(Zurufe der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Das Schlimmste ist, wenn Sie etwas machen, dann ist es auch noch falsch. Deswegen möchte ich Ihnen an bestimmten Punkten Vorschläge unterbreiten und Ihnen sagen, wo unserer Meinung nach Notwendigkeiten liegen.
Als Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir beispielsweise schon vor drei Jahren ein Konzept verabschiedet, in dem wir uns dazu bekannt haben, dass wir bei der frühkindlichen Bildung Fortschritte benötigen.Wir haben das genannt: Der Kindergarten muss zum Bildungsgarten werden. – Was ist denn passiert?
Zwei Jahre später macht die Sozialministerin eine Presseerklärung und schreibt hinein: Der Kindergarten muss zum Bildungsgarten werden. – Da haben wir uns gedacht: Okay, wir wollen kein Copyright.
Am Montag letzter Woche Montag lesen wir im „Focus“ – Stichwort: Politik für die Überschriften –: „Jetzt kommts.“ Wahrscheinlich haben Frau Lautenschläger und Frau Wolff sich wieder gefreut, dass sie bundesweit eine Überschrift gesetzt haben, und haben eine Pressekonferenz angekündigt. Wir haben die ganze letzte Woche darauf gewartet, es ist aber nichts passiert.Außer Spesen nichts gewesen.
Nächster Punkt, Stichwort: Lehrerausbildung. Es ist über zwei Jahre her, dass wir hier etwas vorgelegt haben. Wie lange hat es gedauert? – Sehr, sehr lange, und jetzt ist etwas vorgelegt worden, das immerhin in die richtige Richtung geht. Ihr Grundproblem ist jedoch, dass Sie hintendran eine Schulgesetznovelle hängen. – Jürgen, da hast du nicht Recht, das geht nicht in die Siebzigerjahre zurück, sondern in die Fünfzigerjahre, was dort vorgelegt wird.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))
Herr Kollege Dr. Jung, wenn man dann die PISA-Studie zitiert, sage ich Ihnen:Alles, was in der PISA-Studie steht und was Konsequenz aus dieser PISA-Studie sein müsste, machen Sie genau nicht. Sie machen das genaue Gegenteil.
Das Grundproblem ist, dass Sie sich in den meisten Punkten toll finden, weil Sie eine absolute Mehrheit haben. Dort, wo Sie etwas machen, machen Sie es genau in die falsche Richtung.
Nächstes Beispiel: Wenn Sie schon die IGLU-Studie ansprechen, dann hören Sie bitte auf mit diesen Sprechblasen.
Die Daten sind ein Jahr nach der Landtagswahl 1999 erhoben worden. Wenn Sie glauben, dass der Viertklässler, der dort getestet worden ist, alleine die Tatsache, dass auf der Regierungsbank eine andere Ministerin saß, zum Anlass genommen hat, ein besseres Ergebnis abzuliefern, dann überschätzen Sie den Einfluss des Hessischen Landtags auf die Bildung von Grundschülerinnen und Grundschülern.
Wir haben Ihnen von Anfang an gesagt, wo das Wirtschaftsproblem liegt. Das Wirtschaftsproblem liegt in der Rhein-Main-Region. In der Rhein-Main-Region haben wir dramatische Zuwächse in der Arbeitslosigkeit.Wir haben Ihnen von Anfang an gesagt, dass das Ballungsraumgesetz, das Sie beschlossen haben, falsch ist und in die falsche Richtung führt.
Wir, beide Oppositionsfraktionen, haben Ihnen – das Weltkind in der Mitte weiß noch nicht so genau, ob es – –
(Allgemeine Heiterkeit – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD) – Gegenruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Ich war beim Ballungsraumgesetz. Also, die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Fraktionen, bei uns auch die Partei, haben ausdrücklich gesagt, dass wir einen Regionalkreis Rhein-Main brauchen, damit die Chancen, die dieses Land hat, auch genutzt werden können
und damit dieses Kirchturmdenken einmal aufhört. Wir haben dazu von dieser Landesregierung in den letzten Monaten nichts gehört.
Herr Kollege Dr. Jung, Sie haben gesagt: Wir spielen Champions League. – Da sage ich Ihnen: Ja, Hessen hat in den letzten Jahrzehnten immer schon in der Champions League gespielt.– Um bei dem Beispiel zu bleiben:Sie haben die Chancen von Bayern München, und Sie spielen wie die Eintracht. Das ist genau das Problem.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wo ist Werder? – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Die Eintracht hat unentschieden gespielt! – Zurufe von der SPD)
Ein Jahr der Legislaturperiode ist jetzt herum. Diese Regierung hat noch vier Jahre bis zur nächsten Landtagswahl. Ich kann nur im Interesse von uns allen, von den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Hessen sagen, dass es wirklich an der Zeit ist, ernsthaft darüber zu reden, wie wir dieses Land nach vorne bringen und nicht die Wahlkampfreden vom letzten Jahr halten. Meine Damen und Herren, die Situation, die wir im Lande Hessen haben, braucht eine neue Ernsthaftigkeit und nicht neue Sprechblasen von Dirk Metz,Franz Josef Jung und Roland Koch. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Al-Wazir hat Recht, in den Jahren 2000, 2001 und 2002 ist jeweils aktiv von der Regierung eine Regierungserklärung zum Jahrestag gehalten worden. Damals konnte die Regierung unter der Verantwortung von Roland Koch und Ruth Wagner noch einiges Neues in diesem Haus vortragen.Aus diesem Grund hat es damals aktive Regierungserklärungen gegeben.
Dass Ministerpräsident Koch erstmals davon Abstand nimmt, selbst eine Regierungserklärung nach einem Jahr zu halten, ist auf alle Fälle bezeichnend. Gemeinsam haben wir es getan, gemeinsam hatten wir etwas zu sagen. Heute, so auch der Beitrag des Kollegen Dr. Jung, ist eben der Schwung aus der Regierungspolitik, der Schwung aus
der Politik insgesamt und der Schwung aus der hessischen CDU raus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht gut für unser Land.
Bevor ich mich aktiv mit Vorschlägen der FDP an die absolut regierende Union auseinander setze, möchte ich ganz kurz, verehrter Herr Kollege Walter, zu dem Titel Ihres Entschließungsantrags Stellung nehmen. Sie haben notiert, Hessen habe die schlechteste Landesregierung Deutschlands. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Liberale sagen eindeutig:Es gibt noch eine große Zahl viel schlechterer Landesregierungen in Deutschland als die in Hessen. Die schlechtesten, die es gibt, sind die, denen Frau Simonis in Kiel und Herr Ringstorff in Mecklenburg-Vorpommern vorstehen.
Herr Kollege Walter, ich halte es für sehr schlecht, wenn Sie meinen, das Land Hessen, für das wir alle verantwortlich sind – ich sage etwas flapsig: von dem wir alle gut bezahlt werden –, so herunterzureden und so herunterzuschreiben zu müssen,wie Sie es eben in Ihrem Beitrag und mit der Überschrift getan haben. So geht es nicht.
Das ist auch keine vernünftige Art der Oppositionspolitik, sondern es ist das schlichte Verkennen der Wirklichkeit in unserer Republik. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, wovon ich rede, weil ich in den letzten Tagen mehrfach mit meinen Kollegen in Kiel telefoniert habe und in den letzten Monaten auch einige Male in diesem schönen Bundesland gewesen bin. Wenn überhaupt eine Regierung ein Land herunterwirtschaftet, dann ist es Frau Simonis mit den GRÜNEN in SchleswigHolstein. Das wird der Wähler im nächsten Jahr auch ändern. Bitte vergleichen Sie Hessen nicht so mit anderen Ländern.
(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach du liebe Zeit! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hören Sie mit der Notengebung auf! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Wie gesagt, Regierungserklärungen wurden im Jahr 2000, 2001 und etwas vorgezogen im Jahr 2003, nämlich im Dezember 2002, abgehalten.
Wir Liberalen sind der festen Überzeugung – nicht nur wir; wir werden auch von vielen Bürgern sowie von Vertretern der Verbände und der Kirchen angesprochen –: Es ist eine Zögerlichkeit in der Politik zu erkennen. Es mangelt erkennbar an Kreativität und Elan, und – das bedauern wir sehr – teilweise zeichnet sich diese Regierungsarbeit auch durch handwerkliche Fehler aus.
Das muss geändert werden. Wir rufen der Union in diesem Lande zu: Nutzen Sie die vier Jahre, die Sie als Alleinregierende in diesem Land noch haben, um mit Elan eine handwerklich vernünftige Politik für unser Land zu machen,und lassen Sie sich nicht durch die heiße Luft täuschen, die Sie durch Ihre Regierungsstelle zum Teil selbst produzieren.
Ein Land kann man nicht dadurch regieren,dass man gute Folien erarbeitet, hervorragende Presseerklärungen abgibt oder – Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, meine Damen und Herren von der Regierung – mit einem falschen Logo, wie „Operation sichere Zukunft“, agiert. Sie haben die Verantwortung, dieses Land zu regieren. Tun Sie das bitte auch, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union.
Sie brauchen offensichtlich den Schwung, den die FDP der Koalition in den vier Jahren der gemeinsamen Regierungsarbeit gegeben hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierung, bilden Sie sich bitte nicht ein, dass die Arbeit, die Sie hier zurzeit abliefern, alternativlos sei. Es gibt Alternativen zu der Politik einer Regierung, die von der Union mit ihrer absoluten Mehrheit getragen wird.