Noch spannender wird es, wenn man einmal vergleicht, wie unterschiedlich die Punkte Kompensationsmaßnahmen und Ausgleichsabgaben behandelt werden. Wenn eine Abgabe fällig ist, darf der Eingriff erst dann erfolgen, wenn diese Abgabe gezahlt oder eine Sicherheit dafür hergestellt worden ist.Für den Fall,dass Kompensation zu erwarten ist, gibt es eine solche Bestimmung im Gesetz nicht. Sie entlarven sich so deutlich. Es ist ja nicht ohne Grund, dass Sie immer von den Haushaltszahlen reden. Sie haben gemerkt, dass die europäische Naturschutzpolitik mit ihrer FFH-Politik massive Finanzanforderungen an die Länder stellt. Sie versuchen jetzt, Naturschutz so zu konstruieren, dass Sie diese Finanzanforderungen nicht aus dem Landeshaushalt zahlen müssen, sondern dass Sie diese von den Eingreifern abschöpfen und dort einsetzen können, wo sie sowieso Landesgeld einsetzen müssen.
Das ist eine Art von Politik, mit der Sie sich aus der landespolitischen Verantwortung stehlen. Wir alle müssen uns dieser Verantwortung stellen und können nicht einfach die Eingreifer dafür zuständig machen, das zu finanzieren, was Landesaufgabe ist. Wir müssen die Natur erhalten.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))
Das Spannende ist: Sie tun immer so, als passten Natur und Wirtschaft nicht zusammen, als beiße sich das. Sie sagen, dass diejenigen, die die Natur um ihrer selbst willen schützen wollen, diejenigen seien, die die wirtschaftliche Entwicklung in Hessen beschränken. Das ist aus den vielen Reden Ihres Ministerpräsidenten mehr als einmal zitierbar.
Ich darf Ihnen empfehlen: Sie finden jedes Jahr in der „Wirtschaftswoche“ und zwei anderen Zeitungen eine schöne Statistik darüber, nach welchen Kriterien Unter
nehmen, die im gut bezahlten Bereich mit hoch qualifizierten Angestellten arbeiten,zurzeit ihre Ansiedlungspolitik gestalten und nach welchen Kriterien hoch bezahlte Arbeitskräfte ihren Wohnort aussuchen. Da stellen Sie fest: Die ersten drei Kriterien sind Bildung, Kulturangebot, Landschaft, und dann kommt der finanzielle Rahmen. Das heißt, wenn Sie aufhören, die Landschaft um den Ballungsraum Rhein-Main durch Landschaftsschutzgebiete zu schützen, dann betreiben Sie nicht nur eine Politik gegen die Landschaft und die Natur, sondern Sie schwächen den Wirtschaftsstandort Rhein-Main. Das ist harte Politik, nicht weiche.
Damit komme ich zum letzten Punkt. Wer auch immer diese Begründung geschrieben hat, ich finde es frech, was er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Regierungspräsidien zumutet. Da steht: Die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten erfolgte eigentlich zur Steuerung der Bauplanung.
Mit Verlaub: Wenn dieser Satz stimmen würde, würde es bedeuten, dass ganze Generationen von ehrlichen Beamten Lügen in die Begründung der Landschaftsschutzgebiete geschrieben haben.
Das können wir auf den Beamtinnen und Beamten nicht sitzen lassen. Sie haben ihre Aufgabe wahrgenommen, gemäß dem Auftrag des hessischen Gesetzgebers dafür zu sorgen, dass Landschaft mit ihrem eigenen Wert einen eigenen Schutz erhält.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten glauben, dass dieser Schutz nicht aufgehoben werden muss, sondern dass er – wie bisher – im Gleichgewicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung dort verändert werden muss, wo es konkret nötig ist. Wir brauchen diese Natur für ein starkes, schönes Hessen, und wir brauchen diese Natur für eine starke hessische Wirtschaft. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Grumbach hat einen großen Teil seines Beitrages gerade eben darauf verwandt, von Weltbildern und nicht nur von dem, was im Gesetz steht, sondern auch von dem, was hinter dem Gesetz stehen soll, zu reden. Das möchte ich gerne aufnehmen. Anders als die Sozialdemokraten und die GRÜNEN haben wir Liberale ein positives Menschenbild.
Wir sind zunächst der festen Überzeugung, dass der Mensch in der Lage ist, den Wert von Natur und Umwelt selbstständig zu erkennen,
und dass der Mensch in der Lage,bereit und willens ist,die Natur und die Umwelt zu schützen. Wir sind nicht der Auffassung, dass der Mensch zuallererst mit einer Verbotsmanier, mit einem Verbotsnaturschutz konfrontiert werden muss.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von Rot und Grün,es kann nicht funktionieren,dass die Menschen noch mitgehen, wenn man alles oder vieles verbietet.Was wir erreichen müssen und was wir zu einem Großteil im Umwelt- und Naturschutz auch bereits erreicht haben, ist, dass die Menschen von sich aus positive Entscheidungen treffen.
Deshalb ist es richtig, dass in diesem Gesetzentwurf, wie er uns vorgelegt worden ist, von der Idee her
eine Umstellung vorgenommen wird – weg von der Ideologie des Verbietens hin zu einer positiven Stimmung, die Menschen mitzunehmen, dass sie bereit sind, sich selbstständig,auch finanziell im Naturschutz und Umweltschutz zu engagieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der Dreh, der Grundlage dieses Gesetzentwurfes ist und der auch schon Grundlage des Gesetzentwurfes gewesen ist, der im Jahre 2002 in der Koalition von CDU und FDP – auf unserer Seite verantwortlich von Roland von Hunnius und von Heinrich Heidel – vorbereitet und umgesetzt worden ist.
(Norbert Schmitt (SPD): Ich habe immer geglaubt, der Kollege Hahn sei von dieser Welt! – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))
Frau Hammann, ich bedanke mich, dass ich bei Ihnen so präsent bin, dass Sie sogar noch Presseerklärungen von mir aus den Jahren 2001 und 2002 herausholen.
Lassen Sie uns doch zu Beginn gleich das Thema Streuobstwiesen nehmen. Ihre Argumentation, von beiden eben vorgetragen, ist: Es muss so bleiben, wie es jetzt im Gesetz steht. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,gehen Sie doch einmal raus.Reden Sie doch einmal mit den Betroffenen.
Reden Sie doch einmal mit den Landwirten. Reden Sie mit den Besitzern. Reden Sie mit den Naturschützern vor Ort. Es ist halt nicht in Ordnung mit den Streuobstwiesen, wie es zurzeit ist.
sogar Landesvorsitzende von Naturschutzverbänden –, dass eine andere Art der Bewirtschaftung – ich nehme das Wort im technischen Sinne und nicht im ökonomischen Sinne – dieser Streuobstwiesen vorgenommen werden muss. Jeder sagt das. Jeder weiß – Sie haben es selbst eben noch einmal deutlich gemacht –:
Deshalb ist es doch vernünftig, dass man da herangeht und sagt: Ja, wir haben im Jahre 2002 einen ersten Schritt getan. Damals haben wir noch gedacht, es muss auf alle Fälle total festgeschrieben, sozusagen betoniert werden – die Streuobstwiesen müssen in der Landschaft betoniert werden. Ich nehme bewusst dieses Bild.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch!)
Lesen Sie doch bitte gerade heute den Bericht, den wir über „dpa“ lesen konnten. Frau Elke Richter hat sich heute zu dem Thema „Apfelernte läuft auf Hochtouren“ mit Streuobstwiesen und anderen Dingen beschäftigt. Dann wird Frau Barbara Helling zitiert, eine Wiesenbesitzerin. Ich habe keine Ahnung, wo sie politisch steht. Das ist mir auch vollkommen wurscht. Sie wird zitiert: „Doch viele Bäume sind zu alt,uns fehlen 20 Jahre,in denen nicht nachgepflanzt wurde.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren,wenn ich durch die Wetterau fahre und wenn ich mit den Naturschützern in der Wetterau rede, wenn ich mit den Landwirten rede, wenn ich mit den Kommunalverantwortlichen rede: Jeder sagt mir genau dasselbe. Durch die so starren Regularien, die wir im Hessischen Naturschutzgesetz bisher gegenüber den Streuobstwiesen haben, helfen wir den Streuobstwiesen nicht, sich zu regenerieren, sondern wir lassen sie vergreisen.