Protocol of the Session on October 5, 2006

Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz muss den Erfordernissen der Zukunft gerecht werden. Die Arbeitswelt wandelt sich, die Ansprüche von uns Frauen auch.

Eine Ausdehnung des Gesetzes auf privatisierte Betriebe oder gar auf die gesamte Privatwirtschaft lehnen wir aber ab.

(Dr.Judith Pauly-Bender (SPD):Natürlich! Sie lehnen die Frauenförderung insgesamt ab!)

Ihrer Rede habe ich entnommen, dass Sie die Meinung unserer Frauenorganisation sehr gut zu kennen scheinen. Ich möchte Ihnen die Vorsitzende vorstellen, die hier anwesend ist. Das ist Frau Angelika Scholz, Frau Dr. PaulyBender. So gut kennen Sie sich mit unseren Frauenorganisationen aus.

Frauenpolitik in Hessen steht keineswegs still, sondern geht neue Wege mit den Frauenbeauftragten in Hessen. Sie stellt sich den Herausforderungen der neuen Verwaltungsstrukturen wie auch den modernen Anforderungen an den Arbeitsplatz, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung zu Recht einfordern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ravensburg. – Es haben sich zwei Kolleginnen zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.Zunächst erhält Frau Kollegin Fuhrmann für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte das Thema „Männerfleischskandal“ klarstellen, weil es hier Wellen geschlagen hat.

Frau Kollegin Dr. Pauly-Bender hat mit diesem Wort eine Kabarettistin zitiert. Dazu kann ich nur sagen:Wenn Ihre Frauenpolitik so ist, wie sie ist, müssen Sie auch mit Satire umgehen. Das tut mit sehr leid.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt. Ich weise für die SPD-Fraktion ganz eindeutig zurück, was Sie eben in Ihrem Redebeitrag gesagt haben, Frau Kollegin. Sie versuchen, die LAG der Frauenbeauftragten oder die Gewerkschaften als Zeugen gegen unsere Argumentation zu verwenden. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie werden im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens die Originaltöne der eben gerade genannten Gruppierungen hören. Ich sage Ihnen vorher: Sie sind abzuwarten, und sie sind wahrscheinlich für Sie hart zu ertragen.

(Beifall bei der SPD)

Soeben wurde das Wort Chancengleichheit eingeführt. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das Thema Chancengleichheit wie auch die Auffassung, Frauen müssten es doch irgendwann einmal schaffen, ist in Deutschland 50 Jahre diskutiert worden. Wir haben uns dann endlich dazu entschlossen zu sagen:Wir brauchen aktive Frauenförderung, andernfalls werden wir auf die Chancengleichheit und auf

die Frauengleichberechtigung noch 50 oder 100 Jahre warten. Deswegen ist das Grundgesetz geändert worden. Danach ist der Staat verpflichtet, tatsächliche Maßnahmen zur Herstellung von Gleichheit – von Frauengleichheit – zu ergreifen. Deswegen helfen keine guten Appelle.

(Beifall bei der SPD)

Dritter Punkt.

Frau Kollegin Fuhrmann, die Zeit für die Kurzintervention beträgt nur zwei Minuten. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Frau Präsidentin, Frauenförderung muss richtig gelebt werden, aber zur Durchsetzung derselben bedarf es der Instrumente. Diese werden in einem Gesetz niedergelegt.

Vierter Punkt. Der Wunschtraum, Väter einzubeziehen, ist sehr schön. 3 % der Väter nehmen Erziehungsurlaub. So viel zu diesem Thema. Die Vätermonate, die mit dem Elterngeldgesetz eingeführt worden sind, sind gegen den harten Widerstand der CDU von Renate Schmidt eingeführt worden. Dazu kann ich nur sagen: Gut so. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Fuhrmann. – Für die nächste Kurzintervention erhält Frau Kollegin Schulz-Asche von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil uns Frau Kollegin Ravensburg in ihrem Beitrag vorgeworfen hat, wir wollten die Gleichstellungspolitik zu einer Verpflichtung machen. Ja, sage ich Ihnen, Frau Ravensburg, genau das wollen wir tun, und das macht Ihre Gesetzesvorlage nicht.

Sie haben gesagt, ein Unternehmer müsse heutzutage daran denken – und zwar am besten automatisch –, die Frauen gleichzustellen. Darauf haben wir 25 Jahre lang gewartet.Und was haben wir? Wir haben im europäischen Vergleich die größten Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Wir haben die wenigsten Frauen in Führungspositionen. Wir haben die wenigsten Professorinnen. Wir haben – Hessen ist ein Beispiel – im Ranking der Ministerien und der Führungsebene in den Ministerien im Bundes-Länder-Vergleich Hessen auf Platz 12.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es in der Gleichstellungspolitik einen Wechsel geben muss. Da hat der Kollege Rentsch völlig recht. Bisher haben wir darüber geredet, ein demokratisches Recht, nämlich das der Gleichstellung, umzusetzen. Inzwischen reden wir aber auch im globalen Vergleich über einen Innovationsvorteil und über einen Vorteil gegenüber anderen Ländern,wenn wir es nämlich schaffen, vermehrt Frauen und Mütter in den Arbeitsprozessen zu halten.

Deswegen sage ich Ihnen eines: Wenn wir es nicht schaffen, innerhalb kürzester Zeit Instrumentarien zu entwickeln und umzusetzen, um mehr Frauen die Möglichkeit zu geben, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, ihre eigenen Karrierewünsche zu planen und mit Familie zu verbinden, und wenn wir nicht das Gleiche für eine zunehmende Anzahl von jungen Männern schaffen, die dies und nicht mehr sozusagen ausschließlich für den Job leben wollen,sondern sich auch der Familie widmen wollen, dann wird Hessen, dann wird Deutschland im internationalen Vergleich ökonomisch keine Chancen mehr haben.

Wir haben andere Länder, die in der Wirtschaftsentwicklung sehr viel dynamischer sind, als es derzeit Deutschland ist.Alle diese Länder zeichnen sich dadurch aus, dass sie seit Jahren sehr viel konkretere und klarere Gleichstellungsgesetze haben, als dies in Deutschland der Fall ist. Frau Lautenschläger, die Chance, das mit dieser Vorlage zu ändern, haben Sie versäumt, und das werfen wir Ihnen vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Schulz-Asche. – Zur Antwort hat Frau Ravensburg jetzt Gelegenheit.

Sehr geehrte Frau Fuhrmann, sehr geehrte Frau PaulyBender! Ob der kabarettistische Beitrag „Männerfleischskandal“ für die Unterstützung der Frauenpolitik in Hessen hier ein guter Beitrag war, möchte ich nicht kommentieren. Das überlasse ich dem Urteil der Zuhörerinnen und Zuhörer hier und den Leserinnen und Lesern der Redebeiträge.Wir haben 50 Jahre über Frauenpolitik diskutiert und seit 1993 die Frauenförderpläne verankert, sind aber nicht wesentlich weitergekommen. Das müssen Sie auch registrieren. Deshalb müssen wir neue Wege in der Frauenförderung gehen.Darüber sind wir uns zwar einig,

(Gernot Grumbach (SPD): In der Frauenarbeit sind sie zurück!)

aber über die Richtung dieser Wege sind wir uns nicht einig. Ich denke, wir werden das noch ausführlich in der Anhörung diskutieren.

Ich möchte Ihnen ein gutes Beispiel für Frauenförderung geben. Das hessische Amt für Lehrerbildung hat ein Pilotprojekt gestartet, um die Frauenquote in den Studienseminaren zu verbessern. Es ermöglicht, jungen Lehrerinnen mit Potenzial durch Förderung und durch Mentoring Mut zu machen,um sich später in Leitungsfunktionen von Schulen zu bewerben. Das ist für uns ein guter Weg. Das ist für uns ein richtiger Weg.

Frau Fuhrmann, noch ein Wort zu den Männern. Sie sagen: Im Moment nehmen 3 % der Männer Teilzeit. – Wir brauchen da nicht stehen zu bleiben, sondern ich glaube, wir sollten den Männern eine Chance geben.

(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Natürlich, klar, aber die Realität ist anders!)

Ich möchte ganz klar sagen: Es ist nicht nur die Männerwelt im Berufsalltag, die Männer, die Teilzeit arbeiten, mit Misstrauen ansieht.Das sind oft auch wir Frauen.Wir soll

ten uns einmal an unsere eigene Brust fassen. Ich gebe Ihnen das zum Nachdenken mit und bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank,Frau Kollegin Ravensburg.– Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes, Drucks. 16/6060, hat stattgefunden.Wir überweisen dieses Gesetz zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss.

Genauso verfahren wir mit dem Antrag der Abg. Fuhrmann, Dr. Pauly-Bender, Eckhardt, Habermann, SchäferGümbel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Hessisches Gleichberechtigungsgesetz zeitgerecht novellieren – Regierungsentwurf zurückziehen, Drucks. 16/5909. Dieser wird an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Kommunalwahlgesetzes – Drucks. 16/6063 –

Zur Einbringung übergebe ich das Wort an Herrn Hahn.

(Beifall und Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP): Ruhe im Saal!)

Frau Präsidentin,liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Technik setze ich mich jetzt nicht auseinander, aber die Uhr läuft.

(Kurzer Dialog des Redners über die Technik mit dem Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir werden die Zeit, die für die Lesung des Gesetzentwurfs vorgesehen ist, als einbringende Fraktion nicht überschreiten.

(Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gut. Das ist das erste Mal, dass ich heute Beifall von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekomme. Ich bitte ausdrücklich, das im Protokoll festzuhalten.

Ich wollte den Vorschlag unterbreiten, dass wir uns mit den Auswirkungen der letzten Kommunalwahl, insbesondere mit der geringen Wahlbeteiligung, heute nicht zu sehr im Plenum, da wir jetzt 17.42 Uhr haben, sondern intensiv in einer erneuten Anhörung im Innenausschuss des Hessischen Landtages auseinandersetzen.

Wir alle, egal von welcher Partei, haben am Abend nach der Kommunalwahl zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Wahlbeteiligung äußerst gering war. Es gab den einen oder anderen Vorschlag am Wahlabend,den ich jetzt nicht weiter kommentieren möchte.