Protocol of the Session on October 5, 2006

Dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hessen nicht dafür verantwortlich ist, dass es weltweit kein Endlager gibt, müsste sich selbst Ihnen erschließen, werte Kollegin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir haben gestern etwas ganz Besonderes erlebt. Wir haben gestern erlebt, dass sich ein Wirtschaftsminister in enger Abstimmung mit dem Ministerpräsidenten – Sie sehen das – zu einem Kämpfer gegen die Macht der vier großen Konzerne, gegen das Oligopol der Konzerne, stilisiert hat. Herr Rhiel, Sie haben dazu gesagt, im Notfall müssten Sie Wettbewerb herstellen und diese Konzerne zu einem Verkauf von Kraftwerken zu zwingen.

Sehr gut, Herr Minister.Wir würden Sie gern darin unterstützen, so, wie wir Sie bei der Versteigerung der Emissionszertifikate unterstützt haben. Unser Problem ist nur, dass Sie immer Ihre Backen dick aufblasen und sich in der „Bild“-Zeitung als „Super-Rhiel“ abbilden lassen, um am Ende als Bettvorleger von RWE zu landen. Das genau ist das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer die Macht des Oligopols brechen will, der muss das Gegenteil von dem tun, was Sie hier unterstützen.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Eine Verlängerung der Laufzeit von Biblis A würde RWE Einnahmen von 1,2 Milliarden c bringen und die Struktur der gegenwärtigen Energieversorgung zementieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Begründung von RWE für die Laufzeitverlängerung sollten sich alle hier im Saal einmal auf der Zunge zergehen lassen. Die Begründung von RWE Power ist die Versorgungssicherheit.

Nun wissen Kundige, dass die Netze und der Betrieb der Kraftwerke – zumindest formal – im Energiewirtschaftsgesetz getrennt sind, d. h. funktionales Unbundling; Entschuldigung für diesen Anglizismus. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen, wer sich diese Begründung einmal genau anschaut, der müsste diesen Antrag erst recht ablehnen. Denn er sorgt dafür, dass die gegenwärtigen Gelddruckmaschinen,diese alten,unsicheren Atomkraftwerke, länger laufen; und dass die nicht für billigen Strom sorgen, das können Sie jeden Monat an Ihrer Stromrechnung sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Al-Wazir, Ihre Redezeit ist beendet. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Fünf Minuten sind immer sehr kurz, vor allem bei mir. Frau Präsidentin, ich komme mit einem Satz zum Schluss.

Ich würde mir wünschen, dass alle hier im Saal das tun, wofür sie gewählt wurden, nämlich die Sicherheitsinteressen der hessischen Bevölkerung vertreten.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Ich finde es schade, dass der zuständige Minister sowie CDU und FDP sich zum Büttel der Profitinteressen eines Stromkonzerns machen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Boddenberg das Wort für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, den Versuch zu unternehmen, am Schluss dieser Debatte zu einer Versachlichung beizutragen. Aber, Herr Al-Wazir, das, was Sie hier gerade vorgetragen haben, ist in Formulierung und Inhalt genauso unerträglich wie das,

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

was Sie in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten zwei Wochen artikuliert haben.

Ich will nur einen Punkt aufgreifen. Wenn Sie hier den Vorwurf der fehlenden Endlager formulieren und das ausgerechnet von einer grünen Partei kommt, die über Jahre – Jahrzehnte, muss man sagen – alles unternommen hat, um genau das zu verhindern,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

dann ist das ein Versuch, Geschichte zu verdrehen, der so nicht im Raum stehen bleiben kann.

(Zurufe der Abg. Frank-Peter Kaufmann,Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Norbert Schmitt (SPD))

Herr Al-Wazir, ich will nochmals feststellen – und ich sage das ausdrücklich auch in Richtung der Vorsitzenden der SPD in Hessen,Frau Ypsilanti –:Niemand in der CDU hat jemals versucht, einen Konflikt in der Frage herzustellen, welche Technologie wir befürworten und welche wir besonders bevorzugen. Wir haben immer von einem Energiemix gesprochen.Wir haben nie davon gesprochen, dass es hier einseitige Prioritäten gibt.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch und gerade die Hessische Landesregierung steht an vielen Stellen dafür, dass wir regenerative Energien fördern

(Andrea Ypsilanti (SPD):Wann denn? Wo denn?)

und dass wir Forschung fördern. Meine Damen und Herren, das ist auch die Politik der Bundes-CDU: dass wir da

für sorgen, damit wir bei allen diesbezüglichen neuen Technologien Weltmarktführer bleiben, wie wir es Gott sei Dank an vielen Stellen sind.

Aber zu dieser Führerschaft in technologischer Hinsicht gehört eben auch die Tatsache, dass wir für uns reklamieren dürfen und können, dass wir in der Kernenergie und in der Forschung und Entwicklung neuer Methoden mit teilweise erheblich geringeren Risiken – schauen Sie nur nach Frankreich, was dort im Moment passiert – weiter versuchen wollen und müssen, eine Markt- und Technologieführerschaft weiterzuentwickeln und auszubauen, anstatt uns von diesen zu verabschieden.

Herr Al-Wazir, was Sie hier tun – und teilweise auch Sie, Frau Ypsilanti –, ist doch der einfache Versuch, mit den Gefühlen der Menschen an einer Stelle zu spielen, an der Sie es immer wieder versuchen, wo es Ihnen aber Gott sei Dank zunehmend weniger gelingt. Die GRÜNEN sprechen von „Schrottreaktor“ – wohl wissend, dass dieser Ausdruck bei einigen wenigen noch so ankommt, wie Sie es insinuieren; aber ich denke, mittlerweile gehört dieser Begriff bei mehr Menschen, als Sie glauben, dorthin, wohin auch Ihre Buttons gehören, nämlich in die Mottenkiste. In diesem Lande gibt es keine Schrottreaktoren. Das wissen Sie so gut wie wir.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Natürlich!)

Das weiß auch der frühere Bundesumweltminister Trittin, und das weiß auch der aktuelle Bundesumweltminister Gabriel,

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

sonst hätte er schon längst dafür sorgen müssen, Biblis oder auch andere, wie Sie es nennen, „Schrottreaktoren“ stillzulegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zum Schluss Ihrer Rede kam noch der Versuch, mit den Neidgefühlen mancher sozialdemokratischer Wähler offensichtlich auch in Ihren Reihen zu spielen, indem Sie sagen: Na ja, die wollen nur Profite machen.

Für die CDU-Fraktion und sicherlich auch für den CDUWirtschaftsminister sage ich ausdrücklich: Es geht uns nicht darum, Unternehmen zu verteufeln, die Gewinn erwirtschaften.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Uns auch nicht!)

Bei dem, was Minister Rhiel gestern vorgeschlagen hat, geht es ausschließlich darum, einen Wettbewerb herzustellen, den es an vielen Stellen nicht so gibt, wie wir ihn brauchen,

(Norbert Schmitt (SPD): Da sind wir uns einig!)

um kostengünstig den Verbrauchern und Unternehmen dieses Landes Energie zu liefern.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Da sind wir uns einig!)

Frau Ypsilanti, mein letzter Punkt.Wenn wir von internationaler Wettbewerbsfähigkeit sprechen, dann muss man doch konstatieren, dass Deutschland häufig gute Ideen hatte, sehr kreativ war, dass aber häufig Produkte, die hier produziert worden sind, am Ende nur deswegen auf Weltmärkten kein Erfolg geworden sind,weil wir sie über viele Jahre zu hoch subventioniert und vergessen haben, deren Wettbewerbsfähigkeit auch im Hinblick auf die Kosten

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sehr gut!)

in das Gesamttableau der weltmarktlichen Wettbewerbe einzupassen und einzupreisen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Was heißt das?)

Herr Schmitt und Frau Ypsilanti, das heißt nichts anderes, als dass sich hoch subventionierte alternative, regenerative Energieformen ebenfalls auf dem Markt werden durchsetzen müssen. Darüber müssen wir reden, und dafür werden wir mit unserer Politik Sorge tragen. – Vielen Dank.