dank dafür. – Das vereinfacht das

Verfahren. Alle Anträge werden dem Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich hatte extra gegongt, weil mit Abstimmungen zu rechnen war. Ich bitte, das entsprechend zu vermerken.

Meine Damen und Herren, es gibt Grund zu einer Gratulation.Ich freue mich,Herr Staatsminister Riebel,dass wir Ihnen zum Geburtstag gratulieren dürfen. Wir wünschen Ihnen alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Da ich nicht mit ungeteilter Freude rechnen kann, wenn ich jetzt ein „Happy Birthday“ anstimme,verzichte ich darauf, wünsche Ihnen aber von Herzen, dass Sie gesund bleiben,sich wohl fühlen und Hessen für uns wirksam vertreten.Vielen Dank und alles Gute für Sie.

(Allgemeiner Beifall)

Ich habe zwei Dringliche Anträge anzukündigen.Ich gehe davon aus, sie liegen auf Ihren Plätzen. Es ist zum einen der Dringliche Antrag der Fraktion der FDP betreffend unsägliches Theater im Zusammenhang mit wichtigen Straßenbauprojekten in Hessen durch den Bundesverkehrsminister, Drucks. 16/2106, zum anderen der Dringliche Antrag der Fraktion der CDU betreffend Bundesregierung verhindert Straßenbau in Hessen, Drucks. 16/2107. Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden diese beiden Anträge die Tagesordnungspunkte 92 und 93 und können wegen der gleichen Thematik gemeinsam aufgerufen werden. Dann verfahren wir so. – Zur Geschäftsordnung, Herr Gotthardt.

Wir haben uns auf 14 Uhr verständigt.

Dem wird nicht widersprochen.Der Aufruf beider Punkte erfolgt um 14 Uhr.

(Jürgen Walter (SPD): Es gibt noch einen SPD-Antrag dazu! Er wird gerade umgedruckt!)

Es kommt noch ein SPD-Antrag zu dieser Thematik, den wir gemeinsam damit aufrufen können. – Aber es bleibt bei 14 Uhr?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, nach Wiederbeginn!)

Nach der Mittagspause.

Wir fahren in der Tagesordnung fort und kommen nach meinen Unterlagen zu Tagesordnungspunkt 15:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Moratorium für die Zusammenlegung von Amtsgerichten – Drucks. 16/1972 –

Dieser Punkt wird gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 57 aufgerufen:

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend Offenlegung der Stellungnahme des Landesrechnungshofes zur Schließung von Amtsgerichtsstandorten – Drucks. 16/2014 zu Drucks. 16/1900 –

Für den Antragssteller darf ich Herrn Dr. Jürgens das Wort erteilen. – Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 16. Dezember letzten Jahres hat die Landesregierung neben vielem anderen auch ihre Pläne der Zusammenlegung von Amtsgerichten veröffentlicht. Wir haben damals schon kritisiert, dass dies ohne jede Beteiligung der Betroffenen passiert ist.

Wir konnten zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht ahnen, wie dilletantisch der Justizminister tatsächlich bei diesen Plänen vorgegangen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damals wurde uns die Begründung präsentiert, der Rechnungshof habe dies vorgeschlagen. Nachdem wir den Bericht des Rechnungshofs am Rande der letzten Plenarsitzung endlich bekommen haben, wissen wir jetzt, dass das blanker Unsinn ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Rechnungshof hat in der Tat vorgeschlagen, dass Amtsgerichte mit nicht mehr als drei Richterplanstellen „auf längere Sicht“ aufgelöst werden sollten. Da fragt man sich dann natürlich schon, warum im Konzept der Landesregierung Bad Arolsen, zufälligerweise im Wahlkreis von Minister Dietzel, mit zwei Richterplanstellen sein Amtsgericht behalten soll, warum Lauterbach im Gegensatz zu allen anderen Gerichten als Außenstelle von Alsfeld erhalten bleiben soll, warum Bad Vilbel mit fünf Richterplanstellen aber plötzlich geschlossen und dem Amtsgericht Frankfurt zugeschlagen werden soll,warum plötzlich drei weitere Amtsgerichte auftauchen, die im Rechnungshofbericht gar nicht benannt wurden, und zu Außenstellen herabgestuft werden sollen. Alles das bleibt ohne jede nachvollziehbare Begründung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man eine Entscheidung über die Zusammenlegung von Standorten trifft,für die es vernünftige Gründe geben kann, braucht man nachvollziehbare Planungsgrundlagen. Das fordern wir mit unserem Antrag.

Wir wollen als Erstes eine vernünftige Aufgabenanalyse. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht z. B. richtigerweise geschildert, dass die Amtsgerichte Eltville und Hadamar wegen ansässiger psychiatrischer Kliniken bezüglich Betreuungsverfahren und Unterbringung besonders hoch belastet sind. Warum dann das eine, Eltville, geschlossen und das andere, Hadamar, als Außenstelle von Limburg erhalten werden soll – das ist das Geheimnis des Justizministers.

Beim Amtsgericht Wolfhagen,das im Übrigen für die Einrichtung Emstal-Merxhausen zuständig ist, wird dieser Gesichtspunkt überhaupt nicht berücksichtigt. Warum Hünfeld,auch nur drei Richterplanstellen,wegen des zentralen Mahnregisters für ganz Hessen erhalten werden soll, aber Bad Vilbel, mit dem ebenfalls für ganz Hessen aufgebauten zentralen Partnerschaftsregister,geschlossen werden soll, bleibt ohne jede Begründung.

Das Amtsgericht Butzbach hat z. B. jährlich 350 Vorführungen von Gefangenen der örtlichen Justizvollzugsanstalt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist falsch!)

Sollen die jetzt alle nach Gießen oder nach Friedberg gebracht werden? – Das sind doch die Fragen, die sich hier stellen. Es zeigt sich deutlich, bisher sind die Pläne der

Landesregierung nur wagnersche Willkür und nichts anderes. Deswegen treffen Sie auch auf so großen Widerstand.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Als Zweites fordern wir eine Kosten-Nutzen-Analyse. Ich habe am 16. Januar dieses Jahres eine Kleine Anfrage eingereicht, um einmal aufzulisten, wo denn die Einsparungsmöglichkeiten auf der einen Seite und die Kosten auf der anderen Seite sind.An sich wäre es – wenn die vernünftigen Planungsgrundlagen schon vorgelegen hätten – eine Angelegenheit von einem halben Tag gewesen, diese Kleine Anfrage zu beantworten. Sie ist bis heute nicht beantwortet. Das ist typisch für Wagners Chaosmethode: erst verfügen, dann nachdenken und prüfen, was eigentlich stimmt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, Sie haben in der Presseerklärung vom 16. Dezember behauptet, durch die Zusammenlegung würden jährlich 1 Million c an laufenden Kosten erspart. Diese Zahl ist schlicht und ergreifend völlig frei erfunden. Wagners Märchenstunde kurz vor Weihnachten. Herr Wagner, Kaffeesatzleserei ist, verglichen mit Ihrem Vorgehen, eine seriöse Kalkulationsmethode.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Hinz hat vorhin gesagt, die Kultusministerin sei ein Wolf im Schafspelz. Dann ist der Justizminister aber eher ein Schaf im Wolfspelz. Das ist aber auch nicht besser.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mäh!)

Es geht noch weiter. In der letzten Sitzung des Rechtsausschusses hatten wir den Präsidenten des Landesrechnungshofs zu Besuch.Er wurde gefragt,wie viel durch den Verkauf der frei werdenden Amtsgerichte hereinzuholen sei. Der Präsident des Rechnungshofs hat darauf geantwortet, jetzt eine konkrete Zahl zu nennen, wo Kalkulationsgrundlagen noch gar nicht vorlägen, sei ein Stochern im Nebel.„Stochern im Nebel“,das hat er wörtlich gesagt. Herr Wagner verkündet am 16. Dezember schon einmal vollmundig, 4,3 Millionen c sollten eingespart werden.

Herr Wagner, ich habe keine Ahnung, woher der Nebel kam, in dem Sie gestochert haben. Es steht jedenfalls fest, auch diese Zahl ist völlig frei erfunden. Sie haben mit frei erfundenen Zahlen die Öffentlichkeit und den Hessischen Landtag zumindest in die Irre geführt, wenn nicht sogar getäuscht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Man muss natürlich auch die Kosten, die gespart werden, gegen die Kosten rechnen, die durch das, was die Landesregierung vorhat, entstehen. Es ist doch klar, dass in Fritzlar der Raumbedarf mindestens verdoppelt wird, wenn zwei weitere Gerichte dazukommen. Die Kosten hierfür sind im Augenblick noch völlig unklar. Natürlich wird auch der Direktor des Amtsgerichts Fritzlar, der Bruder des Staatsministers Rhiel, für den Landeshaushalt teurer.

Herr Dr. Jürgens, die Redezeit ist um. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Bisher gab es hier vier Richterplanstellen. Das bedeutet, der Direktor bekommt die Besoldungsstufe R 2. Die drei Richterplanstellen von Homberg (Efze) hätten noch nichts geändert. Zwei weitere aus Bad Wildungen führen nun dazu, dass der Ministerbruder eine Amtszulage von monatlich immerhin 170 c erhält. Das mag für viele der Anwesenden nicht viel sein, aber ein Sozialhilfebezieher muss davon immerhin einen halben Monat lang leben.

(Petra Fuhrmann (SPD): So ist es!)