Protocol of the Session on November 27, 2003

Die Landesregierung will Studienzeiten verringern, Missbrauch des Studierendenstatus zur Erlangung sozialer Vergünstigungen eindämmen..., keine Steuergelder für „Karteileichen“, Scheinstudenten.

Herr Corts, die Scheinstudierenden könnten Sie wesentlich billiger und unbürokratischer herausfiltern. Hierzu gibt es zahlreiche gute Ideen. Ich selbst habe hierzu einige Vorschläge gemacht.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Wunderbar!)

Sie unterscheiden in Ihrem Gesetzentwurf aber nicht zwischen Scheinstudierenden und richtig Studierenden. Genau das ist Ihr großer Fehler, denn schuld an zu langen Studienzeiten sind im Wesentlichen die schlechten Studienbedingungen und die soziale Situation der Studierenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie stellen aber alle 160.000 Studenten in Hessen unter Generalverdacht, bloß Scheinstudierende zu sein. Herr Corts, das ist unlauter und unfair. Wenn Sie in Pressemitteilungen verlauten lassen, dass Sie sich dafür einsetzen wollten, dass Studierende ihr Studium in der Regelstudienzeit durchziehen können, dann ist das in doppelter Hinsicht peinlich. Dass Sie angeblich nicht wissen, dass

es die Studienbedingungen zu einem Großteil nicht zulassen, das Studium in der Regelstudienzeit zu absolvieren, ist peinlich. Sie müssten noch nicht einmal – wie ich Ihnen öfter vorgeschlagen habe – die Hochschulen besuchen. Sie bräuchten nur einmal die Zeitungen aufzuschlagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In etlichen Studiengängen ist es strukturell nicht möglich, auch nur das Grundstudium in weniger als sechs Semestern abzuschließen. Die Regelstudienzeit ist in diesen Fächern eine Farce. Hinzu kommen die Probleme, Praktikumsplätze zu bekommen, Pflichtseminare zu belegen oder einen Prüfer zu finden. Herr Corts, aber noch peinlicher ist, dass es Ihre Aufgabe wäre, für akzeptable Studienbedingungen zu sorgen, und zwar vor der Einführung eines solchen Gesetzes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Punkt.

Behauptet wird: Durch das neue StuGuG werden Studierende mit Kindern benachteiligt.

Behauptet wird: Das StuGuG ist sozial unverträglich.

Behauptet wird: Die heute Studierenden können sich nicht auf die Bedingungen des Gesetzes einstellen.

Behauptet wird: Die Einführung der Studienguthaben behindert Engagement in Hochschulgremien.

Meine Damen und Herren, zum Vorlesen der Antworten ist mir meine Redezeit wirklich zu schade.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Antworten zeigen aber, dass Sie sich mit den ernsthaften Argumenten aus der Anhörung keinen Millimeter auseinander gesetzt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Alle diese Bedenken sind und bleiben richtig – leider. Die Härtefallregelungen, mit denen Sie sich in Ihrer Repräsentation brüsten, reichen bei weitem nicht aus und sind insbesondere für diejenigen, die bereits im System sind, extrem unsozial. Das gilt sowohl für Studierende mit Kindern als auch für andere Härtefälle, insbesondere aber für diejenigen – das ist der Großteil der Studierenden –, die neben dem Studium ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Ihre Regelungen sind weit härter als die Regelungen des BAföG. Wenn Sie nicht deutlich nachbessern, stimmt der Vorwurf, dass ein Studium in Hessen in Zukunft vom Geldbeutel der Eltern abhängen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wiederum passt allerdings in Ihr Weltbild bei der „Operation düstere Zukunft“. Zu diesem Weltbild passt ein weiteres Beispiel aus Ihrer Präsentation.

Behauptet wird: Ausländische Studierende werden benachteiligt.

Jetzt kommt die Antwort:

Richtig ist: Alle Studienzeiten im Ausland belasten im Regelfall nicht das Studienguthaben – das gilt auch für Deutsche, die im Ausland studiert haben.

Daran merkt man, dass Sie keine Ahnung haben, wovon alle anderen reden, Herr Corts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg.Michael Siebel (SPD) und Nicola Beer (FDP))

Darum geht es doch überhaupt nicht. Es geht darum, dass durch das Gesetz insbesondere Menschen aus den so genannten bildungsfernen Schichten vom Studieren abgehalten werden. Es geht darum, dass das Gesetz ausländische Studierende, aber auch Studierende mit Kindern strukturell härter trifft. Um es kurz und auch für Sie verständlich zu sagen: Ihr Gesetz verschlechtert die Chancengleichheit in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Wenn wir schon beim Thema Chancengleichheit sind: Herr Corts, dass Sie zu den Problemen der sozialen Auswirkungen des StuGuG sagen, es gebe noch andere hervorragende Lebenswege, das ist an Zynismus wirklich kaum zu überbieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Wir brauchen mehr Studierende in Deutschland. Das ist sozusagen ein volkswirtschaftlicher Fakt. Um die Studierendenzahlen zu erhöhen und um Chancen für alle zu gewährleisten, müssen auch diejenigen eine Chance haben, die beispielsweise während des Studiums Kinder bekommen oder deren Eltern keinen monatlichen Scheck überweisen können oder die über den zweiten Bildungsweg kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Weg versperren Sie aber mit dem StuGuG. Sie haben alle Argumente und alle Menschen in den Hochschulen, auch Studiengebührenbefürworter gegen sich, Herr Corts. Daher fordere ich Sie erneut auf: Ziehen Sie Ihren dilettantisch gestrickten Gesetzentwurf endlich zurück, Herr Corts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werden es leider nicht tun, das ist mir klar. Dass Sie den Kahlschlag im Land brutalstmöglich durchziehen, zeigt Ihr arrogantes und unverschämtes Verhalten in den letzten Wochen. Gestern hat Herr Koch den Bogen weit überspannt. Ihre unverhohlene Drohung gegenüber dem Kasseler Unipräsidenten ist an Unverschämtheit wirklich nicht zu überbieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Gerhard Bökel (SPD): Das ist eine Unverschämtheit!)

Herr Postlep hat seine Meinung gesagt. Er hat sich schützend vor die Interessen seiner Hochschule gestellt und versucht, Schaden abzuwenden. Meine Damen und Herren, genau das ist seine Aufgabe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dass Sie kritischen Menschen im Lande einen Maulkorb verhängen wollen, ist schon schlimm genug, aber leider in den letzten Wochen nicht das erste Mal. Dass Sie aber mit Geldkürzungen für die Kasseler Uni drohen, weil jemand seine Meinung sagt, das ist ein richtig mieser Stil, Herr Koch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Gerhard Bökel (SPD): Unglaublich!)

Ich fordere Sie auf:Entschuldigen Sie sich bei Herrn Postlep.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Als nächste Rednerin hat Frau Abg. Kühne-Hörmann für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausgaben für die hessischen Hochschulen sind der Hauptteil des Haushalts des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Deshalb beginne ich mit diesem Teil. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode den Hochschulpakt auf den Weg gebracht. Seitdem stecken wir mehr Geld in die Hochschulen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicola Beer (FDP))

Frau Beer, jetzt warten Sie es doch erst einmal ab. Den haben Sie doch mit auf den Weg gebracht. Insofern können Sie jetzt erst einmal ganz ruhig sein. Sie können nachher noch genug schreien.

Seitdem stecken wir mehr Geld in die Hochschulen für die Ausbildung unserer jungen Leute als jemals zuvor in Hessen. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch im Hochschulbereich sind wir in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gezwungen, Einsparungen in Höhe von 30 Millionen c vorzunehmen. Von diesen 30 Millionen c entfallen rund 9 Millionen c auf die Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sodass eine echte Einsparung von 21 Millionen c übrig bleibt, was eine Kürzung von 1,9 % bedeutet.

Der Hochschulpakt – das muss man denen erklären, die nicht jeden Tag mit Hochschulpolitik zu tun haben – sieht eine jährliche Steigerung des Etats bis zum Jahre 2005 vor. Diese Steigerung ist auch für das Jahr 2004 berechnet und auf die einzelnen Hochschulen verteilt worden. Von dieser erhöhten Basis erfolgte die Kürzung, sodass der Gesamtetat höher als im vergangenen Jahr ist. Die Kürzung – das ist mir an dieser Stelle wichtig – erfolgte im Einvernehmen mit den Präsidenten der Hochschulen.