Protocol of the Session on December 17, 2003

Wir werden relativ schnell zu einer gemeinsamen Position kommen, wenn wir uns einig sind, dass es bei der zivilen Produktion nach deutschem Recht und Gesetz geht und dass es klare Regeln dafür gibt, dass aber die Frage, ab wann es als waffenfähig gilt, noch beantwortet werden muss.

Es geht nicht darum – Herr Al-Wazir hat es gesagt –, dass damit Plutonium produziert werden kann. Aber die Hanauer Anlage ist eine der weltbesten Anlagen für den Umgang mit diesem Stoff.Wenn Sie die Handlinganlage – ich sage das einmal relativ freundlich – in den Irak exportiert hätten, hätten Sie sicherlich eine andere Debatte darüber geführt.

(Beifall bei der SPD – Clemens Reif (CDU): Wir wollen sie gar nicht exportieren! Sie wollen sie exportieren! – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Ihr Antrag! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ihr habt das beantragt. Lest doch euren eigenen Antrag. Wir reden im Hessischen Landtag. Ich gebe Ihnen eine Antwort. Ihre Lautstärke hilft Ihnen auch nicht weiter.

Lassen Sie mich noch den Schluss Ihres Antrags – mit einer winzigen Modifikation – zitieren:

Die Abkoppelung von der weltweiten Entwicklung und der Ausstieg aus Forschung und Anwendung von Spitzentechnologien schaden dem deutschen Wirtschaftsstandort und kosten Arbeitsplätze. Deutschland ist in modernen Energietechnologien führend. Dieser Spitzenplatz darf aus parteipolitischen Gründen nicht verspielt werden.

Deswegen müssen wir den Antrag leider ablehnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abg. Hahn für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe das Gefühl, dass die Redner der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Thema verfehlt haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Immer wenn mein ehemaliger Studienkollege Schmitt dazwischenruft,merke ich,dass ich auf dem richtigen Pfad bin, die Probleme darzulegen, die Sozialdemokraten und GRÜNE in diesem Haus haben.

(Zuruf von der SPD: Zusammen seid ihr ganz gute Juristen!)

Es sind wahrlich weder die FDP- noch die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag – auch nicht der Kollege Reif –, sondern es ist die Bundesregierung, bestehend aus Sozialdemokraten und GRÜNEN, die diese Anlage von Hanau nach China exportieren will. Das ist der Sachverhalt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Grumbach, Ihre fachlichen Diskussionsbeiträge kann man bewerten, wie man will. Ich sehe das in vielen Punkten inhaltlich anders. Nur, diese Punkte brauchen Sie uns hier nicht vorzutragen. Sie können sie im Parteivorstand der Sozialdemokraten vortragen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sie können einmal versuchen, Ihren Parteivorsitzenden, den Bundeskanzler, davon zu überzeugen. Wenn Sie ihn schon nicht überzeugen können, werden Sie uns noch viel weniger überzeugen. Also reden Sie doch zum Thema, nicht am Thema vorbei.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Das ist das Problem!)

Herr Al-Wazir, die GRÜNEN kommen mir so vor, als ob sie irgendetwas hinterherhechelten. Merken Sie eigent

lich gar nicht, dass die grüne Basis und die Landtagsfraktion der hessischen GRÜNEN wie ein kleiner Fisch im Netz zappeln, während Ihr Leitfisch Fischer den Köder längst geschluckt hat?

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!)

Ist Ihnen denn nicht klar,dass die Entscheidung schon vor langem getroffen worden ist, und zwar mit den Stimmen der Herren Fischer und Trittin? Lassen Sie doch dieses Gezappel hier endlich sein, und kommen Sie zum Thema.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es geht nicht nur um die Glaubwürdigkeit der GRÜNEN, sondern insbesondere um die Glaubwürdigkeit des Bundesaußenministers Joseph Martin Fischer. Viele von uns haben ihn in diesem Hause erleben dürfen. Es gab auch Menschen, die mit ihm zusammen in Kabinetten saßen. Ich denke an Lothar Klemm, den ich hier vor mir sitzen sehe. Innerhalb von 15 Minuten wären all die Angriffe, die der Abgeordnete und spätere hessische Umweltminister Joseph Martin Fischer von diesem Pult aus – es sah damals zwar ein bisschen anders aus, aber es stand am selben Platz – gegen die Kernenergie und gegen die Hanauer Anlage gerichtet hat, in keinster Weise darzustellen. Deshalb unterlasse ich es, irgendwelche Zitate zu bringen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Frank Got- thardt (CDU): Vor allem war der Fischer noch ein bisschen anders gestrickt!)

Unter anderem kam immer wieder der Satz vor:„Wir sind stolz darauf,“ – da hat Kollege Al-Wazir schlicht und ergreifend seinen Leitfisch Fischer zitiert – „dass Sicherheitsinteressen vor Betreiberinteressen gehen“. – Wenn denn Joseph Martin Fischer Sicherheitsinteressen vor Betreiberinteressen gingen, dann hätte er gegen den Export dieser Anlage sein müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn was für Hanau gilt – ich sehe es anders, aber Fischer hat es nun einmal immer so gesagt –, gilt auch für China. Das ist die Glaubwürdigkeitsfalle,in die Sie gelaufen sind, die Sie jetzt mit Hohngelächter und Sarkasmus zur Seite schieben zu können meinen. Nein, die GRÜNEN in Hessen begreifen offensichtlich nicht – die Hanauer GRÜNEN auch nicht –, dass sich ihr Oberguru bereits weit, weit weg von den Inhalten befindet, die Sie hier noch verkünden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem Fischer ist es schlicht egal, ob es eine Differenzierung zwischen den Sicherheitsinteressen in Hanau und den Sicherheitsinteressen in China gibt. Der Fischer will weiterhin Bundesaußenminister bleiben. Der Fischer möchte gerne Außenminister Europas werden. Dazu braucht er die Unterstützung der Sozialdemokraten. Dazu braucht er die Unterstützung Ihres Bosses Schröder, Herr Grumbach, dem Sie die Problematik offensichtlich nicht erfolgreich vorgetragen haben. Fischer sagt: Das ist mir alles ganz egal. Meine Interessen, die Interessen von Joseph Martin Fischer, stelle ich über die Interessen und die Ideologie meiner eigenen Partei.– Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Clemens Reif (CDU): Kalt kalkulierte Bürgerlichkeit! – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kann doch nun wirklich nicht akzeptiert werden, dass Sie meinen,uns erzählen zu müssen,wir müssten uns fachlich mit Ihnen auseinander setzen. Wir können das aber gerne tun. Ich wiederhole es: Die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag und die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag sind für den Export der Anlage.Wir gehen davon aus – unter anderem auch deshalb, weil Staatssekretär Baake es gesagt hat –, dass mit dieser Anlage kein waffenfähiges Plutonium erzeugt werden kann. Man muss schon ein bisschen zu dem stehen, was man sagt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist das erste Mal, dass Sie Rainer Baake etwas glauben!)

Man darf nicht dauernd versuchen, neue brüchige Brücken zu bauen, wie es Tarek Al-Wazir eben getan hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir sind hessische Landespolitiker. Unseren Lohn zahlt – wie ich immer gern sage – das hessische Volk. Die Hanauer möchten – parteiübergreifend, nur die GRÜNEN sind dort immer noch die Fische, die im Netz zappeln –, dass die Anlage aus Hanau wegkommt. Es ist Ihr Genosse Kaminsky, der Oberbürgermeister von Hanau, der sich in den letzten Tagen mehrfach dafür ausgesprochen hat,dass die Anlage aus Hanau wegkommt. Die Hanauer möchten ihr Gewerbegebiet für etwas Sinnvolleres als für eine nicht in Betrieb gegangene Anlage nutzen.

Diskutieren Sie doch mit uns einmal die Probleme,die tatsächlich anstehen. Da ist zum einen die Frage: Wie lösen wir das Problem in Hanau? Das kann man dadurch lösen, dass die Anlage verkauft wird. Zweite Frage: Wie gehen wir mit einer Entscheidung der Bundesregierung um? Es mag Sie überraschen, dass auf einmal CDU und FDP im Hessischen Landtag hinter der Bundesregierung stehen und die GRÜNEN und die Roten nicht. Es kann Sie aber nicht mehr verwundern, dass wir das problematisieren, weil das kein Zufall ist, sondern weil insbesondere die hessischen GRÜNEN mit dieser Entscheidung des Hessen Joseph Martin Fischer ihre Glaubwürdigkeit abgegeben haben – und zwar endgültig.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Was soll denn die Erzählerei vom Atomkompromiss, der Stolz darauf, dass Stade abgeschaltet wird? Herr Al-Wazir, nach den Umfrageergebnissen, die Ihre Bundesregierung nach den „genialen“ Rechenleistungen vom letzten Wochenende bekommen hat, ist eines klar: Die nächste Bundesregierung wird nicht mehr von Rot-Grün gestellt werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warten wir es ab!)

Die nächste Bundesregierung – meine Prophezeiungen waren in den letzten Jahren immer relativ präzise – wird eine bürgerliche Regierung sein, gestellt von der Union und der FDP. Ich bin stolz darauf, dass dann dieser unsäglich dumme Atomkompromiss wieder aufgehoben wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Obwohl die Atomenergie auch nach meiner Auffassung eine Übergangsenergie ist, so möchte ich doch lieber, dass

der Atomstrom, solange er noch produziert werden muss, in einem sicheren Kraftwerk in Deutschland und nicht in einem unsicheren Kraftwerk in der Slowakei, in Slowenien oder in Frankreich erzeugt wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die auf uns zukommende Belastung ist nämlich die gleiche, wenn etwas schief geht. Daher möchte ich lieber, dass diese Kraftwerke mit deutscher Gründlichkeit betrieben und überwacht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, zum Thema Glaubwürdigkeit gehört doch auch das gesamte Zeitraster. Sie hätten sich sicher vorstellen können, dass von einer Chinareise etwas Besseres ausgeht als letztlich die Meldung, der Bundeskanzler verscherble die Hanauer Atomanlage nach China. Herr Al-Wazir, warum haben das Ihre Vorturner so gemacht? Warum hat das Ihr Leitfisch Fischer so gemacht? Weil Sie ein paar Tage vorher einen Parteitag hatten und weil die grüne Leitung Angst hatte, dass dieser Parteitag aus dem Ruder laufen würde.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man wollte noch in aller Ruhe den Freund Ihres Leitfisches, Daniel Cohn-Bendit, auf die Liste bringen. Das ist der Grund für das Timing, warum erst auf der Chinareise bekannt gegeben wurde,was Schröder und Fischer bereits vorher ausgemacht hatten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind ja ein richtiger Verschwörungstheoretiker! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)