(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war nicht der Hauptgrund, Herr Kollege!)
Herr Kaufmann, bevor ich so etwas sage, da können Sie sicher sein, habe ich es geprüft. Es war einer von vielen Gründen, aber ein ganz maßgeblicher. – Lassen Sie mich einige Punkte ansprechen. Es handelt sich um eine weltweit einmalige Einführung einer Gebühr für internetfähige PCs. Mit dieser zusätzlichen Gebühr werden viele Haushalte, viele kleine und mittlere Unternehmen und Freiberufler
ungerechtfertigt belastet. Die finanzielle Mehrbelastung bei der Erhebung dieser Gebühr wird unterschiedlich bewertet.Es gibt Aussagen bezüglich der Mehrbelastung der Wirtschaft und der Privaten, die von 10 Millionen c über 150 Millionen c bis hin zu 500 Millionen c reichen.Allein die Tatsache, dass man nicht weiß, welche Belastung mit dieser Gebühr für die mittelständischen Unternehmen verbunden ist, rechtfertigt es, das Moratorium um zwei Jahre zu verlängern, um dieses Problem einer Lösung zuzuführen.
(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Haben wir eigentlich noch eine Regierung, oder ist die schon weg?)
Ich will versuchen, das zu konkretisieren. Nach Angaben der Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler hat eine Onlineumfrage der Handwerkskammer ergeben, dass über 900.000 Handwerksbetriebe von der Neuregelung betroffen sind,von denen mehr als die Hälfte nicht einmal ein Radio hat. Laut VRGZ würden rund 500.000 Betriebe die Bedingungen für die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige Computer erfüllen, was eine Gesamtbelastung des Handwerks von jährlich über 100 Millionen c bedeuten würde. Dafür gibt es keine sachliche Rechtfertigung.
Bei etwa 880.000 haupterwerbstätigen Freiberuflern schätzt die gleiche Organisation eine Zusatzbelastung von ca. 88 Millionen c jährlich.
Meine Damen und Herren, ich habe es bereits gesagt: Die Tatsache, dass die Belastung der Wirtschaft und der Freiberufler nicht exakt quantifiziert werden kann, rechtfertigt die Verlängerung des Moratoriums,um in dieser Frage Klarheit zu schaffen.
Ich spreche diejenigen an, die dies zu verantworten haben. Das sind die Hessischen Ministerpräsidenten, die
(Reinhard Kahl (SPD):Wie viele gibt es denn da? – Minister Stefan Grüttner: Uns reicht einer! – Heiterkeit)
Herr Kollege Grüttner, ich kann Sie auch direkt ansprechen: Ich kenne genügend Reden von Ihnen, in denen Sie von der Entlastung des Mittelstands sprechen und davon, dass keine zusätzlichen Belastungen auf den Mittelstand zukommen dürfen.
In diesem Fall belasten Sie die Wirtschaft ohne ausreichende Kenntnis vorsätzlich. Das ist etwas, was die FDPFraktion nicht akzeptiert.
Herr Kollege Hahn, es macht mir immer Freude, jemanden bei seinen Widersprüchlichkeiten zu ertappen, auch wenn er das nicht gerne hat. Deshalb muss das an dieser Stelle angesprochen werden.
Meine Damen und Herren, es geht aber nicht nur um die Frage der Mehrbelastung mittelständischer Unternehmen, sondern es geht auch um eine Grundsatzfrage. Eine öffentlich-rechtliche Gebühr wird prinzipiell nur dann erhoben, wenn auf der Grundlage einer Leistung eine Gebühr zu erheben ist. Eine öffentlich-rechtliche Gebühr setzt also voraus, dass eine tatsächliche Nutzung erfolgt und eine tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung abgegolten wird. Aber daran fehlt es bei internetfähigen PCs.
Dieses Prinzip der Gebührenerhebung wird hier durchbrochen, weil anders als beim Fernsehgerät die gebührenpflichtige Nutzung eines PC nicht einfach unterstellt werden kann. Ein Fernsehgerät wird erworben, um fernzusehen. Ein PC wird gerade nicht zu diesem Zeck erworben, und deshalb ist diese Gebühr vom Grundsatz her schlicht und ergreifend unangebracht.
Im Rundfunkstaatsvertrag wird nichts anderes gemacht, als dass mit einer Fiktion gearbeitet wird. Es wird praktisch unterstellt, dass jeder, der das Arbeitsgerät PC in seinem Betrieb nutzt, auch gleichzeitig diesen PC als Fernsehgerät nutzt. Das ist nicht der Fall, es entspricht nicht der Realität. Deswegen lehnen wir diese Gebühr ab.
Meine Damen und Herren, es handelt sich im Grunde genommen darum, dass Rundfunkempfänger wider Willen zur Kasse gebeten werden.Wenn tatsächlich die Möglichkeit des Rundfunkempfangs nicht besteht, kann hierfür auch keine Gebühr erhoben werden.
Diese Erkenntnis haben sich zwischenzeitlich auch die Großkoalitionäre Althaus und Beck zu eigen gemacht; denn sie haben auf einmal gesagt, es gehe nicht mehr um die 17,03 c, sondern man wolle vielmehr nur den Hörfunkanteil in Höhe von 5,52 c erheben. Man ist also zu der Erkenntnis gekommen, man könne nicht unterstellen, dass der Handwerker fernsieht, man könne aber unterstellen, dass er den internetfähigen PC permanent als Radio benutzt. Ich halte diese Überlegung für genauso absurd.
Die Diskussion nimmt an Kuriosität zu. Nun haben sich auch die ARD-Intendanten darauf geeinigt, den Hörfunkanteil von 5,52 c in Ansatz zu bringen.Eine derartige Solidarität gegenüber dem ZDF habe ich von den ARDIntendanten bisher noch nicht kennen gelernt. Das ZDF soll auf diese Art und Weise eliminiert werden. Dem PCNutzer wird unterstellt, dass er permanent Radio hört, und dafür soll er 5,52 c bezahlen.Meine Damen und Herren,das ist ein Ding aus dem Tollhaus.Das Moratorium ist dringend notwendig.
(Beifall bei der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP), sein Handy hochhaltend: Ja, toll! hr 4 für Herrn Posch!)
Das erinnert ein wenig an die Erhebung der Sektsteuer, die zur Finanzierung von Kaiser Wilhelms Kriegsflotte eingeführt wurde, aber trotz zweimaligen Absaufens der Flotte immer noch zu bezahlen ist. Genauso verhält es sich hier. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um eine Steuer, sondern um eine Gebühr.
Meine Damen und Herren, es ist schon etwas seltsam: Die Landesregierung feiert sich und klopft sich selbst auf die Schulter, wenn es darum geht, neue Technologien zu fördern. Das sehen auch wir als positiv an. Das hat dazu geführt, dass die neuen Technologien genutzt werden müssen. Die Steuererklärung soll beispielsweise per PC erstellt und an das Finanzamt geschickt werden. Als Dank dafür, dass man das macht, darf man 5,52 c zusätzlich bezahlen.
Genau: Wenn man dann die Steuererklärung per Internet an das Finanzamt schickt, bringt man die Kosten als Werbungskosten bei der Steuererklärung gleich wieder in Ansatz. Das wird aber wahrscheinlich deshalb bestritten, weil die 5,52 c nicht dafür bezahlt werden, weil man die Steuererklärung per PC macht, sondern weil man Radio hört.
Das Hören von hr 4 wird sicherlich nicht dazu führen, dass man das Hören von hr 4 als Werbungskosten geltend machen kann.
(Beifall bei der FDP – Michael Siebel (SPD): Herr Posch, sagen Sie doch, dass Sie eigentlich die Rundfunkgebühr abschaffen wollen! Das ist doch Ihr Punkt!)
Nun will ich die Frage beantworten, weshalb wir ein Moratorium befürworten. Die FDP-Fraktion ist der Auffassung, dass die Zusammenführung unterschiedlicher Kommunikationsmöglichkeiten in ein Endgerät eine neue technische Entwicklung darstellt, die uns veranlassen sollte, über das Gebührenrecht und die GEZ insgesamt nachzudenken.
Meine Damen und Herren, das Gebührenrecht und die GEZ sind seinerzeit geschaffen worden, weil der Tatbestand, an den die Gebühr knüpft, relativ eindeutig war, nämlich Hörfunk und Fernsehen in Anspruch zu nehmen. Wenn man aber Internet, Fernsehen und Hörfunk zu
sammenführt – hinzu kommt die Digitalisierung –, dann macht es keinen Sinn mehr, mit dem Instrument des Gebührenrechts dieses Problem einer Lösung zuzuführen.
Meine Damen und Herren, das führt zu diesen Absurditäten. Die Kolleginnen und Kollegen, die im Hauptausschuss sitzen, kennen das Ausmaß an Petitionen, das wir im Gebührenrecht haben. Wir haben eine Fülle von Ausnahmevorschriften. Ausnahmevorschriften sind in der Regel die Vorschriften, die zu Konflikten führen; denn jeder Gebührenpflichtige, der der Auffassung ist, für ihn gebe es einen Ausnahmetatbestand,wird diesen für sich in Anspruch nehmen wollen. In der vergangenen Sitzung des Hauptausschusses haben wir elf Gebührenpetitionen behandelt, mit denen die Frage problematisiert wurde, ob das alles gerecht ist.
Ausgehend von der technischen Entwicklung, dass man Übertragungsmöglichkeiten auf ein Endgerät zusammenführt, müssen wir über eine andere Lösung nachdenken.
Die GRÜNEN haben ähnlich wie wir Überlegungen angestellt.Herr Kollege Otto und ich haben vor kurzem darauf hingewiesen, dass man in dieser Diskussion auch darüber nachdenken muss,das Gebührenrecht durch eine allgemeine Abgabe abzulösen. Ich weiß, wie problematisch dies ist; denn damit wird das gesamte Gebührenrecht in einem Atemzug aufgehoben. Erste Versuche, dies durchzurechnen, haben gezeigt, dass eine Abgabenregelung keinesfalls zu einer Verschlechterung der Einnahmensituation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, also keinesfalls zu einer Verringerung des Gebührenaufkommens führen würde. Auch bei einer Abgabenregelung muss über Ausnahmeregelungen diskutiert werden.
Deshalb bitten wir, dieses Moratorium zu verlängern und über eine adäquate Lösung nachzudenken. Diese Lösung kann eine Abgabenregelung oder auch ein modifiziertes Gebührenrecht bedeuten. Ich bin der Auffassung, dass eine Abgabenregelung den bürokratischen Aufwand erheblich reduzieren wird.
Die Abgabe würde automatisch erhoben. Wahrscheinlich ist es vielen von Ihnen so ergangen, dass Sie in der Vergangenheit einen Brief mit der Aufforderung bekommen haben, irgendein neues Gerät, ein Zusatzgerät oder ein Zweitgerät anzumelden.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Uns Liberalen geht es nicht darum, die Einnahmen zu reduzieren. Vielmehr geht es uns darum, ein gerechtes System zu entwickeln, das den neuen technologischen Entwicklungen Rechnung trägt. Es ist ein Aberwitz, mit einem Gebührenrecht aus der Mottenkiste moderne Technologien bewältigen zu wollen.
Herr Kollege Grüttner, wenn die ARD-Intendanten den Weg beschreiten, auf die 5,52 c zurückzugehen – das ist weniger als ein Drittel der ursprünglichen Gebühr –, dann stellt sich die Frage, ob der Ertrag den Aufwand der Gebühreneinziehung rechtfertigt. Dabei wird immer noch darüber gestritten, wer unter welchen Voraussetzungen gebührenpflichtig ist.
Ich will noch ein Beispiel zur Frage der technologischen Entwicklung nennen.An anderer Stelle hat mich der derzeit amtierende Präsident gefragt, was DMB sei. Dabei