Protocol of the Session on January 29, 2004

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist das für ein Unfug?)

Die Frau Blaul – Grund Nummer 5 – ging 1995 wegen dem so genannten Küchenkabinett, die Kollegin Nimsch 1998 wegen ihrer Cousinenwirtschaft. Das waren die Minister. Ich gehe zu den Staatssekretären über: siebter Grund: Ulrike Riedel, Versetzung nach Sachsen-Anhalt 1994; Brigitte Sellach – achtens – ging am 11.02.1992, damals Bauernopfer für Ministerin Blaul; Christoph Kuhlenkampff – Nummer 9 –, 1993 Versetzung in den einstweiligen Ruhestand.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das hat etwas mit Fulda zu tun gehabt!)

Nummer 10: Erich Stather, Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, 1993; Dr. Otto-Erich Geske, Ruhestand 1994, Lotto-Affäre; Dr. Jürgen Wefelmeier, 1994 einstweiliger Ruhestand; Grund 13 – vielleicht ein Höhepunkt unter Rot-Grün –:Johannes Schädler.Er musste 1995 gehen, nachdem er rund vier Wochen im Amt war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind 13 gute Gründe, weswegen es Kollege Kaufmann heute Morgen vielleicht so humorvoll gemacht hat, aber weswegen ich glaube, dass Sie sich bei dem Thema hier nicht überfordern sollten. – Ich komme zum Schluss.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was, das wars? Erzähl doch einmal etwas zum Fuldaer Küchenkabinett im Wirtschaftsministerium!)

Die Aktuelle Stunde betrifft auch die Frage „Fulda kommt“, wie es so schön heißt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus Fulda kommen sehr viele gute Köpfe.

(Beifall des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU): Sehr gut!)

Ich meine damit nicht nur Frau Hölldobler-Heumüller, sondern es gibt dort auch viele andere kluge Köpfe. Das sieht man auch an den Wahlergebnissen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum ist Gottfried Milde nix geworden?)

Deswegen ist es kein Problem, sondern man kann es im Gegenteil sehr gut nachvollziehen, wenn jemand wie Walter Arnold jetzt in das Kabinett nachrückt. Herr Schmitt, ich war sehr froh: Bisher haben Sie im Umweltausschuss immer gesagt, er hätte keine Kompetenz. Walter, jetzt musst du gehen, jetzt schreiben sie dir alle Kompetenz zu. Das ist vielleicht auch etwas Schönes. Ob es aus dem Mund von Herrn Schmitt wirklich ein Kompliment ist, darüber muss man einen Moment nachdenken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wenn das der eigentliche Sinn der Aktuellen Stunde ist, dann hat sie sich vielleicht doch gelohnt. Diese Aktuelle Stunde gibt uns als CDU-Fraktion die Möglichkeit, uns von dem scheidenden Staatssekretär zu verabschieden und ihm auch aus unserer Sicht ganz herzlich für seine geleistete Arbeit und für das zu danken, was er – das ist unstreitig – an Kompetenz und an Fleiß in dieses Amt eingebracht hat. Dafür sagen wir danke schön.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Warum muss er dann gehen?)

Herr Al-Wazir, Sie haben in der Presseerklärung der Landesregierung gelesen, warum es zu dieser personellen Entscheidung gekommen ist. – Ich möchte auch dem Nachfolger im Amt alles Gute wünschen, insbesondere Ihnen, Herr Dr.Arnold, dass Sie im Kabinett weiterhin an uns Abgeordnete denken – mit Ihrer Sachkompetenz, auch wenn sie Ihnen von der Opposition erst heute zugeschrieben wird.Wir wissen, was wir an Ihnen haben. Insofern alles Gute im neuen Amt und viel Glück.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weitere Wortmeldung. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe den Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Risiken der geplanten Landebahn Nordwest am Flughafen Frankfurt – Drucks. 16/1788 –

gemeinsam mit dem Punkt 22:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend voreilige Festlegung der Landesregierung auf Landebahn Nordwest – Drucks. 16/1790 –

und mit dem Punkt 44 der Tagesordnung:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Sicherheitsrisiken und Verwaltungsrisiken beim geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt – Drucks. 16/1819 –

Wir haben vereinbart: Redezeit 15 Minuten. Das Wort hat der Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute nicht zum ersten Mal und gewiss auch nicht zum letzten Mal über die weitere Entwicklung des Frankfurter Flughafens.Aber ich will zumindest heute nicht das grundsätzliche Ob des Flughafenausbaus erörtern.

(Ministerpräsident Roland Koch: Da sind Sie auch dagegen!)

In dieser Frage sind die Positionen und Argumente zwischen meiner Fraktion und den übrigen Fraktionen des Hauses sehr klar und deutlich ausgetauscht. Sie müssen nicht immer wieder aufs Neue wiederholt werden.Wir haben es aber aktuell mit einer Situation zu tun, die völlig unabhängig von der politischen Bewertung der Ausbaufrage dringend der Debatte bedarf. Gerade denjenigen, die den Ausbau durchsetzen wollen, kann und darf die Sicherheitsfrage nicht gleichgültig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dieser Frage, die zentral die berechtigten Ängste und Befürchtungen der Menschen rund um den Flughafen betrifft, meinen wir, ist es unsere Pflicht, als Landtag insgesamt eine Debatte zu führen, die möglichst frei von Polemik und Effekthascherei ist. Wir müssen zeigen, dass wir mit dieser Problematik ernsthaft umgehen.

Herr Kollege Reif, weil Sie so schauen: Packen Sie Ihr Manuskript mit Glaubensbekenntnissen zum Ausbau, mit polemischer Beschimpfung der Ausbaugegner heute einmal weg, denn die Risiken – das sage ich Ihnen – werden nicht dadurch größer, dass sie ein Ausbaugegner benennt. Sie werden umgekehrt auch nicht dadurch kleiner, dass sie ein Befürworter der Landebahn Nordwest kleinzureden versucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nicht zuletzt in Sicherheitsfragen wird sehr gern der Begriff „konservativ“ verwendet – ein Begriff, der Ihnen von der CDU eigentlich sehr sympathisch sein müsste. Die „konservative“ Betrachtung in Sicherheitsfragen bedeutet, dass bei der Bewertung eines Risikos im Zweifelsfall oder, wenn es eine Spannweite von ermittelten Daten gibt, das Szenario ins Kalkül genommen wird, das das größte Risiko darstellt, also tendenziell das Risiko eher überbewertet.Nur durch eine solche Vorgehensweise kann am Ende die notwendige Sicherheit erreicht werden, damit in Grenzsituationen die dringend benötigten Reserven noch vorhanden sind.

Meine Damen und Herren, schauen wir uns den Konflikt Fraport und Ticona ein bisschen genauer an. Die Frage, die zu stellen ist, lautet: Gehen unter Aspekten der Sicherheit ein der Störfallverordnung unterliegendes Chemiewerk und die Nordwestbahn zusammen? – Übrigens eine Fragestellung, die bei der Richtungsentscheidung des Ministerpräsidenten für eine Landebahn Nordwest, die schon am 19. August 2000 getroffen worden ist, damals überhaupt nicht gestellt wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können das im Landtagsprotokoll Nr. 47 der letzten Periode nachlesen, wie wir dies sehr ausführlich Ende August 2000 im Plenum diskutiert haben. Da spielte das Thema überhaupt keine Rolle. Das will ich auch niemandem vorwerfen. Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass es damals keine Rolle spielte, weil zum damaligen Zeitpunkt die genaue Lage der geplanten Nordwestbahn noch nicht fixiert war,sondern im Gegenteil noch der Auftrag bestand, diese innerhalb der Grobvarianten zu optimieren.

Meine Damen und Herren, natürlich muss man sich fragen, ob es denn auf einer solch unzureichenden vorläufigen Informationsbasis überhaupt vertretbar war, dass der Ministerpräsident, selbst wenn er es damals nur als Parteivorsitzender, weder als Regierungschef noch als Aufsichtsratschef von Fraport verkündete, die Richtung Nordwestbahn vorgegeben hat.Wir haben längst erkannt und wussten von Anfang an, dass sich die Funktionen natürlich nicht trennen lassen.Aber wenn wir das im Lichte unseres heutigen Wissens – das ist gewiss noch lange nicht vollständig – angucken,dann muss man die Frage klar verneinen, ob das zusammengeht – einer Meinung, der wir GRÜNE damals schon waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ausweislich der heutigen „Frankfurter Neuen Presse“ – wer es noch nicht gelesen hat, wahrscheinlich in der bekannt werdenden Tendenzentscheidung der Störfallkommission – ist selbst beim Ministerpräsident die Skepsis bei der Bewertung der Gefährlichkeit des Hindernisses Ticona deutlich größer als früher.

Dann darf ich folgendes Zitat bringen: „Das geht bis zu dem Punkt, ob das gesamte Ticona-Werk infrage gestellt

werden muss.“ Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, nein, das ist der Punkt, an dem die NordwestVariante infrage steht – auf Deutsch:an dem sie vom Tisch ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch zurück zum August 2000. Die Kriterien, die damals von den Ausbaubefürwortern für die Entscheidung zugunsten der Nordwest-Bahn vorgetragen wurden, bezogen sich ausschließlich auf die Probleme Fluglärm und Waldverbrauch. Schon damals gab es, bereits unter diesen Kriterien, Kritiker in den Reihen der Kollegen der CDUFraktion, die erhebliche und deutliche Kritik an dieser Richtungsentscheidung äußerten.

Meine Damen und Herren, im Raumordnungsverfahren, über dessen Qualität ich mich heute nicht insgesamt erneut auslassen will, wurden die Sicherheitsprobleme ebenfalls nicht bewältigt. Sie wurden allerdings und immerhin nach entsprechenden Einwänden von Ticona angesprochen und zur weiteren Untersuchung markiert. So ist laut Ergebnis des Raumordnungsverfahrens bei den dort aufgelisteten Maßgaben die Flugsicherheit im Hinblick auf die auf dem Ticona-Gelände betriebenen Anlagen zu gewährleisten und die Sicherheit der Anlagen der Firma Ticona und Infraserv näher zu untersuchen. Das sind die Maßgaben 1.16 und 2.1 – falls es jemand nachlesen will.

Meine Damen und Herren, betrachten wir uns also den heute erreichten Erkenntnisstand zu diesen Maßgaben. Für die Gesamtbetrachtung möchte ich Ihnen die übereinstimmende Aussage aller Gutachter im Fachausschuss mitgeben, die übrigens von allen weiteren Experten, die mir bisher begegnet sind, geteilt wird.

Herr Kollege Reif, machen wir einmal ein Gedankenexperiment. Stellen wir uns doch einmal vor, die Verhältnisse wären genau umgekehrt, d. h. die Landebahn Nordwest existierte, und es stellte sich die Frage, ob an der Stelle, wo heute Ticona steht, ein Chemiewerk dieser Spezies gebaut werden sollte oder dürfte.

(Clemens Reif (CDU): Das ist eine interessante Frage!)

Die Antwort im Ausschuss war – Sie waren dabei – ein einmütiges Nein. Niemand würde auf die Idee kommen, ein solches Werk an dieser Stelle für eine gute Idee zu halten, und erst recht nicht, es zu genehmigen.

(Clemens Reif (CDU): Herr Kollege, darf ich eine Frage stellen?)

Was sagt uns diese Feststellung für den umgekehrten Fall, den gegebenen Fall? Es gibt doch mindestens ein massives Sicherheitsproblem, wenn Landebahn und Chemiewerk nebeneinander betrieben werden.Das ist gewiss nicht von der Reihenfolge abhängig, in der die beiden entstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kaufmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Reif?

Nein, ich möchte gern im Zusammenhang vortragen. Die Fragen des Kollegen Reif dienen in der Regel nicht der