Ja, bei welchen Steuersätzen sind Sie denn aus der Bundesregierung ausgeschieden? Damals hatten wir einen Steuerfreibetrag von 13.067 DM, das sind rund 6.540 c. Das war damals der Grundfreibetrag. Darauf wurde ein Steuersatz von etwas mehr als 25 % erhoben.
Was hatten wir bei Rot-Grün? Wir haben auch heute noch einen Grundfreibetrag von immerhin 7.664 c, und wir haben den Eingangssteuersatz auf 15 % reduziert. Vergleichen Sie das einmal mit Ihren Zahlen. Und Sie bieten sich als Steuerermäßigungspartei an?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Wie war es denn in den Neunzigerjahren? Damals haben Einkommensmillionäre aufgrund der Abschreibungsmodelle, die Sie eingeführt haben, fast gar keine Steuern gezahlt.
Das war doch eine Tatsache. Ein Beispiel dafür ist das Finanzamt Bad Homburg.Auch das haben wir korrigiert.
Sie haben es nötig, über die Steuerpolitik in diesem Parlament zu reden und Anträge in diese Richtung zu stellen. Sie haben an dieser Stelle wirklich versagt und haben eine historische Altlast zu tragen, die erst von Rot-Grün beseitigt worden ist.
Ich bitte ein zweites Mal um mehr Ruhe. Ich spreche ganz gezielt Herrn Rentsch an. Ich habe hier Worte gehört, die nicht in ein Parlament gehören. Ich bitte Sie, sich zurückzunehmen.
Ich setze mich doch nur mit Ihrem Antrag auseinander. Das können Sie offensichtlich nicht aushalten. Der Antrag ist so schwach wie Ihre Oppositionsarbeit in diesem Hause. Damit muss man sich doch einmal auseinandersetzen.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sie toller Hecht!)
Über die Frage des Verbots einer Nettoneuverschuldung reden Sie immer nur dann, wenn Sie in der Opposition sind, nie, wenn Sie an der Regierung sind. Sie haben den Rekordschuldenhaushalt von Waigel mit Ihren Stimmen mitgetragen. Die höchste Nettoneuverschuldung Hessens fand im Jahre 2002 statt: 1,981 Milliarden c. Dieser Haushalt ist verabschiedet worden mit den Stimmen der CDU und – wer war wieder dabei? – der FDP. Das war die bisher höchste Nettoneuverschuldung.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)
Immer dann, wenn Sie in der Opposition sind, fällt Ihnen etwas Schönes ein. Das ist aber nicht sehr glaubwürdig, weil Sie, wenn Sie an der Regierung waren, immer das Gegenteil davon getan haben.
Ich komme zu dem Hessen betreffenden Teil Ihres Antrags. – Herr Kollege Hahn, ich verstehe Ihre Nervosität. Wenn ich um Platz vier in diesem Parlament kämpfen müsste wie Sie, wäre ich genauso nervös. Wenn ich Umfragen in der Tasche hätte, die ich mich nicht vorzulegen trauen würde, wäre ich genauso nervös wie Sie. Sie müssen es aber aushalten, dass man Ihre Anträge wenigstens teilweise ernst nimmt und sich mit ihnen auseinandersetzt, wie ich das tue.
Die Einleitung in Ihrem Antrag zu dem Teil, der Hessen betrifft, ist richtig. Hessen hätte eigentlich eine Stärkung nötig. Jetzt komme ich zu der Diskussion über die Wachstumszahlen in Hessen, die eben eröffnet worden ist. Herr Boddenberg,Sie haben im Antrag der CDU-Fraktion dargestellt, Hessen habe, pro Kopf gerechnet, das höchste Bruttosozialprodukt. Das ist klar, denn es wäre wirklich dramatisch, wenn Sie das rot-grüne Erbe, das die Grundlagen für das Wachstum gelegt hat, in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit verspielen könnten. Das ist nicht einmal Ihnen gelungen.
Die Lage ist aber in Wirklichkeit dramatisch. Wie waren denn die Wachstumszahlen im Jahre 2006? Bundesweit lag das Wachstum im Durchschnitt bei 2,7 %. Wie hoch war das Wachstum in Hessen? 2,1 %, also erheblich unter dem Bundesdurchschnitt. Das macht doch deutlich: Hessen fällt unter der Regierung Koch zurück. Bei diesem Wirtschaftsminister ist das auch kein Wunder.
Ich werde überhaupt nicht persönlich.Ich setze mich mit Ihrer Politik auseinander. – Die Entwicklung in diesem Land ist dramatisch, weil die Wachstumszahlen in Hessen unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Das hat etwas mit Ihrer Politik zu tun, oder mit was sonst? Die Wachstumszahlen sind in den Keller gegangen.
Ich komme zum Arbeitsmarkt. Herr Posch, hier haben Sie sehr gut herausgearbeitet – an dem Punkt habe ich Ihnen zugestimmt –, dass Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern dramatische Arbeitsmarktzahlen aufweist. Was haben wir uns über Rheinland-Pfalz lustig gemacht, von einem „Agrarland“, von einem „Weinland“ gesprochen. Rheinland-Pfalz ist mittlerweile an uns vorbeigezogen. Es hat geringere Arbeitslosenzahlen als Hessen. Das finde ich dramatisch. An der Stelle hat die FDP, natürlich mit einem hervorragenden sozialdemokratischen Ministerpräsidenten an der Spitze, gute Arbeit gemacht. Jetzt macht es Kurt Beck alleine noch besser. Ich finde, das sollte die Orientierung für Hessen sein.
Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt hat in dieser Debatte noch überhaupt keine Rolle gespielt. Dazu muss man sagen: Es bleibt weiterhin dramatisch, wenn in einem so reiches Land, einem Land, das über so viel wirtschaftliche Kapazität verfügt, junge Leute wie kaum in einer an
deren Region in Deutschland Schwierigkeiten haben, eine Lehrstelle, eine Ausbildungsstelle zu finden. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis für ein reiches Land, und ich finde, so können wir mit Jugendlichen, die ins Berufsleben starten und das Fundament für ihr weiteres Fortkommen legen wollen, nicht umgehen. Deshalb spreche ich von einer dramatischen Lage, die auch etwas mit der Politik der Landesregierung zu tun hat.
Zum nächsten Punkt. Ich finde es bedauerlich, dass die FDP wieder nur in Oppositionszeiten die Verkehrsinfrastruktur anspricht. Sie sprechen davon, dass der Straßenbau und die Bundesverkehrswegeplanung im vordringlichen Bedarf unterfinanziert seien. Wie war es zu der Zeit, als die FDP auf Bundesebene regiert hat? Dieser Bereich war chronisch unterfinanziert.Auch da gab es erst ab dem Jahre 1998 mehr Geld, als Rot-Grün die Bundesregierung übernahm. Damals wurden auch dem Straßenbau wieder erheblich mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Deshalb hat der Straßenbau damals einen Sprung nach vorne gemacht.
Der Neoliberalismus weht nur so durch Ihren Antrag.Das wird in der Begründung deutlich.Wirtschaftliche Freiheit, Wettbewerb und Marktentfaltung seien fundamentale Grundlagen für eine dynamische Entwicklung, so heißt es im letzten Absatz Ihres Antrags. Dazu sage ich Ihnen: Für uns sind anständige Löhne unabdingbar – deswegen auch die Debatte über Mindestlöhne, aber auch die Debatte darüber, wie die Arbeitnehmer endlich am Produktivitätsfortschritt in Deutschland und am wirtschaftlichen Aufschwung beteiligt werden. Wenn das Gehalt von Herrn Ackermann zweistellige Zuwachsraten aufweist, was sicherlich nicht sein muss, dann müssen auch die Arbeitnehmer in ausreichendem Maße am Produktivitätsgewinn in Deutschland beteiligt werden.
Herr Posch, das ist auch die Antwort auf Ihre berechtigte Frage,wie die Entwicklung des Binnenmarkts in Deutschland verläuft und ob wir momentan nicht weiterhin am Tropf der Außenwirtschaft hängen. Da haben Sie Recht. Wir brauchen eine gute Entwicklung des Binnenmarktes, aber dafür ist ein Wachstum auf der Lohnseite als Ausdruck der Beteiligung am Produktivitätsfortschritt unbedingt nötig. Deshalb sind für uns anständige Löhne eine Grundvoraussetzung für eine dynamische Entwicklung der Gesellschaft.
Wir stehen für einen guten Sozialstaat, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet. Wir haben große Ressourcen zur Verfügung, nämlich ausgezeichnet ausgebildete Frauen, die aber nicht arbeiten gehen können, weil die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht geschaffen sind.Diese wären aber ganz wichtig für eine dynamische Gesellschaft. Für uns sind gute Rahmenbedingungen für Bildung,Infrastruktur, Wissenschaft und Forschung, von der Politik gesetzt, zentrale Voraussetzungen für eine solche Gesellschaft.
Wir sagen: soziale Marktwirtschaft statt neoliberaler Neandertalwirtschaft, wo der mit der größten Keule den Kleineren totschlägt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine dynamische und gerechte Gesellschaft. Das will ich an dieser Stelle einmal sagen.
Für uns ist die Sozialpartnerschaft eine wichtige Voraussetzung für eine gute Entwicklung der Gesellschaft und auch ein gerechtes Steuersystem, das für einen Ausgleich zwischen Arm und Reich sorgt. Das ist ein ganz anderes politisches Konzept als das, was Sie hier mit Ihrem neoliberalistischen Antrag vorgelegt haben.Wir haben eine andere Vorstellung von gesellschaftlicher Verantwortung und wirtschaftlicher Entwicklung, aber auch von sozialer Gerechtigkeit.