Protocol of the Session on November 14, 2007

Der gesellschaftliche Schaden ist aber weitaus größer. Sie wissen: In anderen OECD-Ländern liegt die Quote der Hochschulabsolventen im Durchschnitt bei 36 %. Wir kommen in Deutschland nur auf 20 %.

Mit den Studiengebühren grenzen Sie die Kinder einkommensschwacher Familien aus. Sie setzen darüber hinaus auch noch die erforderliche wissenschaftliche Qualifikation der jüngeren Generation aufs Spiel. Deshalb sage ich: Ganz unabhängig davon, dass es sich um einen Rechtsbruch handelt, werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Studiengebühren rückgängig machen. Denn der Zugang zu den Universitäten, zu Bildung in unserem Land muss jedem zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Koch spielt seit Neuestem die universitäre gegen die praktische Berufsausbildung aus. Herr Koch, Sie erheben gegen uns diesen Vorwurf.Aber dieser Vorwurf ist absolut infam. Denn Sie verweigern vielen Kindern den höheren Bildungsabschluss. Sie handeln nach der alten Maxime: Die gebildeten Schichten sollen unter sich bleiben. – Was Sie praktizieren, ist soziale Ungleichheit in der gesellschaftlichen Praxis.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe das schon mit Amüsement zur Kenntnis genommen. Aber eigentlich ist das traurig. Sie haben einen neuen Wahlkampfhit. Er hat den Titel: „Mutig. Modern. Menschlich.“ In ihm gibt es eine Passage, die lautet:

Und das Gefühl, wenn wir in Kinderaugen sehen,...

Schauen Sie einmal in die Augen müder Kinder, wenn die von einer Schule mit G 8 nach Hause kommen. Dann haben Sie alles gesehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Fehlleistung dieser Landesregierung gibt es auf dem Gebiet der Energie- und Umweltpolitik.

(Zuruf:Ach!)

Ja. – Herr Ministerpräsident, obwohl das ein ganz ernstes Thema ist, nehmen wir mit einem gewissen Amüsement zur Kenntnis, dass Sie und Ihre Partei so gegen die Windmühlen kämpfen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch)

Das tun Sie deshalb, weil Sie an dieser Stelle – –

(Zurufe)

Ja, Schulterschluss. – Sie machen das, weil Sie in einem ganz zentralen politischen Feld überhaupt keinen eigenen Ansatz haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben nichts von Ihnen dazu gehört. Deshalb beschränken Sie sich darauf, vorhandene Konzepte zu diffamieren und gegen die Windkraft zu mobilisieren. Angesichts des dramatischen Klimawandels haben wir überhaupt keine Zeit, uns über die Ästhetik der Windräder zu unterhalten.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen nicht weiter über Atomkraftwerke reden. Höchstens müssten Sie uns die Frage beantworten, wo die denn in Hessen stehen sollen. Da ist der Begriff Generationengerechtigkeit wirklich sinnvoll. Wir wollen unseren Kindern nicht diesen lang strahlenden, giftigen Müll hinterlassen. Da fühlen wir, dass wir in der Verantwortung stehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen deshalb für eine dezentrale Energieversorgung, die die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in die hessischen Kommunen und Regionen holt.Wir stehen für die Kraft-Wärme-Kopplung und die Nutzung erneuerbarer Energien.Wir wollen natürlich wieder die Wertschöpfung in den Kommunen haben.Wir wollen die Stadtwerke aktivieren.

Meine Damen und Herren, Sie betreiben eine maßlose Kampagne gegen die Nutzung der Windkraft. Damit schließen Sie die Nutzung derjenigen erneuerbaren Energie aus, die den größten und am schnellsten realisierbaren Beitrag zur emissionsfreien Stromversorgung leistet.

Sie haben im Zusammenhang mit den Windkrafträdern von Monstern gesprochen. Wie bezeichnen Sie eigentlich das Atomkraftwerk in Biblis? Wie bezeichnen Sie das Großkraftwerk Staudinger? Herr Koch, Sie machen sich lächerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Mi- nisterpräsidenten Roland Koch)

Herr Koch,dass die Nutzung der Windkraft notwendig ist, bescheinigt uns sogar die Deutsche Bank. Ich beziehe mich selten freundlich auf sie.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich nehme das gerne an.Denn die Deutsche Bank hat entdeckt, dass es hier um eine Zukunftsfrage geht. Aus den Reihen ihrer Vertreter konnte man auch hören, dass die Windkraft ein Exportschlager sei.Außerdem konnte man dort hören, dass sie sich dafür mehr Unterstützung von der Politik erhoffe. Ich sage Ihnen: Bei diesem Thema werde ich im nächsten Jahr sogar mit Herrn Ackermann einig werden.

(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben das gestern schon diskutiert.Aber ich muss das jetzt noch einmal aufgreifen. Denn auch dabei handelt es sich um eine Diskussion, mit der abgelenkt werden soll. Ich meine die Diskussion, mit der Herr Rhiel ablenken will. Er behauptet, er werde die großen Energiemonopolisten zerschlagen. Meine Damen und Herren, ich habe immer gedacht, Sie würden alle erschrecken, wenn er so etwas sagt. Sie sagen aber, Sie würden nicht erschrecken. Da geht es Ihnen wie mir. Ich nehme nämlich nicht ernst, was er da sagt. Da geht es Ihnen so wie mir.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wer die Nutzung der Atomenergie haben will, der setzt auf die Strommonopolisten. Wer auf die großen Kernkraftwerke setzt, der unterstützt die Strommonopolisten. Wer gegen die Trennung von Netzen und Kraftwerken ist, der unterstützt die Strommonopolisten.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Eines hat uns Herr Rhiel auch noch nicht erklärt.Wer soll denn diese Kraftwerke kaufen?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Gazprom!)

Ja, genau. – Glauben Sie im Ernst, irgendein Stadtwerk könnte es sich leisten, so ein Kraftwerk zu kaufen?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oder Ihr Parteifreund Schröder!)

Ausländische Strommonopolisten werden diese Kraftwerke kaufen. Herr Koch, angesichts der Diskussion, die Sie in den letzten Wochen angeführt haben, muss ich Sie fragen: Finden Sie, das ist die richtige Antwort?

(Beifall bei der SPD und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ihre Positionen passen nicht zusammen. Selbst der Bundesverband Erneuerbare Energien hat dieser Landesregierung das schlechteste Zeugnis aller Landesregierungen der Bundesländer ausgestellt. Mit ihrem Widerstand gegen erneuerbare Energien verbaut die Landesregierung den Menschen,ihrer Wirtschaft und ihrer Umwelt eine Zukunftsperspektive.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Damit das auch klar ist, möchte ich Folgendes sagen. Es geht uns auch, aber eben nicht nur um den Klimawandel. Es geht auch um harte wirtschaftliche Interessen in diesem Land. Es geht im besten Sinne um wirtschaftliche Interessen. Bei uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen natürlich auch die vielen Tausend Arbeitsplätze im Vordergrund, die damit geschaffen werden können. Es geht um die Wertschöpfung, die damit in die Regionen fließen könnte. Das gilt nicht nur für die Unternehmen, die sich mit erneuerbaren Energien beschäftigen.

Mit unserem Programm werden wir die Wirtschaft Hessens für das 21. Jahrhundert zukunftsfähig machen. Wir werden durch den Ressourcenwechsel die gesamte Wirtschaft beleben. Es geht nicht nur um die Unternehmen, die in die Nutzung der erneuerbaren Energien investieren.Es geht auch um den Maschinen- und Anlagenbau.Es geht um die chemische Industrie, die überlegen muss, ob sie nicht von Erdöl auf biogene Grundstoffe wechselt.

Es geht um die Automobilindustrie, die energiesparende Antriebstechniken erforschen muss. Es geht darum, in Zusammenarbeit mit dem Handwerk emissionsfreie, mit solarer Energie ausgestattete Gebäude umzusetzen. Die Landwirtschaft hat jetzt eine Wahlmöglichkeit, weil sie nicht mehr auf die Produktion von Nahrung angewiesen ist, sondern eben auch Biomasse anbauen kann. Unternehmen, die in der Elektrotechnik tätig sind, sollen neue Antriebe und Geräte produzieren, die auf der Basis erneuerbarer Energien funktionieren.

Wir stellen uns den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, während die Landesregierung noch im letzten Jahrhundert lebt. Ich kann auch hier nur sagen: alles von gestern, kein Ausblick auf eine soziale Moderne.

(Beifall bei der SPD)

Die Unternehmen sind bereit, mitzumachen. Ich habe eine Sommerreise gemacht – –

(Minister Dr.Alois Rhiel: Ich auch!)

Ja, Sie auch, und Herr Koch auch. Herr Koch kümmert sich um Essen, ich kümmere mich um Hessen. Das ist eine gute Arbeitsteilung.

(Große Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Unternehmen machen mit, aber sie formulieren eine sehr nachvollziehbare Voraussetzung. Sie sagen, sie wollen ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien hören.Wenn sich diese Landesregierung nämlich weiterhin für Atomkraftwerke und große Kohlekraftwerke einsetzt, dann weichen die Unternehmen in andere Länder aus, wo die Rahmenbedingungen passen. Diesen Aderlass in den zukunftsweisenden Technologien werden wir in Hessen verhindern.