Meine Damen und Herren,wissen Sie – ich gebe zu,das ist ein Punkt, an dem ich wirklich anderer Meinung bin als mein Freund und Kollege Jörg-Uwe Hahn –: Aufgabenkritik ist inzwischen teilweise zu einem Fetisch geworden. Wir kommen aus einer Welt, in der die Leute permanent neue Kommissionen berufen, um irgendetwas zu begutachten und am Ende festzustellen, dass sie noch mehr brauchen als vorher. Das kann sich der Staat so nicht leisten. Deshalb haben wir die beiden Dinge verbunden. Wir haben gesagt, wir wollen die Veränderung der Verwaltung – aber sehr wohl unter der Bedingung, dass dadurch staatliche Verwaltung mit weniger Personal betrieben werden kann. Das ist eine Bedingung. Der Staat kann sich so viel Personal unter gar keinen Umständen mehr leisten. Das muss man auch sagen.
Wenn man dann will, dass die Leistungen des Personal bei der Polizei, der Schule, der Justiz so bleiben, dass die Fähigkeit des Staates zum Agieren unverändert gewährleistet ist, dann bedeutet das für die übrigen Teile der Verwaltung eine beträchtliche Einsparung. Das alles machen wir. Das wollen wir nicht kleinreden.
Beim elektronischen Grundbuch beispielsweise sind wir gerade beim Abschluss, beim letzten Amt, das das einführt. Innerhalb von knapp vier Jahren haben wir allein in diesem Bereich 160 Leute eingespart.
Jetzt sind wir beispielsweise dabei, die Beschaffung im Lande neu zu organisieren. Dabei werden wir irgendetwas zwischen 15 und 25 % des dafür eingesetzten Personals in der Landesverwaltung einsparen. Selbstverständlich geht das Stück für Stück.
Manches haben wir – obwohl das die SPD nicht bemerkt – im Nukleus sogar von Karl Starzacher übernommen und entwickelt.Wir werden im Jahre 2008 die einzige Landesregierung und Sie der einzige Landtag – weil Sie das dankenswerterweise mit Ihrer Mehrheit begleitet haben – sein, die mit einem betriebswirtschaftlich konstruierten Landeshaushalt, mit Budgetplanung und Planungszielen Politik steuern. Das wird es in keinem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland geben, das kann ich Ihnen heute schon verbindlich sagen. Denn unser Vorsprung ist so groß, dass uns dabei kein anderes Bundesland mehr einholen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sollen wir uns eigentlich darüber beklagen?
Wenn Sie in diesen Tage eine Chance hatten, die CeBIT zu beobachten oder zu verfolgen, oder die Chance hatten, in der neuen Halle für E-Government das zu sehen und mit anderen Unternehmen zu reden, die das in Deutschland machen, dann werden Sie feststellen, dass die sagen: Die Hessen sind die Ersten und – im Gegensatz zur Bundesregierung – sogar die Einzigen, die ein einheitliches Konzept haben und aufhören, alles durcheinander zu machen. Die Bundesregierung bietet uns inzwischen bei der elektronischen Signatur – Sie wissen alle, das ist eine der Kernfragen der Zukunft für jede Reform – einen Standard im Innenressort an, einen im Justizressort und einen im Finanzministerium – die jedoch einen gemeinsamen Charme haben: Sie passen alle drei nicht zusammen.
Bei uns in Hessen wird es das nicht geben. Wir sind das einzige Land,das von Anfang an klare Standards in einem einheitlichen Gesamtkonzept setzt.
Damit werden wir übrigens auch wirtschaftlichen Erfolg haben.Ich sage Ihnen heute schon:Wie wir das bei der Polizei haben – wo inzwischen 13 andere Bundesländer das übernommen haben, was Hessen und Hamburg entwickelt haben –, so werden wir das auch in vielen anderen Bereichen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Land bewegt sich etwas – außerhalb der Opposition –, und das wollen wir auch in Zukunft so halten.
Ich möchte es nur gesagt haben:Wir haben nicht nur eine Chance, Dinge abzuschließen, die wir begonnen haben. Denn es geht nicht alles in vier Jahren – beispielsweise bei der Musikakademie. Ich darf bei den Briefen von Gesangsvereinen, die ich manchmal lese, die Sozialdemokraten darauf hinweisen: Wir waren am Ende das einzige Land in Deutschland, das das nach 40 Jahren noch nicht gehabt hat, als Ruth Wagner begann, diese Konzeption zu entwickeln.
Manches von dem, was Jörg-Uwe Hahn zu Frankfurt sagt, teile ich ein bisschen. Aber: Wir haben das Ballett in Frankfurt gerettet.Wir haben die Biennale für Wiesbaden und Frankfurt zusammen nach Hessen geholt. Wir machen ein ehrgeiziges Konzept Kulturhauptstadt Europa und sagen den Kasselern heute schon: Wir werden euch mit dem weiteren Ausbau der musealen Struktur dort zu einem der großen Plätze der Kultur in Deutschland machen – unabhängig davon, ob wir den Titel gewinnen oder nicht. Damit setzen wir auch an dieser Stelle ein Signal für diese Region.
Jetzt habe ich keinen Satz über die Verkehrsinfrastruktur verloren, über den Flughafen Kassel-Calden, über den Flughafen Frankfurt mit all seiner Bedeutung, die hier unterstrichen worden ist. Es bleibt dabei, wir werden uns allen Widerständen zum Trotz am Ende durchsetzen. Das wird ein kompliziertes Verfahren, das wissen wir.
Jeder Autobahnbau ist ein kompliziertes Verfahren – das wissen Sie. Es gibt viele widerstreitenden Interessen. Es gibt Leute, wie die Truppe der GRÜNEN und manche Regionalen, die jeden Tag Sand in der Erwartung beibringen, dass es irgendwie doch nicht funktioniert, um dann jubeln zu können und drei Tage später ihre Werbebroschüren wegschmeißen zu müssen, die sie in der örtlichen Werbung gemacht haben, weil darin ein wichtiger Satz steht: „Wir sind am nächsten am Flughafen.“
Das weiß ich alles. Wir werden trotzdem durchkommen. Wir werden das auch an den Stellen schaffen, an denen Streit besteht. Das kann ich nicht bestreiten – das muss Herr Walter, das muss Herr Al-Wazir und das muss Herr Kollege Hahn machen: Das ist nun einmal unsere Rolle. Wir werden das nicht alles streitlos machen. Sicher werde ich mich sehr viel weniger mit Herrn Kollegen Hahn streiten können, weil ich mit ihm zu wenig inhaltliche Differenzen habe. Er muss das Handwerkliche kritisieren – das ist auch so, und darüber werden wir streiten. Mit Ihnen beiden habe ich inhaltlich prinzipiell Differenzen über den Weg der Politik.
Es ist auch legitim, dass wir darüber streiten. Nur eines müssen Sie einmal überlegen. Entweder schimpfen Sie wochenlang mit mir, was ich alles mache, oder Sie be
schweren sich darüber, dass ich nichts mache.Aber beides dauernd in einer Sitzung zu tun, macht es wahnsinnig schwer,Ihnen noch irgendeine intelligente Antwort zu geben.
Deshalb sage ich Ihnen ganz offen: Ja, wir haben einen Auftrag zur Gestaltung dieses Landes; wir nehmen ihn so wahr, wie wir es für richtig halten. – Ich sage auch: Ja, wir räumen das Land an vielen Stellen um.Dieses Umräumen des Landes geht nicht ganz ohne Diskussionsprozesse, Anpassungsprozesse und manchmal auch Widerstände. Das gehört dazu. Das wissen wir. Das werden wir im Jahr eins noch gelassener ertragen als an anderer Stelle, weil wir davon überzeugt sind, dass wir am Ende präsentieren können, warum es richtig ist.
Ich lade Sie in der Opposition herzlich ein, daran mitzumachen, wenn Sie wollen, und nicht nur, weil ich Geburtstag habe. Meine Damen und Herren, aber ich sage Ihnen in aller Klarheit: So, wie Sie es dargestellt haben, werden wir auf Sie nicht warten, sondern unseren Weg gehen. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Ministerpräsident,Sie haben Recht.Nach dieser Debatte ist es schwierig, eine intelligente Antwort zu finden. Sie haben auch keine intelligente Antwort auf unsere Debatte gefunden,
weil die zentralen Fragen,die wir mit unserem Antrag aufgeworfen haben, gänzlich unbeantwortet geblieben sind. Sie haben nicht ein einziges Wort zu unserer Entwicklung beispielsweise in der Rhein-Main-Region gesagt. Sie haben die Automobilindustrie angesprochen – zugegeben wichtig. Aber das ist doch kein Satz von den Sozialdemokraten, und es ist auch nicht so wie Herr Hahn sagt, wir würden das Land niederreden. Es ist nun einmal objektiv so, dass die Rhein-Main-Region in den letzten Jahren im internationalen,aber auch im nationalen Vergleich gegenüber anderen wirtschaftsstarken Regionen schwächer geworden ist. Das ist gänzlich unbestritten, was die objektiven Zahlen angeht.
Jetzt können Sie sagen – das Argument lässt sich zunächst einmal hören –, das habe sehr viel mit der Fokussierung der Region Rhein-Main, insbesondere der Stadt Frankfurt, auf den Dienstleistungssektor zu tun; da kann man „Banken“ sagen. – Jetzt ist allerdings dieses Argument nicht eines, wozu man sagen kann:Wer auf Banken fokussiert ist, der verliert.
Sie wissen, dass der zentrale europäische Bankenstandort London mittlerweile mehr Arbeitsplätze im Bankenbereich beheimatet als in den Boomjahren 1999 und 2000. Sie sehen also, allein die Tatsache, dass irgendwelche Leute besonders viel mit Banken zu tun haben,muss nicht die Ursache dafür sein, dass es abwärts geht.
Wir sagen gar nicht, dass die Politik im Wesentlichen daran schuld ist, dass wir mittlerweile weniger Bankenarbeitsplätze haben. Wir sagen auch gar nicht, dass es sozusagen etwas ist, was man durch eine Politik gänzlich anders hätte organisieren können. Da sind die Möglichkeiten der Politik begrenzt.
Herr Ministerpräsident, was wir Ihnen aber versuchen deutlich zu machen – jenseits der Rhetorik ist das auch ein Ansatz der FDP –,ist,wenn man erkennen kann,dass eine Region wirtschaftlich in einer Perspektive eher schwächer wird, wenn man nichts anderes findet, um sie wieder stärker zu machen, dass man als Politik, wie in anderen Regionen, gemeinsam mit der Wirtschaft, mit Arbeitnehmervertretern und – wie ich vorhin gesagt habe – mit der Kultur versuchen muss, ein Leitbild zu entwickeln.
Wenn es in einem Bereich weniger wird, ist zu erkennen, wo wir in anderen Bereichen mehr können, wo es spannend sein könnte, in wirtschaftlichen Bereichen etwas zu tun, uns neu zu positionieren. Da ist es nun einmal so, dass andere Bereiche, in denen dies geschieht, regional besser oder überhaupt organisiert sind.
Ihnen fehlt die Kraft, eine wirkliche regionale Organisation, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, umzusetzen. Sie hängen an Ihrem Ballungsraumgesetz, obwohl – auch das habe ich Ihnen vorhin gesagt – Ihre eigenen Kommunalpolitiker im Rhein-Main-Gebiet Ihnen sagen, dass dieses Gesetz keine Antwort auf die Fragen gibt, die sich für die Rhein-Main-Region stellen.
Herr Kollege Al-Wazir hat es gesagt.Wir brauchen in der Rhein-Main-Region einen Regionalkreis, eine regionale Organisation, eine regionale Identität, die das Miteinander und nicht das Gegeneinander in der Region fördert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist nicht nur eine Frage von Verwaltungsreform. Ich glaube, das ist die zentrale Frage für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in unserem zentralen Wirtschaftsgebiet.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Sagen Sie doch einmal etwas zu Hessen-Nord und HessenSüd!)
SPD Hessen-Nord? Ich verstehe Ihre Frage so, die SPD Hessen-Nord ist nicht der Meinung, dass das Regierungspräsidium Hessen-Nord abgeschafft werden soll.
Deshalb sagen wir, dass wir den Grundsatz der Einheit der Verwaltung in unserem Lande nicht mehr einhalten müssen.Wir müssen und können nicht auf die Langsamsten warten. Die Wirtschaftsregion Rhein-Main ist die wichtigste Region in unserem Lande, was die Wirtschaftsentwicklung angeht.Deshalb können wir unterschiedliche Geschwindigkeiten gehen.
Ich persönlich bin der Auffassung, unser Dreistufigkeitsmodell ist ein Bild für ganz Hessen. Wir können im Ballungsraum beginnen.Wenn wir nicht im Ballungsraum beginnen, wenn wir weiter den Weg gehen, den Sie mit Ihrem Ballungsraumgesetz vorzeichnen, dann wird die Region Nordschottland an uns vorbeiziehen – das ist so sicher wie das Amen in der Kirche –, und dann stehen wir nicht mehr auf Platz zwölf, sondern am Ende der Legislaturperiode auf Platz 20 im internationalen Vergleich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Koch, dafür haben gerade Sie die Verantwortung zu tragen.
Diese ganzen Punkte haben Sie in Ihrer Erklärung nicht genannt. Sie reden über innere Sicherheit. Die Aussage ist im Prinzip fast erschreckend: Wir haben die Arbeitszeit auf 42 Wochenstunden verlängert, und deshalb sind mehr Stunden da. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es gab keinen Vollzugspolizisten, der im letzten Jahr im Schnitt weniger als 42 Wochenstunden gearbeitet hat, nur waren das Überstunden. Diese Überstunden haben Sie den Leuten durch die Anhebung der Arbeitszeit weggenommen. Sie kriegen so nicht mehr Sicherheit.
Hören Sie doch einmal bei der Polizei hinein, wie „dankbar“ die Ihnen dafür sind, dass sie von dieser Landesregierung „gebeten“ wurden, doch 42 Wochenstunden zu arbeiten. Bei der Polizei herrscht die absolute Demotivierung. Wir haben gestern mit Vertretern der Polizei gesprochen. Die wissen nicht mehr, wo ihnen vor lauter Arbeit der Kopf steht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Mittlerweile sagen die Polizeipräsidenten – es ist gut, dass sie politische Beamte sind, dann kann man ein bisschen etwas machen –: Wir wollen, dass Einzelstreifen auf die Straße gehen, und das in wirklich gefährlicher Situation. – Das Problem ist, man weiß vorher nicht, wann die gefährlich wird. Es ist ein Problem für die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land.Aber es wird sehenden Auges in Kauf genommen. Herr Ministerpräsident, wenn Sie sich heute hierhin stellen und sagen, die Verlängerung der Arbeitszeit der Polizei, 1.100 Stellen weniger bei der Polizei, gleichzeitig noch Urlaubs- und Weihnachtsgeld weniger bei der Polizei, 170 Stellen an Staatsanwälten und Richtern in der Justiz weniger, dies wäre Politik für mehr Sicherheit in diesem Lande, dann machen Sie sich bei den Bürgerinnen und Bürgern lächerlich. Ihre Regierung steht für weniger Sicherheit in diesem Land.
Dann kann ich nur noch zu diesem einen Punkt kommen. Rot oder Grün scheint die Frage der CDU zu sein, wie es denn im Internet im Jahre 2008 aussieht.