Protocol of the Session on October 6, 2006

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Kaufmann hat alles gesagt!)

Alle haben alles gesagt, wenn ich das richtig sehe.

Der Antrag der Landesregierung unter Tagesordnungspunkt 18 betreffend Verordnung über die Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 – Erweiterung Flughafen Frankfurt/Main; hier: Zustimmung durch den Hessischen Landtag, Drucks. 16/6057, soll an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, federführend, und an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, beteiligt, überwiesen werden, und mit ihm der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftsminister Rhiel muss Farbe bekennen beim Flughafenausbau, Drucks. 16/6110. – Dann ist das so beschlossen.

Dann kommen wir zu Tagesordnungspunkt 57:

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Veräußerung der landeseigenen Liegenschaft in Wiesbaden, Am Kloster Klarenthal 7a; hier: Zustimmung zur Veräußerung durch den Hessischen Landtag nach § 64 Abs. 2 LHO – Drucks. 16/6106 zu Drucks. 16/6065 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten. Erster Redner ist Herr von Hunnius für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorgang, über den wir uns heute unterhalten, ist ein undramatischer Vorgang. Wir müssen deshalb auch nicht die Aufwallung der Gefühle herbeiführen. Aber es kann vielleicht, wenn wir weise entscheiden, gelingen, dass ein Stück Glauben an die Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit von Politik zurückerlangt werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Worum geht es? Es geht um den Verkauf einer Liegenschaft in Klarenthal, und zwar die Liegenschaft der ehemaligen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau, die nicht mehr benötigt wird.Hier gab es ein öffentliches Ausbietungsverfahren. Es gab eine Reihe von Geboten. Ich will keine Namen nennen. Es hat ein Hauptbieter gewonnen. Ich nenne ihn A. Im Endeffekt gab es einen zweiten, einen Mitbieter, nämlich B. Im Haushaltsausschuss wurde das Ganze diskutiert. Es gab eine klare Präferenz zugunsten des Hauptbieters. Aber man kam überein, noch einmal die Stadt Wiesbaden daraufhin zu befragen, ob sie Einwände gegen diesen Deal, den Verkauf in der vorgesehenen Form, habe.

Die Entscheidung des Haushaltsausschusses fiel dann in der darauffolgenden Sitzung, nachdem zwischendurch eine Stellungnahme der Stadt Wiesbaden, von Herrn Oberbürgermeister Hildebrand Diehl, einging. In dieser Stellungnahme gab es eine Präferenz, keine sehr deutliche,aber eine klare Präferenz zugunsten von B.Daraufhin entschied der Haushaltsausschuss, dem Verkauf an B zuzustimmen, nachdem B sein Gebot auf exakt die gleiche Summe wie A erhöht hatte.– So viel als sachlicher Bericht dessen, was sich abgespielt hat.

Wir meinen, dass der Empfehlung des Haushaltsausschusses – dazu ist der Beschluss geworden, nachdem wir von unserer Möglichkeit Gebrauch gemacht haben – widersprochen werden sollte,und zwar aus zwei Gründen: erstens aus Gründen der Fairness und zweitens aus sachlichen Gründen.

Lassen Sie mich zunächst zur Fairness etwas sagen. Der Ablauf des gesamten Verfahrens ist in einer Art und Weise erfolgt, die rechtlich, unterstelle ich einmal, einwandfrei war. Etwas anderes würde ich nicht unterstellen wollen. Sie war aber gegenüber dem Meistbietenden A nicht fair.

(Beifall bei der FDP)

Das ergibt sich aus dem Zeitablauf.Ich zitiere Helmut von Scheidt, ein Mitglied der Koalition, der darüber berichtet, dass dieser Punkt plötzlich auf die Tagesordnung gekommen sei und innerhalb einer Stunde darüber habe entschieden werden müssen. Das ist eine grundsätzliche Frage: innerhalb einer Stunde,Abwägung von verschiedenen Anbietern, schulpolitischen Konzepten. – Wenn Sie sagen „Quatsch“, dann können Sie gerne belegen, warum das Quatsch ist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das werde ich tun!)

Das ist sicherlich eine Zumutung.

Ich weise zweitens darauf hin, dass es zumindest in einem Fall in der Stadtverordnetenversammlung den starken Verdacht eines Interessenkonfliktes gibt, weil eine der Mitentscheiderinnen ganz entschiedene Interessen in Bezug auf den Bieter B hat, der letztlich von der Stadt empfohlen wurde.

Ich weise drittens darauf hin, dass man feststellt, wenn man sich den gesamten Zeitablauf ansieht, dass Bieter B bereits vor dem Schreiben des Oberbürgermeisters sein Angebot aufgebessert hatte. Er war offenbar schon über die Brücke gehoben worden, bevor der Oberbürgermeister dieses Schreiben abgesetzt hat. Dann wurde auf die Frage, ob A noch einmal eine Chance bekommen hatte, sich dazu zu äußern, gesagt, er sei nicht erreichbar gewesen, weder telefonisch noch per Telefax. Zwei Tage darauf fiel der Hammer im Haushaltsausschuss.

Wir meinen, das ist ein Verfahren, das vom Ablauf her nicht in Ordnung ist.Wenn man den Meistbietenden nicht zum Zuge kommen lässt – das ist durchaus möglich –, dann muss es dafür schwerwiegende Gründe geben.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt komme ich zu dem sachlichen Gehalt der Entscheidung. Schwerwiegende Gründe gegen diesen Bieter bestehen keine, weil dieser Bieter eine Schule ist, die in Wiesbaden etabliert ist.Sie ist seit Jahrzehnten am Ort bekannt und hat eine Satzung, in der Völkerverständigung und Europa als Ziele genannt sind. Sie hat ein Angebot breitester Art, auch sozialer Art, mit sozialer Ausprägung,

mit finanziellen Absicherungen und mit der Garantie, ihr Konzept durchführen zu können.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme zum Ende und verweise in aller Bescheidenheit darauf, dass Herr Kollege Klee im „Wiesbadener Kurier“ gesagt hat, das Vorgehen sei ungewöhnlich. Man habe den einen Bieter nur dazu benutzt, den Preis heraufzutreiben.Wir meinen, all dies sei Grund genug, zu sagen: Lassen Sie uns dabei bleiben, dass der Meistbietende, gegen den überhaupt nichts spricht, den Zuschlag erhält, und stimmen wir heute bei der Abstimmung über diese Empfehlung mit Nein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Weimar das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will zwei Vorbemerkungen machen. Erstens. Solche Entscheidungen sind immer sehr schwierig. Zweitens. Es hat selten eine so transparente Entscheidungsfindung wie in diesem Fall gegeben. Denn ich habe dem Hessischen Landtag zu einem Zeitpunkt, als wir bereits hätten protokollieren und dann vorlegen können,genau diesen Sachverhalt mitgeteilt, dass hier zwei Bieter ein Angebot für ein Grundstück abgegeben haben, das ausschließlich für schulische Zwecke genutzt werden kann. Ich habe vorgetragen, dass ich nach der Landeshaushaltsordnung und nach allen Regeln den Zuschlag an Obermayr erteilen müsste.Das können Sie schreiben. Das stand in allen Zeitungen und in allen Vorlagen, die im Internet sind. Ich habe damit überhaupt kein Problem.

Die Beratung im Haushaltsausschuss zu diesem Thema hat zwei Punkte ergeben. Erstens. Wir haben keinen Anlass und auch keine Ermächtigung im Haushalt,billiger zu verkaufen.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Das heißt, wenn überhaupt muss derselbe Kaufpreis erreicht werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so war es!)

Zweiter Punkt. Es wurde geraten, dass wir mit der Stadt Wiesbaden noch einmal Kontakt aufnehmen, weil dies offenkundig eine schulpolitische Frage der Stadt Wiesbaden ist, in der es klug sei, die Stadt Wiesbaden zu befragen.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so war der Ablauf!)

Ich habe am Tag nach dieser Haushaltsausschusssitzung die Stadt Wiesbaden schriftlich darüber informiert und habe darum gebeten, sehr zeitnah eine Entscheidung zu treffen, und zwar auch deshalb, meine Damen und Herren, weil diejenigen, die anbieten, Finanzierungsbestätigungen vorlegen müssen, die auch eine Bindungswirkung gegenüber denen haben, die die Finanzierungsbestäti

gung geben,möglicherweise sogar Geld kosten.Der Sachverhalt wird ja nicht besser, wenn er über Monate läuft. Das war die Ausgangsposition.

Es hat dann ein Angebot des Zweitbieters, des EVIM gegeben, der gesagt hat: Wir bieten das, was der Höchstbietende geboten hat. – Ich sage auch dazu:Wir haben in der Ausschusssitzung gemeinschaftlich genau nicht gewollt, dass wir jetzt in ein neues Ausbietungsverfahren hineingehen, dass wir also den Preis nach oben treiben, sondern wir haben gesagt: Falls der Zweitbietende genauso viel bietet wie der Erstbietende und die Stadt Wiesbaden eine andere Entscheidung trifft – wie sie gefallen ist –,behalten wir uns vor, anders zu verkaufen. Das war die Geschäftsgrundlage.

(Norbert Schmitt (SPD): Genau so war es!)

Das habe ich der Stadt Wiesbaden mitgeteilt. Der EVIM hat denselben Preis geboten wie Obermayr. Die Stadt Wiesbaden hat – nur damit das klar ist, wie das von Wiesbaden aus dokumentiert wird – aus fachlicher Sicht das schulpolitische Konzept Riegel/Völkel als Privatschule unter dem Dach des EVIM als bedarfsgerechter angesehen.Weiterhin,nach sehr lobenden Worten gegenüber der Rhein-Main-Schule Dr. Obermayr:

Dennoch sehen wir in dem Vorhaben Riegel/Völkel ein Konzept, das bundesweite Bedeutung erlangen könnte. Aus unserer schulpolitischen Sicht ist dem Konzept Riegel/Völkel der Vorzug einzuräumen.

Meine Damen und Herren, es mag sein – das will ich gar nicht verhehlen –, dass es in der Stadt Wiesbaden darüber Streit gibt. Es kann sein, dass es andere Meinungen gibt. Aber für uns war vom Haushaltsausschuss aus offiziell bei der Stadt anzufragen, wie die das sehen. Das ist die offizielle Antwort, die wir von der Stadt bekommen haben. Deswegen haben wir uns ohne Schaden für das Land so entschieden.

Ich lege schon ein bisschen Wert darauf, dass hier nicht der Eindruck herüberkommt, es sei irgendwie gemauschelt worden, sondern im Gegenteil. Ich habe dem Haushaltsausschuss den Vorschlag ausdrücklich ohne einen unterschriebenen Kaufvertrag gemacht, darüber zu beraten. Ich wäre auch in der Lage gewesen, am Tag nach der Sitzung des Haushaltsausschusses den Vertrag abzuschließen. Aber wenn wir uns gemeinsam auf ein solches Verfahren verständigen und es zu einem so eindeutigen Ergebnis führt, dann, finde ich, ist das so in Ordnung.

Dass dies, wie gesagt, gegenüber dem ursprünglich Meistbietenden möglicherweise als sehr unbefriedigend erscheint, ist richtig. Aber, meine Damen und Herren, wir mussten am Ende 1 : 1 über einen Sachverhalt entscheiden.Wir haben uns im Einvernehmen mit der Stadt Wiesbaden so entschieden. Ich finde diese Entscheidung richtig und bitte Sie höflichst darum, dem auch zuzustimmen, wie wir im Haushaltsausschuss entschieden haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Kollege Kaufmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mag für einen Oppositionspolitiker ungewöhnlich

sein, aber ich sage ausdrücklich und mit Nachdruck: Das, was der Finanzminister hier vorgetragen hat, entspricht in vollem Umfang dem Ablauf der Ereignisse.

Hinzuzufügen wäre vielleicht noch – insoweit müsste ich mich persönlich schuldig bekennen, weil ich in der ersten Haushaltsausschusssitzung Anfang September zunächst derjenige im Ausschuss gewesen bin, der darum gebeten hat,noch einmal bei der Stadt Wiesbaden anzufragen,weil ein Verkauf eines Grundstücks, das ausschließlich zu Schulzwecken nutzbar ist, etwas mit den Überlegungen des Schulträgers zu tun hat, selbst wenn es hier um eine Privatschule geht –, dass eine Koordinierung der privatschulischen Aktivitäten und dessen, was im Schulentwicklungsplan seitens des Schulträgers bezüglich der öffentlichen Schulen hineingeschrieben wird, kein Fehler sein muss.

Ich bin dem Finanzminister dafür ausgesprochen dankbar – am Ende der Ausschusssitzung wurde diesem Vorschlag mehr oder minder durch Kopfnicken allgemein gefolgt –, dass er das dann genau so gemacht hat. Die Abläufe waren im Folgenden auch genau so,wie er sie geschildert hat.

Herr Kollege von Hunnius, ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass Sie im Nachgang versuchen, zwischen einem Meistbietenden und einem, der weniger viel bietet, zu unterscheiden. Als Haushaltspolitiker bleibt uns gar nichts anderes übrig – das liegt uns in Fleisch und Blut –, dass wir für das Land wegen einer schulpolitischen Entscheidung, die jemand anderer zu tragen hat, natürlich nicht eine Mindereinnahme riskieren wollen.Das war von Anfang an völlig klar. Insoweit sind das zwei gleich Bietende.

Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit nutzen, noch eine andere kurze Bemerkung zu machen: Wir haben in Bezug auf Ausbietungsverfahren und Grundstücksverkäufe immer wieder darüber diskutiert,nicht zuletzt deshalb habe ich vor Längerem schon einmal vorgeschlagen – was mittlerweile dankenswerterweise auch aufgegriffen worden ist –, auch Versteigerungen zu machen. Denn dann haben Sie alle Interessenten an einer Stelle, dann kann sich hinterher keiner beschweren, und die Regeln sind auch klar. Nur bei Grundstücken der Art wie diesem, das nur für Schulzwecke geeignet ist und für das nur ganz wenige infrage kommen, ist sicherlich ein Versteigerungsverfahren eher nicht das Richtige. Das muss man einräumen. Deshalb haben wir es nach meiner Meinung zu Recht so gemacht, und deshalb wird meine Fraktion dieser Vorlage auch zustimmen. – Vielen Dank.