Protocol of the Session on December 14, 2006

(Beifall bei der CDU)

Wenn das öffentlich dokumentiert wird, sollten Sie froh und dankbar sein, dass das Erfolgsmodell in letzter Konsequenz so gut funktioniert. Insgesamt 700.000 Stunden werden wöchentlich angeboten.Wir diskutieren über eine Gesamtgrößenordnung von 2,5 %. Wenn Sie von 50, 70 oder 100 Stunden sprechen, bei denen es vielleicht nicht ganz geklappt hat, mag das im Einzelfall so sein. Das wird niemand ernstlich bestreiten. Sie machen sich doch lächerlich angesichts dieses 0,00-Promille-Wertes bei 700.000 Stunden.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Lassen Sie sich noch einmal kurz an die eigene Vergangenheit erinnern. Meine Damen und Herren, wir hatten unter Ihrer Regierungsverantwortung doch eine „Unterrichtsgarantie doppelt minus“. 85 % der Stunden sind erteilt worden.Abzüglich der Stunden, die ausgefallen sind, weil Sie keine Vertretungsmittel hatten, waren es 80 %. Diesen Wert haben Sie als 100 % hochgerechnet. Das war das Ergebnis Ihrer Politik.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie lange ist das her, Herr Kollege?)

Lassen Sie mich das Ganze mit einem Beispiel beenden. Ich zitiere aus dem Protokoll einer Schulelternbeiratssitzung von 1997.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie leben ja im letzten Jahrhundert! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im letzten Jahrtausend! – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das passt Ihnen nicht.Ich will Ihnen aber einmal zeigen, wie Sie den bildungspolitischen Ruf des Landes Hessen gnadenlos ruiniert haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das war Ihre Politik. Die Stundentafel der Grundschule: 1988 hatte ein Grundschüler in der 1. Klasse durchgängig 22 Stunden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): In welchem Jahrhundert befinden Sie sich gerade?)

Sie haben diese Zahl 1993 durchgängig auf 20 Stunden gekürzt. Im Schuljahr 1996/97 hatte der Schüler in Hessen 18 Stunden, und im Schuljahr 1997/98 – unter Ihrer Regierungsverantwortung – 17 Stunden. Das heißt, Sie haben die Stundentafel in der 1.Klasse der Grundschule von 22 auf 17 Stunden gekürzt.

Herr Kollege Irmer, Sie müssen zum Schluss kommen.

Das Gleiche gilt für die Klassen 2, 3 und 4. Das Ergebnis: 1988 gab es in Hessen unter unserer Regierungsverantwortung in der Grundschule 95 Jahreswochenstunden; als Sie die Verantwortung – zum Glück – abgeben mussten, waren aus den 95 Jahreswochenstunden 76 geworden.

(Norbert Schmitt (SPD):Was denn jetzt?)

Meine Damen und Herren, das heißt im Klartext, Sie haben unter Ihrer Regierungsverantwortung hessischen Grundschülern ein komplettes Schuljahr gestrichen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist die Wahrheit!)

Hören Sie deshalb mit dem albernen Affentheater,das Sie hier machen, auf. Die Unterrichtsgarantie ist ein Erfolgsmodell.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank. – Das Wort hat die Frau Kollegin Henzler, FDP-Fraktion.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und der 5-Jahres-Plan wird erfüllt! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir nehmen den Bericht des Zentralkomitees entgegen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie uns wieder in das heutige Jahrhundert zurückkehren und uns mit 100 Tagen Unterrichtsgarantie plus befassen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu kann ich nur sagen: Die Meinung der FDP zu diesem Thema hat sich von Anfang an in den ersten 100 Tagen voll bestätigt – gut gedacht und schlecht gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte der Kultusministerin mit einem Zitat von Konfuzius raten: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, der begeht einen zweiten.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie einmal zuhören, würden Sie das Zitat richtig verstanden haben.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bitte noch einmal!)

Noch einmal, damit Sie es verstehen: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, der begeht einen zweiten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei sage ich Ihnen ehrlich, die Umfragen vom „Hessischen Rundfunk“ mit 70 % Zustimmung zur Unterrichtsgarantie

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU)

oder die Umfrage von „polis“ mit 60 % Ablehnung der Unterrichtsgarantie sind gar nicht so entscheidend und wichtig.

(Michael Boddenberg (CDU): Das war die SPDUmfrage!)

Entscheidend ist, dass die inhaltlichen Kritikpunkte aufgenommen, ernst genommen und verändert werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Bringt doch einmal eure eigene raus!)

Herr Kollege Irmer, ich darf Ihnen etwas zitieren, und zwar nicht von 1997, sondern aus der „Frankfurter Rundschau“ von heute:

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist wie „Bild“Zeitung – das zählt nicht!)

Über die positive 100-Tage-Bilanz von Kultusministerin Karin Wolff zur Frage der Unterrichtsgarantie plus schütteln Schulleiter im Main-Taunus-Kreis nur den Kopf. Sie selbst bezeichnen die Vertretungspools als „Mogelpackung“ und bekommen immer mehr die Wut der Eltern zu spüren.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört! – Demonstrativer Beifall des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

„Das ist ein absolutes Notsystem, und am schlimmsten ist das fachliche Defizit, das natürlich allein die Schüler auszubaden haben.“

(Michael Boddenberg (CDU): Nennen Sie doch wenigstens einmal eine andere Zeitung!)

Das war ein Zitat von heute. Sie können den Artikel in aller Ausführlichkeit nachlesen.Alles Schönreden der CDU und auch das Schlechtreden der anderen bringen die Schulen nicht weiter. Die Schulen bringt ausschließlich weiter, wenn nachgebessert wird. Bei SV plus haben Sie von Bottom-up geredet, bei Unterricht plus geht alles nur Top-down. Lassen Sie doch einmal bei der Unterrichtsgarantie plus die Schulen mitreden, und gehen Sie auf die Wünsche der Schulen ein.

(Beifall bei der FDP – Norbert Kartmann (CDU): Das machen wir doch auch!)

Der große Kritikpunkt an dem ganzen Projekt sind die Bürokratie und die überbordenden Vorschriften bei der Umsetzung. Es reicht nicht, wenn man bei den Schulen und Vertretungskräften jetzt ein paar Seiten weniger Formulare anbietet, wenn sie ihren Vertrag abschließen wollen, sondern Sie müssen das Konzept der Realität anpassen. Es gibt zwei ganz wichtige Punkte. Hören Sie zum einen endlich mit dem Begriff Unterrichtsgarantie auf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Begriff ist falsch. Es ist kein Unterricht, wenn ich andere Menschen in die Schule schicke und die Klassen betreuen lasse, wenn die Schüler unter Aufsicht ihre Hausaufgaben machen. Dann ist es viel ehrlicher zu sagen: Es kann keinen 100-prozentigen Unterricht geben, denn der wird von Menschen gemacht, und Menschen werden nun einmal krank und fallen auch einmal aus. – Dann kann ich sie nicht einfach zu 100 % mit Fachkräften ersetzen. Sie müssten sonst 120 % Lehrer einstellen. Wir sind uns – glaube ich – darin einig, dass das zu teuer ist. Gehen Sie von dem Begriff Unterricht weg und nehmen Sie den Begriff garantierte Schulzeit, den die FDP geprägt hat, oder meinetwegen Ihren eigenen Begriff verlässliche Schule.

Das Zweite ist,stellen Sie den Schulen endlich frei,wie sie das Problem lösen. Lassen Sie ihnen offen, ob sie Honorarverträge abschließen – dann bräuchten Sie auch dieses Vertragswerk nicht –, oder lassen Sie ihnen offen, ob sie jemanden fest anstellen, sei es ein Lehrer, sei es ein Sozialpädagoge. Viele große Schulen haben Konzepte, wie Unterricht nicht mehr ausfallen würde, wenn sie die Möglichkeit hätten, einen festen Vertrag mit einem Lehrer oder einem anderen abzuschließen.

(Beifall bei der FDP)

Gehen Sie auf die Wünsche der Schulen ein.