Ich bin der Meinung, dass es, wenn wir jemals auch als Kulturnation, also mental, wieder zusammenwachsen wollen, als Symbol dafür eine solche große Einrichtung
geben muss, an der sich die 16 Länder und der Bund beteiligen. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Landesregierung alles daransetzte, den bürokratischen Unfug, der jetzt vorgesehen ist, zurückzuschneiden und dafür zu sorgen, dass wir eine schlagkräftige deutsche Kulturstiftung des Bundes und der Länder erhalten. – Vielen Dank.
Vielen Dank Frau Kollegin Wagner. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Dr. Rolf Müller, CDU-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um bei dem Thema Kultur ein bisschen bei der Romantik zu bleiben:Je länger man sich mit der Entwicklung einer deutschen Bundeskulturstiftung beschäftigt, umso mehr kommt man sich so vor wie ein Mann, der vor dem ersten Rendezvous steht und sich fragt: Kommt sie, kommt sie nicht? Wenn sie kommt, wie sieht sie aus?
Das sind die Gedanken, die wir – Frau Sorge, wahrscheinlich waren Sie da noch nicht geboren – seit 30 Jahren haben.
Denn die Idee einer großen Bundeskulturstiftung geistert immerhin seit 1973 durch die kulturpolitische Diskussion der Bundesrepublik. Es ist darüber diskutiert worden, sehr viel mehr ist sie auch zerredet worden. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist diese Vision eine schöne Vision geblieben. Hier teile ich nicht so ganz Ihre Schuldzuweisung an eine Stelle.
Wir haben seit 1988 – ich halte das für einen wichtigen Schritt – auf dem Weg zu einer identitätsstiftenden Stiftung in Deutschland die Kulturstiftung der Länder mit ihren unbestreitbaren Verdiensten.Ich teile nicht nur in diesem Punkt die Auffassung von Kollegin Wagner, dass eigentlich der aus dem Hut gezauberte Entwurf einer Bundesstiftung im Jahre 2002 eher dazu geeignet war, eine große Chance auf dem Weg zu dieser Identität zu vertun. Denn wir hatten im Jahre 1991 eine völlig neue Aufgabenstellung. Das muss man sehen. In die Kulturstiftung der Länder konnte das gesamte Erbe der neuen Bundesländer aufgenommen werden. Ich glaube, das wäre eine Situation gewesen, über eine große Bundeskulturstiftung nachzudenken.
Viele Leute, die sich mit Kultur beschäftigen, denken, das sei etwas ganz Hehres, fernab von den kleinkarierten politischen Scharmützeln. Wenn man überlegt, welche drei Fragen bis fast zum Ende eine Rolle gespielt haben, dann habe ich ein bisschen meine Zweifel, ob hier die Kultur über allen kleinkarierten Denkansätzen stand.
Zunächst einmal stritt man sich über den Namen der Stiftung. Das halte ich für typisch deutsch. Zweitens stritt man sich darüber, wo der Sitz dieser Stiftung sein solle: Berlin oder Halle. Das ist auch typisch deutsch. Der dritte Ansatz:Wie ist das Stimmenquorum in einer zu bildenden neuen Stiftung? Das ist nicht nur typisch deutsch, sondern das hat etwas mit einem anderen Grund zu tun, der weit
neben der Frage, ob die bayerische Landesregierung aus welchen Gründen auch immer die Bremse gezogen hat, der Kern des Problems ist.
Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass wir darüber diskutieren sollten, in welchem Verhältnis Kulturförderung und Kulturhoheit zwischen den Ländern und dem Bund zukünftig noch organisiert wird. Das ist eine Frage, die weit über parteipolitische Auseinandersetzungen oder über besondere Interessen der einen oder anderen Landesregierung hinausgeht. Da wir auch ein bisschen politisch diskutieren, will ich sagen: Wenn hier schon Herr Stoiber genannt wird, dann gilt, wenn es um Schuldfragen geht, zumindest im gleichen Maße, dass sich auch die Kulturstaatsministerin Weiss in dieser Frage nicht mit großem Ruhm bekleckert hat. Das ist übrigens keine Aussage, die von mir stammt, sondern die vom Deutschen Kulturrat so formuliert worden ist.
Diejenigen, die das Thema verfolgt haben – das werden so viele nicht sein –, hatten den Eindruck, dass sich Frau Weiss in der Euphorie ihres nahen Erfolges sehr sicher gefühlt hat. Sie hat möglicherweise die aus allen Richtungen zu ihr kommenden Signale der Kritik – Frau Kollegin Wagner hat in ihrer tiefen Sachkunde eben einige genannt –, die z. B. in der Überbürokratisierung dieses Konstrukts liegen, überhört. Wenn man sich seines Sieges so sicher ist, muss man sich am Ende nicht wundern, dass vielleicht das ein oder andere noch dazwischenkommt. In dieser Situation sind wir jetzt.
Ich will ein Zweites sagen. Das Dreisäulenmodell ist schön und gut. Als Landespolitiker sollten wir aber ein wenig darauf achten, dass am Ende die Verteilung in dieser Bundeskulturstiftung nicht nach dem Motto geht: „Die Mona Lisa kauft der Bund, und die Sammlung an Hessentagspüppchen finanziert das Land.“
Als Abgeordneter des Hessischen Landtags wäre ich nicht unbedingt bereit, diese Aufgabenverteilung vorzunehmen.
Deswegen sage ich völlig unaufgeregt: Die Fusion ist gescheitert. Das ist ungeheuer ärgerlich. Daran besteht kein Zweifel. Vielleicht liegt in diesem Scheitern aber die Chance, dass man über die intensiv diskutierten Zusammenhänge auch im Zusammenhang mit der, wie ich finde, schon überwunden geglaubten Entflechtungsdebatte noch einmal neu diskutiert und dies zu einer besseren Lösung führen kann.
Deswegen sage ich für die CDU-Fraktion: Ich bedanke mich. Wir werden es nach Berlin weitergeben, dass Sie, Frau Wagner, den CDU-Antrag so gelobt haben.
Auch die CDU im Hessischen Landtag will die Fusion der beiden Stiftungen.Ich füge aber hinzu:Uns wäre es zu wenig,wenn die Fusion der beiden Stiftungen am Ende quasi eine mathematisch ungleiche Addition von bestehenden Stiftungen wäre, sondern wir meinen schon, dass eine neue Stiftung mehr sein muss als ein einfaches Dach über schon bestehende Einrichtungen.Wir brauchen ein klares Aufgabenprofil.Wir brauchen klare Verantwortlichkeiten und Transparenz in den Förderrichtlinien. Ich glaube, bei diesem Punkt – das ist schön in diesem Hessischen Landtag in spannenden, stürmischen Zeiten – besteht zwar
Ich freue mich auf die Diskussion, die wir im Ausschuss führen werden. Dort werden wir diesen genialen Antrag der CDU-Bundestagsfraktion in Teilen einbringen. Dann wird eine große Übereinstimmung herrschen. Jeder weiß: Bei Kultur gibt es kein Löschpapier, das zwischen die Fraktionen in diesem Landtag geht. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Müller. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Holzapfel, SPD-Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sie eine Einladung zu bestimmten Veranstaltungen bekommen haben, sind Sie gelegentlich über eine Formel gestoßen, die den gesamten institutionalisierten Irrsinn des Kulturföderalismus im Verhältnis zum Bund ganz gut dokumentiert. Es steht dort manchmal der Satz: „Gefördert durch die Kulturstiftung der Länder aus Mitteln des Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien“. Sie ahnen, wie lange man daran gearbeitet hat, um diesen Satz zustande zu bringen.
Sie ahnen, was dahinter steckt. Die Kulturstiftung der Länder ist bereits heute zur Hälfte vom Bund finanziert, obwohl sie „Kulturstiftung der Länder“ heißt. Damit sind wir beim Thema. Eine Institution kann vor allem dadurch ruiniert werden, dass sie sich lächerlich macht. Der Kulturföderalismus ist im Augenblick dabei, sich in Deutschland lächerlich zu machen. Ich sage das nicht triumphierend, sondern bedauernd. Denn er hält eine Position aufrecht, die nicht glaubwürdig ist.
Es ist nicht nur so, dass die Länder dankbar waren, dass sich der Bund mit immerhin der Hälfte, 8 Millionen, an der Kulturstiftung der Länder beteiligt hat. Es ist auch noch nie bekannt geworden, dass irgendwann jemals ein bayerischer Ministerpräsident verfassungsrechtliche Einwände gehabt hätte, das Geld für die Bamberger Symphoniker entgegenzunehmen, von denen schon die Rede war. Es sind immerhin 15 Millionen, die nach Bayern fließen, nicht nur für die berühmten Leuchttürme, sondern auch für so wichtige Einrichtungen wie der Adalbert Stifter Verein in München. Dieses Geld ist wie auch immer in den Topf gekommen und wird in Bayern dankbar entgegengenommen. Das will ich nicht beanstanden. Man kann über die einzelnen Gewichtungen reden. Man kann z. B. darüber reden, wie es den Bambergern Symphonikern gelingt, obwohl es keine institutionelle Förderung gibt, Jahr für Jahr denselben Etattitel aus dem Topf für Projektförderung zu kriegen. Das ist Sache einer politischen Diskussion. Man macht sich aber nicht sehr glaubwürdig, wenn man den Kulturföderalismus des Landes hochhält und auf der anderen Seite da, wo man Geld kriegt, einfach nur die Hand aufhält. Das ist das Grundproblem der bayerischen Politik, übrigens nicht nur dort.
Deswegen muss man zunächst einmal offen hierüber reden. Deswegen teile ich auch nicht die Einschätzung von Frau Wagner – sosehr ich ihr ansonsten in allem zu
stimme –, dass es ein Fehler war, dass der Bund mit einer eigenen Stiftung angefangen hat. Es war kein Fehler, es war notwendig. Hätte er das nicht gemacht, hätte er nicht mit diesem Akzent begonnen, wären nicht nur im letzten Jahr Millionenbeträge nicht ausgegeben worden, hätten sie für Kultur nicht zur Verfügung gestanden, sondern wir hätten auch nicht den Entscheidungsdruck, unter dem wir heute stehen: Wollen wir ernsthaft zusehen, dass eine der größten Kulturstiftungen des Kontinents daran scheitert, dass ein Bundesland ein Vetorecht für die Vergabe der Mittel beantragt?
Dies ist eine Position, die übrigens Bayern bei keinem anderen Land akzeptieren würde. Man muss sich das einmal vorstellen: Bayern würde akzeptieren, dass Hessen, Bremen oder welches Land auch immer das Recht zuerkannt bekäme, gegen die Förderung der Bayreuther Festspiele ein Veto einzulegen. Ich will hinzufügen: Mit gutem Grund würden sie das nicht akzeptieren.
Ich denke,wir sollten daher auf den Kern zurückkommen. Es gibt eine Verantwortung des Gesamtstaates für die Kultur. Hierin stimme ich Frau Wagner wiederum ausdrücklich zu. Ich habe das in einer früheren Debatte auch schon einmal gesagt. Ein Nationalstaat, der sich nicht dazu bekennt, dass es eine Verantwortung des gesamten Staates für die Kultur gibt, macht sich lächerlich. Das hat mit Zentralismus nichts zu tun. Das kann man auch an Symbolen festmachen, wie Sie es mit dem Beispiel der Museumsinsel gemacht haben. Man kann es an den großen überörtlichen Veranstaltungen festmachen, für die wir Hessen selbstverständlich auch immer Geld des Bundes entgegennehmen. Das gilt auch für die documenta. Die Bad Hersfelder Festspiele wurden von der Bundesregierung einmal ein bisschen beleidigt.Geld bekommen sie dennoch.
Das kann man also an verschiedenen Dingen festmachen. Es ist aber vollkommen selbstverständlich, dass der Gesamtstaat in einem erheblichen Umfang Verantwortung hat. Der Bund bringt dies durch die Bereitstellung eines Betrages zum Ausdruck. Es sind insgesamt über 30 Millionen DM, die er in diese Stiftungen hineingegeben hat. Das ist sinnvoll und richtig. Ich verstehe sehr gut, dass an den Verfahren, die für die Stiftungen ausgehandelt wurden, Kritik geübt wird. Ich unterstreiche diese Kritik auch sehr.Ich sage aber nicht,dass man dem Bund daraus einen Vorwurf machen kann. Da hat, glaube ich, der Vorgänger von Frau Weiss mit dem, was er in seinem Artikel in der „Zeit“ schrieb, eher Recht. Frau Weiss hat sich in den Verhandlungen mit den Ländern im Hinblick auf die Entscheidungsfindung auf Kompromisse eingelassen, die im Grund genommen bereits unverantwortlich sind. Ich finde es aber nicht in Ordnung, sie dafür zu prügeln. Sie war bereit, durch dieses Geflecht der Bürokratien einen Weg zu finden und zu einer Lösung zu kommen. In einem Interview hat sie einmal gesagt: Es waren Verhandlungen verfeindeter Bürokratien.
Das war wohl so. Dementsprechend sind diese Verfahren gefunden worden. Ich stimme Ihnen in dieser Beurteilung völlig zu. Ich glaube aber, Frau Weiss ist nicht der richtige Adressat für diese Kritik. Sie hat versucht, das irgendwie in diesem Geflecht zu handeln. Sie hat dann Regelungen gefunden, die in der Tat sehr bürokratisch sind. In dieser
Bewertung stimmen wir dann wieder überein. Es gibt da verschiedene Säulen und verschiedene Kompetenzen innerhalb dieser Säulen. Es gibt ein kompliziertes System von Veto- und Vorschlagsrechten. Da gibt es unterschiedliche Quoten, die man braucht, um einen Vorschlag machen zu können, ihn ablehnen zu können usw. Man sieht, darüber haben ganze Generationen von Beamten intensiv nachgedacht.
Erstens. Es stellt keinen Angriff auf den Föderalismus hinsichtlich der Kultur dar, wenn der Bund seine gesamtstaatliche Verantwortung für die Kultur in Deutschland wahrnimmt. Der Bund tut damit vielmehr etwas Selbstverständliches. Ich fände es vielmehr makaber, wenn er es nicht tun würde.
Das Zweite.Wenn wir das anerkennen, dann darf sich die Diskussion über die Kompetenzen nicht an Kleinigkeiten festmachen. Sie darf nicht an diesen abenteuerlichen Listen festgemacht werden, die ich mir jetzt einmal angeguckt habe. Da hat sich jemand einmal Kriterien ausgedacht, die begründen sollen, weshalb der Adalbert Stifter Verein in München Geld erhält und die anderen Stiftungen nicht.Wenn der Minister etwas entschieden hat, dann haben die Verwaltungen hinterher das Problem, dass sie dafür eine Begründung finden müssen. Das bekommen die auch immer hin.
Dadurch entstehen natürlich abenteuerliche Listen von Kriterien. Es geht aber nicht um die Frage, ob man das anhand formaler Kriterien entflechten kann. Das wird bei Kultur nicht gehen; da geht es um Wertungen. Vielmehr kann dies doch nur bedeuten, dass wir versuchen, für die gemeinsame Stiftung der Bundesrepublik Deutschland einzutreten. Die würde ich „Deutsche Kulturstiftung“ nennen und nicht schon wieder „Deutsche Kulturstiftung des Bundes und der Länder“, weil alle im Titel der Stiftung vertreten sein wollen. Wir sollten den Mut haben, eine gemeinsame Stiftung beider Verfassungsebenen dieses Landes gemeinsam entsprechend dem zu benennen, was sie ist, nämlich eine deutsche Kulturstiftung. Sie ist dies, nicht mehr und nicht weniger. Wenn wir das erreichen würden, wäre das schon eine ganze Menge.
Diese Stiftung sollte so konstruiert werden, dass sie vom politischen Proporz möglichst freigehalten wird. Ich bitte da um Nachsicht. Frau Wagner, ich bin mit dem Vorschlag, da Abgeordnete hineinzusetzen, nicht so glücklich wie Sie, obwohl ich inzwischen selbst einer bin. Ich glaube nicht, dass Abgeordnete unbedingt mehr als andere vor dem Mechanismus gefeit sind, den Sie vermeiden wollen.
Ich habe da eine andere Einschätzung. Das ist kein Vorwurf gegenüber Abgeordneten. Aber auch sie haben regionale und sonstige Verpflichtungen. Es ist natürlich nur eine Vermutung, dass ein mit Abgeordneten besetztes