Protocol of the Session on March 29, 2007

(Florian Rentsch (FDP): Wenn Herr Banzer in der Tür steht, kommt ohnehin keiner heraus!)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt gerade noch in drei Bundesländern einen Unterausschuss Justizvollzug, nämlich nur noch in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz.Ansonsten werden die Themen, die den Justizvollzug betreffen, in einem richtigen, in einem ordentlichen, in einem Hauptausschuss bearbeitet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Genau das wollen wir. Wir wollen, dass nicht mehr in einem Unterausschuss, sozusagen in einem Ausschuss zweiter Güte,die Thematik des Strafvollzugs erörtert wird.Wir wollen das deshalb, weil es einen Unterschied gibt zu den letzten 60 Jahren.

Seit der Änderung des Grundgesetzes im Rahmen des Kompromisses beim Föderalismus ist bekanntlich die Gesetzgebungskompetenz vom Bund auf die Länder übertragen worden.Wir haben in wenigen Bereichen eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. In diesem Bereich haben wir sie. Aber was macht der Hessische Landtag? Wenn es jetzt nach der Beschlussempfehlung geht, gedeckt von den Fraktionen der Union und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er bleibt dabei, dass die Gesetzgebungskompetenz in einem Unterausschuss abgearbeitet wird.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Falsch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann so nicht richtig sein. Das ist falsch; Sie haben vollkommen recht. Deshalb muss es geändert werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich weiß nicht, welche Gegenargumente es gibt. In den Debatten im Ältestenrat und davor sind auch keine genannt worden.Es gibt eine Presseerklärung des ansonsten von mir geschätzten parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, der übertitelt ist: „Vorschlag der FDP erfolgt ohne Absprache“.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Was?)

Deshalb ist der Vorschlag wohl falsch; nur weil wir vorher nicht tiefstuntertänig mit dem Kollegen Wintermeyer gesprochen haben, darf das nicht laufen.

(Norbert Schmitt (SPD): Aber normalerweise macht ihr das?)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das mag beim Gefühl der absoluten Mehrheit so sein, hat aber mit Parlamentarismus und Demokratie herzlich wenig zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Herr parlamentarischer Geschäftsführer, tiefstuntertänig erbitte ich deshalb, dass die Union das Argument jetzt abstellt und sich mit der Sache beschäftigt.

Sie sagen, dieser Vorschlag sei unausgegoren. Daraufhin frage ich Sie: Ist das wirklich Ihr Ernst? Ist es Ihnen ernst damit, dass wir es, wobei wir in diesem Landtag die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz haben, weiterhin von einem untergeordneten Ausschuss machen lassen? Was ist an dem Vorschlag unausgegoren? Das kann nur das Verhalten einer beleidigten Leberwurst sein; es ist das Verhalten einer Unionsfraktion, die nun sagt: Ätsch, wir wollen nicht mitmachen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich sehe das relativ emotionslos. Sicher ist aber, dass es der Thematik, die wir zu bearbeiten haben, nicht gerecht wird. Wenn die Union nun meint,dass sie das nicht machen will – denn sie hat dafür keine Gründe und kann nur sagen, es war schon immer so –, dann stelle ich fest: Es war schon immer so, aber jetzt haben wir eine andere Situation.Wir haben jetzt die Gesetzgebungskompetenz, sodass nun eine Änderung stattfinden muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wehe dem, der es mit den gestrigen Reden, die wir zum Jugendstrafvollzug gehalten haben, ernst meint. Wehe dem, der es damit ernst meint, dass wir mit den anderen Bundesländern in Bezug auf den Strafvollzug nicht in einen Wettbewerb der Beliebigkeit eintreten wollen. Es geht nicht nur um den Jugendstrafvollzug, über den wir gestern geredet haben, sondern es geht auch um den Erwachsenenstrafvollzug, den wir hier zu erörtern haben. Dieser Wertigkeit muss man gerecht werden, denn es muss ein Ausschuss her, ein richtiger Ausschuss, ein Hauptausschuss, der sich in diesem Landtag mit der Frage des Justizvollzugs beschäftigt und der kein Unterausschuss ist, auch wenn wir diesen schon 60 Jahre lang haben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hahn. – Als Nächster hat Herr Kaufmann das Wort.

Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Kollege Hahn!

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ja!)

Erstens. Wir waren aus gutem Grunde gemeinsam über viele Jahre hinweg der Auffassung, dass wir unsere Geschäftsordnung nur einvernehmlich ändern, weil sie unsere gemeinsame Arbeitsgrundlage darstellt

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

und weil von diesem gemeinsamen Vorgehen die Opposition in der Regel bislang mehr profitiert hat als die Regierungsmehrheit.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

An der Geschäftsordnung, wie wir sie im Grunde jetzt noch haben, hat Herr Kollege Franz Josef Jung seinerzeit, als er noch in der Opposition gewesen ist,maßgeblich mitgewirkt.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ich würde sagen, es ist ein unglaublicher Vorgang!)

Insofern ist das ein Monitum, dass Sie einen Antrag gestellt haben, ohne überhaupt zu versuchen, in Bezug auf die Geschäftsordnung eine gemeinsame Basis zu finden.

(Zurufe von der FDP)

Der Begriff „Monitum“ ist berechtigt.

Zweitens. Zu Beginn der 15. Legislaturperiode, als CDU und FDP gemeinsam die Mehrheit hatten,wurde hier entschieden, dass wir für jedes Fachressort nur noch einen Ausschuss haben. Sie haben damals kritisiert, dass es unter Rot-Grün auch innerhalb von Ressorts mehrere, für Fachgebiete differenzierte Ausschüsse gegeben hat. Sie waren damals der Meinung: ein Ressort gleich ein Ausschuss. Wir haben das damals bedauert, aber diese Situation haben wir jetzt.

Sehr geehrter Herr Kollege Hahn, bei Ihrer gesamten Argumentation – das ist mein dritter Punkt – gehen Sie von einer grundsätzlich falschen Einschätzung aus. Die Hauptausschüsse, wie Sie sie genannt haben, d. h. die Fachausschüsse, sind für die fachpolitische Debatte, die Anträge sowie die gesamte Gesetzgebung im jeweiligen Ressort zuständig. Die Unterausschüsse hingegen sind – dafür haben wir sie im Wesentlichen eingerichtet – für die genauere Betrachtung der Verwaltungspraxis und ihre Kontrolle zuständig. Das gilt für das Finanzcontrolling genauso wie für den Unterausschuss Justizvollzug, der sich in der Regel mit Einzelfällen und den Petitionen aus seinem Bereich beschäftigt.

Insofern besteht überhaupt kein Grund dafür, nicht die neu gewonnene Zuständigkeit im Rechtsausschuss, dem Fachausschuss des Ressorts, zu verhandeln. Denn der Rechtsausschuss ist keineswegs überlastet. Wenn Sie sich das einmal anschauen, dann stellen Sie fest, dass der Rechtsausschuss in dieser Legislaturperiode nun wahrlich nicht die meisten Sitzungen abgehalten hat, sondern er befindet sich am Ende der Sitzungstabelle;die genaue Anzahl der Sitzungen lässt sich leicht feststellen.

(Nicola Beer (FDP): Wir arbeiten einfach effizienter!)

Der Innenausschuss hat bisher 73 Sitzungen abgehalten, der Rechtsausschuss lediglich 43.

Meine Damen und Herren, das macht deutlich: Der Rechtsausschuss kann die ihm neu erwachsene Kompetenz, weil das Justizressort nun für den Strafvollzug zuständig ist, sehr wohl gesetzgeberisch begleiten.

Meine Damen und Herren, unser Fazit lautet: Die Adelung des Unterausschusses Justizvollzug zum ordentlichen Ausschuss brauchen wir trotz seiner historischen Verdienste und seines bevorstehenden Geburtstags nicht. Herr Kollege Hahn, der Unterausschuss Justizvollzug soll bleiben, was er ist: arbeitsorientiert, bescheiden und gut. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg.Alfons Gerling (CDU))

Danke, Herr Kaufmann. – Herr Beuth, Sie erhalten als Nächster das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kaufmann, ich muss zunächst einmal, auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen des Rechtsausschusses, den Versuch zurückweisen, dass man aufgrund der Häufigkeit der Sitzungen des Rechtsausschusses irgendwelche Rückschlüsse ziehen könnte. Wir sind natürlich ein qualitativ hochwertig arbeitender Ausschuss, daher brauchen wir auch nicht ganz so häufig zu tagen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine Übertreibung, Herr Kollege!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber Scherz beiseite. Herr Kollege Hahn, ich will damit beginnen, dass Sie vorgetragen haben, die CDU würde Ihren Vorschlag ablehnen, weil er nicht mit uns abgesprochen worden sei. Ich denke, Herr Kollege Kaufmann hat hierzu das Richtige gesagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Kollege Hahn, ich meine, wir sind in diesem Hause gut beraten, wenn wir auch weiterhin versuchen, Änderungen der Geschäftsordnung einvernehmlich vorzunehmen. Ich denke, das dient am Ende allen Kolleginnen und Kollegen, und das dient vor allen Dingen allen Fraktionen. Daher ist es richtig, darauf hinzuweisen, dass man versuchen sollte, eine solche Veränderung der Geschäftsordnung gemeinschaftlich hinzubekommen.

Herr Kollege Hahn, ich glaube auch; Sie tun sowohl den Kollegen des Unterausschusses Justizvollzug als auch der Thematik unrecht, indem Sie davon sprechen, dass ein Ausschuss, der in diesem Hause eine 60-jährige Tradition hat, kein richtiger Ausschuss oder gar ein Ausschuss zweiter Güte sei.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Kollege Hahn,ich finde,dass Sie an dieser Stelle Ihre Worte noch einmal überdenken sollten. Hessen hat hier keinen Nachholbedarf. Wir haben mit dem Unterausschuss Justizvollzug eine lange Tradition, und wir können bald dessen 60. Geburtstag feiern. Im Unterausschuss Justizvollzug wird von den Kolleginnen und Kollegen eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Er hat momentan unter dem Vorsitz unseres geschätzten Herrn Kollegen Gerling neun Mitglieder, und das soll auch so bleiben.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich ein fadenscheiniges Argument, zu sagen, die Föderalismusreform habe hier eine neue Sachlage herbeigeführt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Die Föderalismusreform hat an vielen Stellen eine neue Sachlage herbeigeführt, doch sind wir mitnichten dabei, den Innenausschuss zu teilen und zu sagen: Wir haben dort das bisherige Themengebiet, aber außerdem haben wir eine neue Zuständigkeit für das Beamtenrecht bekommen, sodass wir zukünftig noch einen Ausschuss für das Beamtenrecht machen. – Das ist natürlich überhaupt nicht im Sinne des Erfinders.