Manche haben erst durch das Internet erfahren, dass ihnen Zuschüsse gestrichen werden. Die Kürzungen wurden teilweise derart Hals über Kopf gemacht und bekannt gegeben, dass viele nicht einmal die Kündigungsfristen der Arbeitsverträge einhalten konnten.
An diesem Punkt müssen wir sagen: Das ist kein guter Stil. Wir hätten erwartet, dass die Betroffenen mit an einen Tisch kommen.
Denn, wer ehrenamtliches Engagement fördert und fordert, muss sich auch mit den Leuten, die dieses ehrenamtliche Engagement erbringen, an einen Tisch setzen und muss sie als Partner behandeln. Das haben wir in vielen Bereichen vermisst.
Frau Kollegin Fuhrmann hat es bereits angesprochen: Auch bei den Kirchen gibt es viel Kritik. Frau Lautenschläger, ich kann Sie teilweise verstehen, dass man sagt, man will ein Sparprogramm in der Größenordnung. Seien wir ehrlich:Wenn wir in die Runde gucken, wer weiß, wer es anders gemacht hätte?
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe noch Barbara Stolterfoht erlebt, wie sie gekämpft hat und nicht so willfährig Totengräberin war! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Herr Schmitt, wenn wir ehrlich sind, vielleicht schon. Wenn man aber ein solches Sparprogramm durchsetzen will,macht man es vielleicht politisch kurzfristig,dass man sagt, wir setzen den Leuten vollendete Tatsachen vor. Aber, wenn man die Kirchen sieht: Man kann mit einem Partner wie den Kirchen nicht am Montagabend ein Einsparprogramm besprechen und am Dienstagmorgen sagen, dass es so aussieht. Das ist nicht in Ordnung gewesen. Das muss man auch feststellen.
Der Stil der Landesregierung hat mir in sehr vielen Punkten missfallen. Ich hoffe, dass man sich mit den Partnern in Zukunft an einen Tisch setzt und überlegt, wie man das Ganze über die Bühne bringen kann. Denn eines ist klar: Auch die freien Träger können jetzt nicht im Regen stehen gelassen werden.
Die Landesregierung muss auf die freien Träger zugehen. Man muss überlegen, was man gemeinsam machen kann. Denn die Leute sind in vielen Bereichen überfordert. Das ist das Problem. Sie wissen überhaupt nicht, wie sie mit diesem Problem umgehen sollen. Das heißt, sie haben jetzt gesagt bekommen: Spart ein. – Es laufen Arbeitsverträge.Wie soll das Ganze angepasst werden, Frau Lautenschläger?
Ich bitte um eine Stellungnahme Ihrerseits, wie Sie sich das vorstellen und was die Landesregierung dort plant, wie man das Ganze in dieser Situation so abwickeln kann, dass nicht alle Partner hinten herunterfallen.
Einige der Maßnahmen hat die FDP bereits vor der Sommerpause vorgeschlagen. Wir haben ein 45-Punkte-Programm vorgelegt, das auch Einsparungen im Sozialbereich umfasste, und zwar sehr große. Es bleibt festzustellen:Wir vermissen die Perspektiven der Landesregierung bei den Einsparungen,die nachhaltigen Einsparungen,wo man sagen kann, dass über Jahre hinweg Strukturen aufgebaut werden, wo gespart wird.
Weiterhin hat keine strenge Aufgabenkritik stattgefunden. Diese haben wir mit unserem Programm vorgelegt. Das haben wir hier auch vermisst. Einen Anfang hat das Sozialministerium gemacht, indem es geprüft hat, was in kommunaler Zuständigkeit ist, und eine Zuordnung vorgenommen hat. Dazu gehört z. B. auch die Unterbringung von Obdachlosen. Das Sozialministerium ist aber nicht weit genug gegangen. Meine Damen und Herren, Aufgabenkritik heißt nach liberaler Lesart auch, dass andere Förderschwerpunkte gesetzt werden, als es beispielsweise jetzt geschehen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fragen Sie, welche sie gerne hätten! Das müssen Sie doch wissen!)
Frau Hinz, dazu muss man Besitzstände antasten. Da kann keine Landesregierung wegschauen. Förderungen, die es teilweise schon seit Jahrzehnten gibt und bei der überhaupt nicht mehr darüber nachgedacht wird, ob das in Ordnung ist – das geht so nicht.
Meine Damen und Herren, hier hat der politische Mut aber teilweise noch gefehlt.Wir Liberale halten außerdem an bestimmten Schwerpunkten fest. Die Krise ist kein Grund, mit dem Rasenmäher zu hantieren. Intelligentes und auf Perspektive angelegtes Sparen bedeutet für die FDP z. B. auch, den Bildungssektor weiterhin als Schwerpunkt zu setzen.
Das hat die Landesregierung unter Schwarz-Gelb mit großem Engagement unter Einfluss der FDP getan. Unsere FDP-Fraktion hat heute einen Antrag vorgelegt, in dem wir diesen Bereich priorisieren. Ich hoffe, dass sich das Haus gemeinsam zu einer Priorität bei der Bildung durchringen kann. Denn wir müssen in Zeiten, in denen das Land sparen muss, klare Prioritäten setzen. Für eine liberale Partei ist Bildung ein absoluter Schwerpunkt in diesem Bundesland.
Ich nenne einige Punkte, bei denen wir mit der Landesregierung nicht mitgehen können, weil wir das überhaupt nicht verstehen. Das gilt z. B. für die Schuldnerberatung, die zu 100 % gekürzt worden ist.
Ich bin als Jurist im Insolvenzrecht tätig.Wenn Sie sehen, wie viele Leute momentan eine Schuldnerberatung aufsuchen müssen, um sich über ihre Vermögensverhältnisse überhaupt erst einmal aufklären zu lassen – wie sieht es aus,welche Möglichkeiten habe ich noch,was kann ich bei
In den letzten Jahren ist hier ein enormer Bedarf aufgebaut worden. Das hängt auch damit zusammen, dass die wirtschaftliche Entwicklung nicht mehr so ist,wie sie noch vor einigen Jahren war. Besorgniserregend ist vor allem, dass mehr und mehr Jugendliche in die Schuldenfalle tappen. Der Bedarf ist unabweisbar. In der Regel sind ganze Familien betroffen.
Dem Landesverband wird der gesamte Zuschuss gestrichen. Das sind 98.000 c. Auf der anderen Seite werden aber weiterhin kirchliche Beratungsstellen gefördert, die nicht nur Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, sondern darüber hinaus auch eine allgemeine Familienberatung.Die Konfliktberatung ist eine gesetzliche Aufgabe, die Familienberatung nicht. Hier wäre eine Aufgabenkritik dringend nötig gewesen.
Bei Frauenhäusern wurde im Durchschnitt um 30 % gekürzt. Das ist eine sehr heikle Maßnahme. Sie ist deshalb heikel, weil der Bedarf und die Nachfrage steigen. Im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzgesetz geht die Polizei neue Wege. Wenn sie zu häuslichen Streitigkeiten gerufen wird, weist sie die Opfer auf die lokalen Hilfsangebote hin, und sie vermittelt sogar entsprechende Kontakte, wenn dies gewünscht wird.
Die von CDU und FDP geführte Landesregierung hat diese Kooperation zwischen der Polizei und den Frauenhäusern initiiert und gefördert. Wir halten es für kontraproduktiv, erst durch Gesetz einen Bedarf aufzubauen und dann die Mittel für die Beratungsstellen zu streichen.
Wir hätten uns auch darüber gefreut – das haben wir mit unserem 45-Punkte-Programm auch gezeigt –, wenn man Bereiche angetastet hätte, über die in der Gesellschaft sehr unkritisch diskutiert wird. Das betrifft z. B. die Drogenberatung. Hinsichtlich der Drogenberatung sind alle Fraktionen dieses Hauses bisher sehr vorsichtig gewesen. Denn man sagt: Drogenabhängigen muss man helfen. Da müssen der Staat und das Land Hilfe leisten. – Bei der Drogenhilfe ist die Förderpraxis überhaupt nicht einleuchtend. Als Beispiel hierfür möchte ich die Selbsthilfe im Taunus, die SiT, nennen. Die SiT hat in den letzten Jahren sehr erfolgreich mit ehemals Drogenabhängigen gearbeitet. Es gibt klare Regeln und genaue Vorgaben, die strikt eingehalten werden müssen. Wer bei der SiT einen Wohnplatz haben will, der muss dort arbeiten. Eines bedingt hier also das andere. Genau diese Kombination führt zu dem Erfolg, der sich sehen lassen kann.
Die Integrationsquote beträgt dort über 80 %. Arbeit ist dort ein elementarer Bestandteil des Konzeptes. Wer es schafft, die Drogensucht hinter sich zu lassen und selbstständig für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, wird kaum wieder rückfällig.
Ein ähnliches Beispiel gibt es mit dem Hofgut Fleckenbühl bei Marburg, das ich auch für eine hervorragende Einrichtung halte.
Frau Ministerin, wir haben deshalb kein Verständnis dafür, dass mit den Programmen der Substitution durch Heroin und Methadon so unkritisch umgegangen wird.
Zwar kann man feststellen, dass das Land relativ wenig zu den Programmen der Heroinsubstitution dazugibt. Bei dem Methadonprogramm gibt das Land dann schon relativ viel. Substitutionsprogramme haben unserer Meinung nach wenig Aussicht auf Erfolg.Wer sich mit Betroffenen unterhält, weiß, dass diese Programme keine Zukunft haben.Wir würden uns deshalb wünschen,dass Sie in diesem Bereich aktiv werden.