Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute früh haben wir schon einmal über ein Plus-Projekt dieser Kultusministerin gesprochen, nämlich über die Selbstverantwortung plus. Jetzt sprechen wir über die Unterrichtsgarantie plus. Das ist ein weiteres Plus-Projekt mit MinusErgebnissen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))
Es war einmal in unserem schönen Land eine Kultusministerin, die den Hessinnen und Hessen die Unterrichtsgarantie versprochen hat.
Es war einmal in unserem Land eine Kultusministerin, die den Hessinnen und Hessen versprochen hat, Qualität zu garantieren. Es war einmal eine Kultusministerin, die den Hessinnen und Hessen versprochen hat, Ruhe an die Schulen zu bringen, damit sich die Schulen auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können.Mit den Worten „Es war einmal“ beginnen alle Märchen.Auch die Politik der Frau Wolff ist ein Märchen.
Schauen wir uns doch einmal an, wie es nach siebeneinhalb Jahren Amtszeit um all die Versprechungen von Frau Wolff wirklich steht. Fangen wir mit der Unterrichtsgarantie an. Seit Jahren wird die Unterrichtsgarantie versprochen, und dann stellt die Kultusministerin Ende letzten Jahres fest: „Es klappt nicht wirklich, also muss ich jetzt eine Unterrichtsgarantie plus einführen.“ Frau Mi
nisterin, wofür braucht es eigentlich ein Plus, wenn die Unterrichtsgarantie doch angeblich schon erfüllt ist?
Nachdem die Ministerin festgestellt hat, dass auch die Unterrichtsgarantie plus nicht richtig funktioniert,kommt jetzt noch eine Steigerung.Wenn sie den Unterricht schon nicht garantieren kann, sagt die Ministerin jetzt – ich zitiere aus der „HNA“ vom 7. Dezember –: „Wir müssen darüber diskutieren, was als Unterricht verstanden wird.“ – Frau Ministerin, ein größeres Armutszeugnis kann man sich selbst gar nicht mehr ausstellen.
Sie treten vor die Hessinnen und Hessen und versprechen die Unterrichtsgarantie, und nach siebeneinhalb Jahren im Amt sagen Sie, Sie wollten darüber diskutieren, was Unterricht sei. Frau Ministerin, wir brauchen keine Sprechkreise darüber, was Unterricht ist. Es ist klar, was Unterricht ist. Unterricht ist, wenn ein ausgebildeter Lehrer vor einer Klasse steht und den Unterricht erteilt, der im Stundenplan steht. Das ist Unterricht. Frau Ministerin, da brauchen Sie keine Sprechkreise.
Ich verstehe, dass mit Ihrem eigenen Konzept Verwirrung darüber eingetreten ist, was Unterricht ist.
Wenn man Laien in den Unterricht schicken will, wenn man sagt: „Im Prinzip kann an unseren Schulen jede und jeder unterrichten“, dann kommt allmählich durcheinander, was Unterricht ist. Genau das ist das Problem der Unterrichtsgarantie plus.Sie verwechseln und vermischen Betreuung und Unterricht, und das kann es nicht sein.
Frau Ministerin, waren Sie es nicht, die den Hessinnen und Hessen zu Beginn der Legislaturperiode versprochen hat, Sie strebten eine Qualitätsgarantie an? Was hat das Konzept der Unterrichtsgarantie plus mit Qualität zu tun? Was hat es mit Qualität zu tun, wenn Betreuung für Unterricht ausgegeben wird? Unsere Alternative ist ganz klar: Worauf Unterricht steht, muss auch Unterricht drin sein. Da brauchen wir keine Sprechkreise.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war bis 1999 anders! – Gegenruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)
Schauen wir uns das Versprechen der Ministerin an, Ruhe an die Schulen zu bringen, damit die Schulen sich auf ihre Arbeit konzentrieren können. Davon kann bei der Unterrichtsgarantie plus wirklich keine Rede sein. Ich habe Ihnen die Handreichung des Kultusministeriums zur Umsetzung der Unterrichtsgarantie plus mitgebracht – 68 Seiten zur Umsetzung dieses Konzepts für jede Schulleiterin und jeden Schulleiter. Ein einziger, ganz normaler Vertrag, an dem nichts kompliziert ist, hat einen Umfang von 22 Seiten. Frau Ministerin, dass Sie Ruhe an die Schulen gebracht hätten, kann nun wirklich keiner sagen.
Noch besser ist, was im Anschreiben zu diesen 68 Seiten steht. Ich zitiere: „Es handelt sich aus Übertragungsgründen um eine Zipdatei, die entpackt werden muss. Bitte wenden Sie sich bei Problemen an den Support des Schulträgers.“
Sie stellen den Schulleitern die Informationen also noch nicht einmal so zur Verfügung, dass sie damit arbeiten können. Frau Ministerin, das kann es wirklich nicht sein.
Außerdem haben Sie eine neue Kategorie in die bildungspolitische Debatte eingeführt, die sogenannte „gefühlte Zufriedenheit“. Wir kannten bisher nur die „gefühlte Temperatur“, und zwar aus Wetterberichten. Die Frau Ministerin hat jetzt die „gefühlte Zufriedenheit“ erfunden. Das geht so: Ich habe zwar keine Ahnung davon, wie die Unterrichtsgarantie plus wirklich umgesetzt ist, weil die Zahlen erst im Januar kommen. Aber ich behaupte einmal, die Leute sind zufrieden. – Frau Ministerin, so geht es nicht.
Frau Ministerin, Sie haben eine Telefonhotline eingerichtet, die Sie mit großem Aufwand beworben haben. 200.000 c haben Sie dafür ausgegeben; 598 Menschen haben angerufen.Das entspricht 334 c pro Anruf.Das ist die teuerste Hotline, die es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat.
Frau Ministerin, dieses Geld wäre an unseren Schulen wirklich besser angelegt gewesen. Wir haben Ihnen einen Antrag dazu vorgelegt, wie Sie die Unterrichtsgarantie plus verbessern und eine wirklich verlässliche Schule schaffen könnten. Der Ministerpräsident hatte in der vorherigen Debatte die Größe, zu sagen, dass die Vorschläge vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gut sind. Hätten Sie auch in dieser Debatte die Größe, das zu sagen, dann kämen wir an unseren Schulen ein gutes Stück voran.
Hohes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wagner,es ist schon relativ mutig,dass diejenigen, die für den größten Unterrichtsausfall in der Geschichte
Bei Ihnen stand „Unterricht“ drauf, und Unterrichtsausfall war drin. Das war der Unterschied im Vergleich zu uns.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im letzten Jahrhundert! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Ich möchte mich vorab im Namen der CDU-Landtagsfraktion sehr bewusst einmal vor die Menschen stellen, die Sie täglich beschimpfen, denen Sie öffentlich attestieren, keine Qualifikation zu haben und unzulänglich zu sein. Es sind 12.000 Menschen im Lande Hessen, deren Qualifikation Sie bezweifeln. Eine SPD-Abgeordnete im Landkreis Gießen hat sie als „Barfußpädagogen“ und „pädagogischen Volkssturm“ beschimpft. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie sollten sich für diese Äußerung Ihrer Kollegin entschuldigen. Das haben diese 12.000 Menschen nicht verdient.
Es sind ehrenwerte Persönlichkeiten, die sich hier zur Verfügung gestellt haben: ehemalige Schulleiter, DiplomChemiker, Pfarrer, Tausende von Lehramtsstudenten in höheren Semestern, die in wenigen Jahren als Lehrer den Unterricht regulär erteilen werden, den sie heute als Studenten im höheren Semester bereits erteilen. Meine Damen und Herren, dass diese Personen nicht qualifiziert sein sollen, machen Sie den Betreffenden einmal klar. Nehmen Sie als weiteres Beispiel den Handwerksmeister, der vielleicht in einem halben Jahr die gleichen jungen Menschen als Lehrherr ausbildet und angeblich nicht in der Lage ist, sie jetzt in der Schule zu unterrichten oder zu betreuen. Denken Sie an Journalisten, Erzieher – man könnte das weiterführen, was ich an dieser Stelle aus Zeitgründen nicht tun will.
Frau Kollegin Habermann hat gerade wieder gesagt, die Qualität sinke, weil angeblich Hausmeister oder Oberstufenschüler im Unterricht sind. Meine Damen und Herren, wir reden hier insgesamt über 700.000 Stunden.Wenn Sie dann von Ihrer nebulösen Umfrage berichten,
dann fällt mir dazu Churchill ein, der einmal gesagt hat: „Ich traue nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe.“ Frau Kollegin, legen Sie diese Umfrage doch einmal vor.
Mir ist die Umfrage des HR wesentlich sympathischer, weil sie an die Betroffenen ging, die mit dem, was tatsächlich geschieht, Erfahrung haben. Wenn 73 % der Befragten, der Hauptakteure, zu dem Ergebnis kommen, es sei positiv, dann können wir unterm Strich mit diesem Resümee zunächst einmal zufrieden sein. Ich erinnere an den SPD-Schulamtsdirektor Eifert in Frankfurt, der vor wenigen Wochen erst öffentlich erklärt hat: „Nach meinem Eindruck gibt es bei Schulleitung und Externen eine hohe Akzeptanz.“
Ich will Ihnen aus der regionalen Presse einige wenige Beispiele nennen. Die Textorschule in Haiger erklärt öffentlich – das ist alles nachzulesen –, alle gefährdeten Stunden seien gerettet worden, keine einzige sei ausgefallen. Johann-von-Nassau-Schule, Dillenburg: „noch keine Stunde ausgefallen“; Integrierte Gesamtschule Solms: „keine Stunde ausgefallen“; Driedorf: das Gleiche; Integrierte Gesamtschule Ehringshausen: „bisher keine Stunde ausgefallen“. Meine Damen und Herren, genau das wollen wir: dass keine Stunden mehr ausfallen.