Protocol of the Session on December 18, 2003

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Ihnen diese drei Anträge in konzentrierter Form unterbreitet. Damit das Präsidium es registriert, beantrage ich schon jetzt namentliche Abstimmung zu diesen drei Anträgen – jeweils getrennt, versteht sich; denn wir wollen jedem Einzelnen und jeder Einzelnen von Ihnen die Gelegenheit geben, zu sagen, ob Sie tatsächlich etwas für die Sicherung der Zukunft unseres Landes tun oder weiterhin an der Verdüsterung mitwirken wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Meine Damen und Herren, wir haben noch einen vierten Antrag vorgelegt, Drucks. 16/1733. Er kommt auch in die dritte Lesung. Es geht noch einmal um das Schloss Erbach. Wir haben heute Morgen schon darüber diskutiert. In Zeiten, in denen die Steuerquellen sprudeln, mag man vielleicht über den Kauf eines Schlosses, das man zwar nicht braucht, aber vielleicht ganz nett findet, nachdenken.Aber in Zeiten wie diesen ist ein solcher Vorgang völlig unakzeptabel. In Zeiten wie diesen darf man keine Tricks und keine Manipulationen machen, indem man

eine VE ausbringt – die kostet kein Geld, die braucht man nicht zu finanzieren; man kann aber trotzdem einen Vertrag abschließen –, sondern man muss klar sagen, ob man das will oder nicht.

(Clemens Reif (CDU): Wir haben Sie doch als Schlossgespenst vorgesehen!)

Herr Kollege Reif, auch dazu können Sie nachher Ja oder Nein sagen. – Auch zu dem Antrag Drucks. 16/1733 beantragen wir namentliche Abstimmung. Jeder von Ihnen kann sagen, ob er diese Schlosskaufoption im Haushalt haben will oder nicht. Wir sagen, dass diese Option aus dem Haushalt entfernt werden muss. Wir werben dafür, dass möglichst viele von Ihnen das auch so sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kaufmann,Sie haben noch eine gute Minute Redezeit.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das wird eine schlechte Minute!)

Herr Präsident, ich bedanke mich. – Ich fasse zusammen: Der Ministerpräsident hat am 5. November von diesem Pult aus, an die eigenen Reihen gerichtet, gesagt – das war wohl als Drohung gemeint –: Wenn jeder an seiner Stelle das, was ihm lieb ist, nicht macht, bewegt sich im ganzen Land nichts.

Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf für das Jahr 2004 beweist, dass das, was Herrn Koch bewegt, die Axt für den Kahlschlag ist,um sich trotz seiner Niederlage gegen Angela Merkel am letzten Wochenende – wobei ihm seine Machoauftritte nicht viel geholfen haben – den Karriereweg nach Berlin freizuschlagen. Zurück bleiben ein ruiniertes Hessen, das eine düstere Zukunft hat, und eine düpierte CDU-Fraktion,deren Mitglieder vor Scham rot werden.

(Lachen des Abg. Clemens Reif (CDU))

Sie haben es heute in der Hand – auch der noch lachende Kollege Reif –,mit Ihrer Stimme dafür zu sorgen,dass dieser verhängnisvolle Weg verlassen wird. Tun Sie das. Ich sage Ihnen, Sie werden es nicht bereuen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank,Herr Kollege Kaufmann.– Das Wort hat der Kollege von Hunnius für die FDP-Fraktion.

(Clemens Reif (CDU):Der Kaufmann würde in Erbach gut als Schlossgespenst durchgehen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute öfter das Vergnügen, über den Haushalt zu sprechen.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Keine Wiederholungen, bitte!)

Das Thema bleibt sich immer gleich, wenn auch mit Variationen. Auch die Redner wechseln nur zum Teil. Ich habe gehört, dass ich als Adliger häufiger reden darf. Das freut mich sehr in diesem hohen Hause.

(Clemens Reif (CDU): Herr von Hunnius, kommen Sie gleich zur Sache!)

Ich komme zur Sache, Herr Kollege, keine Angst. – Das Urteil über den Haushalt, wie er sich jetzt darstellt, können wir relativ schnell formulieren: gut gezielt, schlecht geschossen, Ziel verfehlt.

(Beifall bei der FDP – Dr. Franz Josef Jung (Rhein- gau) (CDU):Warum so martialisch?)

Dabei war das Ziel gar nicht einmal anspruchsvoll formuliert. Das Ziel hieß nur:Wir wollen die Verfassungsgrenze einhalten.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Machen wir ja!)

Wir als FDP-Fraktion haben gesagt, dass uns das nicht ausreicht. Das ist nicht anspruchsvoll genug. Statt sie nur einzuhalten, müssen wir vielmehr weit unter der Verfassungsgrenze bleiben. Aber nicht einmal dieses Ziel ist erreicht worden. Bedauerlicherweise ist es verfehlt worden.

Ich muss hinzufügen: Es kam so, wie es kommen musste. Die Landesregierung setzte 390 Millionen c an Einnahmen, die ihr aufgrund von bundespolitischen Regelungen zufließen sollten, in den Haushalt ein. Wir haben diese Summe damals für überhöht gehalten. Sie war überhöht. Die Zuflüsse sind nicht eingetroffen. Wir sind um 95 Millionen c darunter geblieben.

(Beifall bei der FDP)

Die Landesregierung kämpfte für eine Senkung der Gewerbesteuerumlage. Darin war sie erfolgreich. Was die Einbeziehung der Freiberufler anging, war sie Gott sei Dank nicht erfolgreich. Gleichzeitig hat sie keinerlei Vorsorge getroffen.Sie hat keinen einzigen Cent in den Haushalt eingestellt. Jetzt ist die Senkung der Gewerbesteuerumlage gekommen.Wir müssen das einplanen.

(Beifall bei der FDP)

Ganz Deutschland sprach vom Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform. Ob die Landesregierung das wollte oder nicht, kann man nicht mehr ganz nachvollziehen.Der Ministerpräsident war einmal dafür,dann wieder dagegen, dann unter bestimmten Bedingungen wieder dafür. Einmal war das vor, ein anderes Mal nach dem Gespräch mit Frau Merkel.

In jedem Fall war allen klar, dass Verhandlungen liefen. Dass etwas kommen würde, war im Grunde genommen auch allen klar. Der Ministerpräsident hat daran mitgewirkt, wie wir alle eben gehört haben.Also war es fahrlässig, im Haushalt nichts einzuplanen.

Schönfärberei und mangelnde Vorsorge rächen sich. Die Folge ist ein Haushaltsloch von 263 Millionen c. Um jetzt keine Verwirrung zu stiften: Von 269 Millionen c geht es nach meiner Rechnung auf 263 Millionen c herunter,weil die Senkung der Neuverschuldung größer ist als der Betrag, der für den Kauf von Schloss Erbach eingeplant worden ist.

Dieses Loch bleibt übrig – soweit ein Loch übrig bleiben kann –, und es wird auf eine ganze „kreative“ Weise gestopft, nämlich durch die Aufnahme neuer Schulden. Auf die Idee wären allerdings vielleicht auch andere gekom

men. Die Konsequenz daraus ist, dass die Verfassungsgrenze um 260 Millionen c überschritten wird. Damit ist das bewiesen, was ich vorhin gesagt habe: Das Ziel, einen verfassungsmäßigen Haushalt vorzulegen, ist verfehlt worden.

(Beifall bei der FDP)

Es kam, wie es kommen musste, aber es gab ja Alternativen. Wir haben bei der Einbringung des Haushalts von Anfang an alle die Punkte aufgeführt, die ich gerade genannt habe, und haben gesagt: Sie sind überhaupt nicht in den Haushalt eingeführt worden, oder die Folgen einer Steuerrechtsänderung sind überhöht eingeplant worden. – Genau so ist es gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Die Alternative ist in den Anträgen zu sehen, die die FDP gestellt hat.Wir haben über 80 Anträge vorgelegt. Ich verzichte darauf, noch einmal einen Sammelantrag mit 80 Einzelpositionen zu stellen, wie es die überwiegende Zahl der Kollegen getan hat.

Wir haben eine einzige Position noch einmal zum Antragsgegenstand gemacht, weil sie uns besonders wichtig zu sein scheint. Hierbei geht es um die Senkung der Nettoneuverschuldung. Die erreichen wir in der Tat durch den Verkauf von Landesbeteiligungen. Lassen Sie uns einen Augenblick darüber nachdenken, ob das seriös ist oder nicht.Wenn das Land Schulden macht, dann mindert dies sein Vermögen – weil die eine Position rechts und die andere links in der Bilanz steht. Wenn das Land weniger Schulden macht, erhöht das Land sein Vermögen, oder es vermeidet eine Verminderung seines Vermögens. Warum soll es dann nicht legitim sein, Vermögen, das das Land hat, zu veräußern, um eine Vermögensverminderung zu vermeiden?

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Allerdings unter einer Voraussetzung, Herr Kollege Milde: unter der Voraussetzung, dass dieses nachhaltig ist. Ich kann das nicht jedes Jahr machen. Da haben Sie vollkommen Recht.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Es geht gar nicht! Wir können nichts verkaufen!)

Sie haben beide Argumente gebracht. – Das heißt, wir müssen im Jahre 2004 endlich das machen, worauf die FDP-Fraktion schon seit Ewigkeiten wartet, nämlich eine Aufgabenkritik.

(Beifall bei der FDP)

Wenn es im Jahr 2004 gelingt, durch Aufgabenkritik und Neudefinition der Landesaufgaben die Verwaltung zu verschlanken, dann kommen wir mit einem niedrigeren Niveau der Verschuldung in das Jahr 2005. Dann ist das Ganze mehr als gerechtfertigt.

(Beifall bei der FDP)

Um diese Aufgabenkritik haben Sie sich gedrückt.Wir haben sie auch gestern bei der Bekanntgabe der neuen Behördenstandorte vermisst. Manches wird zusammengelegt, manches wird umgelegt, aber es gibt eigentlich keine Kritik am Bestehenden und kein grundsätzliches Reflektieren darüber, was wir brauchen und was wir haben müssen.

Die Alternativen, vor denen wir stehen, sind ganz klar. Entweder liegen wir um 260 Millionen c über der Ver

fassungsgrenze, oder wir liegen um 305 Millionen c unter der Verfassungsgrenze. Die CDU möchte gern, dass wir über der Grenze liegen, wir möchten, dass wir darunter liegen. So einfach ist das. Dazwischen liegt eine halbe Milliarde Euro.Da ist es jede Anstrengung wert,Verkäufe zu realisieren. Auch wir wissen, dass das schwierig ist – in beiden Fällen, die wir als Beispiele herangezogen haben.

Wir haben zwei Fälle im Haushaltsausschuss angenommen. In beiden Fällen ist ein Verkauf schwierig, sowohl bei der Messe als auch bei der Nassauischen Heimstätte. Aber es ist in beiden Fällen machbar, wenn man sich anstrengt. Bei der Nassauischen Heimstätte ist es zugegebenermaßen leichter als bei der Messe, aber ich denke, beim Beispiel Messe wird ein Gespräch zwischen Parteifreunden aus Frankfurt und Wiesbaden sicherlich dazu beitragen können, die Machbarkeit zu beschleunigen.