Zum Dritten hat es uns ein bisschen überrascht, dass Sie jetzt auch bereit sind, das Thema Ausbildung erneut als ein Vergabekriterium zur Kenntnis zu nehmen.Wir wissen alle, dass der Erlass damals nicht nur wegen der Schwierigkeit der Kontrolle zu Fall gebracht wurde, sondern auch, weil dieser Aspekt nicht auf dem Erlasswege zu regeln ist – nur gesetzlich.
Das sind die drei Punkte, die bei diesem Gesetzentwurf positiv auffallen. Das erkennen wir ausdrücklich an.
Dass der DGB genauso wie ver.di dazu sagt, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, teilen wir. Allerdings reicht er uns nicht aus.
Herr Kaufmann hatte schon auf die wesentlichen Unterschiede zwischen dem rot-grünen und Ihrem Entwurf hingewiesen. Die fallen auch auf. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Vergabegrenzen und darum, welche Gestaltungsmöglichkeiten man gibt, sondern es geht insbesondere auch darum, was öffentliche Auftraggeber sind. Da gehen wir deutlich weiter. Das Dritte ist in der Tat der Aufgabenbereich.
Ich will hier nur nochmals zwei Bereiche hervorheben. Das eine ist in der Tat die Abfallwirtschaft. Gerade in der Abfallwirtschaft erleben wir in Hessen einen völlig ruinösen Wettbewerb in verschiedensten Gebieten, der auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus
getragen wird. Deswegen ist die Herausnahme der Abfallwirtschaft aus dem Tariftreuegesetz grundfalsch. Darauf hat auch ver.di hingewiesen.
Beim zweiten Punkt werde ich natürlich gleich wieder Streit mit Herrn Posch provozieren. Das ist der Bereich ÖPNV.
Heute Morgen hatte Herr Posch insofern völlig recht, als der RMV eine Selbstbindung beschlossen hat.Aber, aber. Das ist immer das gleiche Problem mit formal und faktisch. Faktisch findet der Wettbewerb nach wie vor anders statt, und das ist schwierig zu überprüfen, das ist überhaupt keine Frage.
Deswegen wollen wir ausdrücklich, dass der ÖPNV hier mit einbezogen wird. Sie wissen vielleicht, dass mindestens der ZOV seine Ausschreibungspraxis ausgesetzt hat, unter anderem wegen der Vergabeprobleme, die es in den letzten Monaten gegeben hat.
Der letzte Punkt – auch darauf hat Herr Kaufmann zu Recht hingewiesen – ist das Thema Sanktionen.Wenn Sie dieses Gesetz als ein stumpfes Schwert konstituieren,werden Sie in fünf Jahren feststellen, dass es nichts gebracht hat. Sie müssen klar sagen, wer überprüft und wie weit die Überprüfung geht.
Ich sage Ihnen einmal, gerade nach den Erfahrungen mit Ihrer Landeskellerei im Rheingau: Dieser Punkt ist in unserem Gesetzentwurf klar definiert. Wir reden nämlich nicht nur von tariflicher Entlohnung, sondern bei der Überprüfung muss die Arbeitszeitregelung mitbetrachtet werden.
In Ihrem Gesetzentwurf gehen Sie an dieser Stelle nicht weit genug. Es besteht die große Gefahr, dass Sie hier ein stumpfes Schwert organisieren, um nach der Wahl sagen zu können: Das hat so nichts gebracht.
Unter dem Strich ist es so: Dieser Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Er bleibt deutlich hinter unseren Erwartungen zurück.Wer in Hessen wirkliche Tariftreue will, der wird im Januar für einen Regierungswechsel in diesem Land sorgen müssen. – Herzlichen Dank.
Da geht es mir wie Ihnen. Ich bin glücklich, dass ich Ihnen in dieser Frage nicht zustimmen muss, Herr Kollege Kaufmann.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere grundsätzliche Position habe ich heute Morgen im Zusammenhang mit der Aktuellen Stunde deutlich
In dieser Diskussion haben wir schon öfter – auch heute Morgen deutlich gemacht –, dass wir der Auffassung sind, vergabefremde Kriterien haben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nichts zu suchen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben eben zu Recht darauf hingewiesen: Seinerzeit ist der betreffende Erlass moniert und deswegen auch kassiert worden.
Jetzt ist der Versuch gemacht worden,das in einem Gesetz zu regeln.Man weiß zwar,dass das EU-rechtlich und wettbewerbsrechtlich nicht problematisch ist. Aber in Wahrheit verbirgt sich hinter der Frage der beruflichen Erstausbildung etwas, was mehr Probleme bereiten als lösen wird. Sie schreiben in dem Gesetzentwurf:
ob und inwieweit eine angemessene Beteiligung der Bieter an der beruflichen Erstausbildung erfolgt, soweit das und die Kriterien dazu in den Bewerbungsbedingungen angegeben werden.
Ich sage Ihnen voraus: Hier ist ein Streit schon programmiert. Was heißt denn „angemessene Beteiligung“? Was heißt angemessene Beteiligung bei einem kleinen Unternehmer,der – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage ist, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen? Ist das eine angemessene Beteiligung, oder ist das keine angemessene Beteiligung mehr?
Sie verwenden hier unbestimmte Rechtsbegriffe, die im Grunde genommen nur zu einem Streit führen, aber nicht dafür sorgen werden, dass das angestrebte Ziel erreicht wird. Es bleibt bei meiner Kritik: So etwas gehört dort nicht hinein.
Dann probiert man den nächsten Trick aus. Man versucht, dem Problem auszuweichen. In § 3 Abs. 3 steht:
Unbeschadet des Rechts der Europäischen Gemeinschaften und der nach anderem Recht vorausgehenden Wertungskriterien kann bei sonst gleichwertigen Angeboten das Angebot des Bieters bevorzugt werden, der gemessen an seiner Betriebsstruktur sich mehr als ein anderer Bieter mit gleichwertigem Angebot an der beruflichen Erstausbildung im Sinne des Abs. 2 beteiligt.
Auch hier haben wir wieder das Gleiche: Man will etwas. Man will, dass das Kriterium berufliche Erstausbildung in die Vergabeentscheidung einbezogen wird, weiß aber ganz genau, dass dies rechtlich problematisch ist, und flüchtet dann in Formulierungen, die am Schluss mehr Streit und Bürokratie erzeugen, anstatt das gewünschte Ergebnis zu bewirken.
Das Ganze steht unter dem Motto „unbeschadet des Rechts der Europäischen Gemeinschaften“. Dann kann ich alles hineinschreiben und mich hinterher damit herausreden, das europäische Recht habe es nicht hergegeben. Abgesehen davon, dass wir es für falsch halten, ist das, was in § 3 steht, schlicht und ergreifend eine Mogelpackung.
Es ist eine Mogelpackung. Die Union versucht, deutlich zu machen: „Wir geben hier nach“; in Wahrheit wird sich jedoch herausstellen, dass dies nicht praktikabel ist.
Ein weiterer Punkt ist der bürokratische Aufwand. Ich will nicht im Detail wiederholen, was Herr Kollege Boddenberg in der Lesung des von den Sozialdemokraten und den GRÜNEN vorgelegten Gesetzentwurfs gesagt hat. In § 4 können Sie das im Einzelnen nachlesen; ich will das jetzt nicht ausführen.
Das wird zu einem unvertretbaren bürokratischen Aufwand führen, insbesondere wenn Sie, wie es hier steht, verlangen, dass die Unternehmer auch danach diesen Bedingungen in gleicher Weise unterworfen werden. – Ich sehe Herrn Williges’ kritischen Blick. – Aufgrund der Praxis sind wir in Wahrheit nicht ganz so weit davon entfernt.
Meine Damen und Herren,deswegen sage ich:EU-Recht, Wettbewerbsrecht und Bürokratie sind im Detail Punkte, die uns zu der Überzeugung haben kommen lassen, dass es besser gewesen wäre, auf diesen Gesetzentwurf zu verzichten.
Damit komme ich auf einen Punkt zurück – Herr Kaufmann, auch darin stimme ich Ihnen zu –: Es gibt eine Alternative zu diesem Gesetzentwurf.Aber eine Alternative zu diesem Gesetzentwurf ist nicht nur der rot-grüne Gesetzentwurf. Eine Alternative wäre auch das, was die FDP vorschlägt, nämlich auf ein Gesetz zu verzichten. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bekannt, dass wir mit dem DGB über diesen Gesetzentwurf verhandelt haben und zu einem aus unserer Sicht pragmatischen Ergebnis gekommen sind. Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich bei der CDUFraktion bedanken, die diesen Gesetzentwurf übernommen hat.
Es war uns nämlich an dieser Stelle ganz wichtig, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode, nämlich zum 01.01. nächsten Jahres, in Kraft treten kann.
Wir haben in den Gesetzentwurf alle gerade für das öffentliche Auftragswesen wichtigen Wirtschaftsbereiche aufgenommen. Im öffentlichen Auftragswesen spielen das Lohndumping und das Unterlaufen des Tarifrechts ebenfalls eine Rolle. Es handelt sich um folgende Bereiche: die Bauwirtschaft, das Gebäudereinigungshandwerk, das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe, der Garten- und Landschaftsbau und das Abbruchgewerbe. Zudem wurde das Kriterium berufliche Erstausbildung berücksichtigt.
Wenn wir heute darüber reden, wie dieser Gesetzentwurf und die Bereiche,für die wir Regelungen getroffen haben, gefasst sind, ist es ganz wichtig, festzuhalten, dass dies sowohl EU-Recht als auch höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht und dass gleichzeitig darauf geachtet wurde, dass es für den einzelnen Unternehmer durchschaubar und gut nachvollziehbar ist.
Deswegen haben wir in Hessen, im Gegensatz zu allen anderen Ländern, den Sektor Bauwirtschaft klar definiert. Wie ich heute Morgen schon einmal ausgeführt habe,werden von uns alle Gewerke aufgeführt, die von dem Arbeitnehmerentsendegesetz erfasst werden. Das Arbeitnehmerentsendegesetz wiederum nimmt ausdrücklich auf die Baubetriebeverordnung Bezug. Deswegen haben wir hier,anders als in vielen anderen Ländern,eine ganz klare Regelung geschaffen und konnten mit dieser klaren Definition auch dafür sorgen, dass dieses Gesetz in der Folge umsetzbar sein wird.
Ich will auch deutlich machen, dass das Gesetz natürlich nur dann Wirkung zeigen kann, wenn die Tariflohnvorgaben allgemein bekannt gegeben werden. Die Vergaben haben in einem transparenten Verfahren zu erfolgen. Das heißt, dass keiner bevorzugt oder benachteiligt werden darf.
Es ist daher nicht damit getan, eine Liste mit den geltenden Tarifregelungen zu veröffentlichen, von der die Unternehmen, die dem Tarifregelwerk nicht angehören, nicht ohne Weiteres Kenntnis nehmen können. Alle Regelungen müssen daher in allgemein zugänglichen Quellen veröffentlicht werden.