Protocol of the Session on September 6, 2007

Lieber Präsident des Landessportbundes, da gab es nicht die Idee, zu fragen, wie man möglichst viel Geld aus dem Bereich der Sportwetten in den ehrenamtlichen Fußball bzw. Sport bekommen könnte, sondern die Denkweise lautete:Wie rette ich das Monopol?

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU)

Ein Blick in das Urteil schärft dann auch diese Argumentation, und zwar gibt es die Möglichkeit, zu sagen – Zitat: Bundesverfassungsgericht, fast im Originalton –: Wenn der Staat ein Monopol behalten wolle, dann müsse er zur Begründung dafür Argumente liefern, die weit über den Sportbereich,den Glücksspielbereich aufzugreifen und zu bewerten seien. Eines dieser Argumente könne die Bekämpfung der Spielsucht sein. – So steht es dort fast wörtlich. Ich wiederhole: Ein Argument könne die Behebung der Spielsucht sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch unlogisch.Wenn es weiterhin das Ziel ist – das haben alle meine drei Vorredner gesagt, auch der Innenminister hat dies gesagt –, dass man aus dem Sportwettenbereich Geld in die Gesellschaft, sprich in den ehrenamtlichen Sport, den Denkmalschutz, die politische Jugend usw. transferieren will, dann stelle ich fest: Das kann man nicht gleichzeitig damit machen, dass man eine Spielsucht bekämpft. Entschuldigung, das ist schizophren. Man will aus einem Bereich Geld herausnehmen, den man aber gleichzeitig bekämpft und den man nun auch – denn man muss verfassungsgerichtskonform sein – bekämpfen muss.

Ich habe das schon ein paar Mal vorgetragen – ich weiß, dass der Innenminister dies zwar politisch anders, in der Argumentationslinie aber gleich sieht wie ich –:Wenn Sie das Sportwettenmonopol, die Spielsucht bekämpfen wollen, um das Monopol zu erhalten, so müssen Sie zuerst einmal die Werbung einschränken. Denn jeder hier im Raume weiß, weshalb und wozu die Werbung da ist – nämlich gerade dazu, um Kunden zu bekommen, damit das Geld in den Sack kommt und damit man aus diesem Sack im Anschluss z. B. dem Sport und dem Denkmalschutz etwas geben kann. – Das geht aber leider nicht, denn dies wäre in Bezug auf den obersten Vorsatz: „Wir wollen die Sucht bekämpfen“ kontraproduktiv.

Desweiteren müssen Sie die Verkaufsstellen einschränken. – Schöne Grüße, denn ein Gespräch mit Herrn Dr. Sundermann von der Lotterietreuhandgesellschaft mbH Hessen zeigt, dass diese gerade heftig dabei sind, dies zu tun. Das läuft dann zwar unter einem anderen Arbeitstitel und wird „Konsolidierung des Marktes“ genannt usw., doch dahinter steht, dass die Anzahl der Verkaufsstellen für die ODDSET – jedenfalls wird es in Hessen so genannt – eingeschränkt wird, und zwar wiederum mit der Folge – da will ich mich von dem Volks- und Betriebswirt Gottfried Milde gerne hinsichtlich dessen belehren lassen, ob ich hier als Jurist richtig liege –: weniger Werbung, weniger Verkaufsstellen, weniger Umsatz und Einnahmen. Dies hat dann zur Folge, dass weniger Geld ausgegeben werden kann. Das wären schon einmal zwei Folgen, die man feststellen würde, wenn man auf das falsche Pferd setzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,die dritte Folge müsste aber sein, dass man, wenn man nun schon Geld im Sack hat, wenn auch weniger, Teile davon nutzen müsste, um Programme zu unterstützen, die die Spielsucht bekämpfen.

(Beifall bei der FDP)

Ich stelle fest: Sie hätten dann weniger Einnahmen und müssten von diesem Kuchen auch noch etwas abgeben. – Lieber Herr Kollege Klee, wir wissen beide, dass diese Programme bedient werden. Diese müssen auch bedient werden, da ansonsten dieses ganze Konstrukt verfassungswidrig wäre.

Allein aufgrund der Logik dieses Systems kommen wir zu dem Ergebnis, dass man nur noch 20 bis 25 % des bisherigen Geldes erwirtschaften wird, welches man letztlich in die sozialen Einrichtungen sowie Sporteinrichtungen geben können wird. Das ist das Verrückte an diesem Staatsvertrag und dem Hessischen Glücksspielgesetz, und deshalb sind wir als Liberale dagegen.

(Beifall bei der FDP)

Sie merken – die Uhr von Herrn Kaufmann zeigt, dass ich nun acht Minuten und eine Sekunde lang rede –, noch

habe ich bisher nichts dazu gesagt, dass das Europarecht dagegenspreche.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Herr Kollege, wenn Sie sich mit demselben Eifer, mit dem Sie diesen Unsinn verteidigen, darum kümmern würden, dass es im Sport weniger Dopingfälle gibt, dann wäre – so glaube ich – dem Sport besser gedient, als durch diese Zwischenrufe, die Herr Rolf Müller hier in den vergangenen acht Minuten eingeworfen hat.

(Beifall bei der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Na, na!)

Ich finde es unerträglich, dass ein Interessenvertreter auf der einen Seite nichts tut, auf der anderen Seite etwas Falsches macht und uns dann dauernd vorwirft, wir sollten Modelle vorlegen.

(Norbert Schmitt (SPD): Warum regen Sie sich so stark auf?)

Das jetzige Modell ist gescheitert. Gehen wir doch gemeinsam vor, um ein neues Modell zu finden. Ich sage Ihnen jedenfalls: Das Monopolmodell wird nicht mehr die Geldsumme einbringen, die der Landessportbund – vollkommen zu Recht – bisher erhalten hat.

Nun aber wieder zurück – ich habe nur auf den Zwischenruf von Herrn Kollegen Rolf Müller geantwortet –, denn ich habe mich bisher nicht mit dem Thema der Verfassungswidrigkeit auseinandergesetzt. Sie wissen, dass es ein sehr umfangreiches Gutachten dazu gibt, das die Deutsche Fußball Liga bzw. der DFB in Auftrag gegeben haben.

Für mich als Jurist geht daraus sehr schlüssig hervor, dass mit diesem Modell ein Eingriff in die Berufsfreiheit einhergeht. Es ist deshalb verfassungswidrig. Das sollen aber die Juristen des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts klären. Da besteht aber ein Risiko.

Ich habe mich bisher noch nicht damit auseinandergesetzt, dass das Recht der Europäischen Union dem entgegensteht. Reduzieren wir das deshalb auf die Diskussion, die wir alle eben geführt haben: Wie schaffen wir es, dass die Gesellschaft mehr Geld einnimmt, als es in den Jahren 2006 und 2007 der Fall war, und zwar mithilfe der Menschen, die meinen, sie müssten Sportwetten spielen?

Wir haben da eine Idee. Ich habe kein fertiges Konzept. Das Konzept, das wir vortragen, wurde bisher nicht umgesetzt. Deswegen wird man nicht zu 100 % sagen können, ob es besser oder schlechter ist. Aber dieses Modell ist an allen anderen Stellen der Gesellschaft und des Staates erfolgreich.

(Kurzes Rauschen in der Mikrofonanlage, die Übertragung ist kurz unterbrochen.)

Frau Präsidentin, ich habe mitbekommen, dass meine Redezeit abgelaufen ist, auch wenn mir das irgendwie anders mitgeteilt wurde, als das sonst der Fall ist. Dieses Mal geschah es durch ein Knirschen in der Anlage.

Überall sonst funktionieren Monopole nicht. Meistens sagen alle drei Parteien, die in diesem Fall dafür sind, dass sie Monopole in Reinheit abgeschafft sehen wollen.

Wir diskutieren das beispielsweise hinsichtlich der Landwirtschaft in den letzten zehn Jahren gemeinsam. Wir haben da Erfolg. Warum soll dann bei den Sportwetten dieses Monopolmodell weiterhin bestehen bleiben?

Wir möchten,dass ganz klare Leitplanken aufgestellt werden. Zwischen diesen Leitplanken soll dann jeder, der will, Sportwetten anbieten können. Er muss aber verpflichtet werden, und zwar so, dass es funktioniert, einen erklecklichen Teil des Geldes, das hereinkommt, der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Nur dann können wir den Denkmalschutz, den Sport und natürlich auch den Ring der politischen Jugend weiterhin mit Geld unterstützen. Steuergelder haben wir dafür leider nicht.

(Anhaltender Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Frömmrich von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN erhält nun das Wort zu einer Kurzintervention.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Redner müssen nachher alle zum Dopingtest!)

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um auf zwei Dinge einzugehen, die Herr Kollege Hahn eben vorgetragen hat.

Erstens hat er gesagt, er habe sich nicht zu der Situation hinsichtlich des Rechts der Europäischen Union geäußert. Ich habe hier eine Pressemitteilung vom 5. Dezember 2006.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ich meinte bei der Rede eben! Sie müssen Ihre Ohren waschen!)

Da steht: Ministerpräsident Koch darf dem verfassungswidrigen Staatsvertrag nicht zustimmen. Der Entwurf des Sportwettenstaatsvertrags ist europarechtlich, verfassungsrechtlich und kartellrechtlich hochgradig bedenklich.

Herr Kollege Hahn, das haben Sie also schon gesagt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein, ich habe es eben nicht gesagt!)

Man kann darüber diskutieren. Ich habe versucht, das darzustellen. Man kann über die Frage Monopol versus Liberalisierung diskutieren. Das kann man tun. Herr Kollege Hahn, das wird während der Anhörung geschehen.

Eines haben Sie hier aber wieder nicht gemacht. Ich möchte eine Antwort auf die Frage haben, wie wir die Mittel ersetzen sollen, die wir zurzeit für die Kultur und die Vereinspflege und -förderung vergeben. Wie ersetzen wir diese Mittel? Mit welchem Modell soll das geschehen? Geht das über ein Konzessionsmodell? Wie hoch muss dann die Konzessionsabgabe sein? Welcher Steuersatz muss erhoben werden, damit wir am Schluss auf den gleichen Betrag kommen? Auf diese Fragen haben Sie keine Antwort gegeben.

Ich komme zum zweiten Punkt. Ich glaube schon, dass Sie vielleicht einmal mit dem einen oder anderen Ihrer Fraktion reden sollten, der im Sportbereich tätig ist. Sie haben das hier mit Verve vorgetragen. Sie sind hier für die Liberalisierung des Marktes eingetreten. Ich weiß aus Gesprächen, dass Sie da das Gespräch mit Herr Kollegen Heidel suchen und ihn fragen sollten, ob er das genauso sieht.

Sie argumentieren hier nur gegen die, die sagen, der Staatsvertrag erfülle die Anforderungen des Bundesver

fassungsgerichts. Sie werfen denen vor, sie seien Lobbyisten für den Sport.

Ich finde, das ist zu kurz gegriffen. Sie sollten mit dem Herrn Kollegen Heidel reden. Der ist auch Vereinsvorsitzender. Er wird das zumindest hinsichtlich der Vereinsförderung anders sehen.

Herr Kollege Klee hat klipp und klar aufgezählt, welche Vorgaben das Bundesverfassungsgericht gemacht hat. Er hat aufgezeigt, an welchen Prämissen das gemessen wird.

Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Ende meiner Rede. Es sind die letzten Sätze.

Ich glaube, dass dieser Gesetzentwurf den Vorgaben Rechnung trägt.Wir machen hier die Gesetze. Ob die Gesetze nachher vor den Gerichten Bestand haben werden, werden wir sehen. Herr Kollege Hahn, Gesetze werden nicht für die Ewigkeit gemacht.

(Beifall des Abg. Horst Klee (CDU))

Herr Hahn, Sie erhalten nun das Wort zur Erwiderung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Alle diejenigen, die für die Annahme dieses Staatsvertrags sind, sind keine Freunde des Sports.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Florian Rentsch (FDP))