Aber Sie erlauben,dass einer,der Sie in einem Wettkampf beobachtet, in dem Sie sich aussuchen wollen, wer gegen mich kandidiert, gelegentlich den Eindruck hat, Sie sind etwas gehemmt, weil Sie eine Kollegin am Hals haben
und insofern heute mit einem gebremsten Schaum über die Detailregelungen eines Landeshaushaltes und die Rückkehr zu Positionen reden, womit man glaubt, man könne die CDU als Landesregierung erreichen und gleichzeitig populär werden.
Lieber Lautsprecher Schmitt, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie es mich nur an einem Punkt sagen, wo man aufpassen muss – Herr Walter –, dass man die Grenze nicht überschreitet, wenn man noch ernst genommen werden will.
Es ist nun wahrlich nicht der Kernpunkt dessen,womit ich mich heute Morgen beschäftigen will – mit Ihrer Straßenbauphilosophie. Nur, es gibt eine Grenze des erinnerungsfähigen Anstandes, die man in einer solchen Debatte einhalten muss.
Sie können über viele andere Punkte reden.Aber Sie haben es im Jahre 1998 geschafft, die Straßenbauinvestitionen in Hessen inklusive Fahrradwege, Neubau und Erhaltung von Straßen auf 28 Millionen c zu reduzieren, obwohl Sie wussten, dass der jährliche Erhaltungsbedarf oberhalb von 50 Millionen c war.Das haben Sie mit Ihrer rot-grünen Regierung hierher gegeben.
Das ist ein Jahrzehnt, an dem wir immer noch knapsen. Denn in den letzten Jahren mussten wir immer abwägen, ob wir versuchen sollen,Ihren Investitionsstau bei der Beseitigung von Schlaglöchern aufzulösen
oder an einigen Stellen – an denen Menschen seit Jahrzehnten durch Autos bedrängt sind, die bei ihnen an der Haustür vorbeifahren, obwohl man längst dort hätte eine Umgehungsstraße planen müssen – diese Straße zu bauen.
In dem Haushaltsplan für das Jahr 2006 sind wir hier bei 75 Millionen c anstelle Ihrer 28 Millionen c.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich streite mich mit Ihnen über vieles – aber in Hessen irgendeinem Bürger erzählen zu wollen, Rot-Grün sei Garant für auch nur einen Quadratmeter Asphalt an irgendeiner Stelle, damit sich die Leute bewegen können, das ist schlichter Unsinn. Eine solche Diskussion sollten Sie nicht beginnen.
Aber Sie haben recht: Lassen Sie uns die Situation unseres Landes ein bisschen grundsätzlicher betrachten. Das erfordert vielleicht noch ein paar Aspekte mehr,als Sie sie in Ihrer Haushaltsrede angesprochen haben.
Nach allem, was man untersuchen kann – und in diesem Land wird immer mehr untersucht und betrachtet –, ist
festzustellen, die Menschen leben sehr gerne in Hessen. Sie leben sehr viel lieber in Hessen als in vielen anderen Regionen der Bundesrepublik Deutschland.
Hessen ist ein sehr sicheres Land. Die Menschen erkennen das an und schätzen das wert. Hessen ist als Land gut für die Zukunft gerüstet. Das ist unsere Bilanz und die Verpflichtung, die wir für die Zukunft haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist müßig, jede Statistikschlacht immer wieder neu zu führen. Herr Kollege Walter, wenn man aber das behauptet, was Sie hier getan haben,dann muss es doch möglich sein,wenigstens auf ein paar Zahlen kurz hinzuweisen.
Beim Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen der Bundesrepublik Deutschland – das sicher ein ganz guter Indikator dafür ist, wie viele Menschen hier arbeiten und was sie damit leisten – steht Hessen in Deutschland immer mit weitem Abstand vorn. Nach wie vor befinden wir uns in einem heftigen Wettbewerb. Darin strengen sich die Bayern und die Baden-Württemberger jedes Jahr an, und trotzdem sind wir wieder vorn. Es gibt kein Land, das eine erfolgreicher arbeitende Bevölkerung hat als Hessen. Das ist am Ende der Leistungsausweis eines Bundeslandes.
Das schaffen wir mit einer höheren Beschäftigungsquote als alle anderen Länder, auch als Bayern und BadenWürttemberg. In der Tat sind wir ein Land, in dem es außergewöhnlich viel Arbeit gibt. Dabei rechne ich nicht auf,wie die rheinland-pfälzische Arbeitslosenstatistik entsteht, nach dem Motto: Die arbeiten alle bei uns. – Die Wahrheit ist, dass in diesem Lande natürlich sehr viel Beschäftigung geschaffen wird, die nur abzudecken ist, weil die Menschen aus anderen Bundesländern hier arbeiten. Die erfolgreichen Unternehmen sind hier, und sie sind wahnsinnig attraktiv.
Etwa 130.000 Menschen von jenseits des Rheins kommen jeden Tag hierher, weil wir in Hessen so gut sind – nicht, weil wir so schlecht sind.
(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Der Junge hat keine Ahnung!)
Inzwischen sind wir der internationale Raum in der Bundesrepublik Deutschland, was neue Investitionen angeht.Hessen liegt hier auf Platz 1,mit deutlichem Abstand etwa zu Nordrhein-Westfalen. Um Ihnen das einmal darzustellen: Bei den ausländischen Direktinvestitionen pro Erwerbstätigen liegen wir bei 21.000 c; ein Land wie Nordrhein-Westfalen liegt bei 9.000 c; Länder wie Bayern und Baden-Württemberg kommen unter den ersten fünf Plätzen in einer solchen Statistik gar nicht vor. Wir müssen aufpassen, dass Sozialdemokraten mangels vernünftiger Themen sich nicht nur noch zwischen Schlammschlachten und Das-Land-Schlechtreden bewegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das reicht nicht aus, um eine solche Entwicklung zu beschreiben.
Nehmen wir das Mittelstandsbarometer von Ernst & Young. „Wie bewerten Sie Standortpolitik in Ihrem Bundesland hinsichtlich der Infrastruktur?“ Platz 1: Land Hessen. Mittelstandsbarometer 2005 von Ernst & Young:
„Wie bewerten Sie die Standortpolitik in Ihrem Bundesland hinsichtlich der Förderpolitik?“ Platz 1: Hessen, vor Baden-Württemberg und Bayern.
Da wir bei Statistiken sind, will ich – obwohl sie vielleicht nicht die ist, die man täglich erwartet – Ihnen doch eine nennen, die ich sehr spannend finde. Die Ernst-&-YoungStudie hat die Frage gestellt, die viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Land jeden Tag beschäftigt:Was passiert eigentlich im globalen Wettbewerb mit einer Region wie Hessen? Haben wir denn eine Chance,im Wettbewerb mit dem asiatischen Raum, mit China? Trauen sich das unsere Unternehmen zu?
Herr Kollege Walter, meine Damen und Herren, ich gebe zu, ich habe mir die Daten sehr genau angeschaut, weil diese Statistik aus meiner Sicht extrem überraschend ist. Diese Frage – „Betrachten Sie das Erstarken der chinesischen Wirtschaft insgesamt für Ihr Geschäft eher als eine Chance oder als eine Gefahr?“ – beantworten in einem Bundesland wie Bayern oder Baden-Württemberg, beide gleich, 13 % damit, sie betrachten das als eine Chance. In großen Regionen wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sagen 17 und 18 %, sie betrachten das als eine Chance. Im Bundesland Hessen sagen 41 % der Unternehmen, sie betrachten es als eine Chance.
Hessen ist nicht nur das Land mit den intensivsten Geschäftskontakten dorthin, Hessen ist heute das Land mit einer Wirtschaft, die sich in ihren Rahmenbedingungen so aufgestellt fühlt, dass sie glaubt, im globalisierten Wettbewerb eine Chance zu haben, und zwar in einem Ausmaß, das drei- und viermal so hoch ist wie in jeder anderen Region in der Bundesrepublik Deutschland. Meine Damen und Herren, darauf muss man stolz sein. Das braucht man nicht schlechtzureden oder in eine Situation zu bringen, dass man glaubt, wir seien im Nachteil.
Natürlich zahlt sich das alles am Ende irgendwie in Steuern aus. Deshalb ist unsere Situation nach wie vor so, dass wir hier der Platz sind, an dem sehr viel über die Finanzen aller anderen deutschen Bundesländer entschieden wird.
Ich sage das hier jetzt nicht unter dem Gesichtspunkt, wie sehr wir bedauern, dass wir etwas abgeben müssen. Natürlich tun wir das irgendwann auch. Ich sage das hier unter dem Gesichtspunkt, dass man nicht sagen kann, ein Land sei das schlechteste und es sei dort alles immer schlimmer geworden, wenn wir beim Ausgleich der Länder in Deutschland immer höhere Zahlungsverpflichtungen haben.
(Norbert Schmitt (SPD): Das stimmt doch gar nicht! 2008 sind es 2,8 Milliarden c im Länderfinanzausgleich! Das stimmt objektiv nicht!)
Herr Kollege Schmitt und meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Jahren waren wir immer schon im Finanzausgleich unter dem Gesichtspunkt führend, dass wir pro Kopf mehr bezahlt haben als die anderen. Das ist schon etwas, pro Kopf mehr zu bezahlen; denn das bezieht sich auf die Leistung Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigen.Aber nach dem,was wir in den ersten drei Quartalen des Jahres 2006 sehen, werden wir nicht nur alle anderen Länder wieder in der Zahlung pro Kopf deutlich übersteigen, sondern wir werden absolut der
größte Zahler sein. Seit sehr vielen Jahren werden wir wieder erstmals in Euro mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen als das Land Bayern. Das heißt, wir sind so viel besser pro Kopf, dass wir am Ende in einer Größenordnung von deutlich mehr als dem Doppelten einzahlen.