Protocol of the Session on May 4, 2007

Wir haben allerdings einen Änderungsantrag zu dem ersten Absatz eingebracht, der sich mit den politischen Grundsatzfragen befasst.Wir haben das gemacht, weil wir der Meinung sind, dass es in Hessen keine Nichtregierungsorganisation gibt, die sich mit der Verkehrspolitik oder der Stromversorgung befasst, deren Unterstützung den Etat des Landes Hessen in jedem Fall überfordern würde. Ich denke, da liegt die Zuständigkeit eindeutig beim Bund bzw. bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Das gehört aber keinesfalls zur Entwicklungspolitik des Landes Hessen.

Die Nichtregierungsorganisationen haben völlig zu Recht die Grundversorgung der Menschen in der Dritten Welt zum Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. Deswegen schlagen wir vor, in dem Antragstext die Verkehrsprojekte und die Stormerzeugung zugunsten sinnvoller Maßnahmen zu ersetzen, die dem Umwelt- und Ressourcenschutz gewidmet sind, sowie solchen Maßnahmen, die in den Entwicklungsländern dazu beitragen, dass eine nachhaltige Energieversorgung sichergestellt werden kann. Ich glaube, damit kann man gleichzeitig auch zum Klimaschutz einen wesentlichen Beitrag leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unabhängig von dem vorliegenden Antrag sehe ich es auch als notwendig an,sich noch einmal grundsätzlich Gedanken darüber zu machen, wie die effektive Entwicklungspolitik eines Bundeslands tatsächlich aussehen

kann. Sie wissen, dass es da sehr unterschiedliche Modelle gibt. Unser Nachbarland Rheinland-Pfalz hat eine Landespartnerschaft mit Ruanda. Dort habe ich drei Jahre meines Lebens verbracht. Dort konnte ich die Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird, aus der Nähe betrachten.

Es gibt andere Länder, die andere Ansätze fahren. Das betrifft z. B. Nordrhein-Westfalen. Dort wird sehr stark die historisch gewachsene Zusammenarbeit der verschiedenen Initiativen gefördert. Ich denke, die Vielfalt der Szene in Hessen legt eher ein offenes Modell nahe, also keines, das sich auf ein spezielles Land konzentriert. Ich finde, aber auch das sollte man diskutieren.

Wir greifen gerne den Vorschlag auf, dass sich Vertreter der Landesregierung und der vier Fraktionen dieses Hauses mit Vertretern des Entwicklungspolitischen Netzwerks Hessen zusammensetzen und man versucht, gemeinsam vielleicht etwas weiterzukommen, um auch für die Zukunft eine effektive, sinnstiftende und an der Solidarität orientierte Entwicklungspolitik zu gestalten.

Wenn ich es richtig sehe, ist der Antrag zur Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ noch nicht eingebracht. Aber auch dem können wir im Großen und Ganzen zustimmen. Denn natürlich ist es sinnvoll, in Bildung zu investieren.

Das gilt übrigens für andere Konventionen der Vereinten Nationen auch: Wenn die Bundesrepublik Deutschland für einen bestimmten Bereich eine Konvention der Vereinten Nationen unterschreibt, dann ist es selbstverständlich, dass bis hinunter auf die Ebene der Regionalparlamente und -regierungen versucht wird,sich an dieser Konvention zu orientieren und an deren Umsetzung mitzuhelfen. Deshalb werden wir auch diesem Vorschlag zustimmen.

Ich denke, es ist deshalb tatsächlich eine gute Idee, dieses ganze Thema ausführlich und völlig emotionslos hier zur Diskussion zu stellen und zu versuchen, zu einem möglichst großen Konsens zu kommen. Das heißt aber auch, dass man dies solidarisch tut und nicht nur,wie Sie es eben machen, das Ganze auf einseitige Wirtschaftsförderung reduziert. Vielmehr sollte man tatsächlich davon ausgehen, dass es auch darum geht, dass Menschen zusammenkommen. Entwicklungspolitik ist ein Mittel, die verschiedenen Kulturen zueinanderzubringen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält nun Herr Abg. Milde für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Schulz-Asche,wir können das Thema sicherlich nicht emotionslos diskutieren.Dafür ist das Thema viel zu wichtig.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Aber wir werden es ohne Schaum vor dem Mund diskutieren.Wir werden auf den Vorschlag des Herrn Kollegen Schäfer-Gümbel eingehen, demzufolge die Beteiligten einmal zu einem Gespräch eingeladen werden sollen. Ich

möchte dazu etwas vorschlagen. Das ist auch in den Reden der Vorredner zum Thema Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe vorgekommen und deutlich geworden. Aufgrund unserer wirtschaftlichen Stellung ist es für das Land Hessen besonders wichtig – darauf sind wir angewiesen –, mit den Entwicklungsländern und den Schwellenländern vernünftig zusammenzuarbeiten. Wir müssen ein eigenes Interesse daran haben,dass sich die Wirtschaft in diesen Ländern aufgrund von Bildungsangeboten, aber auch durch die Hilfe zur Selbsthilfe entwickeln kann.

Ich bin nicht davon überzeugt, dass wir dafür zusätzliches Geld brauchen. Ich bin eher der Meinung, dass wir durch die vielfältigen Aktivitäten, die gerade in den letzten Jahren angestoßen worden sind, aber auch durch diejenigen, die aus früheren Zeiten übernommen wurden, bereits sehr viele Kontakte haben. Die GTZ ist bereits angesprochen worden.Auch die Nassauische Heimstätte – ich habe das selbst erlebt – und das Institut für Wohnen und Umwelt greifen UNO-Mittel und EU-Mittel ab, die für die Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt werden können.

Deswegen schlage ich vor, dass wir nicht kurz vor Ende der Plenarsitzung eine umfassende Debatte darüber führen, welche Ziele das Land Hessen in der Entwicklungszusammenarbeit haben kann, sondern dass wir die Landesregierung bitten – in Fortsetzung dessen, was Herr Schäfer-Gümbel angesprochen hat –, in der nächsten oder übernächsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr detailliert darzustellen,in welchen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit das Land Hessen bereits tätig ist und wo die Schwerpunkte lagen bzw.liegen sollen. Bei einer Beibehaltung der bisherigen Schwerpunkte können wir uns auch überlegen, ob es andere Themengebiete gibt, in denen wir noch zulegen können.

Ich will aber noch einmal deutlich machen, dass von unserer Seite im Moment kein Bedarf gesehen wird. Das kann nicht im Mittelpunkt stehen. Es kann auch nicht viel bewirken, dass wir mehr Geld dafür ausgeben. Es hat eher eine Wirkung, wenn wir den Einsatz der Mittel, die bisher schon vorgesehen sind, sinnvoll strukturieren. Gerade bei der Subsidiarität sollten wir weitermachen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Der nächste Redner ist Herr Posch, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst auf den Verfahrensvorschlag eingehen. Herr Schäfer-Gümbel, es ist mit Sicherheit richtig – Herr Milde hat das eben ergänzt –, sich darüber informieren zu lassen, welche Aktivitäten in der Vergangenheit in diesem Bereich insgesamt entfaltet worden sind, und diese kritisch zu überprüfen. Bestimmte Entscheidungen sind nämlich vor ganz bestimmten politischen Hintergründen zustande gekommen. Deshalb ist es sinnvoll, hier Bilanz zu ziehen. – So weit zu dem einen Punkt.

Zweitens. Frau Schulz-Asche hat nach meinem Eindruck zwischen der Außenwirtschaft einerseits und der Entwicklungshilfezusammenarbeit andererseits differenziert. Ich sehe darin keinen Widerspruch. Ich sehe nicht zwei unterschiedliche Komplexe, die separat zu beurteilen sind.

Ich glaube, dass es eine Vielzahl von außenwirtschaftlichen Initiativen gibt, die mit entwicklungspolitischen Zielsetzungen sehr effektiv kombiniert werden können. Gerade wenn es darum geht, so etwas zu organisieren, ist die Inanspruchnahme dritter Institutionen sinnvoll, ob das nun das Entwicklungshilfeministerium – wie auch immer es derzeit heißt – oder die GTZ ist.Wie verschiedene Beispiele zeigen, die Hessen in der Vergangenheit initiiert hat, besteht die Möglichkeit, dass Außenwirtschaft und Entwicklungshilfe zusammengefasst werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage für meine Fraktion, dass das eigentlich der Schwerpunkt sein muss. Das schließt nicht aus, dass es vor dem Hintergrund historisch gewachsener Bezüge auch die klassische Entwicklungshilfe gibt.Die Partnerschaften spielen dabei eine Rolle. Auch spielt die Frage nach der politischen Entwicklung eine Rolle. Denken wir einmal an Palästina. Mit Verlaub gesagt, Palästina hat vor dem Hintergrund seiner politischen Entwicklung mit Wirtschaftspolitik im Moment relativ wenig zu tun.

Deswegen fasse ich zusammen:Außenwirtschaft und Entwicklungshilfe sind nicht zwei Bereiche, die separat zu sehen sind. Der Schwerpunkt sollte meines Erachtens nach wie vor in der Kombination von außenwirtschaftlichen Maßnahmen mit der Verwirklichung entwicklungspolitischer Ziele liegen.

Darüber hinaus muss untersucht werden, was historisch aus welchen Gründen entstanden ist. Wo bestehen Netzwerke, die genutzt werden können? Ich möchte den Wert, den NGOs in diesen Ländern haben, beileibe nicht gering schätzen. Vielmehr möchte ich sie in solche Aktivitäten einbinden. Aber dazu ist es notwendig, eine Bestandsaufnahme zu machen.

Ich glaube, wenn es gelingt, dies miteinander zu kombinieren, können wir das, was in Hessen traditionell erfolgreich gemacht worden ist, zu einem vernünftigen Ende führen. Früher waren es 1 Million c, heute sind es 260.000 c. Man muss darüber nachdenken, wie man neue Quellen erschließen kann, um beide Maßnahmen miteinander zu verbinden.

Das sollte in der Tat relativ emotionslos geschehen. Über das Thema kann man nämlich auch sehr emotional diskutieren. Das wäre der Sache aber nicht dienlich. Deswegen glaube ich, dass der Verfahrensvorschlag, der von allen Beteiligten unterstützt wird, der richtige Weg ist, um ein gemeinsames Ziel zu verwirklichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Minister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tatsache,dass dieser Themenkomplex beim Wirtschaftsminister angesiedelt ist – das erkennen wir, wenn wir uns die Ressortzuordnung anschauen –, könnte den kurzen Schluss zulassen, dass wir Entwicklungshilfepolitik lediglich als Wirtschafts- oder Außenhandelspolitik verstehen. Ich denke, wir müssen hier sehr genau differenzieren.Wir müssen das eine tun und dürfen das andere nicht lassen.

Zunächst einmal möchte ich meine Grundüberzeugung darlegen, die da lautet: Der moralische Wert einer Volkswirtschaft – gerade einer entwickelten Volkswirtschaft wie der der Bundesrepublik Deutschland – spiegelt sich auch darin wider, wie sie ihre Aufgaben im entwicklungspolitischen Zusammenhang dauerhaft wahrnimmt. Ich denke, dass wir uns das bewusst machen müssen.

Deswegen ist dieses Thema auch zu einer Bestandsaufnahme und zu einer Bewusstseinsbildung geeignet.Angesichts der scheinbar übergroßen Probleme, die wir in unserem Land haben, die aber im Vergleich mit denen anderer Regionen dieser Welt verschwindend gering sind, unterliegen wir oft der Gefahr, die internationalen Aufgaben, die Solidarität und Mitmenschlichkeit von uns fordern, zu übersehen. Deswegen ist das ein Grundanliegen, dem, gleich in welchem Zusammenhang es wahrgenommen wird, Rechnung getragen werden muss.

Der Außenhandel ist in diesem Zusammenhang sicherlich auch berechtigt. Wir wissen, dass der Austausch in der Wirtschaft – im Sinne der Wahrnehmung komparativer Kostenvorteile – den Schwellenländern erst die Möglichkeit gibt, an der ökonomischen Entwicklung zu partizipieren.

Aber das ist nicht alles. Es geht auch um eine Hilfe, die sich nicht auf beiden Seiten der Bilanz niederschlägt. Es geht vor allem um die Bilanz unseres Gebens. Das ist eine Tradition in unserem Land, die sich seit Langem entwickelt hat und die wir nicht zu gering veranschlagen dürfen. Deswegen ist es unsere Pflicht, die Aufgabe im Sinne von Mitmenschlichkeit und Solidarität auch aus Ländersicht zu bewerten, wenngleich sie in der Regel, wie Herr Schäfer-Gümbel gesagt hat, eine nationale Aufgabe ist. Aber was wäre ein föderaler Staat wert, was wäre es wert, nach dem Subsidiaritätsprinzip zu handeln, wenn diese Aufgabe nicht auch länderbezogen in das Aufgabenspektrum aufgenommen würde?

Ich glaube, wir sind in den vergangenen Jahren immer dann gut gefahren, wenn wir auf das geschaut haben, was andere machen. Das betrifft besonders diejenigen, die wir als „Nichtregierungsorganisationen“ bezeichnen. Wir müssen den Weg mit ihnen gemeinsam gehen, sie begleiten und unterstützen,damit ihre originäre Hilfe am besten wirksam werden kann.

Wir sollten allerdings nicht vorher die Entscheidung treffen, dass dieses Thema dazugehört und jenes nicht. Wer von uns will sagen – Frau Schulz-Asche, in dem Punkt möchte ich Ihnen widersprechen –, dass beispielsweise eine Energieentwicklungsanlage den Menschen nicht originär dient im Sinne der Armutsbekämpfung?

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann habe ich Sie missverstanden.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Strom und Verkehr sind große Maßnahmen!)

Okay, das bezog sich nur auf die großen Maßnahmen. – Aber wenn es nun eine solche Einrichtung der dezentralen Energieversorgung gibt, sollten wir sie unterstützen. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Dann ist der Widerspruch schon ausgeräumt.

Ich freue mich zunächst einmal auf die Beschreibung der Situation. Ich freue mich darauf, dass wir uns bewusst machen, was auch von nicht staatlichen Organisationen ge

leistet wird. Dann sollten wir nüchtern Bilanz ziehen und die Wege einschlagen, die uns nach vorne bringen. Ich stimme diesem Vorgehen also zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Der Tag geht friedlich zu Ende. Die Geschäftsführer haben vereinbart, dass dieser Antrag und der Änderungsantrag der GRÜNEN im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr behandelt werden. – Dem wird nicht widersprochen. Dann ist das so beschlossen.

Die Geschäftsführer schlagen vor, Tagesordnungspunkt 20 an das nächste Plenum zu überweisen. Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall. Also ist das so beschlossen.

Außerdem schlage ich Ihnen in Abstimmung mit den Geschäftsführern vor, Tagesordnungspunkt 21, Tagesordnungspunkt 32, Tagesordnungspunkt 43 und Tagesordnungspunkt 87 – es handelt sich um die Energiedebatte – im nächsten Plenum aufzurufen. Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall.

Es ist vorgeschlagen worden, Tagesordnungspunkt 22 in das nächste Plenum zu schieben. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Tagesordnungspunkt 23 soll zur abschließenden Beratung an den Europaausschuss überwiesen werden. – Dem widerspricht niemand. Dann ist das so beschlossen.