Protocol of the Session on March 29, 2007

Meine Damen und Herren, Kooperation liegt auch insofern vor, als in Tandems bis zu zehn Einrichtungen die Dinge miteinander entwickeln und beobachten. Kooperation und Unterstützung gibt es insoweit – da widerspreche ich allen, die behaupten, das sei nicht der Fall –, dass wir Auftaktveranstaltungen organisiert, Fachberatung vor Ort angeboten, Fortbildungen sowohl für die Einrichtungen als auch für die Fachberatungen durchgeführt und diese damit qualifiziert haben, Regionalkonferenzen und Fachforen gestaltet haben, die wissenschaftliche Begleitung zur Verfügung stand und die Tandems einzeln besucht und von beiden Ministerien begleitet worden sind.

Meine Damen und Herren, es hat zwei Fragebogenerhebungen gegeben: die erste am Anfang, um die Ausgangslage zu erheben, und die zweite am Schluss. Diese ist nun gerade ausgewertet worden. Sie macht deutlich, dass sich die Betroffenen mittlerweile auf Augenhöhe bewegen können, dass sie an einer gemeinsamen Sprache gearbeitet haben, dass gemeinsame Elternarbeit entstanden ist, dass die Übergänge in den Einrichtungen optimiert werden konnten und dass die Kompetenzen in dieser Zeit gebündelt werden konnten.

Natürlich zeigt sie auch den Wunsch nach weiterer Begleitung durch Fachberatung, nach mehr Zeit und nach gemeinsamer Fortbildung. Daraus leiten sich die Konsequenzen für die endgültige Bearbeitung des Bildungsund Erziehungsplans ab. Natürlich gibt es Konsequenzen, und zwar zum Teil jetzt schon.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da geht es nicht um unseriöse und unfinanzierbare Vorschläge, wie sie die GRÜNEN für den Haushalt gemacht haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie bitte? Was haben wir? Sie können nicht rechnen!)

Frau Hartmann behauptet,es stünden nicht 1,5 Stellen zur Verfügung. Natürlich stehen – so ist die Anordnung – immer 1,5 Stellen zur Verfügung, und zwar unabhängig von Urlaubs- und Fortbildungszeiten. Sie müssen zur Verfügung gestellt werden. Natürlich werden wir die Implementierung durch Information und durch Kommunikation intensiv weiter begleiten. Es wird weiterhin Handreichungen und Praxisbeispiele sowie weitere mehrsprachige Elternbroschüren geben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Kaffeekränzchen mit Ihnen reicht nicht!)

Es wird Fortbildungsangebote für Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte, insbesondere für Multiplikatoren, geben. Sie sind durch den Haushalt finanziert und werden durch den nächsten Haushalt weiter finanziert werden.

Es wird eine Qualifikation des Managements, von Fachberatern und Leitungskräften geben müssen, und es wird

sie auf beiden Seiten geben. Es wird eine weitere Implementierungsbegleitung durch die gemeinsame Geschäftsstelle unserer beiden Häuser geben. Es wird auch eine Weiterentwicklung der Ausbildungsinhalte geben – sowohl für die Erzieherinnen als auch für die Grundschullehrkräfte in der ersten und zweiten Phase.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben die Lehrpläne für die Erzieherinnenausbildung bereits verändert. Wir werden sie nach der Auswertung der Anhörungen anpassen und weiterentwickeln, damit die Professionalität von Erzieherinnen und Erziehern, aber auch von Lehrkräften in der Grundschule durch Aus- und Fortbildung weiterentwickelt wird.

Deswegen geht unser Dank an alle an dieser Erprobungsphase Beteiligten. An alle ergeht die Bitte, dies weiterzuentwickeln. Ich bin mir sicher, dass wir auf der Grundlage des vorgelesenen Zitats, in dem das Tandem dies als „Initialzündung“ bezeichnet hat, dazu kommen werden, dass die Maßnahmen, die die beiden Häuser ergriffen haben, den Prozess von den 120 Tandems auf alle Einrichtungen des Landes übergreifen lassen werden. Ich bin mir sehr sicher, dass alle Einrichtungen des Landes, Kindergärten, Kindertagesstätten und Schulen, darauf warten, dass dies nach der Auswertung zur Regel wird und alle davon profitieren werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hartmann, Sie haben sich noch einmal gemeldet. Bitte sehr.

(Brigitte Kölsch (CDU): Das geht doch gar nicht!)

Doch, das geht. Sie kann sich melden, um nach der Regierung noch einmal zu sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich kann es auch ganz kurz machen. Frau Ministerin, ich empfehle Ihnen, sich von Ihrer Kollegin einmal die Mindeststandards geben zu lassen. Dann werden Sie sehr wohl feststellen,dass es möglich ist, dass nur eine Kraft in den Kindertagesstätten tätig ist. Denn durch diesen Mindeststandard ist nicht gewährleistet, dass immer 1,5 Kräfte anwesend sind.

(Ministerin Silke Lautenschläger: Es stimmt aber nicht, dass sie nur manchmal da sein müssen! Da sollten Sie einmal richtig lesen!)

Was die Erzieherinnenausbildung anbelangt, geht es nicht nur um eine Veränderung der Lehrpläne,sondern um eine Reform. Ich hätte mir erwartet, dass Sie etwas zu dem Schreiben der Kommunalen Spitzenverbände und der Wohlfahrtsverbände sagen. Da steht: „Bildung in Hessen – Qualität von Anfang an“, und daran ist hinten ein dickes Fragezeichen. Ich zitiere aus dieser Untersuchung, aus einem Schreiben der Spitzenverbände und der Liga der Freien Wohlfahrtsverbände, eine Passage: „Leider haben sich unsere zu Beginn der Erprobungsphase geäußerten Bedenken bestätigt.Wie zu erwarten war, ist der mit einer Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans verbundene Aufwand sowohl für die Einrichtungen als auch für die Fachberatungen sehr hoch. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen reichen hierfür zumeist nicht aus. Vielmehr ist zu beobachten, dass letztlich Zeit aus der direkten Betreuung der Kinder abgezogen werden musste, um

den Anforderungen gerecht zu werden, die aus der Umsetzung dieses Planes erwuchsen.“

Das ist nicht meine Formulierung. Diese Formulierung stammt aus der Untersuchung. Ich erspare es mir und Ihnen, aus dem Brief des Landkreistages zu zitieren, der an die Landkreise ging. Darin wird noch einmal hervorgehoben,wie sich diese Landesregierung weigert,in einen konstruktiven Dialog einzutreten.Es wird klar ausgesagt,dass die Umsetzung des fachlich anerkannten – das will ich nicht bestreiten – Bildungs- und Erziehungsplans unter den heutigen Bedingungen nicht gelungen ist. Frau Sozialministerin, ich hätte mir erwartet, dass Sie dazu Position beziehen und sagen,wie Sie mit diesen Vorwürfen der Träger umgehen und wie Sie hier in Zukunft das Parlament einbinden werden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Große Anfrage der SPD betreffend Erprobungsphase des Bildungs- und Erziehungsplans besprochen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Große Anfrage der Abg. Fuhrmann, Dr. Pauly-Bender, Eckhardt, Habermann, Schäfer-Gümbel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Stand der Umsetzung des Gender-Mainstreamings in Hessen – Drucks. 16/6665 zu Drucks. 16/5563 –

Als Redezeit sind zehn Minuten vereinbart. Frau PaulyBender, Sie haben als Erste für die SPD-Fraktion das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich weiß nicht, ob es am Tagesordnungspunkt liegt: Drei Frauen präsidieren bei diesem Tagesordnungspunkt.

(Michael Boddenberg (CDU): Es gibt keine Zufälle!)

Die Herren sind im Parlament spärlich vertreten. Ich bin auch irritiert, dass es heute so hell ist. Normalerweise verhandeln wir frauenpolitische Tagesordnungspunkte in Hessen in der Dunkelheit, nämlich immer am Rande der Tagesordnung, spät abends.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Bod- denberg (CDU): Wollen wir es lieber später machen, Frau Kollegin?)

Ich freue mich aber, dass Herr Hoff da ist, auf den ich gleich noch zu sprechen kommen werde.

Unsere heutige Debatte zum europäischen Gender-Mainstreaming-Programm und zu seiner Umsetzung in Hessen wird nicht die letzte sein. Das Programm wird uns eine gewisse Zeit begleiten. Deutschland und ganz besonders Hessen, in dem die CDU in den letzten 20 Jahren immerhin 12 Jahre regiert hat, hat einen großen Bedarf an europäischer Nachhilfe in Sachen Antidiskriminierungspolitik, auch und gerade zugunsten von Frauen.

Von Lissabon wurde seit Januar in Hessen sehr viel geredet. In der letzten Woche wurde die Broschüre „Europa gelingt gemeinsam“ erläutert. Leider haben wir nicht in

Erinnerung – Herr Hoff, daher hoffe ich, dass Sie sich dazu Notizen machen –, dass die Hessische Landesregierung im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie auch nur ein einziges Mal für ihren eigenen Verantwortungsbereich einen ernsthaften Schwerpunkt bei der Gleichstellung von Frauen mit Männern gesetzt hätte.

Frau Hofmann, meine Kollegin, hat mir vorhin diese Broschüre gegeben. Sie haben es fertig gebracht, die europäische Beschäftigungsstrategie in punkto Antidiskriminierungspolitik von Frauen auf dem Erwerbsmarkt nicht mit einem einzigen Wort zu erwähnen.

(Michael Siebel (SPD): Hört, hört!)

In diesen Zusammenhang ist die europäische Gender-Debatte zu setzen. Ich glaube, weil Sie diesen Zusammenhang nicht knüpfen oder ihn gar unterdrücken, haben Sie auch mit dem Thema Gender so wenig zu tun.

Das kommt nicht von ungefähr. Europa will bis zum Jahr 2010 zur weltweit wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsregion werden. Gerade dabei spielt die Beschäftigungsquote der Frauen eine große Rolle.

Auch bei uns muss die Beschäftigungsquote der Frauen bis zum Jahr 2010 auf über 60 % angehoben werden. Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, dass dabei nicht Personen gezählt werden, sondern dass es um 60 % des Arbeitsvolumens geht. Davon sind wir in Hessen noch Welten entfernt.

Dabei geht es nicht nur um Masse, sondern auch um Klasse. Den Frauen sollen die Wettbewerbshindernisse auf dem Arbeitsmarkt weggeräumt werden. Herr Hoff, hier spielt dann die Strategie des Gender-Mainstreamings mit hinein. Wir hatten uns erhofft, dass gerade Sie für diese europäische Strategie werben.

Nicht die überkommenen Rollenbilder vom fleißigen Zuverdienerlieschen und dem erfolgreichen Familienernährer Hans sollen allein das Muster für den eigenen Lebensentwurf abgeben.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich fühle mich von Ihnen diskriminiert! – Axel Wintermeyer (CDU): Das ist unglaublich!)

Herr Boddenberg, regen Sie sich doch nicht so auf. Sie können das doch halten, wie Sie wollen.

Frauen sollen, ihren Begabungen und Neigungen entsprechend, ungehindert von ungeschriebenen Wettbewerbshindernissen ihre Biografie leben dürfen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dr. Peter Lennert (CDU): Das ist Frauendiskriminierung!)

Meine Herren der CDU-Fraktion,man kann zu Hause die Arbeitsteilung arrangieren, wie man möchte. GenderMainstreaming möchte, dass nicht allen, die eine gleichberechtigte Arbeitsteilung für sich arrangiert haben, das andere Rollenbild entgegenschlägt. Dafür streitet die Gender-Mainstreaming-Strategie.

Leider ist bei der hessischen CDU zu diesem Thema keine Offensive zu erkennen. Die hessische CDU befindet sich in der Modernisierungsskala der deutschen CDU auf dem untersten Level. Bezeichnend dafür ist Ihr Antrag zur Wahlfreiheit, zu dem Frau Fuhrmann nachher sprechen wird. Den haben Sie für heute zu Ihrem Setzpunkt gemacht.

Dieser Antrag könnte auch aus der Wendeära der Regierung Kohl vor dem Wirken von Rita Süssmuth stammen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Axel Wintermeyer (CDU): Ach du lieber Gott!)

Schon seinerzeit haben sich Frauen aus der Gewerkschaft und der SPD gegen diese Art der Wahlfreiheitsideologie gewendet. Herr Boddenberg und Herr Wintermeyer, ein Vierteljahrhundert später beschäftigt uns ein hessisches Remake. Es sollte Sie umtreiben, dass Sie nur Remakes auf der Pfanne haben.

(Beifall bei der SPD)