Protocol of the Session on September 5, 2007

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Wagner hat Gelegenheit zur Antwort.

Herr Präsident! Herr Kollege Weinmeister, Sie haben gefragt: Mit wem wollen die GRÜNEN die Schulwahlfreiheit in Hessen wiederherstellen? – Herr Weinmeister, mit Ihnen geht es nicht. Das ist der erste Teil meiner Antwort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Mark Weinmeister (CDU))

Zum Zweiten haben Sie nicht richtig gelesen,was die Kolleginnen und Kollegen der SPD am Wochenende auf ihrem Kongress dargestellt haben. Wir haben sehr erfreut festgestellt, dass sich auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD ausdrücklich für die Freiwilligkeit dieses Angebotes ausgesprochen haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Herr Kollege Weinmeister, ich stimme Ihnen aber in einem zu. Die SPD ist in dieser Frage auf dem Weg, auf dem

richtigen Weg. Deswegen sage ich Ihnen, Herr Kollege Weinmeister:Wenn Sie sicher sein wollen, dass die Schulwahlfreiheit mit der nächsten Wahl wiederhergestellt wird, dann wählen Sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Dr. Norbert Herr und Mark Weinmeister (CDU))

Herr Wagner, danke schön.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Da muss sogar der amtierende Präsident lachen!)

Ja, über das Angebot an Herrn Weinmeister habe ich geschmunzelt. – Frau Henzler, Sie haben für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist durchaus erfreulich, dass sich Hessen nach den aktuellen Zahlen des Bildungssmonitors 2007 auf Platz 10 vorgearbeitet hat. Ich sage ganz freimütig: Ich finde, jede Studie ist wichtig. Aus jeder Studie kann man etwas lernen. Man sollte jede Studie ernst nehmen und nicht nach parteitaktischen Gesichtspunkten bewerten. Die Zahlen des Bildungsmonitors zeigen nämlich, dass die 1999 begonnenen Reformen zu greifen beginnen.Wo standen wir damals? – Das darf man nicht vergessen. Da waren wir sehr viel weiter unten.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind jetzt in der Mitte. Das Mittelmaß kann natürlich nicht das endgültige Ziel sein.Aber immerhin ist man auf dem Weg nach oben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ist Mittelmaß 10 von 16? Das ist schlechter!)

Allerdings ist es bis an die Spitze noch ein weiter Weg.Seit 2003 hat die CDU-Alleinregierung den Schulen auf diesem Weg nach oben viele, viele Steine in den Weg gelegt.

Die Regierungserklärung hat den Titel: „Leistungsorientiert, sozial, verlässlich“. Verlässlich und leistungsorientiert, allerdings keineswegs sozial war die Schulpolitik in der vergangenen Legislaturperiode in einem Punkt: bei allen Reformen. Da war sie sehr verlässlich und sehr leistungsorientiert. Daher ist das Zitat aus der Regierungserklärung von Frau Ministerin: „Wir werden den eingeschlagenen Weg verlässlich und konsequent fortsetzen“, schon fast wie eine Drohung an alle Schulen zu verstehen.

(Beifall des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Allen Schulen muss man ausdrücklich Dank und Anerkennung aussprechen, dass sie trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gute Arbeit zum Wohle der Schüler geleistet haben.

(Beifall bei der FDP)

Sie mussten seit 2003 mehr Reformen mit weniger Stellen bewerkstelligen. Denn als Erstes wurden 1.000 Lehrerstellen gekürzt. Diese Stellenkürzung war ein Fehler. Das hat man gemerkt und bessert jetzt Stück für Stück nach. Der Bildungsmonitor hat Hessen besonders aufgrund seiner schlechten Schüler-Lehrer-Relation kritisiert.

Lassen Sie mich die Regierungserklärung der Kultusministerin unter dem Blick der Leitlinien der FDP-Bildungspolitik beleuchten. Auch die Bildungspolitik steht für uns unter der Maxime Freiheit und Verantwortung. Herr Kollege Wagner, von Freiheit verstehen die Liberalen deutlich mehr als die GRÜNEN.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie reden von Wahlfreiheit für die Eltern zwischen den Schulen,sagen aber sehr deutlich,dass Sie die Schulen,die sich auf den neuen Weg machen, belohnen werden. Der Herr Kollege Weinmeister hat eben darauf hingewiesen: Wenn es Schulen gibt, in denen nur 25 Kinder in der Klasse sind, wo die Lehrerausstattung, wo die gesamte Ausstattung besser ist, dann ist es doch kein Wunder, wenn sich die Eltern für diese Schulen entscheiden. Das ist keine Wahlfreiheit. Das ist eine Benachteiligung der anderen Schulformen.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD):Ach Gott!)

Bei wirklicher Wahlfreiheit muss ich den Schulen die gleiche Ausstattung geben. damit die mit den besseren Ideen im Wettbewerb Erfolg haben können.Aber ich kann nicht eine Schule super ausstatten und die andere am Rande stehen lassen. Das ist etwas, was Sie zu Ihrer rot-grünen Regierungszeit ständig gemacht haben: Sie haben vorzeigefähige betreute Grundschulen gehabt, die super ausgestattet waren, und andere haben gar nichts bekommen. Auf diese Art und Weise haben Sie schon damals so getan, als wäre das Freiheit und Wahlfreiheit.

Freiheit und Verantwortung. Schulen brauchen Freiheit, um sich in Eigenverantwortung den ihnen anvertrauten Kindern widmen zu können und jedes einzelne Kind ganz persönlich so zu fördern, dass es innerhalb seiner Talente und Möglichkeiten zu Höchstleistungen kommt. Jetzt sage ich Ihnen ganz klar: Die Höchstleistungen sehen für Kinder aber unterschiedlich aus.Alle Kinder,aus allen Elternhäusern haben ein Recht auf die bestmögliche Förderung. Frau Kollegin Habermann hat von dem Klischee gesprochen, es gäbe praktisch begabte Kinder und theoretisch begabte Kinder. Ich sage Ihnen ganz klar: Seitdem uns die Hirnforschung zeigt, wie sich die Gehirne von Säuglingen verändern, wenn man bestimmte Dinge mit ihnen macht, die sich nicht wieder zurückdrehen lassen, sondern die man nur weiterführen kann,ist ganz klar,dass es ganz unterschiedliche Kinder gibt und dass sie ganz unterschiedlich gefördert werden müssen.

(Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD):Völlig unstreitig!)

Ich sage Ihnen das einmal aus eigener persönlicher Erfahrung. Ich bin jetzt zweifache Oma.Wenn ich sehe, dass meine 20 Monate alte Enkelin zu Hause mindestens 10 bis 15 Bilderbücher hat, die sie liest, sämtliche Tiere benennen kann, weiß, wie sich sämtliche Tiere äußern, mittlerweile drei Wortsätze bildet, dann ist sie gehirnmäßig in ihrer ganzen Einstellung auf einer ganz anderen Stufe als Kinder – das ist das Erschreckendste, was ich höre –, die im ersten Lebensjahr eine halbe bis eine Stunde täglich vor dem Fernseher sitzen. Das ist ein Missbrauch an diesen Kindern. Man muss an die Eltern appellieren, dass sie sich sehr viel mehr darum kümmern müssen.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Aber ich kann doch nicht die Kinder bestrafen,die mit anderen Eigenschaften in die Schule gehen. Eine individuelle Förderung muss auch in einer staatlichen Schule alle Kinder fördern und darf nicht die starken Kinder zugunsten der schwachen Kinder bremsen.

(Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Norbert Schmitt (SPD): Auch unstreitig! – Heike Habermann (SPD):Wo ist die Differenz?)

Individuelle Förderung bedeutet die Förderung der Leistungsschwachen genauso wie die Förderung der Leistungsstarken. Sonst ist die Förderung ungerecht. Man muss auch ganz klar sagen: Kinder brauchen unterschiedlich lange Zeit, um bestimmte Bildungsziele zu erreichen.

(Heike Habermann (SPD): Auch das ist unstreitig! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Manche können das eben schneller und manche brauchen dafür länger, manche brauchen einen projektorientierten Unterricht, mache können ihn theorielastiger haben. Ich kann doch nicht all diese Kinder in eine Schule tun, der Schule nicht einmal Ziele vorgeben, die Bildungsgänge aufheben und sagen: Die lernen von der 1. bis zur 10. Klasse zusammen. – Was dann ist und was sie bis dahin gelernt haben sollen, das sagen wir ihnen nicht.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD):Von der 1. bis zur 4. Klasse lernen sie jetzt auch zusammen! – Norbert Schmitt (SPD):Am besten, Sie fangen mit der Sortierung schon im Mutterleib an! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Wagner, das ist nicht abgeräumt. Sie müssen genauer lesen, was in den Wahlprogrammen steht. – Ich möchte daran erinnern, dass Begriffe wie Elite und Hochbegabung vor 1999 in diesem Lande verpönt waren und überhaupt nicht vorkamen.

(Dr. Norbert Herr (CDU): Sehr richtig!)

Wenn Sie fordern, dass die Internatsschule Schloss Hansenberg wieder abgeschafft wird, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sie haben noch nichts begriffen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): So ein Quatsch! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das fordern wir gar nicht! – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Die SPD will das doch!)

Sie sitzen so nah zusammen. Ich habe die SPD gemeint.

(Beifall bei der FDP – Heike Habermann (SPD): Nein, auch das ist falsch!)

Ich wende mich daher jetzt ganz gezielt an die SPD: Liebe Abgeordnete der SPD, Sie haben sich noch nie mit Schülerinnen und Schülern unterhalten, die in Hansenberg zur Schule gehen dürfen,

(Norbert Schmitt (SPD): Schlicht falsch!)

die in Hochbegabtenkursen sitzen, die von der Schule aus an der Universität Vorlesungen mitmachen dürfen. Diese Kinder sagen, endlich bekommen sie das Futter, das sie brauchen. Endlich werden sie so gefördert, wie es ihnen liegt, und endlich fühlen sie sich wohl.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Wir haben sogar Jusos dort!)

Wir Liberale sind überzeugt, dass die Schulen in Hessen und ihre Lehrerinnen und Lehrer sich der Verantwortung

für die Bildung und Erziehung der ihnen anvertrauten Kinder sehr wohl bewusst sind und dass sie diese Verantwortung nach bestem Wissen und Gewissen wahrnehmen. Daher sind wir allerdings auch der Meinung, dass Schulleiter durchaus in der Lage sind, ein Girokonto eigenverantwortlich zu führen. Das wird ihnen in Hessen aber leider immer noch gesetzlich verboten.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Tja!)

Jetzt kommen wir zur Regierungserklärung zurück.Ich zitiere: