Das sind die „Freiburger Thesen“ der FDP aus dem Jahre 1971, an deren Zustandekommen der ehemalige Generalsekretär der FDP, Hans-Hermann Flach, maßgeblich mitgewirkt hat.
Das Wort „Vermögensbildung“ hatte für die FDP damals noch einen anderen Klang. Sie haben, was die Vermögensbildung betrifft, damals noch einen anderen Ansatz vertreten.
Sie haben sich aus der Tradition und der Verantwortung für die Finanzierung von Gemeinschaftsausgaben verabschiedet.
(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Sie wissen gar nicht, was Karl-Hermann Flach in der Ausführung gesagt hat!)
Frau Wagner, ich habe das sehr sorgfältig studiert, und ich konnte auch lesen, dass Sie an diesem Punkt mit der Umsetzung nicht sehr weit gekommen sind.
Heute höre ich von Ihnen – das war auch bei Herrn von Hunnius wieder der Fall – nur das Steuersenkungsmantra:
(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Weil die Steuerlast die höchste ist, die wir je in der Republik hatten! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Falsch, das war in Ihrer Regierungszeit, mit der FDP! Die höchste Steuerlast gab es unter der FDP!)
Frau Wagner, welche Steuerlast wir haben, kann ich Ihnen nachher noch einmal erläutern. Ich habe alles dabei.
Weg mit der Erbschaftsteuer, weg mit der Kfz-Steuer – so hat es Herr Hahn im Februar dieses Jahres gefordert –, weg mit der Gewerbesteuer: So haben wir es auch heute wieder gehört. Die Vermögensteuer ist Ihnen ebenfalls nicht sympathisch. Die Unternehmensteuerreform muss weitere Steuersenkungen für die Unternehmen bringen.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich glaube, diese populistischen Forderungen sichern Ihnen für einige Zeit die Lufthoheit über den Stammtischen von Akademikern und Unternehmern. Aber sie sorgen überhaupt nicht für eine gerechte Steuerpolitik. Dazu habe ich von Ihnen nichts gehört.
Zu Ausgleich und Gerechtigkeit habe ich nichts gehört. Auch hier sagen Sie, Sie wollten auf 4 Milliarden c Steuereinnahmen verzichten. Sie wollen also bei Erben und Vermögenden keine Steuern einsammeln.Die Autofahrer wollen Sie verschonen.Ja,bei wem wollen Sie es dann einsammeln? Frau Wagner, wollen Sie es über die Mehrwertsteuer einsammeln, so, wie Sie es immer getan haben, wenn Sie in der Regierungsverantwortung waren?
Oder wollen Sie es bei Renterinnen und Rentnern sowie bei Kleinverdienern einsammeln, wie es der gute Brauch in der FDP war?
Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Kollegin Erfurth. Bitte seien Sie alle so lieb, das zu akzeptieren. Zwischenrufe sind erlaubt, aber nur so laut, dass wir auch das noch hören, was sonst noch gesagt wird.
Schauen wir uns einmal an, wie die Besteuerung in den modernen Industrieländern aussieht. Sie stützt sich im Wesentlichen auf vier Steuerquellen: Einkommen, Vermögen, Produktion und Konsum. Natürlich kann man die Akzente zwischen diesen einzelnen Quellen verschieben. So herrscht bei uns in Deutschland ein ziemlich breiter Konsens darüber, dass es wünschenswert ist, die Steuer
last von der direkten Besteuerung des Einkommens in Richtung der indirekten Besteuerung des Konsums zu verschieben. Sinn der Übung ist, den Faktor Arbeit von Steuern und Abgaben zu entlasten.
Das ist ein sehr sinnvoller Weg, und unter Rot-Grün haben wir begonnen, ihn zu gehen. Jetzt hat man sich aber für andere Lösungswege entschieden.
Während wir also bei der indirekten Besteuerung des Konsums langsam das Niveau unserer Nachbarländer erreichen und damit auch einen Beitrag zur Harmonisierung auf EU-Ebene leisten, haben wir bei den vermögensbezogenen Steuern – nämlich bei der Grund-, der Vermögen- und der Erbschaftsteuer – ganz andere Bilder. Schauen wir uns doch einmal an, wie viel die vermögensbezogenen Steuern zum Gesamtsteueraufkommen in Deutschland beitragen.
In Deutschland sind das gerade einmal 2,5 % am Gesamtsteueraufkommen. Das ist in anderen Ländern anders. In Frankreich sind es 7,8 %, in der Schweiz 8,5 %, in Großbritannien 11,9 % und in den USA 11,3 %.
Man kann also feststellen, in angelsächsischen Ländern werden viermal so viele vermögensbezogene Steuern im Staatshaushalt vereinnahmt wie bei uns. Wenn man sich diese Perspektive betrachtet, dann stimmen die Proportionen nicht mehr.Ich denke,da müssen wir einhaken.Wir können nicht den Weg gehen,den uns die FDP vorschlägt, und noch eine weitere vermögensbezogene Steuer aus dem Gesamtsteueraufkommen herauslösen.
An dieser Stelle möchte ich einmal das Stichwort von Herrn von Hunnius von der Doppelbesteuerung aufnehmen.
Herr von Hunnius, was Sie da sagen, ist doch Unsinn. Überall im System der Volkswirtschaft haben Sie Vermögen und Einkommen, das schon einmal irgendwo einer Besteuerung unterlag.
Es kann doch nicht sein, dass Sie nun einen Teil herausbrechen wollen und sich dafür das Argument der Doppelbesteuerung aussuchen. Wenn Sie diesen Weg weitergehen, dann können Sie keinen müden Euro Mehrwertsteuer erheben.
Denn alles Geld, das Konsumenten ausgeben, haben sie zuvor schon verdient, vereinnahmt und versteuert. Das ist also Unfug.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Ausgenommen die Sozialhilfeempfänger, die Hartz-IV-Empfänger!)
Das ist Unfug, den Sie immer wieder verbreiten und von dem Sie hoffen, dass er auf fruchtbaren Boden fällt.
In Deutschland haben wir drei vermögensbezogene Steuern, die aus grüner Sicht einen Beitrag zur Finanzierung
der öffentlichen Haushalte leisten müssen. Wir haben die Grund-, die Vermögen- und die Erbschaftsteuer.
Die Grundsteuer müssen wir als eine stabile Einnahmequelle für die Kommunen erhalten und fortentwickeln. Künftig muss sie größere Anreize setzen, um mit Grund und Boden sparsam umzugehen und um unter anderem auch Baulücken zu schließen und spekulativen Leerstand in der Fläche in den Kommunen zu verhindern.