Wir werden Ihren Entschließungsantrag in Gänze ablehnen. Denn er beinhaltet nur Eigenlob, aber keine konkreten Maßnahmen. Das Lob des Mittelstandes können Sie sich ebenfalls sparen. Das glaubt Ihnen sowieso niemand mehr.Als Hinterländlerin sage ich Ihnen:Vom Streicheln allein wird die Sau nicht fett.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion ist ein Jubelantrag. Aber lassen Sie mich gleich hinzufügen:Auch Jubeln will gelernt sein.
Die CDU-Fraktion ist nach über vier Jahren Alleinregierung leider immer noch nicht in der Lage zu jubeln.
Da sie nicht in der Lage ist, die Wirklichkeit wahrzunehmen,frage ich mich:Wie will sie dann die Wirklichkeit verändern?
Bevor ich auf die einzelnen Punkte des Entschließungsantrags eingehe,möchte ich eine Frage an Herrn Kollegen Williges richten. Herr Kollege Williges, Sie sprachen von einer Studie. Meinen wir da die gleiche?
(Beifall bei der FDP, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Hei- terkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Hildegard Pfaff (SPD): Die Frage ist berechtigt!)
Ich habe ein bisschen Zweifel, dass sich hier ein Irrtum eingeschlichen haben könnte. Aber Sie haben genickt. Dann muss ich leider so weitermachen.
Der Jubelarie erste Strophe. Dabei geht es um Hessens Position im Länderstandortranking der Mittelstandsstudie von Ernst & Young. Dazu muss ich sagen: Herr Dr. Wagner, der vorsichtshalber gleich fehlt, und die Autoren des Textes des Entschließungsantrags hätten gut daran getan, die Studie sorgfältig zu lesen. Dann hätten sie den Entschließungsantrag etwas anders formulieren müssen.
Punkt 1 hätte man wie folgt formulieren müssen: Der Landtag begrüßt, dass Hessen in der Beurteilung der aktuellen Rahmenbedingungen hinter Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz rangiert.
Er begrüßt, dass Hessen, bezogen auf die Förderpolitik, im Urteil der befragten Unternehmen Platz 12 einnimmt.
Er begrüßt, dass Hessen hinsichtlich der Konkurrenzfähigkeit im Vergleich mit den anderen Bundesländern Platz 7 hält und im internationalen Vergleich auf Platz 13 gesetzt wird. So hätte der Text des Entschließungsantrags lauten müssen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der erstaunte Leser erfährt, dass – ich zitiere – „die Landesregierung unter Ministerpräsident Koch und Verkehrsminister Dr. Rhiel... die Landesstraßenbaumittel von rund 28 Millionen c im Jahr 1998 auf 85 Millionen c im Jahr 2007 verdreifacht“ hat.
Ich möchte jetzt einmal außen vor lassen, wer 1998 Wirtschaftsminister war. Herr Dr. Rhiel war es damals nicht. Dazwischen gab es auch noch einen anderen Minister. Lassen wir das alles einmal außen vor. Das sind die Kleinigkeiten.
Fragen wir uns doch: Wie ist das mit dem Budgetrecht? Da ist doch irgendetwas. In Art. 139 Hessische Verfassung heißt es:
Der Landtag sorgt durch Bewilligung der erforderlichen laufenden Mittel für die Deckung des Staatsbedarfs.
Das ist offenbar nicht die Ansicht der CDU. Nach der festen Überzeugung des Fraktionsvorsitzenden, Herrn Dr. Wagner, ist es die Landesregierung, die für die Verdreifachung der Mittel gesorgt hat. So schnell geht das: In Besitz der absoluten Mehrheit verschwimmen die Grenzen zwischen Regierung und Parlament.
Die Gewaltenteilung wird zur Farce. Die CDU-Fraktion beschließt ihre Selbstkastration und bedankt sich in höflicher, untertäniger Form bei der Landesregierung, dass sie das Geld ausgibt.
(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Sehen wir uns doch einmal die Ausgaben für den Landesstraßenbau an. Ich führe einfach einmal die Zahlen aus dem Haushalt für die Jahre 1999 bis 2007 an. Das hätten auch Sie tun sollen. 1999 betrugen sie mit den Mitteln aus dem Nachtragshaushalt 38,6 Millionen c. Im Jahr 2000 waren es 42,7 Millionen c, im Jahre 2001 waren es 43,8 Millionen c, im Jahr 2002 54,5 Millionen c, im Jahr 2003 waren es 54,9 Millionen c.
Im Jahre 2004 beschloss die CDU-Fraktion – pardon, wie wir gelernt haben, war es sicherlich die Regierung, die das beschlossen hat –, dass man den Haushalt am besten dadurch saniert, indem man die investiven Ausgaben streicht.
Damals hat man die Mittel für den Landesstraßenbau um rund 16 Millionen c auf 38,5 Millionen c reduziert. Das war eine wahrhaft mutige und heldenhafte Entscheidung, die das volle Lob der Mitglieder der CDU-Fraktion verdient.
Der Ansatz wurde im Jahr 2005 dann doch wieder auf 65 Millionen c erhöht. Offenbar hat man entdeckt, dass die Kürzung im Vorjahr ein Fehler war. Im Jahr 2006 wurden dann 75 Millionen c vorgesehen, im Jahr 2007 sind dafür 85 Millionen c im Haushalt vorgesehen.
Der Text des Entschließungsantrags der CDU-Fraktion müsste in diesem Punkt demnach wie folgt lauten: Der Landtag stellt fest, dass die Budgethoheit in Wahrheit auf die Landesregierung übergegangen ist.
Er begrüßt, dass die Landesregierung ihren Fehler, die Mittel für den Landesstraßenbau zu kürzen, eingesehen und korrigiert hat. – So müsste der Text des Entschließungsantrags eigentlich lauten.
Ich möchte nun auf die dritte Strophe der Jubelarie zu sprechen kommen. Hier geht es um die Initiative der Landesregierung zur Verkürzung der Genehmigungs- und Planungsverfahren.
Herr Kollege Williges, leider sieht die Wahrheit ein bisschen anders aus.Wenn die Verfahrenszeiten wirklich kurz zu werden drohen, wendet die Landesregierung ein ganz innovatives Mittel zur Verlängerung der Verfahren an.
Also müsste der Text des Entschließungsantrags der CDU-Fraktion in diesem Punkt lauten: Der Landtag unterstützt die Bemühungen der Landesregierung, die darauf hinauslaufen, eine zu starke Verkürzung der Genehmigungszeiten mit geeigneten Mitteln, wie etwa öffentlichen Regierungsanhörungen, zu vermeiden.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Herr Kollege, Sie haben ungeahnte Qualitäten!)