Protocol of the Session on November 22, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch tatsächlich nur noch entweder zum Lachen oder zum Weinen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Seriös wäre es, das Jahr 2007 mit den zusätzlichen Einnahmen zu nutzen, um die Reduzierung der Schulden drastisch voranzutreiben, also nicht nur weniger Schulden aufzunehmen. Sie machen den Menschen in diesem Lande doch etwas vor, wenn Sie so tun, als wären Sie ein Sparkommissar. Nein, Sie sind ein Schuldenkommissar, weil Sie weiterhin den vorhandenen Schulden zusätzliche Schulden hinzufügen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Jürgen Walter (SPD) und Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich habe Verständnis dafür – das ist, was vorhin Jürgen Walter und gestern auch Frank-Peter Kaufmann in der Debatte um den Nachtragshaushalt angesprochen hat –, dass man den Liberalen sagt:Aber Freunde, in den Jahren von 1999 bis 2003, in denen ihr mitregiert habt, sind auch zusätzliche Schulden entstanden. – Ja, dazu stehen wir. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere aber immer wieder daran – ich weiß, dass das viele in diesem Hause ein bisschen nervt –,dass in der Debatte um den Nachtragshaushalt 2003 Roland von Hunnius als haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und ich in meiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der Liberalen gesagt haben: Mit den Entwicklungen, die nach der Bundestagswahl 2002 erkennbar eingetreten sind, werden wir ein Umswitchen – um es auf Deutsch zu sagen: ein Herumdrehen der Schraube – bewirken, damit es keine neuen Schulden mehr in Hessen gibt.

(Beifall bei der FDP)

Diese Aussage haben wir nicht nur gemacht, sondern wir haben sie auch belegt. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn wir verantwortlich mit dem Haushalt umgingen, wenn wir Freiheit für unsere Kinder auf die Tagesordnung schrieben und nicht deren Entscheidungskraft einschränken wollten, so könnten wir im Jahre 2007 einen Haushalt fahren, der auf der einen Seite den berechtigten Interessen und Aufgaben des Landes Hessen gerecht wird und auf der anderen Seite nicht einen Cent neue Schulden aufnimmt.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man tun. Die Union in diesem Lande will es nicht tun, weil sie sich, wie in alten Zeiten geprobt, durch den Haushalt 2007 – das ist übrigens, um es etwas dreist auszudrücken, wertkonservativ – mit Wahlkampfgeschenken Wählerstimmen zu erkaufen sucht, so, wie es in den letzten Jahrzehnten alle gemacht haben.

Meine sehr verehrten Kollegen von der Union, diese Politik ist out.Seien Sie endlich nach vorne gerichtet,seien Sie strukturell für unsere Kinder da. Das heißt, stellen Sie einen Haushalt auf, wie wir ihn vorgeschlagen haben, in dem es letztlich keine neuen Schulden für das Jahr 2007 braucht.

(Beifall bei der FDP)

Meine Kollegen von der Mitopposition – die mit mehr Schaum vor dem Mund –, es ist natürlich dreist, so zu tun,

als ob man das alles, wie Sie es darstellen, nicht machen könnte,ohne den Bürger zu belasten.Wir sagen:Das geht. – Ich komme gleich darauf zurück. Sie sagen: Bürger, bitte öffne dein Portemonnaie.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Was?)

Jürgen Walter sagt: Öffnet eure Portemonnaies. – Die Sozialdemokraten wollen die Vermögensteuer einführen. Damit befinden wir uns wiederum im alten Denken: Wenn der Staat nicht weiter weiß, braucht er eine neue Geldquelle. – Das lehnen wir als Liberale ab.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Landesvorsitzende der GRÜNEN, Sie haben soeben ein bisschen hilflos „Was?“ dazwischengerufen. Herr Kollege Al-Wazir hat das gerade eben noch einmal bestätigt. Die GRÜNEN haben gesagt: Ja, wir wollen die Grundwasserabgabe. – So nannte man das früher. Sie werden mir das neue Wort irgendwann noch einmal beigebracht haben. Ich glaube, jetzt soll es Gewässerschutzabgabe heißen. Das ist aber vollkommen egal. Sie wollen jedenfalls eine neue Steuer einführen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wollen wir Liberalen nicht.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen nicht, dass ein Problem dadurch gelöst wird, dass man eine neue Steuer oder eine neue Abgabe einführt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sondern?)

Herr Kollege Al-Wazir und Herr Kollege Walter, ich halte das, was Sie meinen, für relativ unglaubwürdig. Sie meinen, die Landesregierung damit treiben zu können, indem Sie sagen: Das ist doch alles ganz einfach, eröffnet euch weitere Einnahmequellen, zockt die Bürger weiterhin ab und greift in deren Portemonnaie. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nein, so kann das nicht sein. Wir müssen dahin kommen, dass wir von uns aus wieder zu einem strukturellen Haushalt kommen, der gefahren werden kann, ohne dass es zu neuen Schulden kommt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie machen Sie das?)

Herr Kollege Al-Wazir, Sie können hier noch fünfmal dazwischenrufen. Ich kann Ihnen das auch sechsmal erklären. Ich mache das gerne. Ich weiß, dass Sie es wissen. Das ist das Interessante bei Ihnen. Sie wissen es.Trotzdem wollen Sie das noch einmal hören.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Denn Sie meinen, das würde bei den Menschen draußen nicht gut ankommen.Doch,das kommt bei den Menschen gut an.

Wir wollen die Einnahmen unseres Landes dadurch kurzfristig erhöhen, dass wir Vermögen veräußern.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Es ist eine Schimäre, zu glauben, dass man Vermögen immer nur ausschließlich gegen Vermögen eintauschen kann. Haben Sie schon etwas davon gehört, dass man Schulden auch negatives Vermögen nennt? Ist es nicht vernünftig, das Vermögen, das man nicht mehr benötigt, dafür einzusetzen, Schulden abzubauen, damit die Zins

belastung geringer wird? Ist das nicht eine Logik, die jeder Private anwendet und die auch für den Staat gilt?

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Al-Wazir, das kann mir doch völlig egal sein, solange es sich rechnet. Sie haben von dem Haus in der Rheinstraße gesprochen, das so alt ist, dass es eigentlich schon fast zusammengefallen sein müsste. Mir ist vollkommen egal, wer der Eigentümer dieses Hauses ist. Es ist mir vollkommen egal, wer bei diesem Haus als Eigentümer im Grundbuch steht. Wichtig ist doch etwas anderes, nämlich die Frage:Wie hoch ist die Belastung für den Steuerzahler, die sich daraus ergibt, dass dort ein Amt des Landes Hessen untergebracht ist, solange dieses Amt noch gebraucht wird? Wie ist dieses Amt dort am kostengünstigsten untergebracht? Es kann kostengünstiger sein, das Haus zu verkaufen, dadurch Einnahmen zu erzielen, mit denen man den Schuldenstand senken kann. Dann müssen für die Benutzung des Hauses Zinsen gezahlt werden, die man Mietzinsen nennt.

Der Rechnungshof hat das doch durchgerechnet. In diesem Punkt unterscheiden sich schon wieder die Roten und die GRÜNEN von den Blau-Gelben. Wir machen nicht alles nieder, was die Landesregierung tut. Wenn sie einen vernünftigen Schritt unternimmt, wenn sie Vermögen, das nicht benötigt wird, nutzt, um die Schulden zu reduzieren, dann ist die FDP mit dabei und unterstützt die Landesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Das Land hat Vermögen, das es überhaupt nicht mehr braucht.

Herr Kollege Al-Wazir ist auf die grandiose Idee gekommen,man könnte etwas mehr als 2 % der Anteile des Landes an der Fraport AG verkaufen. Dagegen spricht eigentlich nichts. Der Bund, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt haben aber einen Konzessionsvertrag abgeschlossen,in dem verpflichtend festgeschrieben ist,dass es eine Bindung in den ersten zehn Jahren nach dem Börsengang gibt. Das gilt ab dem Jahr 2001. Dann muss man zehn Jahre hinzurechnen. Dann kommt man auf das Jahr 2011. Bis dahin müssen entsprechend dem Vertrag mindestens 50,01 % der Anteile von der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen gehalten werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Mit anderen Worten: Der Bund kann verkaufen, wir nicht!)

Das könnte man also tun. Ich habe vom Grundsatz her nichts dagegen, dass diese Maßnahme ergriffen wird.Ansonsten werde ich mich zu Entwicklungen des Konzerns und zu den Börsenentwicklungen aus dem bekannten Grund nicht äußern. Denn ich bin dort Mitglied eines Gremiums.

Das ist also eine Idee. Wir, die Mitglieder der FDP, sagen dazu: Das muss man jetzt nicht tun. Vielmehr sollte man nach Ablauf der Frist im Jahre 2011 insgesamt verkaufen. Nach unserer Auffassung ist das Land Hessen dann verpflichtet,die Anteile an der Fraport AG zu verkaufen,und zwar alle Anteile, die es besitzt. Sicherlich wird man dazu ein geeignetes Modell finden müssen. Denn man kann nicht innerhalb von drei Monaten 33 % eines Unternehmens verkaufen, das im MDAX gelistet ist.Wenn man das tun würde, würde man sich den Kurs etwas vermasseln. Aber wir sind der Auffassung, die Anteile sollten dann innerhalb kurzer Zeit über ein System verkauft werden, sei es etwa über die Helaba oder wie auch immer. Ja, das

Land Hessen braucht dann nicht mehr Miteigentümer des Flughafens Frankfurt zu sein.

Das gilt jetzt aber auch schon für die Messe Frankfurt. Warum übernimmt das Land als Anteilseigener in einer GmbH letztlich das Risiko, das die Messegesellschaft als weltweit agierendes Unternehmen trägt? Wir sind dafür, dass die Anteile verkauft werden.

Warum besitzt das Land Hessen ungefähr 48.000 Wohnungen? Wieso muss ein Land im Jahre 2006 – –

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Es sind 62.000 Wohnungen!)

Es sind also mehr geworden. Habt ihr wieder welche dazugekauft?

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Nein, diese Wohnungen waren vorher schon im Besitz des Landes!)

Okay,diese Wohnungen befanden sich also schon vorher im Besitz des Landes Hessen. Ich übernehme die Zahl gerne. Es sind also knapp 70.000 Wohnungen. Können wir uns vielleicht darauf einigen?

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Es sind 62.000!)

Es sind also 62.000 Wohnungen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist eine relativ lustige Angelegenheit, die genaue Zahl zu erhalten.

Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Union derzeit nicht in der Lage und bereit sind, den entscheidenden Schritt zu gehen und den Verkauf der Gesellschaft vorzunehmen.Wieso machen wir das eigentlich nicht?

Es war im Jahre 1950 sehr vernünftig, dass das Land Hessen, nachdem unser Bundesland und ganz Deutschland zerbombt waren, Wohnungsmangel herrschte und die Flüchtlinge aus dem Osten kamen, Wohnungsbewirtschaftung betrieben und Wohnungen gebaut hat. Das war damals für die Daseinsvorsorge von grundlegender Bedeutung. Das gilt aber doch bitte nicht mehr für das Jahr 2006 bzw. für das Jahr 2007.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass sich die Sozialdemokraten auch gerade mit den sogenannten Heuschrecken anfreunden. Vielleicht könnt ihr das deshalb ein bisschen nachvollziehen. Nach vorsichtiger Schätzung kann allein dieser Wohnungsbestand als Vermögen mit einem Betrag zwischen 1,5 und 1,7 Milliarden c aktiviert werden.Die 33 Milliarden c Schulden, die eben Tarek Al-Wazir angesprochen hat, könnten mit den Modellen, von denen ich eben gesprochen habe, um ungefähr 2,5 Milliarden c reduziert werden. Es geht also nicht darum, zusätzliche Schulden zu machen, wie es Karlheinz Weimar oder Roland Koch vorsehen, sondern um eine Reduzierung der Schulden.

(Beifall bei der FDP)