Protocol of the Session on July 5, 2007

Es gibt auch in unserer Gesellschaft Menschen, die Illegale zu Hungerlöhnen und ohne Recht beschäftigen. Das ist ein Problem, dessen wir uns annehmen müssen. Sie sagen, dass sich die Erwachsenen für die Form des Aufenthalts und für die Illegalität entschieden haben.Die Kinder haben sich nicht entschieden, welchen Aufenthalt sie in diesem Land haben. Das haben vielleicht ihre Eltern entschieden, aber die Kinder können für ihren Aufenthaltsstatus nichts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Deswegen glaube ich,dass wir dieses humanitäre Problem angehen müssen. Ich glaube, dass wir eine Lösung für die Kinder finden müssen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Wir müssen einen Zugang zu dem Gesundheitsund zu dem Bildungssystem organisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Bellino,gerade die katholische Kirche in unserem Land kümmert sich sehr intensiv um diesen Fragekomplex. Ich würde Ihnen empfehlen, sich mit den katholischen Kirchen und auch mit den Wohlfahrtsverbänden zusammenzusetzen und diese Fragen einmal zu thematisieren.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir dieses Thema angehen müssen. Herr Kollege Bellino, es gibt im Übrigen auch Menschen Ihrer Partei, die das anders sehen. Wenn Sie sich die Vereinbarung der schwarz-grünen Stadtregierung von Frankfurt anschauen,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

werden Sie sehen, dass es auch Menschen in der CDU gibt, die sagen: „Wir haben hier ein Problem, das wir anpacken müssen. Das ist ein humanitäres Problem. Dies gilt es zu lösen.“ Ich kann Sie nur auffordern: Machen Sie mit. Sorgen Sie dafür, dass wir in einem der reichsten Länder dieser Welt vernünftig und humanitär mit Kindern umgehen und dass wir Kindern einen Zugang zu dem Gesundheits- und zu dem Bildungssystem ermöglichen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Meine Damen und Herren, es liegt mir keine Wortmeldung der Landesregierung vor. – Entschuldigung, ich war zu schnell.Verehrter, lieber Herr Kollege Rentsch, Sie haben das Wort für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann zwar nicht für die Landesregierung sprechen, aber vielleicht für die FDP-Fraktion. – Kollege Frömmrich, meine Damen und Herren, ich muss auch sagen: Herr Bellino, ich glaube, dass es richtig ist, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Denn eines ist klar: Das Thema Illegalität ist ein Problem, das es in vielen Kommunen gibt. Unter den Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben und den Behörden nicht bekannt sind, befinden sich auch Kinder. Da gibt es wie bei Familien, die legal hier sind, Probleme mit der Schule, der Bildung und der Gesundheitsversorgung. Das zu negieren, ist schwierig.

Aber ich muss auf der anderen Seite auch sagen, Herr Kollege Frömmrich: Was bedeutet Ihre Idee, wenn man sie einmal komplett durchdenkt? Wenn Menschen hierherkommen und sie nicht legal hier sind, d. h. keinen Aufenthaltsstatus haben, man sie aber an den sozialen Sicherungssystemen partizipieren lässt, wie Bildung, Gesundheitsversorgung, dann nimmt man sie ein Stück weit in die Legalität hinüber. Ich denke, da kann man sagen: Das macht man für eine vorübergehende Zeit. – Aber das Problem ist doch: Was passiert dann mit den Menschen? Ich glaube, dass wir an der Stelle keinen Konsens haben.

Wir als FDP sagen: Jemand, der hierherkommt und keinen Aufenthaltsstatus hat, kann auch nicht hierbleiben. Das ist so in einem Rechtsstaat. Man ist doch immer wieder in dem Dilemma,dass man sagen muss:Klar,die Menschen sind dann hier, wir haben ihnen etwas angeboten, sie gewöhnen sich an den Status, den wir hier haben. – Es ist unbestritten, dass die Gesundheitsversorgung in Deutschland besser ist als in Afrika oder irgendwo im Kosovo, was wir uns zusammen angeguckt haben. Dann haben Sie immer das Problem, dass sich diese Menschen auch daran gewöhnen. Ich glaube, es ist ein sehr, sehr schwieriger Spagat, den man hier machen muss,

(Beifall bei der FDP)

einerseits zu sagen, dass man diesen Menschen die humanitäre Hilfe nicht verweigert, auf der anderen Seite aber auch klar zu sagen: Hierbleiben kann nur derjenige, der auch legal hier ist, der einen Rechtsanspruch auf ein Bleiberecht hat. Ich denke, da muss man sehr stark differenzieren.

Wir als FDP schlagen vor, dass man im Rahmen der Zuwanderung klare Kriterien für Menschen festlegt, die hierherkommen wollen. Wir brauchen eine geordnete, eine organisierte Zuwanderung.Wir brauchen hoch qualifizierte Menschen in unserem Land. Fakt ist, dass wir zurzeit hoch qualifizierte Menschen aus Deutschland verlieren.Wir haben einen negativen Saldo.Menschen mit einer guten Ausbildung gehen weg. Wir kriegen auch gar nicht mehr so viele Menschen aus dem Ausland hierher, weil Deutschland eben nicht mehr ein so attraktiver Standort ist, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war. Daran müssen wir arbeiten. Das müssen wir verbessern. Ich bin aber auch der Meinung, dass man sich um diese Frage nicht drücken kann. Deswegen will ich Ihnen auch eine klare Antwort geben.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann mir vorstellen,dass man für kurze Zeiträume humanitäre Hilfe anbietet. Denn ich möchte auch nicht, dass Menschen, die in gesundheitlich schwierigen Situationen sind, keine Hilfe erhalten. Aber kurzfristig heißt dann eben auch, dass das Recht durchgesetzt wird und dass diese Menschen dann rückgeführt werden, wenn sie bekannt sind. Insofern kann ich nichts Schlechtes an der Meldepflicht erkennen, weil klar ist: Diese Menschen suchen Hilfe. Diese Hilfe sollen sie auch erhalten. Aber Rechtsstaat muss Rechtsstaat bleiben. Das heißt, es müssen auch die Regeln umgesetzt werden, die gelten. Das war es. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. Entschuldigung, dass ich Sie übersehen hatte. – Nun hat Herr Staatsminister Bouffier für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! In aller Klarheit: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Land, das nach meiner festen Überzeugung mit das humanitärste Ausländer- und Aufenthaltsrecht hat, das es auf der Welt gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zweitens. Wir sind eine gesetzesgebundene Verwaltung. Ich muss entschieden all diesen Vertretern des kräftigen Sowohl-als-auch entgegentreten, die damit argumentieren, es gehe um die Kinder. Die Debatte ist verlogen und falsch, wenn ich nicht sage: Ich kann nicht nur über die Kinder reden, ich muss auch über die Eltern reden.

(Beifall des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Wenn man die Kinder hierlassen will – darüber kann man ja reden –, dann muss man im zweiten Teil des Satzes sagen: Dann müssen die Eltern auch hierbleiben. – Alles andere ist nicht ehrlich.Alles andere ist ein reiner Appell an die Emotion, an das Herz. Man müsste aus Holz sein, wenn man das nicht verstehen könnte. Sollen diese Kinder dann alleine hierbleiben? Soll ich die Zehnjährigen, die Sechsjährigen, die Fünfjährigen alleine hierlassen? Was ist die Antwort? Ich kenne keine Antwort der Sozialdemokratischen Partei, all derer, die bisher dazu gesprochen haben.Wenn Sie es ernst meinen, müssen Sie sagen: „Über allem steht das Wohl der Kinder.“ Dann ist das,was die Eltern gemacht haben, egal. Dann verabschieden wir uns von dem Grundsatz, dass, wer kein Aufenthaltsrecht hat, das Land verlassen muss. Genau darum geht es hier. Wer illegal im Land ist – da hat der Kollege Rentsch recht –, der muss das Land wieder verlassen. Er kann sich den Aufenthalt nicht auf Umwegen dadurch besorgen, dass er sagt: Schaut meine Kinder an.

Aus genau diesem Dilemma werde ich Sie nie entlassen. Was mich an dieser Diskussion stört, ist diese außerordentlich fehlerhafte und bei den Menschen falsche Hoffnung erweckende Position, wenn man nur den ersten Teil betrachtet. Wir diskutieren seit Jahren darüber. Ich finde es schade, dass man Menschen Hoffnungen macht, obwohl man genau weiß, dass man die entscheidenden Fragen entweder nicht beantworten will oder nicht beantworten kann. Dann nutzt mir auch der Diskurs mit Kirchen und Hilfsverbänden überhaupt nichts. Man muss springen.

Herr Kollege Frömmrich, entweder ist es so, dass jemand hier illegal aufhältig ist – dann müssen er und seine Familie das Land verlassen –, oder er hat ein Aufenthaltsrecht, und dann kann er mit all den Möglichkeiten, die es gibt, hierbleiben. Dazwischen muss man springen. Der Kollege Rentsch hat mit einem kräftigen Sowohl-als-auch gesagt, für eine gewisse Zeit könne man es vielleicht machen. – Was heißt das? Vom sechsten bis zum achten Lebensjahr oder bis zum neunten?

(Florian Rentsch (FDP): Für die Zeit der Behandlung beispielsweise!)

Für die Zeit der Behandlung ist alles gelöst. Um das einmal aufzuräumen: Der Schulbesuch ist doch möglich.Wer hier einen Aufenthaltstitel hat – ich spare mir die Paragrafen –, hat nicht nur ein Schulrecht, er hat auch eine Schulpflicht. Diejenigen, die eine Duldung haben, wo unklar ist, ob sie auf Dauer bleiben können oder nicht, sind zum Schulbesuch berechtigt. Das ist alles geregelt.

Jetzt kommt der nächste Punkt: Wenn jemand illegal aufhältig ist, dann hat er weder ein Recht noch eine Pflicht zum Schulbesuch.Das halte ich auch für richtig.Da gibt es auch keinerlei Regelungslücke, sondern der erste Punkt ist: Man muss entscheiden, ob Folge eines illegalen Aufenthaltes ist, dass man das Land verlassen muss, und wenn, dann alle, weil Eltern das Schicksal der Kinder bestimmen und die Kinder das Schicksal der Eltern teilen. Dieser Grundsatz gilt auf der ganzen Welt. Ich kenne kei

nen einzigen Amtsträger von irgendeiner Partei, jedenfalls bisher, der das jemals in Abrede gestellt hätte.

(Beifall bei der CDU)

Die Gesundheitsversorgung wird doch gewährleistet. Es gibt doch keine Meldepflicht der Ärzte, selbst wenn sie Illegale behandeln. Das Problem ist ein anderes:

(Sabine Waschke (SPD):Wie ist das mit den Sozialleistungen?)

Es kann nicht über die Kasse abgerechnet werden. – Darum geht es. Das wollen wir sauber auseinanderhalten. In diesem Land bekommen Menschen durch die Ärzte, auch wenn sie illegal aufhältig sind, die notwendige ärztliche Versorgung. Das ist auch richtig so. Damit geht aber nicht einher,dass wir für jemanden,der illegal aufhältig ist,auch eine Kassenverrechnung der Solidargemeinschaft zulassen. Das kann aus meiner Sicht nicht richtig sein.

Frau Kollegin Waschke, wir sind in Zeitnot. Deshalb mache ich es sehr kurz. Wenn Sie sagen, die Eltern bringen ihre kranken Kinder nicht zum Arzt, dann ist das nicht ein Problem des Rechtes, sondern es ist ein Versagen dieser Eltern, wenn sie ihre Kinder, wenn sie krank sind, nicht zum Arzt bringen. Es ist ein Versagen der Eltern an der Hauptpflicht, die Eltern haben, nämlich sich vernünftig um die Kinder zu kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache dieser Großen Anfrage, die ich jetzt nur noch mit der Nummer bezeichne. Das war Tagesordnungspunkt 29. Damit ist die Große Anfrage besprochen.

Tagesordnungspunkt 30, der Antrag der Fraktion der CDU betreffend Musizieren macht Freude und fördert die geistige und emotionale Entwicklung, soll zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Das ist einvernehmlich.

Tagesordnungspunkt 31, der Antrag der Fraktion der CDU betreffend Aufarbeitung der DDR/SED-Diktatur und der Stasitätigkeit im Westen im Unterricht und an den Schulen, soll ebenfalls zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch.

Dann gibt es vier Anträge der Fraktionen zu dem Thema Zentren Lebensbegleitenden Lernens. Tagesordnungspunkt 32, der Antrag der Fraktion der FDP, Tagesordnungspunkt 42, der Dringliche Antrag der Fraktion der CDU, Tagesordnungspunkt 44, der Dringliche Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Tagesordnungspunkt 60, der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, sollen zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 33:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Gender Budgeting auch für den hessischen Landeshaushalt – Drucks. 16/7246 –

Der Antrag soll zur abschließenden Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. – Sie stimmen zu.

Tagesordnungspunkt 36:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend guter Start der Osterferiencamps für versetzungsgefährdete Schüler – Drucks. 16/7282 –

Der Antrag soll zur abschließenden Beratung an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Sie stimmen zu.

Dann gibt es drei Anträge, die jetzt noch debattiert werden sollen.

Tagesordnungspunkt 37:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Jugendschutz und Gaststättengesetz konsequent nutzen – Drucks. 16/7316 –

Tagesordnungspunkt 39: