an den hessischen Schulen fest und schafft es nicht einmal, die zahlreichen Baustellen an den Schulen zum Abschluss zu bringen. Es gibt mehr Kontrolle durch die Einführung flächendeckender Schulinspektionen, aber keine Unterstützung für die Schulen, um Qualität zu entwickeln.
Frau Kultusministerin, Ihr Haushalt spiegelt Ihr verstaubtes Verständnis einer Bildungspolitik wider, die einzig auf veralteten Begabungstheorien aufbaut.
Wer sich vorhin die Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der CDU zur Bildungspolitik angehört hat, hat das auch voll bestätigt bekommen. Mich tröstet immer noch, wenn ich mir vorstelle, dass er einmal Kultusminister in diesem Land gewesen ist.
Ihr Haushalt setzt nicht auf individuelle Förderung und ganzheitliche Lernansätze. Behängt wird das Ganze mit einzelnen Feigenblättchen – Stichworte: Ganztagsbetreu
ung oder Selbstverantwortung –, zu wenig, um Schule positiv zu verändern, aber genug, um die eigenen konzeptionellen Blößen notdürftig zu verdecken. Frau Kultusministerin, Ihr Haushalt bietet keine Lösungsansätze für die wichtigste Aufgabe guter Bildungspolitik, nämlich jedem Kind bestmögliche Bildungschancen zu eröffnen.
Die zentralen Fragen von PISA werden nicht beantwortet: Wie verringere ich die sogenannte Risikogruppe und senke dauerhaft die hohe Zahl der Bildungsverlierer? Wie durchbreche ich die faktische Abhängigkeit zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg? Wie kann ich mehr Kinder zu besseren und qualifizierten Schulabschlüssen führen? Wie erhöhe ich die Quote der Schulabgänger mit Hochschulzugangsberechtigung, die dieses Land angesichts der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung zukünftig braucht?
Viele Fragen, aber keine Antworten darauf im Haushalt der Landesregierung. Mit den im Kultusetat formulierten strategischen Zielen zur Verringerung der sogenannten Risikogruppe nach PISA und der Zahl der Schüler ohne Hauptschulabschluss werden Absichtserklärungen formuliert, aber keine Wege aufgezeigt.
Frau Kultusministerin, Sie setzen kurzfristig auf Maßnahmen, die erst dann einsetzen, wenn Leistungsrückstände in der Schule für die Kinder ein Problem werden. So ist der auch von uns unbestrittene Erfolg der SchuB-Klassen letztlich nur Reparaturmaßnahme in einem Schulsystem, das Kinder frühzeitig in Abhängigkeit von ihrer sozialen Herkunft zu erfolgreichen und weniger erfolgreichen Schülern macht. SchuB-Klassen können eine Lösung für diejenigen Jugendlichen sein, die bereits im System versagt haben. Sie sind aber keine Strategie für bessere Lernerfolge von Anfang an.
Auch die Debatte über die Senkung der Quote der Hauptschulabschlüsse, die wir heute Morgen schon wieder vernommen haben, beweist nicht, dass Sie mit Ihrer Bildungspolitik Erfolge in diesem Bereich vorweisen können. Sie beweist lediglich die Beeinflussbarkeit statistischer Bezugsgrößen.
Frau Kultusministerin, zunächst einmal haben Sie mit Ihren Schulgesetzänderungen die erhöhte Selektivität unseres hessischen Schulsystems eingeleitet. Die Folge war, dass sich bis vor zwei Jahren die Zahl der Hauptschüler ständig erhöht hat. Damit wurde natürlich auch das Leistungsspektrum verbreitert, und schwups, schon wird der Anteil der Schulversager prozentual kleiner. Gleichzeitig besuchen in Hessen immer mehr Kinder eine Förderschule. Ihre Schulpolitik hat dafür gesorgt, dass die Schülerzahlen an den Schulen für Lernhilfe seit Beginn Ihrer Amtszeit um fast 20 % gestiegen sind. Die Zahl der Erziehungshilfeschüler hat sich im gleichen Zeitraum verdreifacht. Hier von Erfolgen zu reden, ist fahrlässig.
So werden strategische Bildungsziele zur Farce, und Kinder werden ins Bildungsabseits gestellt.Wer will,dass Kinder bessere Bildungschancen haben, muss in den Anfang investieren. Die Stärkung der frühkindlichen Bildung und die Förderung des einzelnen Kindes, z. B. durch neue Lernstrukturen beim Schuleingang oder in der Ganztags
Wir haben es begrüßt, dass der Bildungs- und Erziehungsplan nach langen Vorgeburtswehen endlich vorgelegt worden ist. Aber jetzt nähert sich die Erprobungsphase dem Ende, und wir finden im neuen Haushalt dieser Landesregierung keinen einzigen Euro dafür, um diesen Bildungs- und Erziehungsplan auch in den Kindergärten und Grundschulen zu implementieren und dafür zu sorgen, dass er dort sinnbringend angewandt werden kann. Deshalb will die SPD-Fraktion die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans von Landesseite fördern.
Die Fortbildung der Erzieher und Erzieherinnen und der Grundschullehrkräfte ist notwendig, um dem Personal das entsprechende Rüstzeug mit auf den Weg zu geben. Kooperation zwischen Grundschule und Kindergarten ist nicht nur eine unverbindliche Forderung, sondern muss auch vom Land durch Bereitstellung der zeitlichen Ressourcen für die dort Beschäftigten ermöglicht werden. Deswegen wollen wir im kommenden Jahr 7 Millionen c dafür zur Verfügung stellen.Bessere Chancen beim Schuleingang sollen auch durch die Einführung der Schuleingangsstufe erreichet werden. In einem ersten Ausbauschritt sollen Sozialpädagogenstellen für 200 Gruppen im Landeshaushalt eingestellt werden.
Stichwort: Ganztagsschulentwicklung.Auch hier täuschen die kultusministeriellen Zahlenspielereien nicht darüber hinweg, dass die Entwicklung zur Ganztagsschule in Hessen in den letzten Jahren mehr gebremst als gefördert wurde. Genehmigt wurden ausschließlich Einrichtungen zur pädagogischen Mittagsbetreuung; verhindert wurde die Entwicklung von ganztägig arbeitenden Schulen, die Förderung und Unterricht, Freizeit und Leistung miteinander verbinden und den Kindern mehr Zeit zum Lernen geben. Um diese Möglichkeiten für mehr Schulen zu eröffnen, wollen wir ab dem nächsten Schuljahr zusätzlich 250 Lehrkräfte zur Verfügung stellen.
Auch die Grundschulen sollen ein Signal erhalten, dass der Ausbau von Betreuung und Ganztagsangeboten dort vorangeht. Deswegen wollen wir die Betreuungsmittel in diesem Bereich erhöhen und auch für einen Investitionsanstoß sorgen, da die Grundschulen als Einzige relativ unterproportional von den IZBB-Mitteln profitiert haben.
Meine Damen und Herren, mehr gemeinsames Lernen ist auch ein Ziel der Bildungspolitik der hessischen SPD. Deshalb wollen wir mit 10 Millionen c Schulen fördern, die sich auf den Weg machen, mehr gemeinsames Lernen zu erproben.
Vielfalt bietet Chancen – Unterricht in heterogenen Gruppen fördert leistungsstarke und leistungsschwache Kinder. Vielfalt erfordert aber auch Ressourcen, um im Unterricht und innerhalb der Klasse differenzieren zu können. Ziel ist individuelle Förderung, ohne auszugrenzen und ohne Kinder zurückzulassen. Wir wollen den Schulen Mut machen, Vielfalt zuzulassen und Kinder gemeinsam zu fördern,unabhängig von den Ergebnissen der letzten Klassenarbeiten.
Der Verzicht auf Abschulungen und Querversetzungen bietet pädagogische Chancen, nicht nur für die einzelnen Kinder, sondern auch für die Entwicklung unserer Schule selbst.
(Michael Boddenberg (CDU): Hausaufgaben auch abschaffen, Frau Kollegin! Wenn man eine Einheitsschule hat, braucht man so etwas nicht mehr!)
Meine Damen und Herren, kommen wir noch zum größten bildungspolitischen Flop dieses Jahres, der Unterrichtsgarantie plus. Werbekampagnen und rigide Maßregelungen von Schulleitern und Kollegien haben nicht dazu geführt, dass aus einem schlechten Konzept ein Erfolgsmodell wurde. Alle Befürchtungen über eine Verschlechterung der Unterrichtsqualität und ausufernde bürokratische Belastung der Schulen haben sich bestätigt.
Herr Boddenberg, wenn Sie einmal mit den Eltern reden würden, wie ich das vor Ort mache, dann wüssten Sie, warum die Eltern nicht an Ihrem Elterntelefon anrufen. Dann könnten Sie nämlich hören: „Wir wollen unseren Schulen und Schulleitern nicht schaden“; denn es kommt sofort ein Anruf vom Kultusministerium, und deswegen hält man sich dort zurück.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Axel Winter- meyer (CDU): Das ist doch gut! – Michael Boddenberg (CDU): Ungeheuerlich!)
Frau Kollegin Habermann, gestatten Sie mir den Hinweis, dass die vereinbarte Redezeit gerade abgelaufen ist.
Wir beantragen deshalb, mit der Selbstverantwortung der Schulen endlich Ernst zu machen und den Schulen das Budget von 30 Millionen c zur Gewährleistung verlässlicher Schulzeiten ohne die bisherigen Auflagen zuzuteilen. 30 Millionen c sind ein Äquivalent von 600 Lehrerstellen. Warum soll eine Schule nicht selbst entscheiden, ob sie zur Abdeckung von Unterrichtsstunden weitere Fachkollegen einstellt, ob sie lieber sozialpädagogische Betreuung organisiert oder auch Projekte fordert, die das eigenständige Lernen fördern? So können Schulen Selbstverantwortung mit Qualität im Unterricht verbinden. Ihre Unterrichtsgarantie plus dagegen verringert Bildungsqualität und ist Selbstzweck, um Betreuung als Unterricht auszuweisen und Lehrkräfte zu sparen.
Meine Damen und Herren, mit unseren Haushaltsanträgen gewinnt das Haus der Bildung der SPD-Fraktion Konturen. Sie sind ein solides Fundament, um die einzelnen Bausteine zu einem Ganzen zusammenzufügen, und sie sorgen dafür, dass jedes Kind die besten Chancen erhält,um seine Begabungen und Talente zu entfalten.Ihren Einzelplan 04 dagegen werden wir ablehnen.
Vielen Dank,Frau Habermann.– Als nächster Redner hat Herr Kollege Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der von der Landesregierung vorgelegte Einzelplan 04 für das Kultusministerium hat eine einfache Botschaft: Bildung hat für diese Landesregierung keine Priorität mehr. Das ist die einfache Botschaft dieses Haushaltsplans.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): 600 Millionen c mehr für Kultus!)
Meine Damen und Herren, wir haben Steuermehreinnahmen für das Jahr 2007 von im Haushalt schon veranschlagten 1,1 Milliarden c, und wir wissen seit der letzten Steuerschätzung, dass noch einmal 300 Millionen c obendrauf kommen. Also wir haben im Haushaltsjahr 2007 Steuermehreinnahmen von 1,4 Milliarden c. Von diesen 1,4 Milliarden c will diese Landesregierung gerade einmal 6,5 Millionen c in zusätzliche Lehrerstellen investieren. Das sind 4,6 Promille des Steuermehraufkommens in diesem Haushalt. Deshalb sage ich wohlbegründet: Bildung hat für diese Landesregierung in diesem Landeshaushalt keine Priorität.
Eine Schwerpunktsetzung in Bildung, eine Schwerpunktsetzung für unsere Schulen, wäre dringend nötig; denn es fehlt in unseren Schulen an allen Ecken und Enden.
Wenn man in die Schulen geht, wenn man mit den Lehrerinnen und Lehrern redet, wenn man mit den Eltern redet, wenn man mit Schülerinnen und Schülern redet,
dann wird einem das überall bestätigt. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Das ist natürlich auch kein Zufall, wenn Bildung für diese Landesregierung keine Priorität mehr hat und wenn sich diese Landesregierung auf etwas verlegt, Frau Kultusministerin, was ich eine deklamatorische Politik nennen würde. Sie verkünden etwas von Wiesbaden aus, vom Kultusministerium aus, was die Schulen machen sollten. Das klingt manchmal auch ganz gut. Aber Sie vergessen, die Schulen in die Lage zu versetzen, das, was Sie von Wiesbaden aus deklamieren, tatsächlich auch umzusetzen, weil Sie den Schulen die notwendigen Mittel verweigern.