Meine Damen und Herren, ich will – auch in Richtung der Fraktion der FDP,die diese Pressekonferenz gemacht und die Frage gestellt hat, wie Dopingmittel in Umlauf gebracht bzw. verkauft werden – noch einen Punkt anführen, und zwar das Beispiel der Apotheken. Ich glaube, es ist ein Skandal, dass wir unsere Schweineställe heute besser kontrollieren als die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten seitens der Apotheken.
Jeder Landwirt muss heute haarklein nachweisen, welche Medikamente er in seinem Stall einsetzt und welche er von wem bezogen hat. Da kann es nicht sein, dass in dieser Größenordnung seitens der Apotheken Epo in Umlauf gebracht wird – dies ist bereits von den Kollegen dargestellt worden –, ohne dass nachvollzogen werden kann, wo diese Präparate gelandet sind. Da brauchen wir stärkere Kontrollen, und da glaube ich, dass wir auch so etwas einführen müssen wie eine Nachweispflicht für verschreibungspflichtige Medikamente.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die Strafverfolgung. Zuvor war ich auf den Straftatbestand eingegangen. Ich glaube, dass wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften brauchen, die sich dieses Bereichs annehmen. Ich glaube, dass man in diesem Zusammenhang – genauso, wie wir dies bei der Wirtschaftskriminalität haben – Staatsanwaltschaften braucht, die sich ganz gezielt mit diesem Themenkomplex beschäftigen. Das können nicht alle, dafür braucht man ganz gewisse Grund- und Sachkenntnisse, sodass ich daher meine, dass wir hier mit Schwerpunktstaatsanwaltschaften auf dem richtigen Wege sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend glaube ich, dass es eine gute Initiative war, sich im Hessischen Landtag mit diesem Thema zu beschäftigen. Ich glaube auch, dass wir damit deutlich machen, dass wir alle gemeinsam gegen Doping vorgehen und dass wir in dieser Frage den Innen- bzw. Sportminister sowie diejenigen unterstützen werden, die in diesem Bereich tätig sind, wie z. B. den Präsidenten des Landessportbundes. Ich glaube,dass wir mit dieser Debatte im Landtag auch deutlich machen, dass wir hinter ihm stehen und hier gemeinsam vorgehen werden.
Wir müssen aber auch im Blick haben – das sage ich noch einmal zusammenfassend –, dass wir in Bezug auf den Straftatbestand sowie die Schwerpunktstaatsanwaltschaften etwas tun müssen. Wir müssen auch klarstellen, dass wir dahin gehend mehr Kontrollen brauchen, was die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten angeht.Das sind die Ziele,die wir in diesem Zusammenhang formulieren sollten. Hierüber werden wir im Innenausschuss noch eine Fachdebatte führen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Frömmrich. – Für die Landesregierung möchte Herr Staatsminister Bouffier das Wort ergreifen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich freue mich zunächst einmal über diese große Einigkeit in unserem Hause. Es ist in der Tat so, dass Doping ein Betrug am fairen Sport ist.Er gefährdet – auch das will ich ganz deutlich sagen – das hohe Ansehen des Sports in unserer Gesellschaft und seine Vorbildwirkung.
Herr Kollege Rentsch, es ist richtig, dass Doping auch die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler gefährdet. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit auch daran, was wir mit der DDR – nicht nur,dennoch beispielhaft – erlebt haben: dass Sportlerinnen und Sportler ihr ganzes Leben lang unter schlimmen Beeinträchtigungen und Krankheiten zu leiden haben. Darin sind wir uns einig.
Als ich das Ganze gelesen habe, habe ich mich aber gefragt: Was beantragt die antragstellende Fraktion nun eigentlich? – Dennoch bin ich dafür ganz dankbar, weil wir dieses Thema nun hier behandeln können und Gelegenheit dazu haben, ein paar Punkte vorzustellen und zu sagen, was wir schon alles machen.
Zunächst ist der Kampf gegen Doping – das will ich sehr deutlich sagen – eine Sache des Sports.Der Sport selbst ist gefordert, und er fängt nicht erst heute mit diesen Dingen an. Der Sport ist eine ganz breite Bewegung. Der Sport ist eben nicht nur eines, sondern wenn wir vom Sport reden, dann reden wir über verschiedene Sportarten und den klassischen Sportverein; und es gibt die Landessportbünde, den Bundessport sowie den Deutschen Olympischen Sportbund, wie dieser nun heißt.
Ich darf Ihnen versichern, dass diese Thematik schon seit Jahren Gegenstand intensiver Bemühungen ist. Deshalb ist es mir wichtig, einmal darauf hinzuweisen, dass die Frage,wie man Doping besser bekämpfen kann,innerhalb des Sports nicht erst Gegenstand der Diskussion ist, seit dies in den letzten Wochen und Monaten medial im Vordergrund steht, sondern dies vollzieht sich schon sehr lange.
Die zweite Frage lautet: Ist das ausreichend? – Da kann man seine Zweifel haben. Ich will das einmal so formulieren: Ich habe ganz nachhaltig unterstützt und als beispielhaft empfunden, was z. B. ein privater Sportveranstalter am vergangenen Wochenende in Frankfurt am Main sowie in der Umgebung, also hier in Hessen, in Verbindung mit dem Ironman gemacht hat.
Der Veranstalter – er ist ein Privater, aber das ist nun mal auch großer Sport – hat wirklich ein Zeichen gesetzt, aufgrund dessen er mit einem Sportler unseres Landes, der ein sehr erfolgreicher Radsportler ist, einen heftigen Disput geführt hat. Der Veranstalter hat nämlich darauf bestanden, dass alle Teilnehmer wirksame selbstverpflichtende Erklärungen abgeben müssen und dass natürlich auch intensiv kontrolliert wird. Das ist für mich ein Beispiel dafür, wie wir von der allgemeinen Betroffenheitsrhetorik wirklich dazu kommen können, dass sich etwas verändert.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir spüren doch, dass diese Debatte eine gewisse Hilflosigkeit auszeichnet. Sie wirbt appellhaft dafür, dass bessere Verhältnisse eintreten mögen. Dagegen hat niemand etwas; doch müssen wir schauen, wo wir ganz konkret etwas machen können,und da ist dies ein Beispiel dafür. Das hat es früher so nicht gegeben, und ich weiß vom Veranstalter, dass er gewaltig unter Druck gestanden hat
Deshalb ist dies zu loben,und zwar von allen Seiten.Wenn ich davon spreche,dass es zunächst Aufgabe des Sports ist, dann ist es auch die Aufgabe des Sports, die Intensität der Kontrollen zu verdichten.
Damit bin ich bei einem Thema angelangt, von dem ich glaube, dass es da noch Handlungsbedarf gibt – und zwar im Sport. Ich will aber ausdrücklich sagen – auch als Antwort darauf, was von Herrn Kollegen Frömmrich hier am Schluss noch einmal sehr pointiert vorgetragen wurde –: Die wirksamste Maßnahme ist nicht ein symbolhaftes Dopingbetrugsgesetz.
Das Wirksamste ist zunächst einmal die sportliche Reaktion selbst sowie die der Sportgerichtsbarkeit, wie intensive Kontrollen, sofortiger Ausschluss vom Wettbewerb sowie der Verlust von Sponsoren und Werbeverträgen. Das hat eine wesentlich höhere und unmittelbarere Wirkung als noch so intensive juristische Bemühungen, die nach Jahren zu irgendeinem Ergebnis kommen oder aber auch nicht. Deshalb will ich hier ganz deutlich sagen: Der Staat hat auch seine Aufgaben, aber in erster Linie liegen diese beim Sport selbst.
Nun zur dritten Bemerkung.Wenn ich von Kontrolldichte spreche, dann müssen wir natürlich auch wissen – das zeigt, dass diese Debatte an vielen Stellen hilflos geführt wird –, dass wir in der Regel eine internationale Sportwelt haben.Wir mögen das zwar beklagen, doch diese Debatte, die wir über das Doping führen, ist eine sehr isolierte.
Wenn Sie sich internationale Zeitungen bzw. deren Reaktionen ansehen, dann werden Sie feststellen: Es tut sich nahezu gar nichts!
Das macht die Sache schwierig, und das macht sie deshalb schwierig, weil der nächste Schritt auf der Ebene des Sports getan werden muss.Wir müssen die Welt- sowie die Sportfachverbände dazu bekommen, hier intensiv mitzuziehen. Die Wirklichkeit sieht so aus, dass nach wie vor viele Länder ihre Leistungskraft als Land über den Sport darstellen wollen. Herr Kollege Klee hat eine Bemerkung dazu gemacht, was uns im nächsten Jahr eventuell in China erwarten wird.
Das ist nicht neu. Ich kann mich kaum an Olympische Spiele erinnern, die nicht mit Dopingskandalen belastet waren. Das letzte Mal war das in Athen bei zwei Leichtathleten; und ich erinnere an das, was in Moskau gelaufen ist, bis hin zum Zweiten Weltkrieg. Da der Sport so faszinierend ist, begeistert er uns alle gemeinsam immer wieder, aber deshalb ist natürlich auch die Gefahr, dass er für andere Zwecke – wie kriminelle, Geld oder Staatsdarstellungen – missbraucht wird, so groß.
Deshalb warne ich davor, zu glauben, dass wir auf diesem langen Weg, der notwendig ist, wenn das etwas werden soll, schon sehr weit gekommen sind. Ich habe da erhebliche Zweifel. Bei aller Bedeutung der Beschlüsse des Hessischen Landtags müssen wir uns richtig einordnen. Deshalb kein Widerspruch, aber ein kleiner Zwischenruf: Wenn es nicht gelingt, über den IOC und die Weltfachver
bände dieses Thema stärker und intensiver zu beackern, wird das eine Debatte bleiben, die weitgehend hilflosen Appellcharakter hat, soweit es um internationale Veranstaltungen geht.
Vierte Bemerkung. Das Land Hessen hat mit dem Landessportbund – wenn ich das richtig im Kopf habe, als erstes in Deutschland – schon im vergangenen Jahr eine Vereinbarung abgeschlossen, die hier erfreulicherweise mit Beifall aufgenommen wurde.Wir haben uns wechselseitig verpflichtet, nicht nur zu beschreiben, dass wir gegen die Dopingsünder sind, sondern auch einen klaren Regelmechanismus zu entwickeln. Diesen will ich Ihnen aus Zeitgründen nur beispielhaft darstellen, damit Sie sehen, dass wir da nicht bei null anfangen.
In Hessen gilt: Es gibt keine öffentliche Förderung für Vereine oder Sportler, die gegen die Dopingvorschriften verstoßen haben. Deshalb brauchen wir kein Gesetz und keine Aufforderung. Das gilt bereits, und das wird auch gemacht. Wir kontrollieren die Sportler, die in unserer Verantwortung sind, intensivst, insbesondere die Kaderleute. Wir haben bisher nicht in einem einzigen Fall – ich hoffe, es bleibt so – einen Missbrauch erlebt.
Der Landesausschuss Leistungssport in der Verantwortung des Landessportbundes, der Olympiastützpunkt sowie das von mir geführte Haus pflegen eine mehr als intensive Zusammenarbeit in genau diesen Punkten.Ich bedanke mich bei denen, die diese Arbeit machen. Das ist nicht immer nur mit Freude versehen.
Wir haben insbesondere unser Sportfördergesetz daran geknüpft, dass all diese Vorgaben eingehalten werden. Herr Kollege Frömmrich, Sie haben sicherlich nicht die allgemeine Vereinsförderung gemeint. Wir reden hier jetzt vom Leistungssport.
Daher stelle ich mit Befriedigung fest: Was hier zu Recht angesprochen wurde, haben wir in Hessen – Gott sei Dank – frühzeitig eingeführt.Wir haben gemeinsam einen Antidopingberater bestellt, Herrn Dr. Gifler, der in vielen Bereichen – gerade im Kampf gegen Doping – eine ausgewiesene Persönlichkeit ist. Das haben wir alles schon gemacht, als die Debatte hier noch gar nicht auf ihrem Höhepunkt war. – Ich bitte um Nachsicht: Ich habe etwas an meinem Platz liegen lassen.
Ich weiß nicht, ob Sie das kennen. In der Debatte wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass wir nicht nur im Leistungs- und Spitzensport über das Thema Missbrauch sprechen, sondern auch im Breiten- oder Privatsport, wenn jemand z. B. in ein Fitnessstudio geht. Wir haben diese Broschüre „Mein Sport – dopingfrei“ schon vor Jahren erstellt und immer wieder neu aufgelegt.Wir verteilen sie in Vereinen, Sportstudios und anderen Einrichtungen. Das Problem ist nur:
Wenn die Leute es trotzdem tun, sind unsere Möglichkeiten an dieser Stelle erschöpft. Ich will beispielhaft auf einige Dinge hinweisen. Hessen war – ganz nebenbei – das erste Land, dass seine Verpflichtungen für die nationale Anti-Doping-Agentur, die NADA, erfüllt hat, sodass wir in dieser Diskussion mit sehr guten Argumenten nicht nur bestehen, sondern auch beispielgebend sein können.
Lassen Sie mich abschließend noch auf zwei Punkte eingehen, die sehr weit gehen. Herr Kollege Rentsch, ich bin
sehr skeptisch, ob das, was auf den ersten Blick so gut klingt, wirklich so einfach ist – Stichwort: Arzneimittelrecht. Unter Juristen brauche ich nicht sehr lange darzulegen, worin der Unterschied zwischen Dopingstrafbarkeit und Wirtschaftsstrafbarkeit besteht. Wir haben ein Betrugsstrafrecht und einen Tatbestand gegen Untreue sowie viele andere Tatbestände.Aber Doping ist nicht strafbar.
Wenn wir es für strafbar erklärten, müsste jemand aufschreiben, was Doping ist. Die vertiefte Befassung mit der Sache führt wie immer dazu, dass die fröhliche Begeisterung nachlässt und die Beschlussfassung schwierig wird. Ich will Ihnen das einmal an einem Beispiel demonstrieren. Wir haben es hier mit offiziell zugelassenen Arzneimitteln zu tun.Wer wollte von vornherein die Lösung bieten, dass die Einnahme offiziell zugelassener Arzneimittel strafbar ist? Das kann wohl niemand ernsthaft vorschlagen.An diesem Beispiel sehen Sie, wie hilflos die Debatte ist, wenn nach Strafbarkeit gerufen wird.
Ich habe sie Ihnen im Ausschuss gezeigt und heute noch einmal mitgebracht: Dies ist die medizinische Ausnahmegenehmigung für die WADA, die Welt-Antidopingagentur. Ich führe das aus Zeitgründen nicht mehr so intensiv aus, aber dort können Sie einmal nachlesen, wie das praktisch funktioniert. Wenn jemand ein Medikament einnimmt und die Genehmigung dazu hat, ist das kein Doping mehr. Hat er die Genehmigung nicht, ist es Doping. Nimmt er ein Medikament, das bisher gar nicht auf der Liste stand, weil es noch keiner erkannt hat, kommen wir in schwierige Bereiche.
Ich danke Ihnen, dass Sie anerkennen, dass die Sache nicht ganz einfach ist, so überzeugend sie klingt. Für Tiere unterliegen all diese Aufbaumittel einer Nachweispflicht. Nehmen wir Epo. Epo ist auch ein notwendiges Mittel für schwerstkranke Menschen, um ihr Leiden zu lindern. Wenn wir nun ganz flott beschlössen, es müsse überall dokumentiert werden, wer welche Mittel nehme und welche Mittel von welcher Apotheke an wen gegangen seien, brauchen wir nicht lange darüber zu diskutieren, dass sich damit ein paar weitere Fragen verbinden würden, angefangen beim Datenschutz. Daher denke ich, dass wir im Ausschuss intensiv darüber sprechen müssen.
Meine Damen, meine Herren, ich hatte Gelegenheit, im Ausschuss sehr ausführlich Stellung zu nehmen. Ich hatte den Eindruck, dass alle Fraktionen des Hauses das, was wir dort tun, durchaus mit Zustimmung versehen haben. Ich freue mich jedenfalls und hoffe, dass wir auch in Zukunft eine solche Bilanz vorlegen können. In Hessen hatten wir, wo wir es selbst verantworten, bisher – Gott sei Dank – noch keine Missbrauchsfälle.
Ich füge aber hinzu: Das kann jederzeit passieren. Herr Kollege Rentsch, wenn ich vorhin auf die internationale Ebene zu sprechen kam, muss ich sehr deutlich sagen: Ich habe mit dem Stand von heute wenig Zutrauen, dass die Diskussion, die wir hier führen, international beachtet wird.Trotzdem trete ich dafür ein,dass wir in Deutschland das tun,was wir tun können und aus meiner Sicht auch tun müssen.
Aber ich füge noch eines hinzu und sage dies bewusst nur als Privatperson, weil ich sonst niemanden dafür in Anspruch nehme: Viel größere Wirkung als manche gut gemeinten Überlegungen hätte es, wenn Sponsoren oder auch Fernsehveranstalter sehr rasch auf den Sachverhalt reagieren würden, der nach unser aller Auffassung ein
Unwerturteil verdient, wenn der Sponsor missbraucht wird.Wenn das nicht mehr übertragen wird, wird so mancher sein Sponsoring einstellen. Dann ist es nicht mehr interessant. Dann ist auch der kriminelle Handlungsdruck für die einen oder anderen geringer. Ich würde mir wünschen – Sie wissen, das entscheiden alle ganz frei –, dass der eine oder andere Sender und der eine oder andere Sponsor hier zum Vorbild wird. – Ich danke Ihnen.