Protocol of the Session on September 26, 2007

Wir waren da drüben.Weil Sie sagen, es waren keine 600, es waren mehrere Tausend Demonstranten.

(Lachen bei der CDU)

Es ist aber egal, ob Sie das zur Kenntnis nehmen.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Wenn Sie hier anfangen und die Unwahrheit behaupten, kann ich nur erwidern: Es stand weder ein Vertreter der SPD noch der GRÜNEN auf der Bühne. Sie müssen versuchen, wenigstens einmal in die Nähe der Wahrheit zu kommen.Aber dazu sind Sie offensichtlich geistig und intellektuell nicht in der Lage. Das ist ja unglaublich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Mit dem Gesetzentwurf will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erreichen, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992 hinsichtlich der Finanzierung auf kommunaler Ebene agierender Wählergemeinschaften umgesetzt wird. In dem vorgenannten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt,dass der Staat verfassungsrechtlich nicht gehindert ist, den Parteien eine Finanzierung für die allgemeinen, ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeiten zu gewähren. Das Verfassungsgericht hat Vorgaben für den zulässigen Umfang einer staatlichen Finanzierung von Parteien festgelegt. Das Parteiengesetz ist auch vor einiger Zeit im Sinne dieses Urteils geändert worden.

Aber hinsichtlich der Stellung von Wählergemeinschaften, die aufgrund ihres Status an der umfassenden Finanzierung nach dem Parteiengesetz nicht teilhaben, wurde festgehalten, dass der zuständige Gesetzgeber auch in der Übergangszeit – das dauert in Hessen immerhin schon 15 Jahre – die Lage der mit Parteien konkurrierenden Wählergemeinschaften zu bedenken habe.

Zwar sei aufgrund der begrenzten politischen Zielsetzung der kommunalen Wählergemeinschaften eine Gleichsetzung mit den politischen Parteien nicht geboten.Das ist so weit unstrittig.Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die staatliche Teilfinanzierung der allgemeinen Tätigkeit von Parteien und deren kommunalpolitischer Tätigkeit zugutekommt. Das trifft dann die Parteien wie SPD, FDP, CDU und auch die GRÜNEN.

Der damalige Innenminister – Herr Wintermeyer, insoweit haben Sie zu Recht zitiert – hat versucht, eine bundeseinheitliche Regelung zur Frage der staatlichen Finanzierung der Wählergemeinschaften auf kommunaler Ebene zu erreichen. Das ist damals nicht gelungen. Er hat entsprechende Gespräche im Hessischen Landtag geführt und versucht, eine breite Mehrheit für eine solche Lösung zu finden. Übrigens macht man das bei bestimmten Fragen. Wir haben das auch gemeinsam versucht, als es um die Einteilung von Wahlkreisen und andere die Parteien betreffende Fragen ging.Diese Lösung ist an der CDU gescheitert und wurde dann nicht weiterverfolgt. So weit die Geschichte bis 1999.

Die Freien Wähler haben dann im Jahr 2000 in einem Schreiben an die Landtagsfraktionen auf die Notwendigkeit einer Regelung der Wahlkampfkostenerstattung hingewiesen.

Da gab es vonseiten der CDU und der Landesregierung – man weiß ja nie: Herr Bouffier wechselt gelegentlich einmal das Hemd, einmal ist er CDU-Minister, dann ist er Landtagsabgeordneter, dann ist er Innenminister; es ist gelegentlich schwierig, dies zu unterscheiden – viele Gespräche in den Jahren 2005 und 2006.

Es gibt ein markantes Datum: Am 7. April erhielten die Freien Wähler Hessen von Herrn Innenminister Bouffier einen in seinem Hause gefertigten Gesetzentwurf übersandt, der handschriftlich auch noch ein paar schöne nette Kleinigkeiten, nämlich z. B. die rückwirkenden Erstattung, enthielt.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die weitere Geschichte ist bekannt. Der Gesetzentwurf – –

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg wir wissen, dass die Wahrheit Ihnen wehtut. Der pädagogische Effekt liegt bei Ihnen in der permanenten Wiederholung.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Irgendwann werden Sie es auch kapieren. – Der Gesetzentwurf sollte nur dann eingebracht und umgesetzt werden, wenn die Freien Wähler nicht an der Landtagswahl teilnehmen.

Der Versuch des Stimmenkaufs der CDU in Hessen mit Steuergeldern war Gegenstand eines notwendigen Untersuchungsausschusses. Er machte deutlich, dass der CDUFraktion so ziemlich jedes Mittel recht und billig ist, auf Kosten der Steuerzahler Bewerber von der Landtagswahl abzuhalten. Das war und ist ein Skandal.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Al-Wazir hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der vorliegende Gesetzentwurf mit dem des Herrn Bouffier nahezu identisch ist. Er ist bis auf eine Kleinigkeit nahezu übernommen worden. Daher ist es interessant, zu hören – das wurde zumindest von Herrn Wintermeyer gesagt –, dass dies alles Wahlkampfgetöse sei.

Dabei ist die rechtliche Situation klar und eindeutig. Die Gewährung einer Wahlkampfkostenerstattung auf kommunaler Ebene stellt die Wählergruppen nicht besser als die bundesgesetzliche, im Parteiengesetz geregelte Parteienfinanzierung. Die Legende der CDU-Fraktion – diese haben wir gerade erneut gehört, doch wird eine Legende nicht dadurch besser, dass man sie wiederkäut und wiederum falsch erzählt –,dass es sich um eine unzulässige Doppelfinanzierung handle, war zu keinem Zeitpunkt zutreffend.

(Axel Wintermeyer (CDU): Sie machen das doch ständig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist bemerkenswert, obwohl mich nach fast fünfjähriger absoluter Mehrheit der CDU beinahe nichts mehr erschreckt, dass die CDU nicht nur beratungsresistent ist und die Dinge nicht so wahrnimmt, wie sie draußen im Lande wirklich sind, sondern offensichtlich nicht einmal in der Lage ist, ein vernünftiges Verfahren in Bezug auf die Anhörung zu finden. Sie ist noch nicht einmal in der Lage und bereit, ein geordnetes parlamentarisches Anhörungsverfahren zu machen. Dies ist ein erneuter Beleg für die Arroganz und elitäre Macht, die die CDU-Fraktion im Moment noch aufgrund ihrer absoluten Mehrheit ausnutzen will.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe eine Petition, die von den Freien Wählern eingereicht worden ist, in diesem Jahr im Innenausschuss zur Annahme empfohlen, weil wir der Auffassung sind, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im 15. Jahr des Bestehens in Hessen umgesetzt werden muss. Es ist die Aufgabe der Regierung, dies entsprechend zu tun und mit allen demokratischen Parteien Gespräche zu führen.

Da die CDU-Fraktion dies nicht will, zeigt sie erneut, dass sie wieder ihr altes Spiel spielt, da die Freien Wähler nicht das gemacht haben, was die CDU-Fraktion wollte. Sie sagt: Ihr macht nicht, was wir wollen – wie beim Rumpelstilzchen –; es standen Staatsgelder zur Verfügung, diese habt ihr nicht angenommen. Dennoch wagt ihr es, zur Landtagswahl anzutreten, daher wird es diesen Gesetzentwurf nicht geben.

(Zuruf des Abg. Frank Lortz (CDU))

Herr Lortz, dies zeigt, dass es in dieser CDU-Fraktion schon lange keine Moral mehr gibt. Dies zeigt aber auch, dass die CDU nicht bereit ist – dies werden wir morgen bei anderer Gelegenheit noch einmal hören –, Urteile des Bundesverfassungsgerichts zu akzeptieren und umzusetzen. Dies zeigt aber auch, dass die CDU nicht bereit ist, einfachste parlamentarische Gepflogenheiten wie die Durchführung eines Anhörungsverfahrens zu einem Gesetzentwurf umzusetzen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Wen wollen Sie denn anhören?)

Meine Damen und Herren, das ist ein Grund mehr, den Menschen in Hessen deutlich zu machen, dass es Zeit für

einen Wechsel ist und dass es sich lohnt, dafür zu streiten. Wir werden dies tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rudolph, vielen Dank. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Hahn für die Fraktion der FDP das Wort.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rudolph, ich war bei der Veranstaltung des DGB nicht anwesend, daher kann ich nicht selbst beurteilen,wie viele Menschen dort gewesen sind.Polizeibeamte haben mir Zahlen genannt, aber das ist nicht so wichtig. Eines aber ist vollkommen klar: Es sind auf alle Fälle drei Menschen da gewesen, die nebeneinander standen und nacheinander begrüßt worden sind;

(Günter Rudolph (SPD): Das ist nicht die Wahrheit!)

das waren Andrea Ypsilanti,Tarek Al-Wazir und Herr van Ooyen. Das ergab ein schönes Bild; und ich finde es okay, dass die drei dort gewesen sind. Es ist in Ordnung, weil es genau das bestätigt – –

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, auch Herr Kollege Hahn hat das Recht darauf, dass wir ihm alle zuhören. Er hat das Wort, daher bitte ich Sie, ihm zu folgen und ruhig zu sein. – Herzlichen Dank.

Das zeigt – das haben wir heute in anderer Art und Weise durch den „Stern“ und die „FR“ erfahren können –, dass es, wenn es zur bürgerlichen Regierung in diesem Lande am 27. Januar des kommenden Jahres überhaupt eine Alternative geben wird, diese eine rot-rot-grüne sein wird. Das war eine schöne Dokumentation, die Sie dort noch einmal abgeliefert haben. Daher ist es umso einfacher, hier in Hessen eine entsprechende politische Diskussion zu führen.

Zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte ich davon losgelöst zunächst feststellen, dass es mich nach den Argumenten von Herrn Kollegen Rudolph,der diese mit Überzeugung vorgetragen hat, wundert, dass dieser Gesetzentwurf nicht auch von den Sozialdemokraten eingebracht worden ist.

Herr Kollege Rudolph, wenn man so ein Überzeugungstäter ist, wie Sie es soeben in Ihrem Redebeitrag gewesen sind, dann hätten Sie diesen Gesetzentwurf eigentlich gemeinsam mit den GRÜNEN einbringen müssen. Sie machen so vieles gemeinsam – so auch in Bezug auf eine zentrale Frage, bei der Sie gemeinsam einen Untersuchungsausschuss eingesetzt haben und beim Abschlussbericht gemeinsam ein Minderheitenvotum vorgelegt haben –,sodass ich feststelle: Dass dies nun alleine die GRÜNEN tun, spricht dafür, dass die Verve in der Rhetorik von Herrn Kollegen Rudolph zwar groß ist, doch andererseits

keine Motivation dafür vorhanden ist, hierfür auch die Verantwortung zu tragen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zu meiner dritten Bemerkung. Die Sache mit dem Bundesverfassungsgericht entlarvt nun wirklich jeden, der sie nutzt. Wenn Hessen das letzte oder von mir aus auch das vorletzte Bundesland wäre, in dem eine Finanzierung der freien Wählergruppierungen noch nicht normiert wäre, dann könnte man sicherlich mit großer Überzeugungskraft, wahrscheinlich auch parteipolitisch motiviert,sagen:Meine Freunde,Genossen aus dem Land A,B oder C haben dieses Verfassungsgerichtsurteil umgesetzt. – Das kann aber keiner von uns sagen, weil es in den anderen Bundesländern nämlich keine entsprechende Umsetzung gibt.

Wenn man aber nun gerade der CDU vorwirft, dass sie eine Verfassungsgerichtsentscheidung blockiere – Sie wissen, und wir haben dies mit Herrn Kollegen von Hunnius während der Haushaltsdebatte wieder mehr als deutlich gemacht, dass wir dann, wenn sie Fehler machen, diese auch laut anprangern –, obwohl es in keinem anderen Bundesland etwas Vergleichbares gibt, und sagt, dass der Schwarze Peter allein bei der CDU in Hessen sitze, zeigt das, dass man arg dünnes Eis betreten hat. Herr Kollege Rudolph, Herr Kollege Kaufmann, das macht deutlich, dass es Ihnen bei diesem Gesetzentwurf eigentlich um etwas ganz anderes geht.

(Beifall bei der FDP)

Nun zu meiner vierten Bemerkung. Ich muss gestehen, dass ich erst heute Nachmittag auf die Idee, die ich nun als „GRÜNEN-Viagra“ bezeichnen möchte, gekommen bin. Vorher hatte ich das gar nicht „auf dem Bildschirm“, um mit den Worten desjenigen zu sprechen, der die hessischen GRÜNEN am Anfang aufgebaut hat. Darüber habe ich mich bereits vorhin ausgelassen.

Herr Kollege Wintermeyer hat vollkommen recht,denn es gibt gerade bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf kommunaler Ebene eine Vielzahl von Wählergruppierungen, die zu dem Konzern der GRÜNEN gehören, aber nicht als GRÜNE auftreten.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unfug!)

Ich weiß ein bisschen,wovon ich rede,denn es gibt auch in meinem Konzern die eine oder andere Ortsverbandsorganisation, die sich mit jemand anderem zusammentut, um dann als freie Wählergruppierung aufzutreten. Ich kann Ihnen sagen, dass die hessischen Liberalen diesen Gesetzentwurf allein aus dem Grunde, damit da kein Durcheinander geschieht, ablehnen werden. Dass aber die GRÜNEN auch noch die Stirn haben,für sich in Hessen eine indirekte Parteienfinanzierung vorzunehmen, und zwar über das Vehikel, dass sie die Freien Wähler unterstützen wollten, ist ein Skandal. Herr Wintermeyer, vielen Dank, dass Sie dies derart herausgearbeitet haben.