Protocol of the Session on March 19, 2004

Meine Damen und Herren,im Regierungsprogramm 2003 bis 2008 haben wir einen „Aktionsplan Hochwasserschutz“ vorgesehen.Wir arbeiten daran.

Wir werden die Richtlinie nach unserem Zeitplan zeitnah umsetzen. Vor allen Dingen wollen wir die notwendige Transparenz und die Beteiligung aller am Verfahren. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Dann werden die beiden Anträge unter Tagesordnungspunkt 17 und Tagesordnungspunkt 53 an den zuständigen Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz überwiesen. Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Missachtung des Parlaments durch die Landesregierung – Drucks. 16/1886 –

Das Wort hat Herr Kollege Kahl für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Fragerecht zählt zu den wichtigsten Kontrollinstrumenten des Landtags.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt!)

Dieser Satz dürfte bei Parlamentariern eigentlich unstrittig sein. Nur, und dies zeigt sich im ersten Jahr der neuen Legislaturperiode mehr als deutlich:Die Landesregierung ist offensichtlich nicht bereit, dieses Kontrollrecht des Landtags und insbesondere der Opposition ernst zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und den Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Nicola Beer (FDP))

Erstens. Von bisher 388 Kleinen Anfragen von Abgeordneten meiner Fraktion sind 256 unbeantwortet geblieben. Bei diesen 256 Anfragen ist bei 255, also bis auf eine einzige, die Frist zur Beantwortung von sechs Wochen überschritten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Skandal!)

Dies ist nicht hinnehmbar. Hier werden die von der Verfassung garantierten Rechte der einzelnen Abgeordneten – ich betone: der einzelnen Abgeordneten – von der Landesregierung mit Füßen getreten.

Zweitens. Von den sieben bisher eingebrachten Großen Anfragen der SPD-Fraktion war bis zur Einreichung unseres Antrages keine einzige beantwortet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bei vier Großen Anfragen war die Frist zur Beantwortung von drei Monaten überschritten. Ich will sie einmal nennen. Die Große Anfrage, die die Kommunalleasinggeschäfte betrifft, stammt vom 2. Juli 2003. Es ist angekündigt, dass sie im März 2004 beantwortet werden soll. Das war im letzten Sommer eine aktuelle Diskussion. Die Beantwortung der Großen Anfrage wird aber um ein Dreivierteljahr hinausgeschoben. Das ist unerträglich.

Die Große Anfrage hinsichtlich ständischer Versorgungswerke in Hessen stammt vom 3. September 2003. Die Be

antwortung wurde für Januar 2004 angekündigt. Der ist nun schon wieder vorbei.

(Michael Siebel (SPD): Drückeberger!)

Die Große Anfrage zur Kofinanzierung der Europäischen Strukturfonds stammt vom 29. September 2003. Heute nun liegt die Antwort vor.

(Frank Gotthardt (CDU): Na also!)

Die Große Anfrage zur Weiterbildung an Hochschulen stammt vom 8. Oktober 2003. Keiner weiß, wann sie beantwortet werden wird.

Die Große Anfrage betreffend Bibliotheken nach PISA stammt vom 8. Dezember 2003. Die Beantwortung ist für April 2004 vorgesehen.

Die Große Anfrage betreffend hessische Bildungspolitik nach PISA stammt vom Dezember letzten Jahres. Hierzu liegen keine Informationen über den Zeitpunkt vor, wann sie beantwortet werden soll.

Die Große Anfrage betreffend Lage der Zeitungen in Hessen stammt vom 19. Dezember 2003. Es wurde jetzt angekündigt, dass diese Große Anfrage im Juni 2004 beantwortet werden soll.

Das ist eine klare Brüskierung des Landtages. Es grenzt an Arbeitsverweigerung der Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mit dieser Haltung befindet sich die von der CDU geführte Landesregierung in negativer Hinsicht in Kontinuität zu der Landesregierung der letzten Legislaturperiode.

(Clemens Reif (CDU): Diese furchtbaren Angriffe! – Michael Siebel (SPD): Das ist einmalig in dieser Republik!)

Seien Sie einmal ganz ruhig. – Dass Anfragen nicht fristgerecht beantwortet wurden, war auch Gegenstand der Behandlung in der Enquetekommission „Künftige Aufgaben des Hessischen Landtags an der Wende zum 21. Jahrhundert“,die in der letzten Legislaturperiode tagte.Dabei hat die Enquetekommission einstimmig – ich betone: einstimmig – Folgendes beschlossen:

In der Hessischen Verfassung sollte geregelt werden, dass die Landesregierung parlamentarische Anfragen unverzüglich zu beantworten hat.

Diese Empfehlung wurde einstimmig beschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU):Was haben Sie früher immer gemacht?)

Außer Vergangenheitsbetrachtung fällt Ihnen dazu also nichts ein. Das ist ein bisschen wenig.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU)

Es wird aber noch spannender. Mitglied der Enquetekommission war auch Abg. Grüttner.

(Volker Hoff (CDU): Guter Mann!)

Heute ist er als Chef der Staatskanzlei dafür verantwortlich, dass die Landesregierung die Anfragen nicht fristgerecht beantwortet. Herr Grüttner, da kann ich Sie nur fragen: Haben Sie so schnell vergessen, was Sie selbst – ich betone: Sie selbst – hinsichtlich der Rechte des Parlamen

tes und der Abgeordneten vor etwa zwei Jahren mit beschlossen haben? – Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD)

Diese Landesregierung entzieht sich durch Nichtstun der parlamentarischen Kontrolle. Das kann so nicht hingenommen werden. Deshalb ist eine deutliche Rüge des Parlamentes mehr als angebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Volker Hoff (CDU): Oh!)

Ich will das ganz ernsthaft gerade auch den Mitgliedern der CDU sagen.Auch die Abgeordneten der CDU-Mehrheitsfraktion, die sich als Parlamentarier und nicht nur als bedingungslose Unterstützer der Regierung verstehen, dürften einen solchen Umgang der Exekutive mit dem Frage- und Kontrollrecht des Parlamentes nicht tolerieren. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich als Abgeordnete verstehen, sollten Sie das nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD – Volker Hoff (CDU):Wir sind sogar direkt gewählte Abgeordnete!)

Dann ist das noch schlimmer. – Ich betone es sehr klar: Hier muss das Parlament in seinem ureigenen Interesse ein klares und deutliches Zeichen setzen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Das Wort hat Herr Staatsminister Grüttner.

(Volker Hoff (CDU): Ich weiß noch, dass die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Jugendpolitik damals vier Jahre gedauert hat!)