Protocol of the Session on May 3, 2007

Frau Ministerin, ich möchte dennoch einen Punkt erwähnen, denn es handelt sich mittlerweile um einen Automatismus, den hier alle Kollegen pflegen, und zwar dass europäisches Recht einfach umgesetzt wird. Es wurde bereits gesagt, wir müssten das tun. Ich bin aber der Meinung: Wir sollten gelegentlich einmal hinterfragen, was auf europäischer Ebene beschlossen wird und ob das wirklich sinnvoll ist.

Als ich mir die Vorschriften angesehen habe – Sie haben z. B.Art. 1 genannt –, musste ich mich wirklich fragen:Was hat eigentlich die Europäische Union damit zu tun, dass wir im Gesundheitswesen geregelte Fachberufe wie z. B. den Altenpflegehelfer, Krankenpflegehelfer, Medizinischen Dokumentar, Desinfektor, Gesundheitsaufseher sowie weitere Fachpflegeberufe haben? Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Europäische Union da heraushalten sollte. Es ist mittlerweile ein absoluter Skandal, was sich die Kolleginnen und Kollegen in Brüssel – dort sind alle Fraktionen vertreten, die hier im Hause sitzen – herausnehmen zu regeln.

(Petra Fuhrmann (SPD): Das Parlament, die Verwaltungen, die Kommission!)

Das ist korrekt, und zwar im Parlament, in den Verwaltungen und direkt in der Kommission. Das ist auch dort, wo dies vollzogen wird, nämlich der Exekutive, eine Grundsatzdiskussion, und ich stelle fest: Da scheinen einige Leute zu viel Zeit zu haben.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ja!)

Ich glaube nicht – da sehe ich bei den Kolleginnen und Kollegen auch Einigkeit –, dass es die Europäische Union in irgendeiner Art und Weise etwas angeht, wie wir hier in Hessen unsere Altenpflege sicherstellen und letztendlich planen. Ich glaube, die Politiker der Europäischen Union sollten sich da schleunigst heraushalten.Es ist schade,dass sie das nicht tun;aber wir werden das auch an die dortigen Mitglieder aus unserer Fraktion weitergeben, da ich finde, dass die Europäische Union dringlichere Probleme hat, als sich mit so etwas zu beschäftigen.

Frau Ministerin, Sie haben uns mitgeteilt – das will ich ausdrücklich noch einmal erwähnen –, dass in Hessen mittlerweile 12,5 Millionen c für die Altenpflege ausgegeben werden. Man kann trefflich darüber diskutieren, ob

es überhaupt eine staatliche Aufgabe sein sollte, eine Schule und damit eine Ausbildung dafür anzubieten.

Wir halten das für richtig. Wir wissen, dass 12,5 Millionen c ein großer Betrag sind. Aber wir wissen auch, dass es in Hessen in den nächsten Jahren gerade in Mittel- und Nordhessen sehr stark darauf ankommen wird, qualifiziertes Personal zu haben.

Wir,die Mitglieder der FDP,werden uns deshalb ganz klar dazu bekennen, dass es bei diesem Betrag bleibt. Die Frage wird sein, ob wir noch etwas drauflegen müssen. Das wäre schwierig. Fakt ist aber: Dieser Betrag ist notwendig, damit qualifiziertes Personal in Hessen ausgebildet werden kann. Deshalb haben Sie dort unsere Unterstützung, falls Sie mit dem Finanzminister darüber eine Auseinandersetzung führen müssten.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Wir haben einen sehr vernünftigen Finanzminister!)

Das wissen wir. Wir haben auch schon Erfahrungen mit diesem „vernünftigen Finanzminister“ gemacht.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Genau!)

Das soll heute aber nicht das Thema sein. – Es ist also notwendig und richtig, diesen Betrag aufzuwenden.

Ich denke,dass sich die Enquetekommission „Demografischer Wandel“, die sich mit diesem Thema beschäftigt und gerade auch die Frage des Alterns in Hessen in den verschiedenen Teilen unseres Bundeslandes untersucht, eigentlich klar dafür aussprechen sollte, dass da weiterhin investiert wird. Denn, wie gesagt, das ist gut angelegtes Geld. Wir brauchen qualifiziertes Fachpersonal, das vom Staat ausgebildet wird.

In diesem Sinne warten wir zunächst einmal die Anhörung ab. Ich bin sehr gespannt. Ich glaube aber auch, dass in groben Zügen relative Einigkeit bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition herrscht.Ich freue mich also auf die Anhörung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Herr Rentsch, danke sehr. – Als Nächster erhält Herr Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde schon angesprochen: Die Altenpflege wird das Thema sein, das uns zukünftig beschäftigen wird. Die Enquetekommission „Demografischer Wandel“ bestätigt immer wieder die Zahlen. Wir werden mehr ältere Menschen haben. Das gilt auch für die absoluten Zahlen. Frau Kollegin Fuhrmann sprach von den Prozentzahlen. Das gilt aber auch für die absoluten Zahlen.Wir werden mehr ältere Menschen haben.Dadurch wird es auch mehr Menschen geben, die pflegebedürftig sein werden. Das Land Hessen wird sich also darauf einstellen müssen, dass wir mehr Altenpflegerinnen und -pfleger und auch Altenpflegehelferinnen und -helfer benötigen werden.

Dieser Berufszweig muss deshalb eine hohe Attraktivität aufweisen. Davon kann man momentan leider nicht sprechen. Das ist ein großes Problem. Sowohl die Bezahlung

als auch die Ausbildung sind bei den jungen Menschen momentan nicht besonders attraktiv.

Ich darf noch einen geschlechtsspezifischen Aspekt ergänzen. Weit über 90 % der Auszubildenden sind Mädchen und junge Frauen.Das heißt,diese Ausbildung ist für Männer überhaupt nicht attraktiv.Ich weiß das.Ich war im Vorstand des Frankfurter Verbands für Alten- und Behindertenhilfe.

Wir wissen,wie schwierig und wie hart diese Arbeit ist.Ich denke gerade an die Belastung für den Rücken. Das ist also eigentlich kein Berufsfeld, bei dem man sagen würde: Männer sind da an der falschen Stelle eingesetzt. – Das Gegenteil ist sogar der Fall. Es wäre sehr wichtig, dass Männer in diesem Berufsfeld arbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir sollten darüber nachdenken, wie wir junge Männer in diesem Sinne motivieren. Wir haben den Girls’ Day. Wir haben auch Konzepte für einen Boys’ Day. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir die sozialen Berufe und insbesondere den Beruf der Altenpflege – –

(Axel Wintermeyer (CDU): Den Boys’ Day gibt es schon!)

Herr Wintermeyer, das ist so eine Sache. Sie müssen sich einmal Gedanken darüber machen,dass es bestimmte Berufe gibt, die von Männern offensichtlich praktisch nicht ausgeübt werden.

(Axel Wintermeyer (CDU): Kindergarten und Grundschule!)

Daneben gibt es aber auch bestimmte Berufe, die von Frauen praktisch nicht ausgeübt werden. Herr Wintermeyer, wenn Sie sich das einmal ansehen, wird Ihnen auffallen, dass die schlecht bezahlten Berufe vor allem von den Frauen ausgeübt werden. Darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen. Das kann Ihnen wurscht sein. Das würde zur CDU passen. Uns GRÜNEN ist das aber nicht wurscht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir haben einige Fragen im Zusammenhang mit dem Konzept und dem Gesetzentwurf zu stellen. Ich gebe Herrn Kollegen Rentsch recht. Auf der einen Seite kann man dazu lesen, es gebe keine materiellen Änderungen. Aber natürlich soll einiges neu geregelt werden.

Die Fragen, die wir GRÜNEN schon im Jahr 2003 gestellt haben, haben an Aktualität nichts verloren. Lassen Sie mich einige Fragen aufwerfen, die wir in der Anhörung und der zweiten Lesung diskutieren und analysieren wollen.

Sind Daten dazu bekannt, ob die Altenpflegehilfe tatsächlich, wie geplant, die Altenpflege ergänzt, oder ersetzt sie sie etwa? Wird insofern also eine Konkurrenzsituation geschaffen?

Wie wurden die Ausbildungsangebote angenommen? Welche Entwicklungen sind vorgesehen? Welche Anforderungen wurden in den letzten Jahren an die Ausbildungsträger gestellt? Was sagt die Evaluation eigentlich dazu?

Was sagen die Schulen dazu? Worin bestehen deren Probleme angesichts der verschiedenen Ausbildungsanforde

rungen zur Fachkraft? Wie wurden diese Probleme beseitigt?

Wie haben sich die Gehälter in der Altenpflegehilfe und in der Altenpflege generell entwickelt? Hat sich für die Menschen, die in der Altenpflege arbeiten, inzwischen ein Gehaltsniveau ergeben, das zur Ernährung einer Familie ausreicht? Damit wird wieder die Frage aufgeworfen:Wie attraktiv ist dieser Beruf?

Welche Forderungen erheben die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, der Hessische Städtetag, der Hessische Landkreistag und die Verbände der Pflegekassen? Unter anderem wäre auch die Landesseniorenvertretung Hessen zu fragen, wie die Situation in den letzten vier Jahren eigentlich ausgesehen hat. Wie sieht die Analyse dazu aus? Wir GRÜNEN halten es für wesentlich, dass wir, bevor wir ein neues Gesetz beschließen, die mit den Fragen angesprochenen Aspekte gut reflektieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben darüber hinaus schon einmal über etwas anderes gesprochen. Da ist der CDU eine Panne passiert. Der Herr Staatssekretär sitzt heute hier. Damals war es, wenn ich mich richtig erinnere, noch ein Betrag in Höhe von 9,5 Millionen c. Uns wurde massiv zugetragen, dass die im Landeshaushalt vorgesehene Summe nicht ausreichen würde, um den steigenden Bedarf in der Ausbildung zur Altenpflegehelferin zu decken. In letzter Minute hat die CDU es noch geschafft, das mit einer Zulage in Höhe von 1 Million c zu reparieren.

Ich glaube aber nicht, dass es bei den 12,5 Millionen c bleiben wird. Herr Rentsch hat für seine Fraktion gesagt, dass, wenn es zu einem Kampf mit dem Finanzminister käme, sie an der Seite der Sozialministerin stehen würde.

Ich glaube, wir müssen sogar einen Schritt weitergehen. Ich glaube, der Betrag wird noch ansteigen müssen, weil wir mehr Auszubildende haben werden. Da gibt es eine ganz komische,verquere Deckelung,die da drinsteckt und die es sowohl den Schulen als auch den Ausbildungsträgern nicht ganz einfach machen wird, wenn der Bedarf weiterhin steigen wird. Sie erinnern sich an die Debatte, ob wir die 3.500 Plätze haben oder nicht und wie die Gelder abgerufen werden. Das ist ein ganz sperriges Thema. Wir werden uns diesen Fragen noch einmal intensiv annehmen.

Das, was bisher gesagt wurde, ist in der Tat zutreffend.Wir werden den Gesetzentwurf wohlwollend prüfen. Es spricht mehr für als gegen diesen Gesetzentwurf. Ich glaube aber, wenn wir diese Aufgabe auch in der Zukunft meistern wollen, werden wir mehr tun müssen, um diesen Beruf attraktiv zu machen.

Ich will noch auf ein Problem hinweisen. Frau Kollegin Eckhardt und ich haben ein Gespräch mit Altenpflegehelferinnen geführt. Die haben etwas gesagt; das wird auch in der Antwort der Sozialministerin auf die Kleine Anfrage des Herrn Kollegen Rentsch noch einmal klar. Die Drucksache wurde im April 2007 verteilt. In der Antwort steht, dass es nur rund 45 % der Altenpflegehelferinnen tatsächlich schaffen, später in diese Ausbildung zu kommen.Das heißt,über die Hälfte der Altenpflegehelferinnen schafft es nicht, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, mit dem sie in die Altenpflege übergehen könnten. Wir finden, dieser Anteil ist zu hoch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wir haben in der Gesprächsrunde mit den Altenpflegehelferinnen gemerkt, dass es für sie wirklich problematisch ist, in diese Ausbildung hineinzukommen. Das hat auch etwas mit der Frage zu tun, ob es tatsächlich gerecht war,dass Sie dieses System damals abgeschafft haben.Das müssen wir noch einmal neu diskutieren.

Offensichtlich ist es so, dass die Heime, die ausbilden, finanziell stärker belastet sind als solche, die nicht ausbilden. Da ist ein Umlagesystem per se nicht schlecht. Das muss man neu diskutieren.

Wir dürfen nicht die bestrafen, die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Das muss man neu diskutieren. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze. Wir brauchen mehr Altenpflegerinnen. Wir brauchen das als attraktiven Beruf.Wir brauchen das für die älteren Menschen und für ein sozial gerechtes Hessen. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Herr Bocklet, vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Oppermann zu Wort gemeldet. Frau Oppermann, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fuhrmann, von Marathon und Durchpeitschen kann nun wirklich keine Rede sein.