Protocol of the Session on November 13, 2007

Herr Minister,die vereinbarte Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Als dritter Punkt sind die Besoldungs- und Tariferhöhungen zu nennen, für die 105 Millionen c zusätzlich in den Haushalt aufgenommen worden sind. Ich stehe als Finanzminister ausdrücklich dazu, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,die seit 2004 keine Erhöhung mehr bekommen haben und darüber hinaus durch die „Operation sichere Zukunft“ harte Einschnitte zu verkraften hatten, an der Stelle etwas bekommen.

Damit komme ich zum Thema Länderfinanzausgleich. Wir müssen insgesamt rund 760 Millionen c mehr in den LFA einzahlen.Außerdem kommen noch einmal 70 Millionen c an Grunderwerbsteueraufkommenszahlungen an die Gemeinden hinzu. Somit sind 830 Millionen c weg. Meine Damen und Herren, das sind 50 % dessen, was wir an Steuern mehr eingenommen haben. Ich habe es eben schon gesagt: Praktisch musste kein Bundesland mehr Mittel abgeben. Alle haben mehr bekommen, konnten ihre Steuereinnahmen in voller Höhe behalten, während Hessen die Hälfte der Steuermehreinnahmen abgeben muss. Unsere Zahlungsverpflichtung ist auf 3,2 Milliarden c gestiegen. Nach unserem Kenntnisstand hat es das noch nie gegeben, dass ein Land 3,2 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich zahlen musste. Wir hatten jedenfalls noch nie auch nur annähernd Zahlungen in dieser Höhe zu leisten. Wenn man diesen Betrag in Steuereinnahmen umrechnet, dann ist es so, dass die hessische Bevölkerung die ersten zweieinhalb Monate eines Jahres allein für die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich arbeitet. Das ist schon allerhand.

Ich habe in den vergangenen Jahren immer wieder und ohne Wenn und Aber klargestellt, dass Hessen zu seinen Pflichten im Länderfinanzausgleich steht.Aus Stärke folgt

auch Verantwortung. Diesem Prinzip stellen wir uns vorbehaltlos. Es kann allerdings nicht sein, dass ein Land im wahrsten Sinne des Wortes ständig gemolken wird. Wir stellen fest, dass durch den LFA im Verhältnis von Geberund Nehmerländern nicht nur die Finanzkraftreihenfolge durcheinandergebracht wird, sondern das System auch im Verhältnis zwischen den Geberländern keine gerechte Beteiligung an den Zahlungsverpflichtungen mehr sicherstellen kann.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Falsch!)

Hessen hatte in den ersten drei Quartalen dieses Jahres vor LFA Steuermehreinnahmen von 16,2 %. Bayern und Baden-Württemberg hatten letztlich 13,6 bzw. 12,9 %. Nach Länderfinanzausgleich dreht sich das Bild in nicht nachvollziehbarer Weise: Hessen verbleiben von den 16,2 % nicht einmal 7 %, wohingegen Bayern und BadenWürttemberg zwischen 13 und 16 % Mehreinnahmen verbleiben.

(Norbert Schmitt (SPD): Wer hat den LFA ausgehandelt?)

Wir haben ihn ausgehandelt, und zwar unter dem Gesichtspunkt, dass wir dieses Jahr infolge der damaligen Verhandlungen wahrscheinlich 300 Millionen c einsparen werden. Herr Abg. Schmitt, machen Sie keine Zwischenrufe, sondern hören Sie zu.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich habe Ihnen zugehört!)

Wir werden wahrscheinlich 300 Millionen c einsparen. Dafür muss eine alte Oma lange stricken. Wir waren also sehr erfolgreich.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das sieht man an der Verteilungswirkung, die Sie erreicht haben!)

Tatsächlich ist es aber so, dass sich Hessen in so außergewöhnlicher Weise entwickelt, dass wir diese hohe Belastungen haben. Statt das zu fragen, was Sie an Ergebnissen schon genau wissen, wäre ich dankbar, wenn Sie uns einfach unterstützen würden, um zu erreichen, dass der Länderfinanzausgleich für Hessen erträglicher wird. Es wäre eine ziemlich gute Sache, wenn wir uns darauf beschränken würden.

(Zurufe von der SPD)

Das System ist anreizfeindlich, und es bleibt die Frage, ob die Kuh, die gemolken wird, irgendwann noch ausreichend Kraft haben wird, sich das notwendige Potenzial zu verschaffen, um den anderen dauerhaft helfen zu können.

Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass die Föderalismusreform II die Plattform für solche Gespräche ist. Wir müssen uns im Zusammenhang mit den Entschuldungssystemen und der Frage, wer welche Leistungen erbringt, darüber unterhalten, wie die richtigen Schritte an der Stelle aussehen. Ich habe in der Pressekonferenz bei der Vorstellung des Nachtragshaushalts gesagt: Streiten können wir uns immer noch.Wir setzen erst einmal darauf, dass auch die übrigen Länder erkennen, dass diese Art und Weise, wie sich die Dinge entwickelt haben, nicht mehr als fair zu bezeichnen ist.

Zum Schluss meiner Ausführungen muss ich sagen: Die Steuerschätzungen haben unsere Annahmen sehr bestätigt.Die Steuerschätzungen für 2007 sind relativ identisch, bis auf ganz geringe Margen, die eigentlich zu vernachlässigen sind. Sie haben gesehen, es gibt keinen Spielraum

für zusätzliche Einnahmen im Jahr 2008, aber auch das liegt auf unserer Linie.Wir haben die Dinge von vornherein eher vorsichtig betrachtet, sodass wir sagen können, unsere solide Planung wird von dem Arbeitskreis Steuerschätzungen bestätigt. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn die Einnahmen etwas höher gewesen wären, aber es ist eben so, wie es ist.

Ich möchte allerdings auf Folgendes hinweisen, weil die Diskussion morgen mit dem Haushalt beginnen wird: Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Sie haben Steuermehreinnahmen in Höhe von 140 Millionen c für das nächste Jahr zur Deckung Ihrer Haushaltsanträge angesetzt. Dann haben Sie aber 60 Millionen c für die Rückzahlung von Studiengebühren vergessen,

(Norbert Schmitt (SPD): Darauf kommen wir gleich noch! – Weitere Zurufe von der SPD)

außerdem haben Sie bei der Tariferhöhung für die Beamten 30 Millionen c vergessen. Sie haben nur 29 Millionen c angesetzt, aber es werden 60 Millionen c werden, wenn Sie der TdL beitreten. Ihnen fehlen also insgesamt 230 Millionen c. In diesem Hause ist schon wegen kleinerer Beträge gestritten worden.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Der Entwurf des Nachtragshaushalts für das Jahr 2007 ist auf der Basis des bisherigen Haushaltsverlaufs unter Bestätigung der Einnahmeansätze durch den von Bund und Ländern gebildeten Arbeitskreis Steuerschätzungen entstanden. Sollte sich bis zur Verabschiedung im Dezember ein Änderungsbedarf abzeichnen, werde ich das Hohe Haus rechtzeitig informieren und Gelegenheit geben, dies noch rechtzeitig in den Entwurf einfließen zu lassen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Finanzminister, für die Einbringung. – Wir kommen zur Aussprache.Die Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Den Oppositionsfraktionen ist ein Bonus von jeweils zwei Minuten zugewachsen. Erster Redner ist Herr Kollege Kahl für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ende des Jahres 2007 erleben wir ein finanzpolitisches Doppeljubiläum: Der Finanzminister hat in der letzten Sitzung seinen letzten Haushaltsplanentwurf und in dieser Sitzung seinen letzten Nachtragshaushaltsplan vorgelegt. Dies ist das einzig Positive an den beiden Vorlagen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Wir reden über einen Nachtrag, der ein sehr, sehr großes Risiko birgt. Das Verwaltungsgericht Gießen hat heute die Universität Marburg in einem Eilverfahren zur Rückerstattung gezahlter Studienbeiträge verpflichtet. Als Grund nannte die Dritte Kammer des Gerichts am Dienstag „ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des hessischen Studienbeitragsgesetzes“. Das Gericht ordnete zudem die aufschiebende Wirkung der Klage an.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Erhebung von Studiengebühren gegen die Hessische Verfassung verstößt.Wir fordern

Sie auf, 60 Millionen c in die Rücklage einzustellen, um das Risiko abzufedern.

(Beifall bei der SPD)

Auch der Nachtragshaushaltsplan 2007 ist ein Dokument finanzpolitischen Versagens dieser Landesregierung auf ganzer Linie. Wer über 750 Millionen c zusätzliche Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich zu verzeichnen hat und die Nettoneuverschuldung von über 820 Millionen c um keinen Cent senken kann, hat finanzpolitisch schlicht versagt.

(Beifall bei der SPD)

Die notwendige Haushaltskonsolidierung zur Schaffung neuer Spielräume für Zukunftsaufgaben findet bei dieser Regierung nicht statt. Damit stellt sich Hessen mit dieser Landesregierung nicht nur finanzpolitisch ins Abseits.Die Ausrede des Finanzministers, um neue Schulden zu begründen, ist immer dieselbe: Schuld sind immer die anderen – die anderen Bundesländer, die von Hessen zu viel Geld bekommen, über Jahre hinweg die rot-grüne Bundesregierung, und im Besonderen schuld ist der Länderfinanzausgleich.

Kurz einige wenige Bemerkungen zum LFA. Die Abführungen Hessens in den LFA sind auch unserer Meinung nach deutlich zu hoch. Über diese Frage gibt es keinen Streit. Wir brauchen einen LFA mit einer deutlich höheren Anreizfunktion – ich betone: für Geber- und Nehmerländer. Dies muss eine klare Zielsetzung in der Föderalismusreform II sein.Vergessen wir aber auch nicht, dass die Struktur des jetzigen LFA von dieser Regierung und namentlich vom Ministerpräsidenten als großer Fortschritt gefeiert wurde. Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht vergessen.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen, Herr Weimar, dass Hessen der größte Zahler im Länderfinanzausgleich ist, das ist eine alte Wahrheit. Das sind wir schon über Jahrzehnte gewesen.Trotz der hohen Abführung in den LFA verbleiben diesem Land in erheblichem Umfang Steuermehreinnahmen in der Kasse. Dazu nur zwei Zahlen: Steuermehreinnahmen immer nach Länderfinanzausgleich von 2005 auf 2006 plus 1,1 Milliarden c und von 2006 auf 2007 plus 1,05 Milliarden c, also jedes Jahr netto in der Kasse 1 Milliarde c mehr. Das ist die Realität.

Trotz dieser Steuermehreinnahmen weist der Nachtrag ein Defizit von über 1 Milliarde c aus – 826 Millionen c neuer Schulden und 250 Millionen c aus der Rücklage. Im Vergleich zwischen Haushalt und Nachtrag stellt man fest, dass trotz Steuermehreinnahmen in Höhe von über 750 Millionen c das Defizit sogar noch um 50 Millionen c steigt, weil dieser Betrag zusätzlich aus der Rücklage entnommen wird.

Mit dieser Haushaltspolitik steht Hessen im Vergleich der Bundesländer ganz schlecht da. Schauen wir uns die Entwicklung der Länderhaushalte in diesem Jahr bis einschließlich September 2007 an. Der steuerstarke Monat September ist dabei. Acht Länder weisen in ihrer Bilanz Überschüsse aus, acht Länder ein Defizit. Das Land, das mit weitem Abstand des höchste Defizit aufweist, ist Hessen, und zwar mit sage und schreibe 1,0058 Milliarden c Ende September, gefolgt vom Saarland mit 562 Millionen c. Das ist die ganze Realität.

(Lachen des Ministers Karlheinz Weimar – Minister Volker Hoff:Wir bezahlen das Saarland im Länder- finanzausgleich!)

Was hat denn das mit dem Länderfinanzausgleich zu tun? Das ist das, was uns in der Kasse bleibt. Herr Hoff, aber das haben Sie wahrscheinlich nicht verstanden.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Ministers Karl- heinz Weimar)

Oder aber anders ausgedrückt:

(Norbert Schmitt (SPD): Er weiß noch nicht einmal, was bei seiner eigenen Firma in der Kasse ist!)

Da würde ich einmal nachschauen.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Von dem Gesamtdefizit aller Länder bis Ende September in Höhe von 1,9783 Milliarden c steuert Hessen mehr als die Hälfte alleine bei. Meine Damen und Herren, das ist die finanzpolitische Realität. Das können Sie gerne in den entsprechenden Statistiken nachlesen.

(Clemens Reif (CDU): Das ist ein ganz depressives Bild!)

Am Ende seiner Amtszeit bleibt Weimar seinem Grundsatz treu: sprunghaft, windig, wirr.

(Zurufe der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Oder mit anderen Worten: Eine finanzpolitische Linie ist nicht erkennbar. Es ist schon mehr als ein finanzpolitisches Nebelwerfen, wenn der Finanzminister in seiner Pressemitteilung schreibt, es sei – wie er so schön sagt – „ein hartes Stück Arbeit gewesen,trotz erheblicher Mehrbelastungen die vorgesehene Nettoneuverschuldung unverändert beizubehalten“. Die nackten Fakten sehen anders aus. Trotz erheblicher Steuermehreinnahmen nach LFA ist es nicht gelungen, die Nettoneuverschuldung zu senken. Das ist die Realität.