Herr Kollege Frankenberger, vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller zu Wort gemeldet.
Herr Kollege Frankenberger, damit hier keine Missverständnisse aufkommen, will ich Folgendes sagen:Wir wollen keine Ausweisung des Stammkapitals. Deswegen steht auch nichts davon in unserem Gesetzentwurf. Damit handelt es sich um einen Gegenentwurf zu dem, was die Landesregierung da will. – Vielen Dank.
Frau Hölldobler-Heumüller, vielen Dank. – Nun erhält Herr Kollege von Hunnius für die FDP-Fraktion das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an den Beginn meiner Ausführungen das Bekenntnis zu dem Dreisäulenmodell des deutschen und damit auch des hessischen Bankenwesens stellen. Ich sage ausdrücklich: Die Sparkassen stellen nicht die dritte, sondern die erste Säule dar. – Schon allein wegen ihrer Marktbedeutung stellen sie die erste Säule. Wenn man bedenkt, welchen Marktanteil die Sparkassen halten, kommt man klar zu dem Schluss, dass sie die erste Säule des Dreisäulensystems stellen.
Wir wollen, dass das Dreisäulensystem zukunftsfähig wird. Das muss unter den Rahmenbedingungen geschehen, die von der Europäischen Union vorgegeben wurden. Unter anderem geht es darum – –
Eine Rahmenbedingung lautet: mehr Wettbewerb bzw. gleiche Bedingungen im Wettbewerb. Deshalb hatte die FDP-Fraktion im Juni 2003 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Landesregierung hat damals gesagt, sie sei noch nicht ganz so weit, sie arbeite an einem eigenen Entwurf. „Fristgerecht“ wurde er etwa drei Jahre später vorgelegt. Er wurde am 26. September 2006 im Landtag eingereicht.
Wir haben unseren eigenen Gesetzentwurf am 24.09.noch einmal präsentiert. In diesem ganzen Spiel drohten die GRÜNEN, irgendwie argumentativ verloren zu gehen. Das war ein bisschen wie mit einem beliebten Wiener Kommentar: Wir wollen auch dabei sein. – Da hat man schnell überlegt, etwas zu tun, und hat bis 19.12. einen Entwurf auf die Beine gestellt. Das ist er nun.
Ich frage mich: Haben die GRÜNEN Zukunftsprobleme der Sparkassen richtig diagnostiziert, und werden diese Probleme tatsächlich gelöst? – Es ist zunächst die Frage zu stellen: Gibt es Zweifel an der Gemeinwohlorientierung der Sparkassen? – Offenbar haben die GRÜNEN diese Zweifel und meinen, sie müsse im Gesetz stärker festgeschrieben werden. Man müsste den Sparkassen vorschreiben, dass sie Förderkredite geben, dass sie Existenzgründerinnen und Existenzgründer – alles streng durchgegendert – zu unterstützen haben. Man müsste ihnen auch vorschreiben, dass sie den Bürgern ein Girokonto geben, was sie ohnehin tun – wir haben gerade gehört: laut Satzung. Und man müsste ihnen vorschreiben, nach kaufmännischen Grundsätzen zu arbeiten – eine interessante und wichtige neue Erkenntnis der GRÜNEN. Der Gewinn ist nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes. Aber – so lassen Sie mich hinzufügen – so ganz ohne Gewinn können die Sparkassen ihre Stiftungen nicht mit irgendwelchem Geld dotieren.Wo soll es denn herkommen?
Ich frage mich: Was ist hier das Neue an der ganzen Angelegenheit? – Die Gemeinwohlorientierung ist bereits vorhanden. Die Sparkassen haben ihre eigene Position in diesem Bankensystem in Deutschland. Sie sind bereits jetzt dabei, Existenzgründer zu unterstützen, ohne dass es im Gesetz steht. Man könnte sicherlich viele weitere Aufgaben eines Bankeninstituts aufführen, wenn es denn sinnvoll und erforderlich wäre. Es ist schlicht und ergreifend in dieser Form überflüssig.
Kommen wir zum zweiten Punkt, der im Wesentlichen davon geprägt ist, dass der Verwaltungsrat vergrößert werden soll. Ich frage mich: Ist es das Kernproblem des hessischen Sparkassenwesens, dass die Gremien zu klein sind und man deshalb so schlecht entscheiden kann?
(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP) – Heiterkeit des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) – Clemens Reif (CDU): Die GRÜNEN sind noch nicht vertreten!)
Offensichtlich: je mehr Leute, desto besser. – Ich kann nicht ganz verstehen, weshalb man den Verwaltungsrat auf 21 Mitglieder vergrößern soll. Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, das haben Sie auch nicht begründet. Es ist nicht nachvollziehbar. Zumindest kann ich darin keine Verstärkung der Schlagkraft erkennen – keine Beschleunigung der Entscheidung, eigentlich gar keine Verbesserung.
Herr Kollege Milde,unter dem Stichwort „Basisdemokratie“ komme ich auf das dritte wichtige Element, die Sparkassenversammlung. Es wurde sogar gesagt, man wolle mehr parlamentarische Kontrolle. Was für ein riesenhaftes Wort für eine Sparkassenversammlung! Die Sparkassenversammlung ist eher so etwas wie ein Sparkassenkongress chinesischen Vorbilds.
Wenn Sie einmal überlegen und einfach durchrechnen: Von den Vertretungskörperschaften sollen alle eingeladen werden. Eine Bezirkssparkasse hat – ich spreche von dem eigenen Beispiel der Bergstraße – zehn Kommunen als Träger. Diese zehn Kommunen haben im Schnitt 30 Gemeindevertreter, teilweise sogar 45. Das heißt, sie haben dann bereits 310 Personen einzuladen. Dann kommen noch die Mitarbeiter;das mögen 150 sein.Dazu kommen die Kunden, die sie einladen – vielleicht noch einmal 100.Das sind insgesamt um die 600 Personen.Die 600 Personen bekommen die Bilanz präsentiert und können alle dazu Fragen stellen, aber nichts entscheiden. Das nennen Sie Parlamentarismus, Frau Kollegin? Das ist ein ganz eigenartiges Verständnis davon.
Diese Sparkassenversammlung ist schlicht und ergreifend unnötig wie ein Kropf. Sie ist überflüssig, dysfunktional. Sie ist ein Labergremium, das überhaupt nichts bringt. Das ist eine Scheindebatte und nützt überhaupt nichts. Was soll es denn bringen, wenn sich Hunderte von Leuten die Ausführungen wie bei der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft anhören? Wie da entschieden wird, wissen Sie. Das wollten wir bei den Sparkassen, die bürgernah sind, nicht erreichen.
Insofern muss ich sagen: Dieser ganze Gesetzentwurf ist unnötig. Er ist dysfunktional, weil er nämlich die Probleme der Sparkassen überhaupt nicht erkennt.Wo ist ein neuer Ansatz? Wo ist z. B. die Möglichkeit, dass sich Private an der Sparkasse beteiligen können? Wo ist z. B. die starke Beteiligung von Bürgern an der Politik der Sparkassen? – Überhaupt nichts zu erkennen. Sie sprechen ausdrücklich davon, dass das böse Stammkapital geschaffen werden soll. Mein Gott, weshalb denn nicht? Begründen Sie das einmal, abgesehen von der uns überall dräuenden Angst, dass das böse Europa zuschlage und das ganze System kaputtmache.
Wie soll eine Sparkasse – sie soll nach dem Gesetzentwurf, im Grunde genommen von der CDU, selbst entscheiden können – über ihre Zukunft entscheiden können, wenn Sie diesen wichtigen Weg einfach abschneiden, einfach kappen? – Ich sehe den Gesetzentwurf als einen untauglichen Versuch, nicht vorhandene Probleme mit inadäquaten Mitteln lösen zu wollen. Das kann nicht funktionieren, Frau Kollegin.
Weder sind Zweifel an der Gemeinwohlorientierung der Sparkassen berechtigt, die eine solche gesetzliche Vorschrift erforderlich machen würden, noch müssen wir beklagen, dass die Gremien zu klein sind, noch fehlt es an neuen Gremien wie der berühmten Vollversammlung. Von daher ist es durchaus gut,dass die GRÜNEN den Gesetzentwurf nicht eher eingebracht haben. Sie hätten ihn überhaupt nicht einbringen sollen, denn er ist überflüssig. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Nun hat sich Herr Kollege Kahl zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
Herr Kollege von Hunnius, Sie treten hier ans Pult und sagen, Sie seien für das Dreisäulenmodell, und begründen die erste Säule, die Sparkassen – darin stimme ich Ihnen voll zu –, die zweite Säule, wahrscheinlich bestehend aus Volksbanken, Raiffeisenbanken und Genossenschaftsbanken, und die dritte Säule, die Privatbanken.
Geschäftsbanken. Okay, das kann man auch so nennen. – Das sagen Sie hier, und dann merkt man während Ihres Vortrages, dass das im Grunde genommen von Ihnen überhaupt nicht ernst genommen wird. Das will ich Ihnen an einem Beispiel aus Ihrer Rede verdeutlichen.
Es kommt anschließend die Forderung nach privatem Kapital in den Sparkassen, also mit anderen Worten: Die dritte Säule übernimmt die erste Säule zuerst bis zu 50 %, anschließend ganz. – Meine Damen und Herren, das ist eine Mogelpackung von Ihnen. Sie wollen im Grunde genommen, dass die erste Säule – öffentlich-rechtliche Sparkassen – eben nicht mehr da ist. Der erste Schritt ist die Privatisierung bis 50 %, und anschließend kommt die Vollprivatisierung. Das ist im Grunde genommen das, was Sie wollen. Sagen Sie deswegen nicht, Sie seien für das Dreisäulenmodell; denn Sie wollen das Dreisäulenmodell mit Ihrem Gesetzentwurf abschaffen. Sie beginnen mit einem ersten Schritt, ein weiterer wird folgen.
Herr Kollege von Hunnius, deswegen ist dieses Bekenntnis weiter nichts als ein Lippenbekenntnis, hat aber nichts mit der Realität der FDP-Politik zu tun.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Abg. Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU))
Aber sie sind nicht zutreffend. Wenn Sie den Gesetzentwurf der FDP gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, dass eine volle Übernahme durch Private nicht möglich ist. Das ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Herr Kollege Kahl, woran uns liegt, ist doch, die Möglichkeit zu eröffnen, dass Sparkassen neues Kapital zugeführt wird. Woher soll es denn kommen? Von den Kommunen, die – wie wir beide wissen – unterfinanziert sind, wohl kaum. Da bleibt natürlich die Beteiligung durch Bürgerinnen und Bürger in einer ganz bestimmten Form, die exakt definiert ist,
(Andrea Ypsilanti (SPD): Es ist doch kein tragendes Problem! – Reinhard Kahl (SPD): Die Eigenkapitalausstattung der Sparkassen ist hervorragend!)
als eine Möglichkeit, die dies genauso schafft. Dies ist ebenfalls der Fall, wenn sich die Sparkasse entscheidet, mit einer anderen zusammenzugehen. Das sind die Optionen, über die die Sparkasse selbst entscheiden kann. Darum geht es und um nichts anderes. Insofern ist Ihr Vorhalt unzutreffend.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es um den Entwurf der Fraktion der GRÜNEN zum Hessischen Sparkassengesetz geht, dann möchten wir vonseiten der CDU-Landtagsfraktion sagen: Dieser Entwurf kommt zu spät,er ist lückenhaft,er ist mit heißer Nadel genäht und wird der Sache nicht gerecht.
Meine Damen und Herren, wenn es die GRÜNEN mit ihrem Gesetzentwurf ernst gemeint hätten, dann hätten sie sich zeitlich dort eingebettet, wo die FDP oder die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf an die Öffentlichkeit getreten ist. So ist das aus unserer Sicht eine Mogelpackung und soll davon ablenken, dass die GRÜNEN im eigentlichen Sinne kein Konzept haben.