gegriffen hat, wofür ich mich ausdrücklich bedanke – ich bedanke mich auch bei dem Kollegen Beuth für das, was er hier vorgetragen hat –, greift genau diesen Gedanken auf.Wir haben also das gemacht, was wir vorher angekündigt haben.
Ich möchte die Geschichtsklitterung, die hier betrieben worden ist, ein bisschen zurechtrücken. Ich beginne mit den Ausführungen von Herrn von Hunnius.Lassen wir die französischen Abgänge jetzt einmal weg. Sie haben völlig zu Recht erklärt, dass wir zwei Dinge in ein vernünftiges Verhältnis zueinander bringen müssen: Zum einen wollen wir die Bediensteten des Landes Hessen, soweit sie Tarifbeschäftigte sind, in angemessener Weise an der Einkommensentwicklung der Gesamtbevölkerung beteiligen. Das hat niemand bestritten.
Sie haben aber auch darauf hingewiesen, dass das sorgfältig umgesetzt werden muss und dass wir kein Füllhorn ausschütten können. Genau das ist die Ausgangslage.
Ich frage Sie: Wie sollen wir das machen? Das Primat lag immer bei den Tarifverhandlungen. Ich möchte deutlich zu Protokoll geben, dass wir bis Ende August sehr gute und konstruktive Tarifverhandlungen geführt haben. Mit dem, was Sie hier erzählt haben, wollen Sie wohl eine Illusion erzeugen.
Sie wissen es doch auch alle viel besser. Sie konnten es auch in der Zeitung lesen. Es hat doch seinen Grund, warum der Hauptverhandlungsführer ver.di gesagt hat: Wir haben die Gespräche unterbrochen
Warum ist es denn nicht zu einem Abschluss gekommen? Vergessen Sie einmal die gewaltigen schauspielerischen Tricks – seit der Weimarer Republik habe es das noch nie gegeben.
Stimmt.Aber seit der Weimarer Republik hat es auch etwas anderes nicht gegeben, und das haben Sie alle hier unterschlagen:Eine Gewerkschaft,die sich nicht bewegen kann, ist handlungsunfähig. Das war der entscheidende Punkt, weswegen wir nicht weitergekommen sind.
Meine Damen und Herren, nicht wir, sondern ver.di und die Tarifunion haben eine Meistbegünstigungsklausel abgeschlossen. Das heißt ganz klar, sie haben mit dem Bund und den kommunalen Arbeitgebern vereinbart, dass sie an keiner anderen Stelle in einem Tarifvertrag eine Änderung vornehmen können, die den Tarifpartner – also beispielsweise das Land Hessen – besserstellen würde. Das ist der entscheidende Punkt.
Das führt z. B. dazu, dass die kommunalen Arbeitgeber ver.di verklagt haben. Diese Klage gibt es schon. Dahinter stehen 3,2 Millionen Arbeitnehmer.
Deshalb habe ich dem Bundesvorstand von ver.di gesagt: Ich verstehe euch. – Wer sich ein bisschen mit der Sache auskennt und nicht nur allgemeine Sprechblasen von sich gibt, der muss einfach wissen – –
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Nicht so bescheiden! – Zuruf des Abg.Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Gut, dann machen wir es anders. Herr Kollege Frömmrich, Verzeihung, ich habe Sie doch gar nicht erwähnt. Wenn Sie sich sofort getroffen fühlen, ist das nicht mein Problem.
Bleiben wir aber ruhig.Ich will folgenden Sachverhalt einfach darstellen.Ich habe die Gespräche alle selbst geführt. Es ist unbestritten einhellige Meinung der gesamten Bundesspitze von ver.di, dass sie das Risiko nicht eingehen können, mit einem Tarifpartner andere Verträge abzuschließen, die unter Umständen die Meistbegünstigungsklausel auslösen. Diese Meistbegünstigungsklausel gilt bis Ende dieses Jahres. Es ist arbeitsrechtlich und tarifvertragsrechtlich nicht zulässig – auch das haben wir diskutiert –, jetzt einen Vertrag mit Wirkung für die Zukunft abzuschließen. Herr Kollege von Hunnius, das wäre nämlich der klassische Fall einer Umgehung eines Arbeits- oder Tarifvertragswerkes. Sonst hätten wir jetzt im August einen Vertrag für die Zukunft schließen können. Das ist nicht möglich. Sie können gerne auf allen Seiten nachfragen, dazu gibt es meterweise Ausarbeitungen.
Dann kommen Sie zu folgendem entscheidenden Problem. Sie haben entweder die Möglichkeit, den Tarifvertrag der Länder zu übernehmen, oder Sie können ihn nicht übernehmen. Wir haben immer die These vertreten – und da müsste die FDP zustimmen –,diesen Tarifvertrag der Länder halten wir für nicht zustimmungsfähig.
Dann hätten Sie – deswegen habe ich mit dem Herrn Kollegen von Hunnius angefangen –, wenn Sie den Tarifvertrag der Länder übernehmen wollten, einen wesentlich höheren finanziellen Aufwand. Das haben wir für nicht vertretbar gehalten. Aus diesem Grund haben wir immer gesagt, und zwar konsequent:Wir übernehmen diesen Tarifvertrag nicht.
Noch eine Bemerkung, und zwar zum Thema Tariffreiheit und zum Rechtlichen. Meine Damen und Herren, die Zeit ist sehr fortgeschritten, ich versuche es in Kürze.
Herr Al-Wazir, Ihre Rechtskenntnisse sind immer wieder beeindruckend, das muss man Ihnen jederzeit nachsehen.
Ihre Sachkenntnis ist so profund, dass ich von Ihnen dazu noch nie etwas gehört habe. Das muss aber auch nicht sein.
Aber wenn Sie schon kommen, dann frage ich Sie einmal eines, und das gilt auch für die SPD, nämlich zu Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes: Wie bewerten Sie eigentlich Folgendes? Es gibt Vertragspartner, die einen Vertrag schließen mit Wirkungen für und gegen Dritte, die an diesen Verträgen überhaupt nicht beteiligt sind. Der Bund und die Vertreter der Kommunen schließen mit ver.di einen Vertrag, und man verspricht sich fest in die Hand: Das kann nicht zum Nachteil von uns geändert werden. – Daran waren wir nie beteiligt.
(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich! Es gibt Tarifvertragsparteien, die natürlich Verträge für Dritte schließen! Das ist doch völlig klar!)
Herr Schmitt, ich versuche es jetzt noch einmal in aller Kürze. Wir waren zu keiner Zeit Tarifvertragspartei. Andere haben einen Vertrag geschlossen, in dem sie sich versprochen haben, daran darf nichts zum Nachteil der vertragsschließenden Parteien geändert werden.
Jetzt kommt einer dieser Partner, will mit uns verhandeln und sagt: Pass einmal auf, wir können über das Ganze nicht mehr verhandeln, was den Kern der Sache betrifft, denn sonst haben wir ein Problem mit den anderen. Dann geht es genau andersherum: Was bleibt dann von der Tarifvertragsfreiheit für uns eigentlich noch übrig?
Übrigens ist das bei ver.di unbestritten. Das wissen die alles, und das bestreitet dort auch niemand. Gehen Sie hin, und informieren Sie sich.
Deshalb haben wir die Verhandlung unterbrochen und gesagt,wir machen im Januar weiter.Das können Sie auch nachlesen. Das steht in der „FAZ“ und in vielen anderen Zeitungen.
Deshalb bleibe ich dabei: Ich kann nicht erkennen, dass hier die Vereinigungsfreiheit, die Tariffreiheit oder irgendein anderer Belang, der unter Art. 9 des Grundgesetzes fällt, tatsächlich tangiert ist.Wir sind mit ver.di völlig einig. Der Kollege Beuth hat es vorgelesen. Der Tarifkoordinator hat uns öffentlich bestätigt, von Rechts wegen kann hier kein Mensch eine Kritik üben; politisch selbstverständlich – das muss man immer akzeptieren –, aber von Rechts wegen nicht, darauf lege ich Wert.
Nehmen Sie bitte auch den Punkt der Meistbegünstigungsklausel auf. Das hat eine große Bedeutung, auch wenn Sie vielleicht diese Bedeutung jetzt hier nicht erkennen oder nicht erkennen wollen.
Es ist vorgetragen worden, das sei ein Eingriff in privatrechtliche Arbeitsverträge.Völlig falsch.Kein einziger Arbeitsvertrag wird verschlechtert. Es handelt sich um eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers, freiwillig.
Diese zusätzliche freiwillige Arbeitgeberleistung bedarf aufgrund des Haushaltsrechts eines Gesetzes
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Genau so ist es! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Falsch!)
Das Dritte ist die Behauptung – nur damit man es nachlesen kann, denn auch das ist behauptet worden –, es hätte eine Einigungsmöglichkeit auf der Basis von Tarifverträgen für die Einmalzahlung geben können. Das stimmt nicht.
Der Konfliktpunkt, der nicht zu lösen war, war folgender. Wir hätten mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag über Einmalzahlungen an einer Stelle machen können; aber wir sind nicht einig geworden, dass wir denjenigen, die 42 Wochenstunden arbeiten, gegenüber denjenigen, die 38,5 Wochenstunden arbeiten, eine höhere Einmalzahlung gewähren. Das halte ich auch für richtig.