Protocol of the Session on March 28, 2007

Das ist in der PISA-Studie nachlesbar, und es wird dort auch sehr deutlich nachgewiesen.

(Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hessen hatte in der Tat mit dem Thema, das heute im Mittelpunkt der Debatte gestanden hat, ein Problem – dass nämlich unter Rot-Grün eine Schulform bevorzugt worden ist: die integrierte Gesamtschule. Laut PISA sind die Ergebnisse der Länder Bayern,Sachsen,Thüringen und Baden-Württemberg besser als das Ergebnis von Schweden. Darüber wird immer noch zu wenig diskutiert. Das ist aber laut PISA und aufgrund der Untersuchungen,die wir innerhalb Hessens bei den Mathetests, den Vergleichsarbeiten und den Abschlussprüfungen durchgeführt haben, erwiesen. Es ist erwiesen, dass die jeweiligen Zweige – Haupt- und Realschulzweige, sei es an den selbstständigen oder kooperativen Gesamtschulen – selbstverständlich bessere Ergebnisse zeitigen als die integrierten Gesamtschulen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es stellt sich aber auch die folgende Frage: Wo ist die Quote der Risikoschüler am höchsten? – Diese ist an integrierten Gesamtschulen natürlich höher. Dort ist die Abhängigkeit der Leistung von der sozialen Herkunft höher, als dies bei anderen Schulformen der Fall ist. Dort ist auch die Quote der Schüler, die keinen Abschluss machen, deutlich höher als in den Schulformen des gegliederten Schulwesens.

Meine Damen und Herren, ich stimme dennoch Herrn Prof. Zöllner, meinem Kollegen aus Berlin, dem Präsidenten der KMK, ausdrücklich zu, wenn er sagt, was vorhin schon mehrfach zitiert worden ist, dass nicht gegeneinander ausgespielt und dass nicht die Schulformdiskussion in den Vordergrund der Debatte gestellt werden solle.

Meine Damen und Herren, von dem, was Frau Kollegin Habermann eben gesagt hat, spricht nichts dagegen. Wir sollten auf den Kollegen Zöllner eindeutig hören, wenn er sagt: „Wenn man die Diskussion, die letzten Endes eine inhaltliche sein muss, immer nur auf die Schulformen führt, dann werden wir den entscheidenden Schritt nach vorne in der Bildungspolitik nicht machen.“ An einer anderen Stelle sagt er: „Wir müssen aber aufpassen, dass dabei nicht der eigentliche Paradigmenwechsel aus den Augen gerät, der darin besteht, jede Schülerin und jeden Schüler unabhängig von der Schulform – individuell zu fördern. Das ist und bleibt die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre.“ – Damit hat er vollkommen recht.

Frau Habermann, wenn Sie sagen, individulle Förderung sei hier gerade nicht vorfindbar, dann sage ich Ihnen:Wer hat eigentlich Lehrpläne differenziert aufgestellt? Wer hat in die Lehrpläne nicht nur Inhalte hineingeschrieben, sondern auch die Methoden der Schülerinnen und Schüler, um zu eigenständigem Lernen vordringen und sich

dort profilieren zu können? Wer hat die entsprechenden Prüfungsformen aufgestellt? Wer hat überhaupt diese Prüfungen als Beweis dafür, sich darstellen und zu einem Abschluss kommen zu können, eingeführt? Wer hat eigentlich individuelle Förderpläne in diesem Lande eingeführt und zur Pflicht gemacht? Wer hat die Diagnosefähigkeit, die vorher sträflich vernachlässigt worden ist, zur Pflicht gemacht? Wer hat die Dozenten aufgetrieben, die vorher nicht auffindbar gewesen waren, um Lehrerinnen und Lehrern, die sich fortbilden wollen, in dieser Richtung etwas zu vermitteln?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, individuelle Förderung ist das Markenzeichen dieser Landesregierung – in den verschiedenen Bildungsgängen, die übrigens wesentlich mehr sind als nur drei.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da es um die Frage geht, welche Probleme Hessen hatte, sage ich Ihnen:

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reden wir doch einmal über die heutigen Probleme!)

Hessen hatte vorher das Problem, dass die Stundentafel gekürzt worden war und dass die vorhandenen gekürzten Stundenpläne aufgrund zusätzlichen Unterrichtsausfalls nicht erfüllt worden waren. Hessen hatte das Problem, dass Bildungsaufgaben nicht Priorität hatten.

Herr Kollege Wagner, deshalb rede ich von Ihrem heutigen Antrag, der unglaubwürdig und geheuchelt ist, und zwar vor dem Hintergrund, dass ungedeckt zusätzlich Geld ausgegeben werden soll.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben im Bereich der Bildung die Mittel des Landes Hessen nicht erhöht. Wir haben sie in den letzten Jahren um insgesamt 4 Milliarden c erhöht. Die Differenz zwischen dem heutigen Haushalt und dem des Jahres 1999, wie Sie ihn damals aufgestellt haben, beträgt mittlerweile 780 Millionen c – ohne den Aufwand für Versorgungsausgaben. Das zeigt: Unsere Priorität ist die Bildung.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Sie fordern, ist ein Wunschzettel und kein Zeichen von Glaubwürdigkeit.

Hessen hatte ein Problem,weil die Einrichtung von Ganztagsschulen bei 130 Schulen stagnierte. Wir haben aber heute das Dreieinhalbfache von dem, was damals an Ganztagsschulen eingeführt worden ist – nicht von dem, was nur leere Versprechungen der Opposition sind, sondern es ist das Dreieinhalbfache von dem, was wir als Grundlage vorgefunden haben und was an der Leistung gemessen werden kann, die mit 45 Millionen c pro Jahr schriftlich hinterlegt ist.

Hessen hatte ein Problem, weil Prozesse permanent gesteuert worden sind, indem darauf verzichtet worden ist, Ergebnisse auch zu messen bzw. zu überprüfen, und indem darauf verzichtet worden ist, zu prüfen, welche Leistungen unsere Schulen, Schülerinnen und Schüler eigentlich erreichen können.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Man hat niemals überprüft, welche Chancen man ihnen für ihr Leben mitgegeben hat. Man hat stattdessen mutwillig darauf verzichtet. Man wollte solche Leistungsüberprüfungen letztlich niemals haben.

Meine Damen und Herren, wir haben dafür gesorgt, dass die Instrumentarien für solche Leistungsüberprüfungen eingeführt worden sind. Wir wissen, dass sie gemeinsam mit anderen Maßnahmen dazu beitragen, dass die Leistungen in Hessen besser geworden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass auf diesem Wege mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit gegeben werden müssen. Wir haben Ihre Prozesssteuerung durch einen Paradigmenwechsel abgelöst und haben gesagt: Die Schulen müssen mehr Freiräume haben. Sie müssen mehr Eigenverantwortung haben. – In den vergangenen Jahren haben sie auf dieser Basis mehr Rechte bekommen,und sie haben nur an einer Stelle eine Beschwerde in Bezug auf die Reglementierung vorgetragen – Herr Kollege Wagner hat dies vorgetragen –, nämlich im Bereich der verlässlichen Schule. Dort tun wir alles, um die Reglementierung zu vermindern. Allerdings sind wir dort auf das entsprechende Arbeitsrecht angewiesen. Es gibt in keinem anderen Bereich Vorschläge bzw. Vorwürfe in Bezug auf eine übermäßige Reglementierung, sondern es gibt für die einzelnen Schulen mehr Freiheiten. Das ist die Wirklichkeit in unseren Schulen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich mir auf der Grundlage der Probleme,die Sie uns hinterlassen haben, anschaue, welche Dinge in anderen Ländern, in denen Sozialdemokraten Verantwortung tragen – Herr Kollege Irmer ist darauf schon eingegangen –, gemacht werden, dann stelle ich fest:Wir haben in Hessen einiges zu bieten.Wir haben z. B. die Schulzeitverkürzung. Diese ist mittlerweile durch, auch in den allerletzten Bundesländern. Diese wird von der hessischen SPD noch immer abgelehnt. Wir haben die Landesprüfungen, und diese werden am Beispiel des Landesabiturs wiederum abgelehnt. Die Landesprüfungen werden aber mittlerweile in fast allen Bundesländern eingeführt, und sie sind in fast allen Ländern beschlossen worden – außer von der hessischen SPD.

Andere Länder, auch sozialdemokratisch und nicht nur christdemokratisch geführte Länder, haben mittlerweile Vorlaufkurse für Kinder aus Migrationsfamilien eingeführt. Sie preisen dies als erfolgreich. Die hessische SPD hat das noch lange als Zwangsgermanisierung bezeichnet.

Andere Länder verteidigen das Schulsystem in der Form, wie es gewachsen ist. Dies tut die hessische SPD nicht.

Andere Länder übernehmen Beispiele aus Hessen, etwa das,den Schulen für den Vertretungsunterricht ein Budget zur Verfügung zu stellen.

Andere Länder haben etwas Beispielhaftes übernommen. Sie stellen für Vertretungskräfte eine Pauschale in Höhe von 500 c zur Verfügung. Nur in Klammern gesagt: Bei uns sind das übrigens 1.000 c. – Das steht für den Vertretungsunterricht zur Verfügung. Das geschieht so in Rheinland-Pfalz. Die hessische SPD polemisiert gegen die verlässliche Schule.

Die hessische SPD polemisiert gegen die sogenannte Selektion. Der Kollege aus Brandenburg hat gerade Eingangsvoraussetzungen für den Besuch der Gymnasien eingeführt.

Wer Anspruch und Wirklichkeit betrachtet, wer die Realität in deutschen Schulen betrachtet, wer die deutsche Bildungspolitik betrachtet und die Mitglieder der hessischen Opposition beobachtet, der muss zu dem Schluss kommen: Da ist der Anschluss vollkommen verloren gegangen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch eines deutlich machen. Herrn Muñoz und all denjenigen, die sich mit ihm verbünden, ist kein Mittel zu schade, auch nicht das Mittel, die Schulen in Deutschland schlechtzureden. Er redet permanent darüber, wie schlecht alles sei.

(Petra Fuhrmann (SPD): Reden Sie manchmal auch mit Eltern?)

Im Übrigen belastet er damit auch die Arbeitsfähigkeit der Schulen in Deutschland. Er entmutigt diejenigen, die an deutschen Schulen tätig sind und an pädagogischen Konzepten arbeiten. Sie sind an der Förderung jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin interessiert. Dem wird man entgegenstellen müssen, welche Erfolge mittlerweile erreicht sind und welche Fortschritte wir gemeinsam mit den Schulen und für die Schülerinnen und Schüler in Hessen erreicht haben.

Ich habe gestern im Rahmen der Vorstellung der strategischen Ziele einen Zwischenbericht vorgelegt und dabei darauf hingewiesen, dass wir bei den Hauptschülern die Quote der Abgänger mit Abschluss erhöht haben. Die Quote derer, die die Hauptschule ohne Abschluss verlassen haben,konnte von 22,9 % auf 14,9 % gesenkt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch an den beruflichen Schulen konnte in bestimmten Bereichen eine Senkung der Quote um über ein Drittel erzielt werden. Das betrifft die Quote der Durchfaller in den theoretischen Prüfungen. Sie konnte deutlich gesenkt werden.

Hessen hat im Ländervergleich der Studie IGLU den dritten Platz belegt. Hessen hat sich bei der PISA-Studie überall verbessert, vor allem im Bereich der Mathematik. Hessen ist insbesondere bei der sogenannten sozialen Diskrepanz vom vorletzten Platz auf einen Mittelfeldplatz aufgestiegen. Die nächste Studie wird zu Beginn des nächsten Jahres veröffentlicht werden. Das wird so fortgesetzt werden.

Hessen wird in der Vergleichsarbeit für Mathematik – das ist ein Wettbewerb – von Jahr zu Jahr besser. Hessen ist bei den Abschlussprüfungen besser geworden. Insbesondere die schwächeren Schülerinnen und Schüler sind besser geworden. Sie haben den Anschluss gefunden. Damit bewahrheitet sich wieder einmal, wie unwahr das ist, was Frau Habermann zuletzt gesagt hat.

(Petra Fuhrmann (SPD): Na, na, na!)

Sie behauptete, die Schwachen und die Starken würden nicht gefördert. Es sind gerade die ganz Schwachen, genauso wie die ganz Starken, die erst von dieser Regierung gefördert wurden.Vorher geschah das nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Ministerin, die für die Fraktionen vorgesehene Redezeit ist erreicht.

Hessen hat inzwischen mehr und erfolgreichere Teilnehmer bei allen Wettbewerben, an denen im Land teilgenommen wird. Das betrifft „Jugend forscht“ und den europäischen Wettbewerb. Das betrifft Wettbewerbe auf dem Gebiet der Fremdsprachen und die naturwissenschaftlichen Olympiaden. Auch daran zeigt sich, wie erfolgreich individuelle Förderung ist.

In Hessen beträgt die Quote der Schülerinnen und Schüler, die Migranten sind und erfolgreich Vorlaufkurse besuchen,über 95 %.Sie können danach erfolgreich in die 1. Klasse eingeschult werden.

Wer diese nur sehr wenig strukturellen Veränderungen in der Bildungspolitik des Landes Hessen erkennt, wird fragen:Wovon reden sie eigentlich, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen in Hessen und in Deutschland reden? Diejenigen, die das sehen, werden das, was hier unter dem Begriff neuer Schule verkauft wird, als Illusion erkennen. Wir werden den erfolgreichen Kurs der hessischen Bildungspolitik für die hessischen Schülerinnen und Schüler entsprechend fortsetzen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Konzepte für die Schule von morgen statt Fortsetzung des Schulkampfs von gestern angelangt. Das wurde gemeinsam beraten mit dem Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU betreffend Schulvielfalt statt Zwangseinheitsschule.

Der Antrag und der Dringliche Antrag sollen dem Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch? – Dann ist das damit beschlossen.