Protocol of the Session on March 23, 2004

(Clemens Reif (CDU): Oh! – Weitere Zurufe von der CDU – Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Norbert, das ist die Vorfreude!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD ist ausdrücklich für Transparenz bei den Printmedien.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Deshalb wissen wir auch alle, wo ihr beteiligt seid!)

Die immer stärker werdenden wirtschaftlichen Verflechtungen und die Konzentration, die wir gerade bei der Presse feststellen können, müssten Anlass dafür sein, die Offenlegung der Inhaber- und der Beteiligungsverhältnisse an Zeitungs- und Zeitschriftenverlage stärker zu betreiben. Ich will Ihnen dazu sagen: Das Bayerische Pressegesetz bietet da übrigens eine gute Grundlage. – Vielleicht haben Sie da schon einmal hineingeschaut. Die Durchführungsverordnung sieht z. B. vor, dass sich nicht nur die Gesellschaften, die am Verlag beteiligt sind, offenbaren müssen, sondern auch die Untergesellschaften. Ich finde, das könnte ein Weg sein, das darzustellen und damit dem zu entsprechen, was Herr Hoff angesprochen hat. Denn es geht in der Tat nicht nur um die Beteiligung von Parteien an den Medien. Deswegen ist der von den GRÜNEN eingereichte Änderungsantrag auch völlig richtig. Vielmehr geht es angesichts der Verflechtungen auch darum, die Kapitaleigner an den Medien darzustellen.Wenn dies geschehen würde, würde dem einen oder anderen in Deutschland einiges klar werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen auch wissen, woran der Springer-Verlag beteiligt ist, was aber nicht dasteht. Dasselbe gilt auch für den Burda- oder den Bauer-Verlag.

Das, was die FDP-Fraktion vorgeschlagen hat, halte ich aber für besonders „witzig“. Sie will, dass Beteiligungen im Kopf der Zeitung genannt werden. Herr Reif, wenn man das auf die Politik und auf Abgeordnete übertragen würde, dann müsste mancher Abgeordnete der CDU mit einem Schild „Weißblech“ am Kopf herumlaufen. Manchem würde dann auf der Stirn geschrieben stehen: Zoffel, Hoff & Partner.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das können Sie meinetwegen machen. Das ist nicht mein Problem.

(Zuruf von der CDU: Das ist viel angenehmer, als wenn dort Schmitt stehen würde!)

Herr Hoff, Sie haben wieder versucht, den Menschen etwas einzureden. Sie haben gesagt, die SPD würde über eine gewaltige Medienmacht verfügen. Darüber verfügt die SPD aber nicht.

Es wurde bereits angesprochen:Aus dem Erbe der sozialdemokratischen Medien wurde nach 1945 die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft gegründet. – Übrigens wurde das, was sich in diesem Erbe befand, wirklich über Groschen der Mitglieder, über Groschen der Arbeiter aufgebaut. Das wurde angespart.

(Frank Gotthardt (CDU):Tellersammler!)

Mit Tellersammlern kennen Sie sich besser aus. In der Hessen-CDU kam es doch dazu, dass Tellersammlungen vorgetäuscht werden. Damit kommen wir doch auch wieder zur Transparenz. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte:Als im Parteiengesetz das Transparenzgebot verschärft wurde, hat ausgerechnet der Landesvorsitzende der Hessen-CDU, der Schwarzgeldpartei CDU, Geld ins Ausland geschoben, um die Transparenz zu umgehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Es gehört doch zu den Besonderheiten dieser Debatte, dass ausgerechnet diese „Freunde“ über Transparenz re

den.Ausgerechnet die Mitglieder der hessischen Schwarzgeldpartei reden darüber.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Mit diesem Thema verlieren Sie auch die nächste Wahl! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Schmitt, ich darf Sie für einige Sekunden unterbrechen. Das geht nicht von Ihrer Redezeit ab. – Wir sammeln uns wieder und hören gemeinsam Herrn Schmitt zu. – Herr Schmitt, Sie haben jetzt wieder das Wort.

Ich möchte noch einmal zum Stichwort Transparenz kommen. Auf der Internetseite der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft finden Sie übrigens deren Beteiligungen. Da können Sie auch nachlesen, welche kleineren Beteiligungen es gibt.Eine Zeitung hat z.B.eine Auflage von 2.800 Exemplaren. Das finde ich interessant.

Ich will mich jetzt mit dem Dringlichen Antrag der FDPFraktion auseinander setzen. Ich finde, den Weg, den Sie mit diesem Dringlichen Antrag beschreiten, muss man kritisch würdigen. Frau Kollegin Priska Hinz hat es eben schon angesprochen. Ich glaube, dass Sie damit praktisch eine Enteignung vornehmen würden. Ich will Ihnen dazu Folgendes raten – Sie sind doch Jurist –: Schauen Sie einmal in das Grundgesetz. Schauen Sie sich Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz an. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie dann feststellen werden, dass Sie diesen Weg nicht werden gehen wollen.

Ich will in diesem Zusammenhang noch etwas anderes sagen. Die SPD ist dreimal enteignet worden. Dies geschah durch die Sozialistengesetze, es geschah unter den Nazis, und es geschah während der Herrschaft der SED. Sie, die Mitglieder der FDP, sollten sich angesichts Ihres Programms und Ihrer Grundwerte überlegen, ob Sie denselben Weg gehen wollen. Ich glaube, damit wären Sie nicht gut beraten. Ein Treppenwitz der Geschichte ist, dass Ihr Bundesvorsitzender gestern noch verkündet hat, reine Parteienzeitungen sollten weiterhin zulässig bleiben. Diese Debatte ist wirklich schon fast lächerlich. Reine Parteienzeitungen sollen weiterhin zulässig bleiben, aber Beteiligungen sollen nicht möglich sein.

(Nicola Beer (FDP): Das betrifft Mitgliederzeitungen! Das wissen Sie doch ganz genau!)

Das tut wirklich weh.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich will zum Schluss meiner Rede noch wenige Sätze zur Beteiligung an der „Frankfurter Rundschau“ sagen. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass die SPD wirklich dafür steht, dass Medienvielfalt erhalten bleibt. Das ist genau das richtige Beispiel dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Wir wären sehr froh,wenn sich ein anderer Geldgeber finden würde. Wir müssen wahrscheinlich mit einer Mehrheitsbeteiligung bei der „Frankfurter Rundschau“ einsteigen. Herr Hoff, ich biete Ihnen Folgendes an: Sie sollten das auf Wiedervorlage legen, sofern Sie Wiedervorlage

kennen.Wir können in einem Jahr darüber diskutieren,ob die SPD dann noch eine Mehrheitsbeteiligung an der „Frankfurter Rundschau“ hält.Wir können dann auch die Frage diskutieren, ob Einfluss genommen wurde.

(Nicola Beer (FDP): Herr Schmitt, es gibt höhere Angebote!)

Ich glaube, die Journalisten der „Frankfurter Rundschau“ verfügen über ausreichend Berufsethos und tragen dafür Sorge, dass keine Beeinflussung stattfindet. Ich sage Ihnen: Eine Einflussnahme der SPD auf die „Frankfurter Rundschau“ wird es nicht geben.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Nicola Beer (FDP):Herr Schmitt,das sieht Ihre Schatzmeisterin ganz anders!)

Ich glaube, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Wir sind für Transparenz. Wir können uns über dieses Thema streiten. Wir sind aber nicht dafür, dass die SPD auf kaltem Wege bei den Medien enteignet wird. Es geht darum, die Meinungsvielfalt zu schützen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass das angesparte Geld am Ende dann für unsere Demokratie auch gut eingesetzt war.Ich denke,in dieser Art und Weise sollten wir die Diskussion solide führen. Herr Kollege Hoff, Sie haben von einer Krake bei den SPD-Medienbeteiligungen gesprochen. Ich sage, dass es sich dabei um ein Seepferdchen handelt, das in dem großen Teich der Medien der Bundesrepublik aufseiten der SPD schwimmt. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Schmitt, danke schön. – Herr Bouffier hat für die Staatsregierung – für die Landesregierung das Wort.

(Frank Lortz (CDU): Staatsregierung!)

Das klingt auch schön.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Landesregierung begrüßt diese Debatte und die Initiative der CDU-Fraktion und die ergänzenden Initiativen. Vielleicht ist es noch in Erinnerung: Die Landesregierung hat sich in dem ihrer Arbeit zugrunde liegenden Regierungsprogramm bereits zu Beginn der Wahlperiode für ihre Arbeit einen Fahrplan gegeben. Dort befindet sich auch das Stichwort: Änderung des Hessischen Pressegesetzes.

Wir wollen, dass in das Hessische Pressegesetz eine präzisere Formulierung aufgenommen wird, die die Veröffentlichung der Inhaber und der Beteiligungen betrifft. Das soll also weiter gefasst werden als nur der eine Aspekt,der sich mit der Frage beschäftigt, welche Parteien beteiligt sind.Die Neuformulierung des Hessischen Pressegesetzes sollte zum Ziel haben, dass offen gelegt werden muss, welche Unternehmen, Organisationen oder Parteien – das soll auch Parteien betreffen – mit dem Verlag finanziell verflochten sind, direkt oder indirekt auf ihn einwirken oder bei welchem ein Rechtsverhältnis in Form einer Gesellschaft oder in Form der Treuhand besteht. Das wird es sein, was unsere Arbeit dabei leiten wird. Die Debatte passt gut zu dem Auftrag, den wir uns selbst gegeben haben.

Hier kommt vieles zusammen. Ich sehe drei Ebenen. Hinsichtlich der ersten Ebene sind sich alle einig. Das haben

zumindest alle gesagt. Alle sagen, sie seien für Transparenz.Wenn das wirklich so ist,dann sollten wir das so auch festhalten. Umgekehrt heißt das dann aber auch, dass der derzeit bestehende Zustand als nicht hinreichend transparent empfunden wird.

(Frank Lortz (CDU): Sehr richtig!)

Ich glaube, das kann man nicht bestreiten.

Zweitens geht es um die Frage,was Transparenz eigentlich konkret bedeutet. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die gegeneinander abzuwägen sind. Ich beginne einmal mit einem Stichwort, das, soweit ich hier die Debatte verfolgt habe, noch nicht genannt wurde. Es geht auch um die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Sie wird durch Art. 5 Grundgesetz gewährleistet. Von Staats wegen verbietet es sich zunächst einmal, der Pressefreiheit Regelungen zu geben, ohne dass es dafür einen Anlass gibt.Wie sich die Presse organisiert, ist auch ein Ausfluss der Pressefreiheit.

Wir haben also auf der einen Seite Art. 5 Grundgesetz zu beachten. Auf der anderen Seite sind rechtliche Fragen hinsichtlich des Eigentums zu beachten. Das betrifft Art. 14 Grundgesetz. Ich möchte allerdings hinzufügen, dass hierbei auch die soziale Verpflichtung des Eigentums ein wichtiger Gesichtspunkt ist.

Wir müssen uns mit dem Thema der inneren und äußeren Pressefreiheit auseinander setzen. Herr Kollege Posch hat da vollkommen Recht. Das Thema, das wir hier verhandeln, ist nicht neu. Ich erinnere mich daran, dass wir beide das hier schon vor 15 Jahren miteinander diskutierten. Damals befanden wir uns hier noch in anderer Funktion und fanden dafür keine Mehrheit. Bei den Regelungen zum privaten Rundfunk konnten wir das dann umsetzen. Heute geht es um die klassischen Druckerzeugnisse, also um die Presse. Natürlich sind die Stichworte „innere und äußere Pressefreiheit“ und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, die es dazu gibt, für den Prüfauftrag, den die Landesregierung hier entgegennimmt, nicht unbedeutend.

Ich komme zum dritten Punkt. Das betrifft den Dringlichen Antrag der FDP-Fraktion und das, was Herr Kollege Posch hier noch einmal beleuchtet hat. Da wird sozusagen ein Schritt weiter gegangen und Folgendes gefragt – zumindest wurde der Bundesvorsitzende der Freien Demokraten so wiedergegeben –: Ist es nicht sogar von der Verfassung her geboten, dass sich Parteien jenseits ihrer Mitgliederzeitschriften dort nicht wirtschaftlich betätigen dürfen?

Denn Art. 21, das Parteienprivileg – Parteien gestalten den politischen Willensbildungsprozess der Bevölkerung mit –, geht jedenfalls nicht so weit, dass eine Beeinträchtigung, eine Einengung der öffentlichen Meinungsbildung durch die vierte Gewalt via Parteien erfolgt. Das ist der Punkt, um den es geht.

Er ist inhaltlich spannend. Er ist auch nicht ganz so einfach zu beantworten.Aber ich komme zurück auf den ersten Punkt: Wenn wir uns einig sind, dass es nicht hinreichend transparent ist, dann können wir gemeinsam festhalten, dass Handlungsbedarf besteht, wie weit er im Einzelnen auch gehen mag und wie weit sich das juristisch abgrenzen lässt.

Zweitens will ich darauf hinweisen: Wir haben in diesem Haus schon vor Jahren Debatten geführt, bei denen es um die wirtschaftlichen Verflechtungen ging. Herr Schmitt, Sie haben es angesprochen.Sie haben sich mit dem Thema

Springer beschäftigt. Ich will das aus Anlass dieser Debatte nicht untergehen lassen. Ich habe große Sorge, ob das, was die Bundesregierung derzeit in Bezug auf die Pressefusionsüberlegungen macht, wirklich richtig ist.