Protocol of the Session on December 18, 2003

(Nicola Beer (FDP): Das ist schön!)

Ich denke, trotzdem sind einige Bemerkungen notwendig. Denn die Bemerkungen des Rechnungshofs zum Haushalt 2001 markieren – zwangsläufig natürlich im Nachhinein – etwas, was die Opposition schon während des Haushaltsvollzugs immer angemahnt hat: das Fehlen jeglicher erkennbarer Bemühungen der Landesregierung, angesichts zurückgehender Steuereinnahmen bei den Ausgaben deutlich auf die Bremse zu treten.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Das Ergebnis müssen wir jetzt im Bericht des Hofs nachlesen. Ich zitiere:

Die Nettokreditaufnahme stieg im Haushaltsjahr 2001 auf 2.284,3 Millionen DM. Sie hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr um... 76 v. H. erhöht und gegenüber dem Jahr 1999 nahezu verdoppelt.

Das ist ein Originalzitat aus dem Bericht des Rechnungshofs.

Dadurch wuchs der Gesamtschuldenstand des Landes auf einen neuen Höchststand von 52.455,8 Millionen DM. Im Haushaltsvollzug... wurde die verfassungsmäßige Schuldenobergrenze um 298,5 Millionen DM überschritten.

Meine Damen und Herren, mit etwas anderen Zahlen haben wir das heute beim Etat 2004 auch schon gehört.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Von daher kann man sagen:The same procedure as every year. Das ist genau der Punkt, an dem man den Finger in die Wunde legen muss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber nicht die böse Opposition, sondern der Rechnungshof selbst identifiziert damit in sehr nüchternen Worten, was der primäre Grund auch der aktuellen Haushaltsprobleme ist – nämlich eine extrem mangelhafte Ausgabendisziplin.

Deshalb griff man, wie bei dieser Regierung schon bewährt, in den Kosmetikkoffer und definierte – formal korrekt, aber gleichwohl sehr trickreich – einen relevanten Teil der Personalkosten einfach um. Der Hof hat klar und deutlich korrigiert. Ich zitiere:

Im Haushaltsjahr 2001 verringerten sich die Personalausgaben um 810,6 Millionen DM auf 12.804,3 Millionen DM.... Für diese deutliche Minderung in Höhe von 6,0 v. H. war die Ausgliederung der Hochschulbereiche aus dem kameralen Landeshaushalt ursächlich. Bereinigt um die haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Ausgliederung haben sich die Personalausgaben im Haushaltsjahr 2001 nicht rückläufig entwickelt, sondern sind um 2,6 v. H. gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Meine Damen und Herren, klarer kann man die Entlarvung dieses Tricks kaum ausdrücken. Die gesamte Landesregierung und natürlich der Finanzminister vorneweg sind immer herumgelaufen, sich wie üblich selbst lobend, und haben die Einsparungen im Personalbereich be

schrieben. Die Wahrheit ist: Es war nur eine kosmetische Operation.

Meine Damen und Herren, dieses geschilderte Beispiel muss hier genügen. Es belegt zum wiederholten Male, dass die Haushaltswirtschaft in diesem Land nicht anständig geführt wird.

Damit ist auch dieser Bericht des Rechnungshofs ein nüchterner Beleg des schon sattsam bekannten Urteils über die weimarsche Finanzpolitik: „Solide und transparent, wahr und klar, wie Haushaltswirtschaft zu sein hat, ist das nicht, sondern sprunghaft, windig, wirr, unüberlegt und nicht ganz seriös.“

Meine Damen und Herren, damit ist alles gesagt. Es wird Sie nicht verwundern, dass wir einer Entlastung der Landesregierung nicht zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Hoffmann, SPD-Fraktion.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reicht das für „Lebhafter Beifall“? – Kopfschütteln des Protokollanten – Allgemeine Heiterkeit – Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn sich die Fraktionen von FDP und GRÜNEN darüber verständigt haben, mit welchem Adjektiv der Beifall ins Protokoll aufgenommen wird – – Okay.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir schreiben: „Schlaffer Beifall!“)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,auch ich möchte mit einem Dank an den Rechnungshof beginnen. Wir haben unter Anleitung und nach dem Vorschlag des Rechnungshofs ein neues Verfahren für die Berichterstattung entwickelt. Erstmals sind wir in diesem Unterausschuss – ich gehöre diesem Unterausschuss an, seit ich im Landtag bin, seit über zwölf Jahren – mit der Prüfung der Haushaltsrechnung in einer einzigen Sitzung durchgekommen.

Herr von Gall ist hier. Das zeigt zunächst einmal, dass dieses Verfahren, das Sie vorgeschlagen haben, sehr deutlich zur Beschleunigung beiträgt. Es zeigt aber auch – und dafür meine ganz besondere Anerkennung –, dass dieses Verfahren, das Sie uns vorgeschlagen haben, abgeordnetensicher ist.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Was immer das bedeutet!)

Wir haben diesmal die Beschlussempfehlungen nicht nach einem formalen Schema abgefasst,sondern die Beschlussempfehlungen mit klaren Handlungsanweisungen an die Landesregierung versehen, und zwar nicht nur mit Handlungsanweisungen, sondern auch mit klaren Fristsetzungen. Wir werden im kommenden Jahr alle miteinander sehr genau darauf achten, dass die Fristen, die wir für weitere Stellungnahmen und die Erarbeitung verschiedener

Richtlinien gesetzt haben – ich komme gleich darauf zurück –, eingehalten werden.

Meine Damen und Herren, auch wenn es jetzt kurz vor der Weihnachtspause ist: Die Rechnungshofberichte vermitteln immer ein sehr geschlossenes Bild über die Haushaltsentwicklung. Über mehrere Jahre sind Trends erkennbar, die man sonst nicht sieht, wenn man sich nur einen einzelnen Haushalt vor Augen führt. Der Rechnungshof hatte bereits im Jahre 2001 die steigende Nettoneuverschuldung angemahnt, auf den steigenden Gesamtschuldenstand hingewiesen und davor gewarnt, auf dem Weg weiterzugehen. Er hat wörtlich gesagt, dass die Einengung des finanziellen Spielraums droht, wenn dieser Weg weiter beschritten wird. Damals gab es schon genügend Hinweise. Ich erinnere an die Diskussion, die wir heute Vormittag geführt haben.

Eines kommt mir wie der Botschafter aus einer anderen Zeit vor. Der Rechnungshof fordert nämlich, dass ein Haushaltsplan nicht nur bei der Aufstellung,sondern auch beim Verwaltungsvollzug verfassungsgemäß sein muss. Wer sich an die Diskussion erinnert, weiß, dass das eine Forderung des Rechnungshofes ist, die eigentlich selbstverständlich ist,von der wir aber meilenweit entfernt sind.

Ich darf auf ein anderes Problem hinweisen, das der Rechnungshof benannt hat und das uns alle beschäftigen wird, und zwar die Bildung von kameralen Rücklagen bei der Einführung der neuen Verwaltungssteuerung. Es wird so sein, dass diese Rücklagen bei der Eröffnungsbilanz als Forderung gegenüber dem Landeshaushalt erscheinen und dort aufgenommen werden. Die Landesregierung hat zugesichert, zur Überwachung der Rücklagen ein Verfahren zu entwickeln. Das werden wir sehr deutlich abfragen.

Dieser Rechnungshofbericht macht auch Versäumnisse deutlich. Auf eines möchte ich hinweisen. Das spricht nicht gerade für eine sehr gründliche Vorbereitung eines – wie es die Landesregierung verkauft hat – „Jahrhundertwerkes“. Es geht um die Einführung des Landesbetriebs Hessen-Forst. Es ist klar und deutlich zu erkennen gewesen, dass das Landesgrundbesitzverzeichnis ins Stocken geraten ist, weil die Landesforstverwaltung schlicht und einfach wegen des Ausfalles eines Rechners unter Verlust der Speicherdaten keine Grundstücksdatei liefern konnte. Die als Jahrhundertwerk angepriesene Sache ist nicht einmal im Verwaltungsvollzug machbar gewesen.

Ein großer Schwerpunkt war die Frage der Rückforderung von Zuwendungen.Wir haben gesehen, dass sich das über sehr viele Ministerien hinzieht und teilweise sehr ärgerliche Vorgänge sind – ärgerliche Vorgänge deswegen, weil es häufig über einen sehr langen Zeitraum gelaufen ist. Wenn das Ministerium dann schreibt, es habe der Sachbearbeiter gewechselt, und die Rückforderung sei ins Stocken geraten, dann ist das etwas, was nicht befriedigen kann. Es geht auch nicht um die teilweise kreative Auslegung von Förderrichtlinien, sondern häufig um den Missbrauch von öffentlichen Fördergeldern, bedauerlicherweise auch durch Kommunen. Ich möchte ein Beispiel nennen. Eine Stadt hatte einen Feldweg dem öffentlichen Verkehr gewidmet, um über diesen Kunstgriff – ich möchte nicht deutlicher werden – Mittel aus dem Eisenbahnkreuzungsgesetz und Mittel für eine Bahnüberbrückung zu erhalten.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt mehr als einen Fall dieser Art!)

Frau Kollegin, Ihre Zeit ist um.

Wir sehen die Landesregierung aufgefordert, zunächst solche Zustände abzustellen. Es ist geplant – das ist das Kapitel Hausaufgaben der Landesregierung –, uns einen Bericht über die Rückforderungen und eine neue Richtlinie vorzulegen, die solches künftig ausschließt.

Wir werden insgesamt der Entlastung zustimmen, aber nicht, weil wir politisch im Nachhinein die Politik aus dem Jahre 2001 mittragen. Wir werden uns im kommenden Jahr kritisch mit den Stellungnahmen der Landesregierung beschäftigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Weinmeister für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben schon angesprochen, dass wir in der letzten Legislaturperiode immer wieder moniert haben, dass das Verfahren zur Entlastung der Landesregierung im parlamentarischen Diskurs zu lange dauert. Heute können wir feststellen, es hat sich etwas getan.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Dies ist jetzt – Kollege Kaufmann hat darauf hingewiesen – die zweite Entlastung für ein Haushaltsjahr, die wir innerhalb von, heute auf den Tag genau, drei Monaten haben. Dass dies möglich ist

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Toller Ausschuss!)

ja –, liegt unter anderem an der neuen Bearbeitungsweise der Bemerkungen des Landesrechnungshofs sowie der Haushaltsrechnung der Landesregierung im Unterausschuss Finanzcontrolling und Verwaltungssteuerung. An dieser Stelle möchte ich mich beim Präsidenten, beim Vizepräsidenten – der anwesend ist – und beim Team des Landesrechnungshofs gleich zweifach bedanken, zum einen für die gute Zusammenarbeit und Hilfe, die Sie uns Parlamentariern kontinuierlich zukommen lassen, zum anderen für den Vorschlag, dieses neue Bearbeitungssystem einzuführen und umzusetzen. Herr Prof. Eibelshäuser, Herr Freiherr von Gall, Ihnen und Ihrem Team des Landesrechnungshofs ganz herzlichen Dank für die geleistete Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Für uns als Parlamentarier, die wir das Handeln der Landesregierung unter anderem auch zu kontrollieren haben, sind die Bemerkungen des Landesrechnungshofes immer wieder ein wichtiger Fingerzeig, wo etwas im Argen liegt bzw. wo noch etwas zu verbessern wäre. Es besteht immer die Frage:Was nützt diese Bemerkung eigentlich? Nimmt die jemand zur Kenntnis? Gibt es daraus Konsequenzen?

In diesem Zusammenhang stimmt mich positiv, dass den Anregungen des Rechnungshofs wirklich nachgegangen

wird und es zu Verbesserungen kommt. Deswegen gibt es im dritten Abschnitt der Bemerkungen, wo die Ergebnisse vorgestellt werden, wieder eine Diskussion dazu.

Aufgrund der knappen Zeit möchte ich nur auf ein Beispiel eingehen, das in meiner Bearbeitung der Bemerkungen des Landesrechnungshofs lag. Eine vom Rechnungshof vorgeschlagene verbesserte Finanzierungspraxis beim Bau von Deichverstärkungsmaßnahmen ist vom Hessischen Ministerium für Umwelt,ländlichen Raum und Verbraucherschutz übernommen und umgesetzt worden. Dazu merkt der Landesrechnungshof an: