Wenn das Ergebnis gut ist, dann ist es immer noch besser als ein Schnellschuss, der keine drei Monate hält. – Herr Kollege Frömmrich, Sie haben selbst gesagt, es sei ein
Witz gewesen. Es ist leider nicht so witzig. Es behauptet niemand, dass es diese Frage nicht gäbe. Es geht jetzt darum, die Probleme vernünftig zu lösen. Ich habe im Ausschuss gesagt, dass der Gesetzentwurf dem Parlament im Jahr 2004 vorgelegt wird. Dabei wird es bleiben. Dann lade ich Sie zu einer engagierten Diskussion ein. – Vielen Dank.
Meine Damen, meine Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Herr Präsident Kartmann hat darauf hingewiesen, dass wir gemäß § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung nicht über die Beschlussempfehlung, sondern über den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung, Drucks. 16/60, abstimmen werden.
Ich rufe also zur Abstimmung den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts und anderer Rechtsvorschriften, Drucks. 16/60, auf. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP-Fraktion geschlossen.Wer stimmt dagegen? – Die SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die CDU-Fraktion. Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich nicht. Damit hat der Gesetzentwurf nicht die erforderliche Mehrheit bekommen und ist abgelehnt.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend überfällige Reform der Lehrerausbildung – Drucks. 16/1771 –
Antrag der Fraktion der FDP betreffend dringend notwendige Qualitätsverbesserung des Lehramtsstudiums – Drucks. 16/1792 –
Als Redezeit sind zehn Minuten vereinbart. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Abg. Hinz, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Reform der Lehrerausbildung in Hessen ist seit langem überfällig.
Darüber führen wir schon seit vielen Jahren eine Diskussion. Die CDU hatte bereits in der letzten Wahlperiode versprochen,einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
„Kein Jahr genannt“, das war der Fehler. Das stimmt. – Diesen vielen Worten, die bereits gemacht worden sind, sind bislang noch keine Taten gefolgt.
Wir haben bereits konkrete Vorschläge zur Änderung der Lehrerausbildung gemacht. Das ist damals auf Ihr großes Missfallen gestoßen, auch auf das Missfallen der Gewerkschaften. Wenn wir die Möglichkeit dazu gehabt hätten, weiterhin die Landesregierung zu stellen, dann hätte es in der letzten Wahlperiode ein neues Lehrerbildungsgesetz gegeben. Aber die CDU und die FDP sind gewählt worden.Was gab es? Wieder eine Kommission.
Bis heute glaube ich, es gab diese Kommission, weil sich die beiden Ministerinnen nicht einigen konnten.
Im Januar 2003 wurde der Kommissionsbericht an Frau Wolff und Frau Wagner, damals noch Ministerin für Wissenschaft und Kunst, übergeben. Im Frühsommer kündigte Frau Wolff einen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause 2003 an. Im September kündigte sie ein Gesetz noch zum Ende des Jahres 2003 an. Jetzt konnten wir verblüfft lesen,dass sich Herr Corts und Frau Wolff als die zuständigen Minister für das Lehrerbildungsgesetz entweder nicht einigen können oder aber sich gegenüber den Hochschulen nicht durchsetzen können oder wollen. Auf jeden Fall ist es so weit gekommen, dass jetzt schon der Ministerpräsident einen Gesetzentwurf ankündigt.
Wir sind gespannt, ob jetzt endlich einmal Taten folgen werden. Eine Frechheit war, mit dieser Ankündigung vom Ministerpräsidenten verbunden, alle Schuld den Hochschulen zuzuschieben. Nun wissen wir, dass die Hochschulausbildung nicht besonders gut ist. Aber das wissen wir seit Jahren. Seit Jahren hätte eigentlich eine Entscheidung getroffen werden müssen, spätestens seitdem der Kommissionsbericht auf dem Tisch liegt. Die Einsicht, ein Jahr später zu sagen: „Die Hochschulen sind schuld, und wir müssen mal etwas machen“, kommt doch reichlich spät.
Wir wissen, der Schlüssel für besseren Unterricht liegt in der Veränderung der Rolle des Lehrers und der Lehrerin. Wir wissen, dass das selbstständige Arbeiten in den Schulen bislang nicht besonders gefördert wird. Wir wissen, dass die Methodenvielfalt im Unterricht nicht besonders groß ist. Wir wissen, dass keine besonderen diagnostischen Kompetenzen vorhanden sind. Deswegen liegt der Schlüssel für besseren Unterricht auch in einer Reform der Lehreraus- und Lehrerfortbildung. Unser Konzept dafür ist schon zwei Jahre alt. Davon hätten Sie sich eine Scheibe abschneiden, einen Entwurf entwickeln und vorlegen können, Frau Wolff.
Die Anforderungen an den Lehrerberuf haben sich in den letzten Jahren grundsätzlich geändert. Neben den fachwissenschaftlichen Kompetenzen,die in dem Beruf – auch bei denjenigen, die bereits in unseren Schulen arbeiten – unbestritten hoch sind, sind die didaktischen, pädagogischen und psychologischen Fähigkeiten stärker gefragt. Lehrerinnen und Lehrer müssen ihre Praxis aber auch wissenschaftlich reflektieren können. Das heißt, wir wollen nicht hin zu mehr Praxis, nach dem Motto: „Hauptsache, Sie lernen, viel Unterricht zu machen“, sondern gerade die Fachdidaktiken müssen künftig wissenschaftlich besser fundiert werden. Deswegen ist die Verzahnung von
wissenschaftlicher und praktischer Ausbildung dringend notwendig, auch die Verknüpfung dahin gehend, dass schulpraktische Studien im Studium auch eine Relevanz für die weitere Ausbildung an der Universität haben. Es muss eine verbindliche Struktur geben, was an der Universität gelehrt werden muss, woran sich Professoren zu halten haben. Dies bildet aber auch eine Orientierung für die Studierenden, was sie lernen sollen und was sie in der Schule hinterher brauchen.
Deswegen ist es wichtig, ein Kerncurriculum für die Diagnostik, die Methodenkompetenz, für die interkulturelle Erziehung und für sonderpädagogische Fähigkeiten zu erstellen. Denn all diese Kompetenzen sind in allen Schulformen gefragt, also unabhängig davon, an welcher Schulform, an welcher Schule oder in welchem Fach jemand unterrichtet. Hier muss dringend Verbindlichkeit erzielt werden. Ich sage ausdrücklich: Die Strukturen an den Hochschulen müssen sich in dieser Frage den Erfordernissen der Lehrerausbildung anpassen und nicht umgekehrt.
Lehrerinnen und Lehrer werden künftig an den Schulen noch viel mehr mit anderen Fachleuten kooperieren müssen. Sie werden selbstständiger arbeiten müssen. Sie werden mit Evaluation und den Ergebnissen der Bildungsforschung umgehen können. Sie müssen die daraus gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis umsetzen können. Wir haben also einen hohen Anspruch an die Professionalität der Lehrerinnen und Lehrer.Es ist deshalb notwendig,die verschiedenen Institutionen, die derzeit mit der Lehreraus- und -fortbildung befasst sind, zueinander zu bringen. Es müssen Strukturen für Kooperationen geschaffen werden. Die ausbildenden Schulen, die Studienseminare, die Hochschulen und die Fortbildungseinrichtungen müssen viel besser zusammenarbeiten. Die gesamte Lehrerausund -fortbildung muss in einem Gesetz in den Blick genommen werden.Vor allen Dingen muss mit dem Gedanken Schluss sein, dass das Lernen der Lehrerinnen und Lehrer mit Ende der Hochschulausbildung oder spätestens nach Absolvierung des Referendariats aufhört, weil sie dann ja den Beruf ergriffen haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dorothea Henzler (FDP))
Das heißt aber auch, dass das Land die Aufgabe hat, für eine besonders gute Lehrerfortbildung zu sorgen. Dazu sagen wir ausdrücklich:Wir werden weiterhin ein Landesinstitut brauchen, das aus pädagogischer und wissenschaftlicher Sicht heraus Angebote entwickelt und dieses dann natürlich den Schulen zur Verfügung stellt.Wir müssen aber auch ins Auge fassen, dass die Schulen als Personalentwicklungsmaßnahmen für die Lehrer und Lehrerinnen Fortbildungsprogramme entwickeln. Sie sollten dann auch ein Budget für Fortbildung zur Verfügung gestellt bekommen, damit die Fortbildung künftig tatsächlich eine wichtige Rolle einnehmen kann. Unserer Ansicht nach kann diese Fortbildung natürlich auch von den Universitäten geleistet werden. Auch das steht bereits im Gesetz. Es wird aber so leider nicht angeboten. Das wird also nicht angewandt. Hier ist dringend eine Nachbesserung notwendig.
Aufgrund des so genannten Bologna-Prozesses kommt es zu einer Internationalisierung der deutschen Hochschulen. Wir werden manchmal gefragt, was das eigentlich ist. In Bologna fiel der Beschluss, dass die Hochschulen eine
modularisierte Ausbildung, also eine Ausbildung in zwei Phasen, anbieten sollen. Das birgt große Chancen für den Beruf des Lehrers. Die Modularisierung ermöglicht es, dass sich Studenten der Lehramtsfächer auch noch während des Studiums entscheiden können, bestimmte Module mitzunehmen, wenn sie in ein anderes Studienfach wechseln. Denn mancher wird vielleicht während der ersten zwei Jahre des Studiums gemerkt haben, dass er für den Lehrerberuf doch nicht so geeignet ist oder sich darunter etwas anderes als das vorgestellt hat,was da auf ihn zukommt. Dann könnten sie einen Teil ihrer Ausbildung mitnehmen. Bis jetzt besteht immer noch das Problem, dass manche die Ausbildung in dem Wissen abschließen, dass sie diesen Beruf eigentlich nicht so recht wollen. Aber sie hatten dann keine Möglichkeit des Umsteigens mehr. Hinterher stehen sie in der Schule und sind unglücklich. Ebenfalls unglücklich sind dann die Kinder, die sie unterrichten müssen.
Aber es wird dann auch die Möglichkeit für Seiteneinsteiger von anderen Berufsfeldern bestehen, in das Lehrerstudium hineinzukommen. Auch für Seiteneinsteiger, die ganz und gar aus dem Beruf kommen, wird die Modularisierung die Möglichkeit eröffnen, an die Schulen zu gehen und Lehrer zu werden. Diese Übergänge werden also erleichtert werden.Wir sollten diese Chance ergreifen.
Ich denke, es wäre sinnvoll, den Beruf des Lehrers nicht mehr als eine Einbahnstraße anzusehen. Das sollte nicht nach dem Motto verlaufen: Einmal im Beruf, komme ich nicht mehr da heraus.– Lehrerinnen und Lehrer sollen die Option haben, später den Beruf wechseln zu können. Menschen aus anderen Berufen sollten die Möglichkeit haben, in den Lehrerberuf zu wechseln. Dafür müssen sich die Hochschulen entsprechend verändern.
Ich will es ganz deutlich sagen: Diese Veränderungen, die Modularisierung, also die zwei Phasen, führen auch dazu, dass man sich die Frage stellen muss, ob es das Staatsexamen geben muss. Darüber hinaus wird man sich fragen müssen,welche Rolle künftig die Studienseminare spielen sollen.
Es ist fraglich, ob wir noch Staatsexamen brauchen werden, wenn es die Modularisierung und die Bachelor- und Master-Studiengänge gibt. Wir sollten die Lehrerausbildung mindestens für die nächsten zehn Jahre in diese Richtung planen. Wir wissen, dass die Abschlüsse Bachelor und Master eingeführt werden. Der Gesetzentwurf für ein Lehrerbildungsgesetz, das demnächst vorgelegt werden wird, muss darauf Rücksicht nehmen und muss den Anschluss der Lehrerausbildung an die Modularisierung in den Hochschulen gewährleisten.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Wir fordern die Landesregierung auf, ihre Vorstellungen endlich auf den
Tisch zu legen. Seit Monaten kursieren unterschiedliche nicht autorisierte Entwürfe in der Fachöffentlichkeit. Es wird frühestens ab dem Jahre 2005 nach einem neuen Gesetz ausgebildet werden können. Diejenigen, die danach ausgebildet wurden, könnten frühestens im Jahre 2011 die Schulen erreichen. Wir müssen jetzt also dringend über diesen Gesetzentwurf diskutieren, damit sich die Rolle der Lehrer und Lehrerinnen an den Schulen ändern kann. Wir sollten diesen Schlüssel zur Verbesserung des Unterrichts in die Hand nehmen. Die Fortbildung könnte schon früher geändert werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zur Lehrerausbildung ist eine unendliche Geschichte. Leider ist sie nicht so spannend wie das berühmte Buch mit diesem Namen. Denn bisher erfolgten nur Ankündigungen, aber keine Handlungen. Es fand keine Teilhabe der Interessierten an diesem Gesetzentwurf statt. Bisher fand die Debatte hinter verschlossenen Türen statt. Die Lösung der entstandenen Probleme wurde ohne Beteiligung der Betroffenen angegangen. Sogar die Expertenkommission, die sich vorher mit diesem Thema beschäftigt hatte, wurde später nicht mehr eingebunden.
Ich kann das überhaupt nicht verstehen. Gerade die Universitäten, die für die erste Phase der Lehrerausbildung zuständig sind, und die angehenden Lehrer, die an diesen Universitäten diesen Beruf studieren wollen, müssten doch ein sehr hohes Interesse daran haben, dass der Konflikt zwischen der Universität und den Nutzern dieser Lehrangebote gelöst wird,dass man also offen darüber redet, wie man es besser machen und wie man diese Strukturen verändern kann.